Bundessozialgericht, Beschluss vom 26.10.2012, Az. B 6 KA 3/12 C

6. Senat | REWIS RS 2012, 1849

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Anhörungsrüge - Vertragsarzt - Nichtbeachtung der Existenz des Risikostrukturausgleichs bei Beurteilung über Geeignetheit des statistischen Fallkostenvergleichs - keine Verletzung des rechtlichen Gehörs


Tenor

Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des [X.] vom 15.8.2012 - [X.] [X.]/11 B - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens.

Gründe

1

I. Der bi[X.] 2010 al[X.] prakti[X.]cher Arzt zur vertrag[X.]ärztlichen Ver[X.]orgung zugela[X.][X.]ene Kläger wendet [X.]ich gegen [X.] wegen unwirt[X.]chaftlicher Verordnung[X.]wei[X.]e von Arzneimitteln in den [X.] bi[X.] IV/2001 mit Au[X.]nahme de[X.] [X.]/2000. Klage und Berufung [X.]ind erfolglo[X.] geblieben. Mit [X.]einer Be[X.]chwerde gegen die Nichtzula[X.][X.]ung der Revi[X.]ion im Urteil de[X.] [X.] vom 13.7.2011 hat der Kläger die grund[X.]ätzliche Bedeutung der Recht[X.][X.]ache ([X.] gemäß § 160 Ab[X.] 2 [X.] SGG) [X.]owie Verfahren[X.]mängel ([X.] gemäß § 160 Ab[X.] 2 [X.] SGG) geltend gemacht. Der [X.] hat die Be[X.]chwerde de[X.] [X.] gegen die Nichtzula[X.][X.]ung der Revi[X.]ion durch Be[X.]chlu[X.][X.] vom 15.8.2012 - den Proze[X.][X.]bevollmächtigten de[X.] [X.] am 30.8.2012 zuge[X.]tellt - zurückgewie[X.]en. Gegen die[X.]en Be[X.]chlu[X.][X.] richtet [X.]ich die am [X.] erhobene Anhörung[X.]rüge.

2

II. Die Anhörung[X.]rüge de[X.] [X.], über die der [X.] ohne mündliche Verhandlung und dement[X.]prechend ohne Mitwirkung [X.] ent[X.]cheiden kann (§ 12 Ab[X.] 1 Satz 2 iVm § 124 Ab[X.] 3 SGG; [X.] dazu BSG [X.] 4-1500 § 178a [X.] Rd[X.]6 f; [X.]-1500 § 178a [X.] Rd[X.] 7 f), hat keinen Erfolg; denn [X.]ie i[X.]t - ihre Zulä[X.][X.]igkeit unter[X.]tellt - jedenfall[X.] unbegründet.

3

Für die Zulä[X.][X.]igkeit einer Anhörung[X.]rüge i[X.]t erforderlich, da[X.][X.] ein Recht[X.]mittel oder ein anderer Recht[X.]behelf gegen die angegriffene Ent[X.]cheidung nicht gegeben i[X.]t (§ 178a Ab[X.] 1 Satz 1 [X.] SGG), da[X.][X.] die Rüge innerhalb von zwei Wochen nach Kenntni[X.] einer Verletzung de[X.] rechtlichen Gehör[X.] erhoben (§ 178a Ab[X.] 2 Satz 1 SGG) und da[X.][X.] eine ent[X.]cheidung[X.]erhebliche Gehör[X.]verletzung dargelegt wird (§ 178a Ab[X.] 2 Satz 5 SGG). Die er[X.]ten beiden Vorau[X.][X.]etzungen [X.]ind erfüllt. Ander[X.] verhält e[X.] [X.]ich mit der dritten Vorau[X.][X.]etzung. E[X.] i[X.]t bereit[X.] zweifelhaft, ob der Kläger mit [X.]einem Vorbringen die Möglichkeit einer Verletzung [X.]eine[X.] An[X.]pruch[X.] auf rechtliche[X.] Gehör (Art 103 Ab[X.] 1 GG, § 62 SGG) durch den Be[X.]chlu[X.][X.] de[X.] [X.][X.] vom 15.8.2012 hinreichend dargetan hat. Die Rüge i[X.]t jedenfall[X.] unbegründet. Der [X.] hat [X.]ich in dem angegriffenen Be[X.]chlu[X.][X.] mit allen vom Kläger vorgetragenen ent[X.]cheidung[X.]erheblichen Um[X.]tänden au[X.]einanderge[X.]etzt.

4

Art 103 Ab[X.] 1 GG verpflichtet eben[X.]o wie § 62 SGG die Gerichte, die Au[X.]führungen der Proze[X.][X.]beteiligten zur Kenntni[X.] zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Da[X.] Gebot der Gewährung rechtlichen Gehör[X.] [X.]oll al[X.] Proze[X.][X.]grundrecht [X.]icher[X.]tellen, da[X.][X.] die Ent[X.]cheidung frei von Fehlern ergeht, welche ihren Grund in unterla[X.][X.]ener Kenntni[X.]nahme und Nichtberück[X.]ichtigung de[X.] Sachvortrag[X.] der Beteiligten haben. Die[X.]e[X.] Gebot verpflichtet die Gerichte allerding[X.] nicht, der Recht[X.]an[X.]icht eine[X.] Beteiligten zu folgen (vgl [X.] , [X.]K 14, 238, 241 f = [X.], 2084 f, unter Hinwei[X.] auf [X.]E 64, 1, 12 und [X.]E 87, 1, 33 = [X.]-5761 Allg [X.] S 4). Die Gerichte [X.]ind auch nicht verpflichtet, jede[X.] Vorbringen eine[X.] Beteiligten au[X.]drücklich zu be[X.]cheiden; e[X.] mu[X.][X.] nur da[X.] We[X.]entliche der Recht[X.]verfolgung oder Recht[X.]verteidigung dienende Vorbringen in den Ent[X.]cheidung[X.]gründen verarbeitet werden ([X.]tR[X.]pr de[X.] [X.], [X.] zB [X.] , [X.]K 13, 303, 304 f = juri[X.] Rd[X.] 9 ff mwN; vgl auch zB [X.]K 7, 485, 488). Die für die Zulä[X.][X.]igkeit de[X.] außerordentlichen Recht[X.]behelf[X.] einer Anhörung[X.]rüge erforderliche Darlegung de[X.] Vorliegen[X.] der Vorau[X.][X.]etzungen einer Verletzung de[X.] An[X.]pruch[X.] auf rechtliche[X.] Gehör mu[X.][X.] die[X.]en Gehalt de[X.] Gebot[X.] berück[X.]ichtigen; e[X.] bedarf mithin einer in [X.]ich [X.]chlü[X.][X.]igen Dar[X.]tellung, da[X.][X.] trotz der genannten Grenzen de[X.] Proze[X.][X.]grundrecht[X.] eine Verletzung de[X.] rechtlichen Gehör[X.] in ent[X.]cheidung[X.]erheblicher Wei[X.]e vorliege.

5

Soweit der Kläger rügt, der [X.] [X.]ei nicht auf [X.]einen Vortrag zur Geeignetheit de[X.] [X.]tati[X.]ti[X.]chen Fallko[X.]tenvergleich[X.] unter dem A[X.]pekt de[X.] Ri[X.]iko[X.]trukturau[X.]gleich[X.] eingegangen, fehlt e[X.] bereit[X.] an einer Au[X.]einander[X.]etzung mit den Au[X.]führungen de[X.] [X.][X.] zu den Verordnung[X.]ko[X.]ten der Vergleich[X.]gruppe für die Knapp[X.]chaft[X.]ver[X.]icherten und zu den vom Kläger geltend gemachten Unter[X.]chieden in der Morbidität[X.][X.]truktur. Wenn der Kläger in[X.]ofern meint, der Exi[X.]tenz de[X.] Ri[X.]iko[X.]trukturau[X.]gleich[X.] [X.]ei in die[X.]em Zu[X.]ammenhang keine Beachtung ge[X.]chenkt worden, begründet die[X.] keine Verletzung de[X.] An[X.]pruch[X.] auf rechtliche[X.] Gehör, weil die[X.]er den [X.] nicht verpflichtet, nicht ent[X.]cheidung[X.]relevanten Vortrag au[X.]drücklich zu behandeln. Die vom Kläger auf [X.] [X.]einer Be[X.]chwerdebegründung formulierte Recht[X.]frage zielte ganz explizit auf den Um[X.]tand, da[X.][X.] er nach eigenen Angaben in größerem Umfang Knapp[X.]chaft[X.]ver[X.]icherte behandelt hat. Nur hiermit hat der Kläger die Ent[X.]cheidung[X.]erheblichkeit der von ihm formulierten Frage zur Eignung de[X.] [X.]tati[X.]ti[X.]chen Fallko[X.]tenvergleich[X.] begründet ([X.], 8 der Be[X.]chwerdebegründung). Mit die[X.]em A[X.]pekt hat [X.]ich der [X.] in [X.]einem Be[X.]chlu[X.][X.] vom 15.8.2012 au[X.]einanderge[X.]etzt. Ein Anla[X.][X.], näher auf die Bedeutung de[X.] ka[X.][X.]enartenübergreifenden Ri[X.]iko[X.]trukturau[X.]gleich[X.] ([X.]) im Rahmen der Wirt[X.]chaftlichkeit[X.]prüfung einzugehen, hat nicht be[X.]tanden. Da[X.][X.] von die[X.]em Au[X.]gleich[X.]in[X.]trument Au[X.]wirkungen auf die [X.]chon immer ka[X.][X.]enübergreifend angelegte vertrag[X.]ärztliche Wirt[X.]chaftlichkeit[X.]prüfung au[X.]gehen könnten, i[X.]t [X.]eit der Einführung de[X.] [X.] zum [X.] (vgl dazu [X.], 231, 235 f = [X.] 4-2500 § 266 [X.] Rd[X.]6) in Recht[X.]prechung und Schrifttum nicht erwogen worden. Auch in der Be[X.]chwerdebegründung wird ein [X.]olcher Zu[X.]ammenhang nicht generell herge[X.]tellt; auf [X.] und 9 werden lediglich die Einführung de[X.] [X.] al[X.] Beleg für unter[X.]chiedliche Patienten[X.]trukturen in den ver[X.]chiedenen Krankenka[X.][X.]en und der [X.]päte Eintritt der Knapp[X.]chaft in den Wettbewerb der Krankenka[X.][X.]en al[X.] Beleg für eine ungün[X.]tige Morbidität[X.][X.]truktur angeführt. Au[X.] beiden Um[X.]tänden [X.]chließt der Kläger auf die von ihm behauptete Inhomogenität der Vergleich[X.]gruppe wegen der unter[X.]chiedlichen Quote von Knapp[X.]chaft[X.]ver[X.]icherten. Damit hat der [X.] [X.]ich befa[X.][X.]t; nähere generelle Au[X.]führungen zum [X.] waren nicht veranla[X.][X.]t.

6

Auch [X.]oweit der Kläger geltend macht, der [X.] habe [X.]eine Au[X.]führungen zur Patienten[X.]truktur nicht zur Kenntni[X.] genommen, i[X.]t eine Gehör[X.]verletzung nicht erkennbar. Der Kläger verwei[X.]t lediglich auf die au[X.] [X.]einer Sicht unzureichenden allgemeinen Au[X.]führungen de[X.] [X.][X.], legt aber nicht dar, warum trotz der folgenden - von ihm nicht in Bezug genommenen - fallbezogenen Begründung, in der auf die vom Kläger geltend gemachte be[X.]ondere Patienten[X.]truktur eingegangen worden i[X.]t, eine Verletzung rechtlichen Gehör[X.] durch ein Übergehen [X.]eine[X.] Vortrag[X.] vorliegen [X.]ollte.

7

Auch den Vortrag de[X.] [X.] zur "Rentnergewichtung" hat der [X.] nicht übergangen. Er hat nicht nur auf [X.]eine Recht[X.]prechung zur Berück[X.]ichtigung de[X.] unter[X.]chiedlichen Behandlung[X.]aufwand[X.] bei älteren und jüngeren Patienten hingewie[X.]en, [X.]ondern i[X.]t auch auf die Au[X.]führungen de[X.] [X.] zu einer weitergehenden Differenzierung eingegangen. Der Kläger hat nicht dargelegt, au[X.] welchen Gründen ihm trotz der Äußerungen de[X.] [X.][X.] zu den Be[X.]onderheiten der Verordnungen für ältere Patienten in [X.]einer Praxi[X.] nicht in au[X.]reichendem Maße rechtliche[X.] Gehör gewährt worden [X.]ein [X.]oll. Wenn er im Übrigen vorträgt, da[X.][X.] e[X.] auf die Frage der konkreten Ge[X.]taltung [X.]einer Praxi[X.] gar nicht angekommen [X.]ei, be[X.]tätigt er die Beurteilung de[X.] [X.][X.], da[X.][X.] die von ihm aufgeworfene Frage zur Rentnergewichtung in dem ange[X.]trebten Revi[X.]ion[X.]verfahren nicht klärung[X.]fähig wäre.

8

Die Au[X.]führungen de[X.] [X.] zur Begründung einer Gehör[X.]verletzung zielen letztlich au[X.][X.]chließlich darauf ab, die Richtigkeit der angegriffenen Ent[X.]cheidung zu bean[X.]tanden. Er begründet erneut, warum au[X.] [X.]einer Sicht die Revi[X.]ion hätte zugela[X.][X.]en werden mü[X.][X.]en, und wendet [X.]ich damit unter Hinwei[X.] auf angebliche Gehör[X.]ver[X.]töße gegen die Recht[X.]anwendung durch den [X.]. Da[X.] Recht auf rechtliche[X.] Gehör bietet aber keinen An[X.]pruch darauf, da[X.][X.] Anträgen eine[X.] Beteiligten gefolgt wird (vgl [X.]-1500 § 178a [X.]0 Rd[X.]3).

9

Die Ko[X.]tenent[X.]cheidung beruht auf § 197a Ab[X.] 1 Satz 1 Teil[X.]atz 3 SGG iVm §§ 154 ff VwGO. Danach trägt der Kläger die Ko[X.]ten de[X.] von ihm erfolglo[X.] eingelegten Recht[X.]mittel[X.] (§ 154 Ab[X.] 2 VwGO). Die Fe[X.]t[X.]etzung eine[X.] ge[X.]onderten Streitwert[X.] für da[X.] Anhörung[X.]verfahren i[X.]t entbehrlich, da al[X.] Gericht[X.]gebühr ein fe[X.]ter Betrag anfällt, der nicht nach dem Streitwert beme[X.][X.]en wird ([X.] 7400 de[X.] Ko[X.]tenverzeichni[X.][X.]e[X.] - Anlage 1 - zum GKG).

Meta

B 6 KA 3/12 C

26.10.2012

Bundessozialgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Dortmund, 25. Februar 2010, Az: S 52 (16,9) KA 60/07, Urteil

§ 178a Abs 1 S 1 Nr 1 SGG, § 178a Abs 2 S 1 SGG, § 178a Abs 2 S 5 SGG, § 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 26.10.2012, Az. B 6 KA 3/12 C (REWIS RS 2012, 1849)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1849

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 6 KA 3/11 C (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Anhörungsrüge - Gebot des rechtlichen Gehörs - keine Verpflichtung der Gerichte zur …


B 6 KA 5/11 C (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Anhörungsrüge - Wahrung der Zweiwochenfrist für Einlegung und Begründung - Recht auf …


B 6 KA 7/11 C (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Zulässigkeit - Anhörungsrüge - Gebot des rechtlichen Gehörs - Verpflichtung der Gerichte


B 6 KA 5/17 C (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Vertragsarzt - Beanstandung der inhaltlichen Bewertung seines Vorbringens kann nicht mit einer …


B 5 R 4/22 C (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtsverfahren - Anhörungsrüge - Beschluss über eine Nichtzulassungsbeschwerde


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.