Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.09.2019, Az. IX ZR 190/18

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 3657

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[X.]:[X.]:[X.]:2019:120919U[X.]190.18.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IX [X.]/18

Verkündet am:

12. September 2019

Preuß

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 8 Abs. 2

War ein Partner mit der Bearbeitung eines Auftrags befasst, endet seine Mithaftung nicht mit der Abgabe des Mandats innerhalb der Partnerschaftsgesellschaft.

[X.], Urteil vom 12. September 2019 -
IX [X.]/18 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juli 2019
durch [X.] [X.], die Richterin [X.], den
Richter Grupp, die Richterin [X.] und den Richter
Dr.
Schoppmeyer

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird der die Berufung zurückwei-sende Beschluss des 2. Zivilsenats des [X.] vom 7. Mai 2018 im Kostenpunkt sowie insoweit aufgehoben, als
die Berufung hinsichtlich der
Klage gegen den [X.]n zu 1 zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin
ließ sich seit 2009 von der Partnerschaftsgesellschaft R.

in einer [X.] anwaltlich beraten. Innerhalb der [X.] war zunächst der [X.] zu 1
für das Mandat der Klägerin zustän-dig. Er riet der Klägerin schriftlich von der Erhebung einer Klage ab. In der [X.] wurde das Mandat vom früheren [X.]n zu 2 bearbeitet.
Nach unter Beweis gestellter Darstellung der Klägerin hatte der [X.] zu 1
der Klägerin
1
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-
zuvor versichert, er werde die Arbeit des früheren [X.]n zu 2 überwachen.
Die
im Juli 2011
erhobene Klage blieb in zwei Instanzen ohne Erfolg.

Die Klägerin hat beiden [X.]n eine unsachgemäße Prozessführung im Vorprozess vorgeworfen und Schadensersatz wegen vergeblich aufgewand-. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat Berufung eingelegt. In der Berufungsbegründung hat sie erklärt, zunächst nur einen Teilbetrag von 2.500

ngsgericht gemäß §
522 Abs.
2 ZPO darauf hingewiesen hatte, dass die Berufung keine Aussicht erweitert. Das
Berufungsgericht hat die
Berufung durch Beschluss zurückge-wiesen.
Mit Beschluss vom 21.
Februar 2019 hat der [X.] die Revision hin-sichtlich des [X.]n zu
1 zugelassen. Insoweit verfolgt die Klägerin den in der Berufungsinstanz zuletzt gestellten Antrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt im Umfang ihrer Zulassung zur Aufhebung der [X.] Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Nach den unbeanstandeten Fest-stellungen des [X.]s habe der [X.] zu 1 zutreffend von der Erhe-2
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-
4
-
bung der Klage im Vorprozess abgeraten. Danach sei er nicht mehr mit der An-gelegenheit
befasst gewesen. Für etwaige Fehler bei der Bearbeitung des Mandats durch den früheren [X.]n zu 2 hafte er nicht. Dies folge unmittel-bar aus §
8 Abs.
2 [X.].

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Mit der Begründung des Berufungsgerichts lässt sich eine Haftung des [X.]n zu 1 nicht verneinen.

1. Die Haftung des [X.]n zu 1 folgt aus §
8 Abs.
1 Satz 1 [X.]. Nach dieser Vorschrift haften die Partner
neben dem Vermögen der Partner-schaft als Gesamtschuldner
für Verbindlichkeiten der Partnerschaftsgesell-schaft. Das gilt, wie der [X.] für den Fall eines in die Partnerschaft eintreten-den Gesellschafters
bereits entschieden hat, auch dann, wenn der
in Anspruch genommene
Partner selbst keinen beruflichen Fehler zu verantworten hat ([X.], Urteil vom 19.
November 2009

IX
ZR 12/09, [X.], 139 Rn. 17).

2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sind die tatsächlichen
Voraussetzungen des [X.] des §
8 Abs. 2 [X.] nicht er-füllt.

a) Waren nur einzelne Partner mit der Bearbeitung eines Auftrags [X.], so haften
nur sie
für berufliche Fehler neben der Partnerschaft; ausge-nommen sind [X.] von untergeordneter Bedeutung

8 Abs.
2 [X.]). Die Vorschrift des §
8 Abs.
2 [X.] begründet nicht die Haftung des 5
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8
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5
-
einzelnen Partners, sondern schränkt sie ein. Sie setzt die Bearbeitung des [X.] durch einen oder mehrere Partner voraus und besagt, dass bei Vorliegen dieser
Voraussetzung diejenigen Partner, die nicht oder nicht wesentlich mit dem Mandat befasst waren, nicht haften. Sinn der in §
8 Abs.
2 [X.] ange-ordneten Haftungsbeschränkung ist es, den betroffenen Angehörigen der freien Berufe Planungssicherheit zu vermitteln und ihre jeweiligen Haftungsrisiken kal-kulierbar zu machen (BT-Drucks. 13/9820, S.
21). Das Haftungsrisiko der [X.], die mit der Sache nicht befasst waren, soll eingeschränkt werden.

b) Voraussetzung einer Haftungsbeschränkung gemäß
§
8 Abs.
2 [X.] ist
danach, dass der in Anspruch genommene Partner nicht mit der [X.] des Auftrags befasst war oder nur einen Bearbeitungsbeitrag von un-tergeordneter Bedeutung geleistet hat. Entgegen der Ansicht des Berufungsge-richts ist diese
Voraussetzung
hier nicht erfüllt.

aa) Seinem eigenen Vorbringen nach hat der [X.] zu 1 den
von der Klägerin erteilten Auftrag selbst bearbeitet.
Er hat die Erfolgsaussichten der von der Klägerin beabsichtigten Klage geprüft und von der Erhebung einer [X.] Klage abgeraten.
Ob
sein
Rat, keine Klage zu erheben, der Sach-
und Rechtslage entsprach und ob er
danach nicht mehr, auch nicht beratend oder überwachend,
in der fraglichen [X.] tätig geworden ist, ist unerheblich.
Ein Ende der
Haftung eines Partners mit Abgabe des Mandats innerhalb der Partnerschaftsgesellschaft und eine gesonderte Prüfung
ordnet §
8 Abs.
1 und Abs.
2 [X.]
nicht an. Für eine entsprechende teleologische Reduktion der Vorschrift sieht der [X.] keinen Anlass. Der [X.] hat es bereits abgelehnt, die Haftung gemäß §
8 Abs.
2 [X.] auf Berufsfehler zu beschränken, die sich zugetragen haben, während der in Anspruch genommene
Partner
der Partnerschaft angehörte ([X.], Urteil vom 19.
November 2009, aaO Rn. 19). 9
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-
Nichts anderes gilt für Fehler, die nach Abgabe des Mandats innerhalb der Partnerschaft geschehen sind. Wer den Fehler intern begangen hat, können schon die Partner oft nicht leicht erkennen. Umso mehr gilt dies für den [X.] Mandanten. Da der Gesetzgeber eine einfache und unbürokratische gesetzliche Regelung der Handelndenhaftung schaffen wollte (vgl. BT-Drucks. 13/9820, S. 21), darf der Mandant denjenigen Partner in Anspruch nehmen, der sich

für ihn erkennbar

mit seiner Sache befasst hat ([X.], Urteil vom 19.
November 2009

IX
ZR 12/09, [X.], 139 Rn. 17).

bb) Nach dem revisionsrechtlich maßgeblichen Sachverhalt hat der [X.] zu 1 das Mandat überdies auch noch im Sinne von § 8 Abs. 2 [X.] bearbeitet, nachdem der frühere [X.] zu
2 das Mandat von ihm übernom-men hatte.
Die Klägerin hat unter Beweisantritt behauptet, der [X.] zu 1 habe das Mandat zunächst allein bearbeitet. Sodann sei der frühere [X.] zu 2 für sie tätig geworden. Als sie, die Klägerin, insoweit Bedenken geäußert habe, habe der [X.] zu 1 ihr versichert, er, der [X.] zu 1, werde die Arbeit des früheren [X.]n zu 2 überwachen. Damit blieb er mit dem Fall befasst.

[X.]) Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] geäu-ßerten Ansicht des [X.]n zu
1 bietet der bisher festgestellte
Sachverhalt
keinen Grund für die Annahme, der von der Klägerin erteilte Auftrag sei mit dem Schreiben, in welchem der [X.] zu 1 von der Erhebung einer Klage abriet, abgeschlossen und erledigt gewesen; die Klage sei aufgrund eines sodann neu erteilten und
bei der Frage eines Haftungsausschlusses nach §
8 Abs.
2 [X.]
gesondert zu prüfenden Auftrags erhoben worden.
In den Entscheidun-gen der [X.] heißt
es zwar, der Auftrag zur Erhebung der Klage sei "allein"
dem früheren [X.]n zu 2 erteilt worden. Damit ist jedoch ersichtlich 11
12
-
7
-
nicht gemeint, dass der frühere [X.] zu 2 nicht für die Partnerschaftsgesell-schaft, sondern in eigenem Namen tätig geworden sei.
Im Übrigen gehen die Entscheidungen der Vorinstanzen
davon aus, dass dem früheren
[X.]n zu 2 die weitere Bearbeitung des der Partnerschaftsgesellschaft einmal erteilten Auftrags übertragen worden ist. Tatsachen, welche den Schluss auf
einen
im Rechtssinne beendeten (und abgerechneten) Auftrag, mit welchem der [X.] zu 1 befasst war,
und
auf
die
Erteilung eines neuen Auftrags, den aus-schließlich der [X.] zu
2 bearbeitet hat,
rechtfertigen, hat der für die tat-sächlichen Voraussetzungen des §
8 Abs.
2 [X.] darlegungs-
und beweis-pflichtige [X.] zu 1 nicht vorgetragen.
Er hat vielmehr stets darauf [X.], nicht in die "weitere Mandatsbearbeitung"
eingebunden gewesen zu sein. Die Klägerin hat ausdrücklich erklärt, der Partnerschaftsgesellschaft nur einen Auftrag erteilt zu haben, der von Anfang an auch den Auftrag zur Erhebung ei-ner Klage umfasst habe.

III.

Die angefochtene Entscheidung
kann daher, soweit sie Gegenstand des Revisionsverfahrens
ist, keinen Bestand haben. Sie
ist im Umfang der Anfech-tung aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563

13
-
8
-
Abs.
1 Satz 1 ZPO). Dieses wird sich nunmehr mit den tatsächlichen und recht-lichen Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs
befassen müssen.

Kayser
[X.]
Grupp

[X.]
Schoppmeyer

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.06.2017 -
1 [X.]/16 -

OLG [X.], Entscheidung vom 07.05.2018 -
2 U 824/17 -

Meta

IX ZR 190/18

12.09.2019

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.09.2019, Az. IX ZR 190/18 (REWIS RS 2019, 3657)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 3657

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IX ZR 190/18

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