Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2004, Az. II ZR 385/02

II. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2822

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 14. Juni 2004 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der [X.]eschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

[X.] §§ 1, 3 in der bis 30. September 2000 geltenden Fassung
a) Auf einen kreditfinanzierten Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds kommen die Vorschriften des [X.] auch dann zur An-wendung, wenn das Widerrufsrecht nach dem [X.] oder erloschen ist.
b) Die [X.] ist der den Beitritt finanzierenden Bank jedenfalls dann zurechenbar, wenn sie dem von dem Fonds eingeschalteten Vermittler die Anbahnung auch des Kreditvertrages überläßt und wenn aufgrund des [X.] Anhaltspunkte dafür bestehen, daß der Anleger in einer [X.] geworben worden ist.
c) Nach einem Widerruf gemäß § 1 [X.] ist der Anleger nicht verpflich-tet, der Bank die Darlehensvaluta zurückzuzahlen. Er hat lediglich seinen Fondsanteil an die Bank abzutreten. Umgekehrt schuldet ihm die Bank Rückzahlung der geleisteten Zins- und Tilgungsraten abzüglich der [X.] Erträgnisse.
[X.], Urteil vom 14. Juni 2004 - [X.] - OL[X.] München

L[X.] [X.]

- 2 - [X.] [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2004 durch [X.] h.c. Röhricht und [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 30. Zivilsenats des [X.], Zivilsenate in [X.], vom 27. November 2001 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Kläger unterzeichneten am 30. Juni 1997 eine "Beitrittserklärung" zu der [X.]. Beteiligungs [X.], einem geschlosse- nen Immobilienfonds (im folgenden: Fonds). Danach beteiligten sie sich an dem Fonds über die [X.] [X.] als Treuhandkommanditistin mit einer Einlage in Höhe von 70.000,00 DM. Die [X.]sverhandlungen fanden in der Wohnung der Kläger statt auf Initiative und unter Beteiligung einer Frau - 3 - T. - jetzt: [X.] -, Mitarbeiterin des [X.], das von dem Fonds mit der Anwerbung von Anlegern beauftragt worden war. Die Beteiligung der Kläger sollte in vollem Umfang durch einen Kredit der beklagten Bank finanziert werden. Nachdem die Kläger dazu ebenfalls am 30. Juni 1997 eine Selbstauskunft abgegeben hatten, unterschrieben sie am 28. Juli 1997 ein ihnen von [X.] vorgelegtes und bereits gegengezeich- netes [X.] der Beklagten über ein Darlehen in Höhe von - einschließlich Disagio und Bearbeitungsgebühr - 83.522,00 DM. Die [X.] in Höhe von 73.500,00 DM - davon 3.500,00 DM als Agio - wurde von der Beklagten an den in der Beitrittserklärung bezeichneten Mittel-verwendungstreuhänder gezahlt.
Mit Anwaltsschreiben vom 10. März 2000 an den Vertreter des Fonds widerriefen die Kläger ihren Beitritt und erklärten zugleich die Kündigung ihrer Beteiligung und die Anfechtung der Beitrittserklärung. Mit Schreiben vom selben Tage an die Beklagte verweigerten sie die weiteren Zins- und [X.] und verlangten Rückzahlung der bereits geleisteten Raten, Zug um Zug gegen Übertragung ihrer Beteiligung an dem Fonds. Sowohl der Fonds als auch die Beklagte wiesen das Begehren der Kläger mit der Begründung zurück, eine Kündigung sei frühestens zum 31. Dezember 2011 möglich.
Die Kläger haben behauptet, die Vermittlerin [X.] habe ihnen erklärt, die Beteiligung an dem Fonds und der Darlehensvertrag könnten jederzeit mit sofortiger Wirkung gekündigt werden, wenn sich ihre finanziellen Verhältnisse nachteilig ändern würden.
Mit der Klage verlangen sie Rückzahlung der an die Beklagte gezahlten 17.061,00 DM und Feststellung, daß zwischen ihnen und der Beklagten kein - 4 - wirksamer Darlehensvertrag bestehe und sie insbesondere nicht verpflichtet seien, an die Beklagte aus dem Darlehensvertrag Zins- und Tilgungsbeträge zu entrichten.
Das [X.] hat der Klage stattgegeben, das [X.] hat sie abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Kläger. Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
[X.] Nach dem für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachverhalt ist die Klage schon deshalb begründet, weil der Darlehensvertrag der Parteien unwirksam ist. Die Kläger waren berechtigt, ihre auf den Abschluß des [X.] gerichteten Willenserklärungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] (in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung, jetzt § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 B[X.]B) zu widerrufen.
1. Das Berufungsgericht hat dazu keine Feststellungen getroffen, weil es gemeint hat, daß ein Widerruf des [X.]s zu keinen anderen [X.] führen könne als eine fristlose Kündigung wegen arglistiger Täuschung. Daraus ergebe sich aber nur ein Abfindungsanspruch gegen die Fondsgesell-schaft, der auch über § 9 Abs. 3 VerbrKr[X.] der Bank nicht entgegengesetzt wer-den könne. Das ist nicht frei von [X.].
2. Wie der Senat in der Entscheidung vom heutigen Tage in der [X.] ausgesprochen und begründet hat, finden auf eine [X.] 5 - hensvertragserklärung, die ein Verbraucher in einer [X.] abgibt oder zu der er in einer solchen Situation veranlaßt wird, auch dann die Vor-schriften des [X.] Anwendung, wenn der [X.] zugleich die Voraussetzungen eines [X.]s nach dem [X.] erfüllt. So liegt der Fall hier. Die Kläger sind von der Vermittlerin [X.] - wie der Senat aufgrund des Sachvortrags der Parteien und mangels entgegenstehender, zu weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts Anlaß gebender Umstände selbst feststellen kann - in ihrer Wohnung aufgesucht [X.] und haben dort den Darlehensvertrag unterschrieben. Der [X.] erfüllt damit auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 VerbrKr[X.]. Aus den soeben genannten [X.]ründen ist der Umstand, daß das damit zugleich begründete Widerrufsrecht nach § 7 Abs. 1 VerbrKr[X.] (in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung) aufgrund der von den Klägern gesondert unterzeichneten Belehrung über das Widerrufsrecht, jedenfalls aber wegen Ablaufs der [X.] aus § 7 Abs. 2 Satz 3 VerbrKr[X.] mittlerweile erloschen ist, für das Recht zum Widerruf nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] ohne Bedeutung.
3. Die von der Vertriebsorganisation des Fonds geschaffene [X.] ist der Beklagten zurechenbar.
Dafür ist auf die [X.]rundsätze abzustellen, die für die Zurechnung einer arglistigen Täuschung nach § 123 Abs. 2 B[X.]B entwickelt worden sind ([X.], Urt. v. 12. November 2002 - [X.], [X.], 424, 425 = [X.], 22, 24 f.; v. 15. Juli 2003 - [X.], [X.], 1741, 1743; v. 20. Januar 2004 - [X.], [X.] 2004, 647, 648). Ist danach - wie hier - der [X.] als Dritter anzusehen, so ist sein Handeln dem Erklä[X.] zuzurechnen, wenn dieser es kannte oder kennen mußte. Für eine fahrlässige Unkenntnis in diesem Sinne genügt, daß die Umstände des Falles den [X.] - [X.] veranlassen mußten, sich zu erkundigen, auf welchen Um-ständen die ihm übermittelte Willenserklärung beruht ([X.], Urt. v. 9. April 1992 - [X.], NJW-RR 1992, 1005, 1006 = ZIP 1992, 755, 756).
Auch wenn die Beklagte nicht schon gewußt haben sollte, daß die Fondsbeteiligungen einschließlich der Finanzierungen in [X.]en vertrieben wurden, war sie nach den vorstehend dargelegten [X.]rundsätzen doch jedenfalls verpflichtet, sich bei den Initiatoren des Fonds oder dem Vermitt-lungsunternehmen [X.] [X.]mbH oder dessen Mitarbeiterin [X.] über die Umstände der [X.]sverhandlungen zu erkundigen. Sie hatte der [X.] [X.]mbH nicht nur ihre [X.]sformulare überlassen, sondern das für die Kläger bestimmte Formular sogar schon gegengezeichnet. Die [X.] [X.]mbH hatte ihren Sitz in [X.].. Die Kläger wohnen dagegen in [X.] Ausweislich des Inhalts des Darlehensvertrags haben sie das Schriftstück auch dort unterschrieben. Damit war aus der Sicht der Beklagten von einer [X.] auszugehen, mußte sich ihr dieser Eindruck jedenfalls aufdrängen.
4. Das Widerrufsrecht der Kläger nach dem [X.] ist nicht durch Fristablauf erloschen.
Die einwöchige Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1 [X.] hat mangels ordnungsgemäßer Belehrung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 [X.] (in der bis zum 30. September 2000 gültigen Fassung) nicht zu laufen begonnen. Die mit dem [X.] verbundene Widerrufsbelehrung genügt nämlich nicht den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 [X.].
Die von den Klägern unterzeichnete Erklärung enthält den Zusatz, daß im Falle des Widerrufs des Darlehensvertrags auch der Beitrittsvertrag nicht - 7 - wirksam zustande komme. Eine derartige Widerrufsbelehrung erfüllt nicht die Anforderungen des § 2 [X.]. Danach darf die Belehrung über das Widerrufsrecht keine "anderen" Erklärungen als die in § 2 [X.] genann-ten enthalten. Das aber ist hier mit dem Hinweis auf den Beitrittsvertrag der Fall.
5. Als Rechtsfolge des Widerrufs sind die [X.]spartner gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 [X.] (§§ 346 Abs. 1, 357 Abs. 1 Satz 1 B[X.]B in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung) verpflichtet, dem jeweils anderen Teil die empfangenen Leistungen zurückzugewähren.
Danach hat die Beklagte den Klägern die von ihnen gezahlten Zins- und Tilgungsraten zurückzuzahlen (vgl. [X.] 152, 331, 336). Dabei sind allerdings die Zahlungen zu verrechnen, die von dem Fonds an die Kläger ausgekehrt worden sind, weil die Kläger sonst im Rahmen der Rückabwicklung besser ge-stellt würden, als sie ohne den [X.] gestanden hätten. Dazu hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellun-gen getroffen. Das ist im Rahmen der erneuten Verhandlung nachzuholen. Der Einwand der Beklagten, auch die Steuervorteile der Kläger seien [X.] geblieben, ist dagegen unbegründet. Etwaige bleibende Steuervorteile der Kläger sind nach den [X.]rundsätzen des [X.] nur im Rahmen von Schadensersatzansprüchen zu berücksichtigen, nicht dagegen auch bei der Rückabwicklung nach § 3 [X.]. Insoweit spielen nur die Leistungen eine Rolle, die im Verhältnis der an dem Verbundgeschäft Beteiligten geflossen sind. Dazu gehören etwaige Steuervorteile des Anlegers nicht.
Die Kläger sind dagegen nicht verpflichtet, der Beklagten die [X.] zurückzugewähren. Sie haben der Beklagten vielmehr nur den mit dem - 8 - Darlehen finanzierten [X.]esellschaftsanteil - in Form der Rechte gegenüber dem Treuhänder - zu übertragen. Dem stehen entgegen der Auffassung des [X.]s die [X.]rundsätze über den fehlerhaften [X.]esellschaftsbeitritt nicht entgegen.
Wie der Senat in der Entscheidung vom heutigen Tage in der [X.] dargelegt hat, besteht die empfangene und damit nach § 3 [X.] zurückzugewährende Leistung der Bank jedenfalls dann nicht in der Darlehensvaluta, sondern in der mit dem Darlehen finanzierten - unmittelbaren oder durch einen Treuhänder vermittelten - [X.]esellschaftsbeteili-gung, wenn der Darlehens- und der Beitrittsvertrag ein verbundenes [X.]eschäft i.S. des § 9 VerbrKr[X.] darstellen. Weiter hat der Senat ausgeführt, daß auch bei einem kreditfinanzierten Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds ein verbundenes [X.]eschäft vorliegen kann und daß die dafür erforderliche wirt-schaftliche Einheit zwischen dem Darlehens- und dem Beitrittsvertrag dann un-widerruflich vermutet wird, wenn sich der Kreditgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluß des Kreditvertrags der Mitwirkung der Initiatoren des Fonds be-dient. Das hat die Beklagte hier getan, indem sie dem von den Initiatoren des Fonds eingeschalteten Vermittlungsunternehmen ihre [X.]sformulare über-lassen hat. - 9 - I[X.] Damit kommt es für die Entscheidung nicht mehr darauf an, ob die Klage auch aufgrund eines Einwendungs- und Rückforderungsdurchgriffs nach § 9 VerbrKr[X.] begründet ist (vgl. dazu Senatsurteil vom heutigen Tage in der [X.]).

Röhricht [X.]oette Kurzwelly

[X.] [X.]ehrlein

Meta

II ZR 385/02

14.06.2004

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2004, Az. II ZR 385/02 (REWIS RS 2004, 2822)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2822

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