Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.12.2014, Az. 2 B 110/13

2. Senat | REWIS RS 2014, 22

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Gegenstand

Kein Anspruch auf Zulage gemäß § 46 Abs. 1 BBesG bei kommunalem Nothaushaltsrecht


Leitsatz

Die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen gemäß § 46 Abs. 1 BBesG sind nicht gegeben, wenn eine Gemeinde dem Nothaushaltsrecht unterliegt (hier gemäß den §§ 76, 79, 80 und 82 GO NRW ) und dieses die Begründung von Zahlungsverpflichtungen der Kommune infolge der Beförderung eines Beamten ausschließt (im Anschluss an das Urteil vom 25. September 2014 - BVerwG 2 C 16.13 - Rn. 13).

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass einer der Revisionszulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO gegeben ist.

2

Der Kläger steht seit 1973 im Dienst der beklagten [X.]. 1997 wurde er zum Städtischen Amtsrat ([X.]esoldungsgruppe [X.]) und im Februar 2013 zum [X.] ([X.]esoldungsgruppe [X.]) ernannt. Ab Juni 2007 war der Kläger auf einem nach der [X.]esoldungsgruppe [X.] bewerteten Dienstposten eingesetzt. In den Jahren seit 1997 hatte die [X.]eklagte keine genehmigte Haushaltssatzung. Erstmals am 30. November 2012 für das [X.] und dann am 16. Mai 2013 für das [X.] ist eine Haushaltssatzung bekanntgegeben worden.

3

Der Antrag des [X.], ihm für den Zeitraum vom 20. März 2008 bis zum 31. Januar 2013 eine Zulage für die Wahrnehmung eines höherwertigen Amtes nach § 46 [X.] zu gewähren, lehnte die [X.]eklagte ab, der Widerspruch des [X.] blieb erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat der Klage für den Zeitraum vom 30. November 2012 bis zum 31. Dezember 2012 stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die [X.]erufungen des [X.] und der [X.]eklagten sind erfolglos geblieben.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat zur [X.]egründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die von § 46 [X.] geforderten „haushaltsrechtlichen Voraussetzungen“ für eine [X.]eförderung hätten im Fall des [X.] lediglich im vom Verwaltungsgericht tenorierten Zeitraum vorgelegen. Zuvor und danach habe keine besetzbare Planstelle zur Verfügung gestanden, weil unter den [X.]eschränkungen der vorläufigen Haushaltsführung eine [X.]eförderung von [X.]eamten unzulässig gewesen sei. Der [X.]eförderung des [X.] habe deshalb ein haushaltsrechtliches Hindernis entgegengestanden.

5

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher [X.]edeutung der Sache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

6

Der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen [X.]edeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (stRspr, [X.]eschlüsse vom 2. Oktober 1961 - [X.]VerwG 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91> = [X.] 310 § 132 VwGO Nr. 18 S. 22 und vom 2. Februar 2011 - [X.]VerwG 6 [X.] 37.10 - NVwZ 2011, 507 Rn. 2). Eine Klärung durch eine revisionsgerichtliche Entscheidung ist nach der ständigen Rechtsprechung aller Senate des [X.]undesverwaltungsgerichts nicht erforderlich, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres beantworten lässt ([X.]eschluss vom 24. August 1999 - [X.]VerwG 4 [X.] 72.99 - [X.]VerwGE 109, 268 <270> = [X.] 310 § 60 VwGO Nr. 228 S. 13). So verhält es sich hier.

7

Der Kläger hält folgende Fragen für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig:

[X.]eziehen sich die „haushaltsrechtlichen Voraussetzungen“ des § 46 [X.] ausschließlich auf das Haushaltsrecht im Sinne eines traditionellen Haushaltsplans oder schließen sie auch den Stellenplan der [X.] oder den Haushalt der [X.]undesagentur für Arbeit ein?

Werden [X.]eamte, die den traditionellen haushaltsrechtlichen Voraussetzungen unterliegen, denjenigen [X.]eamten gegenüber rechtlich benachteiligt, die diesen [X.]eschränkungen nicht unterliegen? Werden also umgekehrt letztere gegenüber ersteren rechtlich bevorzugt?

Ist es mit dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ vereinbar, dass bei den [X.] und der [X.]undesagentur für Arbeit beschäftigte [X.]eamte die Möglichkeit der Insichbeurlaubung haben (§ 4 Abs. 3 Satz 3 PostPersRG a.F., § 387 Abs. 3 SG[X.] III), sonstige [X.]eamte aber nicht?

8

Sämtliche Fragen sind nicht entscheidungserheblich oder auf der Grundlage der bisherigen Senatsrechtsprechung ohne Weiteres zu beantworten.

9

a) Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 [X.] in der am 31. August 2006 geltenden Fassung, die gemäß Art. 125a Abs. 1 GG für den hier relevanten Zeitraum noch als [X.]undesrecht fortgalt, ist einem [X.]eamten, dem die Aufgaben eines höherwertigen Amtes vorübergehend vertretungsweise übertragen werden, nach 18 Monaten der ununterbrochenen Wahrnehmung dieser Aufgaben eine Zulage zu zahlen, wenn in diesem Zeitpunkt die haushaltsrechtlichen und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung dieses Amtes vorliegen.

Die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung des höherwertigen Amtes im Sinne von § 46 Abs. 1 [X.] sind erfüllt, wenn der [X.]eförderung des betreffenden [X.]eamten kein haushaltsrechtliches Hindernis entgegensteht. Für seine [X.]eförderung muss eine freie Planstelle der entsprechenden Wertigkeit zur Verfügung stehen. Maßgeblich sind die einschlägigen Vorgaben des jeweiligen Haushaltstitels des Haushaltsplans. Entscheidungen der Exekutive sind hier nur von [X.]edeutung, wenn sie auf entsprechenden gesetzlichen Vorgaben oder Ermächtigungen beruhen, wie etwa „kw-Vermerke“ oder eine Haushaltssperre. Haushaltsrechtliche Voraussetzungen im vorstehenden Sinne sind z.[X.]. auch die kommunalaufsichtsrechtlichen Vorschriften des Landesrechts und darauf beruhende Verfügungen der Aufsichtsbehörden mit der Folge der Einschränkung der gemeindlichen [X.] (sog. [X.]). Dies hat der Senat vor kurzem ausdrücklich entschieden (Urteil vom 25. September 2014 - [X.]VerwG 2 [X.] 16.13 - Rn. 13, zur [X.] in [X.]VerwGE und [X.] vorgesehen).

Daraus folgt, dass die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen [X.]. § 46 Abs. 1 [X.] nicht gegeben sind, wenn die betreffende Gemeinde dem [X.] unterliegt und dieses die [X.]egründung von Zahlungsverpflichtungen der [X.] infolge der [X.]eförderung eines [X.]eamten ausschließt. Ein solcher Fall liegt hier vor.

Das Oberverwaltungsgericht hat in Auslegung der einschlägigen [X.]estimmungen des [X.] Gemeindehaushaltsrechts (§§ 76, 79, 80 und 82 der Gemeindeordnung für das [X.]) als irrevisiblem Landesrecht angenommen, dass die [X.]eklagte in den fraglichen Zeiträumen mangels bekannt gemachter Haushaltssatzung den [X.]eschränkungen der vorläufigen Haushaltsführung unterlag und deshalb nur Aufwendungen entstehen lassen durfte, zu denen sie rechtlich verpflichtet war. Dies greift die [X.]eschwerde auch nicht an.

b) Die von der [X.]eschwerde aufgeworfenen Fragen zur Gleichbehandlung von bei [X.] und bei der [X.]undesagentur für Arbeit beschäftigten [X.]eamten mit sonstigen [X.]eamten und zur Anwendbarkeit des § 46 [X.] für bei [X.] und bei der [X.]undesagentur für Arbeit beschäftigten [X.]eamten sind für den Streitfall nicht entscheidungserheblich. Im Übrigen lassen sie sich auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten.

Selbst wenn - wie die [X.]eschwerde geltend macht - die bei einem [X.] oder der [X.]undesagentur für Arbeit beschäftigten [X.]eamten gegenüber den bei den anderen Dienstherren beschäftigten [X.]eamten Vorteile im Hinblick auf die Erfüllung haushaltsrechtlicher Voraussetzungen für eine [X.]eförderung haben sollten bzw. durch die Möglichkeit einer Insichbeurlaubung praktisch leichter in den Genuss einer der höherwertigen Tätigkeit adäquaten Vergütung kommen sollten, erfordert der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) keine Absenkung der für andere [X.]eamte geltenden Anforderungen im Rahmen des § 46 Abs. 1 [X.].

Der Gleichheitsgrundsatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich, wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Es bleibt dem Normgeber überlassen, aufgrund autonomer Wertungen die Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Die Gleichbehandlung von Sachverhalten ist erst dann geboten, wenn eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte [X.]etrachtungsweise ergibt, dass zwischen ihnen keine Unterschiede bestehen, die nach Art und Gewicht eine Ungleichbehandlung rechtfertigen können. Dies setzt voraus, dass sich im Hinblick auf die Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Ungleichbehandlung nicht finden lässt. Im [X.]ereich des [X.]esoldungsrechts hat der Gesetzgeber bei der Gewichtung der Differenzierungsmerkmale für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung einen verhältnismäßig weiten Gestaltungsspielraum, innerhalb dessen er das [X.]esoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung anpassen darf (stRspr; vgl. nur [X.]VerfG, [X.]eschlüsse vom 4. April 2001 - 2 [X.]vL 7/98 - [X.]VerfGE 103, 310 <320> und vom 6. Mai 2004 - 2 [X.]vL 16/02 - [X.]VerfGE 110, 353 <364 f.>; [X.]VerwG, Urteile vom 1. September 2005 - [X.]VerwG 2 [X.] 24.04 - [X.] 240 § 40 [X.] Nr. 33 Rn. 22 m.w.N. und vom 28. April 2011 - [X.]VerwG 2 [X.] 30.09 - [X.]VerwGE 139, 368 = [X.] 11 Art. 3 Abs. 1 GG Nr. 30, jeweils Rn. 27).

Demzufolge verstoßen Unterschiede bei der Gewährung von [X.] nur dann gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn sich die Auswahl der Differenzierungsmerkmale oder deren Gewichtung als erkennbar sachwidrig erweist ([X.]VerfG, [X.] vom 19. Dezember 2008 - 2 [X.]vR 380/08 - NVwZ 2009, 447 <448> m.w.N.; [X.]VerwG, Urteil vom 28. April 2011 a.a.O). Dies ist weder bei der [X.]eschränkung der Zulagenberechtigung nach § 46 [X.] auf die Fälle der sog. Vakanzvertretung und dem Ausschluss der Fälle der sog. Verhinderungsvertretung der Fall (Urteile vom 28. April 2005 - [X.]VerwG 2 [X.] 29.04 - [X.] 240 § 46 [X.] Nr. 3 S. 12 f. und vom 28. April 2011 a.a.[X.] Rn. 12 ff.) noch bei der [X.]eschränkung der Zulagenberechtigung nach § 46 [X.] auf beförderungsreife [X.]eamte (Urteil vom 28. April 2011 a.a.[X.] Rn. 26 ff.).

Der Fall, dass eine Gruppe von [X.]eamten bei einem solventeren und damit über mehr Planstellen verfügenden Dienstherrn innerhalb des Geltungsbereichs eines [X.]esoldungsgesetzes beschäftigt ist als eine andere Gruppe von [X.]eamten, steht [X.] dem Fall der [X.]esserstellung von Vakanzvertretern gegenüber Verhinderungsvertretern gleich. In beiden Fällen erhält ein Teil der [X.]eamten eine Zulage nach § 46 [X.], weil es für sie entsprechende höherwertige besetzbare Planstellen gibt, ein anderer Teil der [X.]eamten aber nicht, weil es für sie an solchen Planstellen fehlt. So wie es den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt, dass bei Fehlen einer höherwertigen Planstelle oder bei haushaltsrechtlichen Hindernissen für ihre [X.]esetzung die Zulage nach § 46 [X.] ausgeschlossen ist, würde es auch den Gleichheitssatz nicht verletzen, wenn die bei der [X.]undesagentur für Arbeit oder die bei den [X.] beschäftigten [X.]eamten wegen der [X.]esonderheiten dieser Institutionen faktisch leichter in den Genuss einer Zulage nach § 46 [X.] kommen könnten als andere [X.]eamte. Sachlicher und die Differenzierung rechtfertigender Grund wäre jeweils die mit dem Tatbestandsmerkmal der haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für eine [X.]eförderung bezweckte [X.]egrenzung der Zulage auf bereitstehende Haushaltsmittel (Urteile vom 28. April 2005 a.a.[X.] S. 11, vom 28. April 2011 a.a.[X.] Rn. 12 und vom 25. September 2014 - [X.]VerwG 2 [X.] 16.13 - Rn. 20, zur [X.] in [X.]VerwGE und [X.] vorgesehen).

2. Der mit der [X.]eschwerde gerügte Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) der Verletzung rechtlichen Gehörs ist entgegen § 133 Abs. 3 VwGO nicht begründet worden und kann schon deshalb die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das [X.]eschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Dabei nimmt der Senat - anders als das [X.]erufungsgericht - nicht deshalb eine Verdoppelung des Streitwerts vor, weil das Verwaltungsgericht innerhalb des geltend gemachten Anspruchszeitraums der Klage für einen bestimmten Zeitraum stattgegeben hat.

Meta

2 B 110/13

29.12.2014

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 18. September 2013, Az: 3 A 1168/13, Urteil

§ 46 Abs 1 BBesG, § 49 BHO, § 132 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 132 Abs 2 Nr 3 VwGO, § 76 GemO NW, § 79 GemO NW, § 80 GemO NW, § 82 GemO NW, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.12.2014, Az. 2 B 110/13 (REWIS RS 2014, 22)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 22

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