Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25.09.2014, Az. 1 WB 49/13

1. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2014, 2599

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Gegenstand

Dienstliche Beurteilung; Besorgnis der Befangenheit; Anfechtbarkeit


Leitsatz

Die Entscheidung gemäß Nr. 305 Buchst. a Abs. 1 der Bestimmungen über die Beurteilungen der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr vom 17. Januar 2007 - ZDv 20/6 -, ob gegenüber dem für die Beurteilung oder dem für die Stellungnahme zu der Beurteilung zuständigen Vorgesetzten die Besorgnis der Befangenheit besteht, ist keine selbstständig anfechtbare dienstliche Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO.

Tatbestand

1

[X.]er Antragsteller begehrte die Feststellung, dass der für die Stellungnahme zu seiner dienstlichen Beurteilung zuständige nächsthöhere Vorgesetzte befangen gewesen sei.

2

[X.]er 19.. geborene Antragsteller ist Berufssoldat in der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen [X.]ienstes im [X.]; seine [X.]ienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 30. April 20.. . Zum Hauptmann wurde er am 6. August 20.. befördert. Seit dem 5. Januar 20.. wird er beim ... in A. verwendet.

3

[X.]er Antragsteller wurde zum [X.] 31. März 2012 planmäßig beurteilt. [X.]ie Beurteilung wurde unter dem 11. April 2012 durch den Leiter des ... der [X.] erstellt und dem Antragsteller am selben Tag eröffnet. [X.]er beurteilende Vorgesetzte bewertete die Aufgabenerfüllung auf dem [X.]ienstposten mit einem [X.]urchschnittswert von „6,80“. Unter dem 17. April 2012 übermittelte der Amtschef des Sanitätsamts der [X.], [X.], als nächsthöherer Vorgesetzter dem Antragsteller den Entwurf seiner Stellungnahme zu der dienstlichen Beurteilung; die Stellungnahme wurde dem Antragsteller wegen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens bis heute nicht eröffnet. Nach dem Entwurf wird der [X.]urchschnittswert der Aufgabenerfüllung mit „6,80“ bestätigt und die Entwicklungsprognose mit „oberhalb der allgemeinen Laufbahnperspektive“ bewertet.

4

Mit E-Mail vom 17. April 2012 bat der Antragsteller um ein persönliches Gespräch zu der beabsichtigten Stellungnahme, weil er mit den dortigen Wertungen nicht einverstanden sei. Am 26. April 2012 fand daraufhin ein Telefongespräch von ca. 25 Minuten [X.]auer zwischen dem Antragsteller und dem Amtschef des Sanitätsamts statt.

5

Mit Schreiben vom 30. April 2012 erhob der Antragsteller wegen seiner dienstlichen Beurteilung zum [X.] 31. März 2012 Beschwerde, in der er u.a. die Befangenheit des stellungnehmenden Vorgesetzten geltend machte. [X.]ieser sei in dem Telefongespräch auf die gegen den Entwurf der Stellungnahme erhobenen Einwände nicht eingegangen und habe erklärt, dass er daran keine Änderung vornehmen wolle, weil er sonst ca. 30 Beurteilungen neu erstellen müsse. In der Sache wandte sich der Antragsteller gegen die Bewertungen der Aufgabenerfüllung auf dem [X.]ienstposten und der Entwicklungsprognose.

6

Mit Schreiben des Rechtsberaters des Inspekteurs des Sanitätsdienstes der [X.] vom 19. Juli 2012 und 7. August 2012 sowie des Rechtsberaters des Kommandos [X.] vom 19. [X.]ezember 2012 wurde der Antragsteller darauf hingewiesen, dass die Beschwerde, soweit sie den Vorwurf der Befangenheit des stellungnehmenden Vorgesetzten betreffe, als Antrag auf Feststellung der Befangenheit gemäß Nr. 305 Buchst. a [X.] 20/6 ausgelegt werde. Hiermit erklärte sich der Antragsteller mit Schriftsätzen seines Bevollmächtigten vom 27. [X.]ezember 2012 und 28. Januar 2013 einverstanden.

7

Mit Bescheid vom 7. Februar 2013 lehnte der Inspekteur des Sanitätsdienstes den Antrag auf Feststellung der Befangenheit des stellungnehmenden Vorgesetzten ab. Zur Begründung führte er u.a. aus, [X.] habe in einer von ihm angeforderten Äußerung vom 26. Juli 2012 erklärt, dass er die Aussage, er wolle seine beabsichtigte Stellungnahme deshalb nicht ändern, weil er ansonsten ca. 30 Beurteilungen neu erstellen müsse, nicht getroffen habe. Vielmehr habe der Antragsteller selbst in dem Gespräch am 26. April 2012 die Forderung erhoben, dass im Falle der Änderung seiner Beurteilung eben auch die anderen Beurteilungen angehoben werden müssten. Von dem Vorwurf eines Beharrens auf einer einmal getroffenen Entscheidung könne deshalb keine Rede sein.

8

Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 15. Februar 2013 Beschwerde. Er bestritt die Richtigkeit der Angaben von [X.] und wiederholte, dass es dieser gewesen sei, der zu einer gegebenenfalls erforderlichen Abänderung möglicherweise aller 30 Beurteilungen nicht bereit gewesen sei. [X.]ie Befangenheit von [X.] ergebe sich auch aus dessen Gesprächsnotiz vom 26. April 2012, wonach er, der Antragsteller, „ausschließlich emotional, z.T. sehr aggressiv“ argumentiert habe.

9

Mit Bescheid vom 12. Juni 2013 wies der Generalinspekteur der [X.] die Beschwerde zurück. Anhaltspunkte für eine Befangenheit lägen aus der Sicht eines unbeteiligten [X.]ritten nicht vor. Soweit der stellungnehmende Vorgesetzte die Argumentation des Antragstellers als emotional und teilweise aggressiv bewertet habe, rechtfertige dies für sich genommen nicht die Annahme einer Voreingenommenheit. [X.]ie Besorgnis der Befangenheit sei nur dann begründet, wenn weitere belegbare Umstände, wie z.B. widersprüchliche oder sachfremde Bewertungen oder nachweislich unwahre oder verzerrende Tatsachenbehauptungen hinzuträten. [X.]ies sei jedoch nicht der Fall. Zur Behauptung des Antragstellers, [X.] habe sich geweigert, den Entwurf zu ändern, weil sonst auch ca. 30 andere Beurteilungen neu erstellt werden müssten, habe dieser ausführlich und in sich schlüssig Stellung genommen. Unabhängig davon verbleibe nach Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Beweismittel ein unauflösbarer Widerspruch zwischen den Schilderungen des Antragstellers und des stellungnehmenden Vorgesetzten über den Inhalt des geführten Telefonats. Insoweit gelte der Grundsatz der materiellen Beweislast, wonach die Nichterweislichkeit einer Behauptung zulasten desjenigen gehe, der aus ihr eine positive Rechtsfolge herleiten wolle, hier also zulasten des Antragstellers.

Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 8. Juli 2013 weitere Beschwerde, die er im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrags begründete und in der er eine Zeugenvernehmung von [X.] anregte.

Mit Bescheid vom 4. September 2013 wies der [X.] - [X.] 2 - die weitere Beschwerde zurück und verwies zur Begründung im [X.] auf die Ausführungen im Beschwerdebescheid des Generalinspekteurs der [X.].

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 27. September 2013 beantragte der Antragsteller die Entscheidung des [X.]. [X.]er [X.] - [X.] 2 - legte den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 14. Oktober 2013 dem Senat vor. In der Sache beantragte der Antragsteller, unter Aufhebung der Entscheidungen vom 7. Februar 2013, 12. Juni 2013 und 4. September 2013 die Befangenheit von [X.] festzustellen. Zur Begründung betonte er, ergänzend zum vorgerichtlichen Vorbringen, dass die angefochtenen Entscheidungen an einem Aufklärungsmangel litten, weil eine Vernehmung von [X.] als Zeuge, die mehrfach angeregt worden sei, nicht erfolgt sei.

Mit Verfügungen vom 12. August und 1. September 2014 wies das Gericht die Beteiligten auf Zulässigkeitsbedenken hin, weil es sich bei der Entscheidung über die Befangenheit gemäß Nr. 305 Buchst. a [X.] 20/6 möglicherweise um eine nicht selbstständig anfechtbare Zwischenentscheidung handele, die nur inzident im Rahmen des [X.] gegen die (noch zu eröffnende) Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten überprüft werden könne.

Im Hinblick auf die gerichtlichen Hinweise erklärte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 15. September 2014 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt; hilfsweise beantragte er weiterhin die Feststellung der Befangenheit von [X.] . Hinsichtlich der Kostenentscheidung verwies er darauf, dass er das vorliegende Verfahren vor allem wegen entsprechender Erklärungen und Rechtsbehelfsbelehrungen der zuständigen Stellen betrieben habe.

[X.]er [X.] - [X.] 2 - schloss sich der Erledigungserklärung mit Schreiben vom 19. September 2014 an und verwahrte sich gegen die Auferlegung von Verfahrenskosten. [X.]er vom Antragsteller beschrittene Rechtsweg sei nach derzeitiger [X.] zulässig; der Antragsteller wäre jedoch in der Hauptsache unterlegen, weil [X.] nicht befangen gewesen sei.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. [X.]ie Verfahrens- und Beschwerdeakten des Inspekteurs des Sanitätsdienstes der [X.] - [X.].: [X.] -, des Generalinspekteurs der [X.] - [X.].: 3/13 - und des [X.] - [X.] 2 - [X.].: 1071/13 - sowie die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis [X.], haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

Na[X.]hdem die Beteiligten den Re[X.]htsstreit in der Hauptsa[X.]he übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entspre[X.]hender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 [X.]. § 20 Abs. 3 [X.] nur no[X.]h über die Kosten des Verfahrens zu ents[X.]heiden. Für die Kostenents[X.]heidung sind die im Prozessre[X.]ht allgemein geltenden Grundsätze maßgebend. Dana[X.]h ist bei übereinstimmender Erledigungserklärung über die Kosten na[X.]h billigem Ermessen unter Berü[X.]ksi[X.]htigung des bisherigen Sa[X.]h- und Streitstandes zu ents[X.]heiden (§ 20 Abs. 3 [X.], § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO; stRspr, vgl. etwa Bes[X.]hluss vom 22. April 2008 - BVerwG 1 [X.] 4.08 - Rn. 8 m.w.[X.]).

Billigem Ermessen entspri[X.]ht es vorliegend, die dem Antragsteller erwa[X.]hsenen notwendigen Aufwendungen zur Hälfte dem [X.] aufzuerlegen. Die hälftige Kostenteilung beruht auf folgenden Erwägungen:

1. Der Antrag auf geri[X.]htli[X.]he Ents[X.]heidung wäre voraussi[X.]htli[X.]h als unzulässig zu verwerfen gewesen.

Die Ents[X.]heidung gemäß [X.] Bu[X.]hst. a Abs. 1 der Bestimmungen über die Beurteilungen der Soldatinnen und Soldaten der [X.]eswehr vom 17. Januar 2007 - [X.] -), ob gegenüber dem (damaligen) Amts[X.]hef des (inzwis[X.]hen aufgelösten) Sanitätsamts der [X.]eswehr, Generalstabsarzt Dr. P., der als nä[X.]hsthöherer Vorgesetzter für die Stellungnahme zu der dienstli[X.]hen Beurteilung des Antragstellers vom 11. April 2012 zuständig war, die Besorgnis der Befangenheit bestand, ist kein zulässiger Gegenstand eines geri[X.]htli[X.]hen Antragsverfahrens na[X.]h der Wehrbes[X.]hwerdeordnung.

a) Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 [X.] (hier [X.]. § 21 Abs. 2 Satz 1 [X.]) kann mit dem Antrag auf geri[X.]htli[X.]he Ents[X.]heidung nur geltend gema[X.]ht werden, dass eine dienstli[X.]he Maßnahme oder deren Unterlassung re[X.]htswidrig sei. Merkmal einer Maßnahme in diesem Sinne ist (u.a.), dass sie unmittelbar gegen den Soldaten geri[X.]htet ist oder - obwohl an andere Soldaten geri[X.]htet - in Form einer Re[X.]htsverletzung oder eines Pfli[X.]htenverstoßes in seine Re[X.]htssphäre hineinwirkt. Überlegungen, Bewertungen, Stellungnahmen oder Zwis[X.]henents[X.]heidungen, die ledigli[X.]h der Vorbereitung von truppendienstli[X.]hen Maßnahmen oder Personalmaßnahmen dienen, sind hingegen als Elemente innerdienstli[X.]her Willens- und Meinungsbildung no[X.]h keine die Re[X.]hte eines Soldaten unmittelbar berührenden Maßnahmen; sie sind infolgedessen einer selbstständigen geri[X.]htli[X.]hen Na[X.]hprüfung ni[X.]ht zugängli[X.]h (stRspr, vgl. zuletzt insb. Bes[X.]hluss vom 23. Oktober 2012 - BVerwG 1 [X.] 59.11 - [X.] 450.1 § 17 [X.] Nr. 84 Rn. 26 ff. m.w.[X.]).

Na[X.]h ständiger Re[X.]htspre[X.]hung des [X.]s sind die Beurteilung dur[X.]h den zuständigen Vorgesetzten (Nr. 601 ff. [X.]), die Stellungnahme des nä[X.]hsthöheren Vorgesetzten (Nr. 904 ff. [X.]) und ggf. die Stellungnahme eines weiteren höheren Vorgesetzten (Nr. 911 ff. [X.]) jeweils selbstständig anfe[X.]htbare dienstli[X.]he Maßnahmen im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 [X.] (vgl. zuletzt ausführli[X.]h Bes[X.]hluss vom 16. Juli 2013 - BVerwG 1 [X.] 43.12 - [X.] 450.1 § 17 [X.] Nr. 87 Rn. 22 ff. m.w.[X.]). Im Rahmen einer gegen eine Beurteilung oder Stellungnahme geri[X.]hteten Bes[X.]hwerde oder eines entspre[X.]henden Antrags auf geri[X.]htli[X.]he Ents[X.]heidung kann au[X.]h die Besorgnis der Befangenheit des jeweiligen Vorgesetzten geltend gema[X.]ht werden (siehe au[X.]h Nr. 1102 Abs. 2 Spiegelstri[X.]h 1 [X.]), die vom Wehrdienstgeri[X.]ht in diesem Falle inzident [X.] wird (vgl. z.B. Bes[X.]hlüsse vom 24. März 2009 - BVerwG 1 [X.] 33.08 - [X.] 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 12 Rn. 22 ff. und vom 18. Dezember 2012 - BVerwG 1 [X.] 39.11 - [X.] 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 20 Rn. 43 ff.).

Ob die Feststellung der Besorgnis der Befangenheit au[X.]h unmittelbar bzw. primär zum Gegenstand einer Bes[X.]hwerde oder eines Antrags auf geri[X.]htli[X.]he Ents[X.]heidung gema[X.]ht werden kann, ist vom [X.] no[X.]h ni[X.]ht allgemein geklärt. Der [X.] hat bisher ledigli[X.]h ents[X.]hieden, dass für einen gesonderten Antrag auf Feststellung der Besorgnis der Befangenheit das erforderli[X.]he bere[X.]htigte Interesse (§ 43 Abs. 1 VwGO) oder das Re[X.]htss[X.]hutzbedürfnis fehlt, wenn bzw. sobald der Soldat Bes[X.]hwerde gegen die Beurteilung oder Stellungnahme erhoben hat, in deren Rahmen die genannte Inzidentprüfung stattfindet (vgl. Bes[X.]hlüsse vom 11. April 1991 - BVerwG 1 [X.] 110.90 - und vom 18. Juli 1995 - BVerwG 1 [X.] 22.95 - [X.] 236.1 § 29 SG Nr. 2 = [X.] 1996, 67). Ob ein gesonderter Antrag auf Feststellung der Besorgnis der Befangenheit zulässig ist, wenn bzw. solange die Beurteilung oder Stellungnahme no[X.]h ni[X.]ht eröffnet ist oder - wie hier - die Eröffnung gerade mit Rü[X.]ksi[X.]ht auf das laufende Re[X.]htsbehelfsverfahren wegen der Besorgnis der Befangenheit unterbleibt, ist vom [X.] bisher no[X.]h ni[X.]ht ausdrü[X.]kli[X.]h ents[X.]hieden.

b) Na[X.]h den dargelegten Maßstäben stellt die Ents[X.]heidung, ob gegenüber einem für die dienstli[X.]he Beurteilung eines Soldaten zuständigen (beurteilenden oder stellungnehmenden) Vorgesetzten die Besorgnis der Befangenheit besteht ([X.] Bu[X.]hst. a Abs. 1 [X.]), stets eine bloß vorbereitende Zwis[X.]henents[X.]heidung und keine mit dem Antrag auf geri[X.]htli[X.]he Ents[X.]heidung selbstständig anfe[X.]htbare Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 [X.] dar. Soweit die Bes[X.]hlüsse vom 11. April 1991 und vom 18. Juli 1995 anders verstanden werden können, wird daran ni[X.]ht festgehalten.

aa) Die Ents[X.]heidung gemäß [X.] Bu[X.]hst. a Abs. 1 [X.] dient, wie si[X.]h au[X.]h aus der Stellung der Vors[X.]hrift in Kapitel 3 (Zuständigkeiten) der [X.] ergibt, der Bestimmung des für eine Beurteilung oder Stellungnahme zuständigen Vorgesetzten. Die Ents[X.]heidung über die Besorgnis der Befangenheit bezieht si[X.]h dabei auss[X.]hließli[X.]h auf die Erstellung der konkreten dienstli[X.]hen Beurteilung und lässt die dienstli[X.]hen Beziehungen zwis[X.]hen dem Soldaten und seinen Vorgesetzten im Übrigen unberührt. Au[X.]h von ihrer Zwe[X.]ksetzung her wird die Ents[X.]heidung gemäß [X.] Bu[X.]hst. a Abs. 1 [X.] auss[X.]hließli[X.]h davon bestimmt, das Erstellen einer sa[X.]hgere[X.]hten dienstli[X.]hen Beurteilung (Nr. 101 ff., [X.] ff. [X.]) zu gewährleisten; die ansonsten bestehenden dienstli[X.]hen Beziehungen zwis[X.]hen dem Soldaten und den Vorgesetzten bleiben deshalb bei der Eins[X.]hätzung, ob eine Besorgnis der Befangenheit gegeben ist, ausgeblendet (siehe [X.] Bu[X.]hst. [X.] [X.]).

Die Ents[X.]heidung gemäß [X.] Bu[X.]hst. a Abs. 1 [X.] ist damit Teil eines bestimmten konkreten Beurteilungsverfahrens. Die Feststellung oder Ni[X.]htfeststellung der Besorgnis der Befangenheit dient auss[X.]hließli[X.]h der Vorbereitung der zu erstellenden dienstli[X.]hen Beurteilung (Beurteilung und Stellungnahmen höherer Vorgesetzter) und hat außerhalb des konkreten Beurteilungsverfahrens keine Re[X.]htswirkungen.

bb) Eine selbstständige Anfe[X.]htbarkeit der Ents[X.]heidung gemäß [X.] Bu[X.]hst. a Abs. 1 [X.] ist au[X.]h ni[X.]ht unter dem Gesi[X.]htspunkt eines effektiven Re[X.]htss[X.]hutzes geboten. Effektiver Re[X.]htss[X.]hutz ist dadur[X.]h gewährleistet, dass der betroffene Soldat die ges[X.]hilderte Mögli[X.]hkeit der Anfe[X.]htung der Beurteilung und/oder Stellungnahme hat, in deren Rahmen ggf. eine Inzidentprüfung der Besorgnis der Befangenheit des zuständigen Vorgesetzten erfolgt. Im Rahmen des Re[X.]htss[X.]hutzes gegen die Beurteilung und/oder Stellungnahme erhält der betroffene Soldat - über die Prüfung der Besorgnis der Befangenheit hinaus - glei[X.]hzeitig und vor allem au[X.]h eine Ents[X.]heidung über die sa[X.]hli[X.]hen Aussagen und Wertungen der Beurteilung und/oder Stellungnahme, aus denen si[X.]h seine eigentli[X.]he Bes[X.]hwer ergibt.

Eine selbstständige Anfe[X.]htbarkeit der Ents[X.]heidung gemäß [X.] Bu[X.]hst. a Abs. 1 [X.] läuft hingegen Gefahr, zu einer letztli[X.]h vor allem den Soldaten belastenden Verzögerung im Beurteilungsverfahren - bis hin zu Folgewirkungen auf die na[X.]hfolgenden dienstli[X.]hen Beurteilungen - zu führen (vgl. au[X.]h Urteil vom 27. Mai 1981 - BVerwG 8 C 13.80 - [X.] 310 § 44a VwGO Nr. 2 = NJW 1982, 120). Dies illustriert der vorliegende Fall, in dem die Eröffnung der Stellungnahme des Amts[X.]hefs des Sanitätsamts mit Rü[X.]ksi[X.]ht auf das laufende Bes[X.]hwerdeverfahren wegen der Besorgnis der Befangenheit bis heute zurü[X.]kgestellt wurde, wobei die Dauer dieses Bes[X.]hwerdeverfahrens s[X.]hon bis zur Vorlage an den [X.] rund eineinhalb Jahre betrug. Zuglei[X.]h verfügt der Antragsteller bis heute ni[X.]ht über eine wirksame vollständige dienstli[X.]he Beurteilung zum [X.] 31. März 2012, weil die notwendige (Nr. 904 Bu[X.]hst. a, Nr. 910 [X.]) Stellungnahme des nä[X.]hsthöheren Vorgesetzten na[X.]h wie vor nur als Entwurf vorliegt. Au[X.]h na[X.]h Abs[X.]hluss des vorliegenden Verfahrens wäre zudem no[X.]h immer ni[X.]ht geklärt gewesen, ob die Bewertungen der Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten und der Entwi[X.]klungsprognose, um die es dem Antragsteller eigentli[X.]h geht, zu beanstanden sind oder ni[X.]ht.

[X.][X.]) Eine selbstständige Anfe[X.]htbarkeit der Ents[X.]heidung über die Besorgnis der Befangenheit folgt s[X.]hließli[X.]h ni[X.]ht aus [X.] Bu[X.]hst. a Abs. 3 [X.], wona[X.]h „na[X.]h Eröffnung der Beurteilung die Soldatin oder der Soldat Befangenheit gegen die beurteilenden und/oder stellungnehmenden Vorgesetzten nur no[X.]h im Rahmen des Bes[X.]hwerdere[X.]hts“, gemeint: gegen die Beurteilung und/oder Stellungnahme, geltend ma[X.]hen kann. Dies re[X.]htfertigt ni[X.]ht den Umkehrs[X.]hluss, dass bis zur Eröffnung der Beurteilung oder Stellungnahme ein selbstständiges Wehrbes[X.]hwerdeverfahren wegen der Besorgnis der Befangenheit statthaft wäre.

Abgesehen davon, dass si[X.]h aus einer Verwaltungsvors[X.]hrift keine für das Geri[X.]ht verbindli[X.]hen Vorgaben für die Auslegung des Begriffs der „dienstli[X.]hen Maßnahme“ im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 [X.] ergeben können, lassen si[X.]h die Absätze 1 und 3 der [X.] Bu[X.]hst. a [X.] au[X.]h ohne den genannten Umkehrs[X.]hluss in ein sinnvolles Verhältnis setzen. Werden Anhaltspunkte für eine Besorgnis der Befangenheit bekannt - sei es dur[X.]h den betroffenen Soldaten oder sei es dur[X.]h den Vorgesetzten selbst - und ist die Beurteilung oder Stellungnahme no[X.]h ni[X.]ht eröffnet, so ist es dur[X.]haus zwe[X.]kmäßig, kurzfristig eine Zwis[X.]henents[X.]heidung über die Besorgnis der Befangenheit dur[X.]h den jeweils nä[X.]hsthöheren Vorgesetzten herbeizuführen, um auf diese Weise mögli[X.]he Fehler im Beurteilungsverfahren prophylaktis[X.]h zu vermeiden. Ni[X.]ht mehr zwe[X.]kmäßig ist es na[X.]h dem eben Gesagten hingegen, ein gesondertes Wehrbes[X.]hwerdeverfahren über diese Zwis[X.]henents[X.]heidung, wenn sie die Besorgnis der Befangenheit verneint, zu eröffnen. [X.] Bu[X.]hst. a Abs. 3 [X.] kann deshalb zwanglos au[X.]h so verstanden und praktiziert werden, dass bis zur Eröffnung der Beurteilung oder Stellungnahme eine (prophylaktis[X.]he) Zwis[X.]henents[X.]heidung na[X.]h [X.] Bu[X.]hst. a Abs. 1 [X.] herbeigeführt werden kann, Re[X.]htss[X.]hutz na[X.]h der Wehrbes[X.]hwerdeordnung jedo[X.]h stets nur im Rahmen eines Re[X.]htsbehelfs gegen die Beurteilung oder Stellungnahme eröffnet ist.

dd) Dies entspri[X.]ht ni[X.]ht zuletzt au[X.]h dem im allgemeinen Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozessre[X.]ht geltenden Modell. So kann, wenn in einem Verwaltungsverfahren gegen einen Behördenbediensteten oder den Behördenleiter Gründe für eine Besorgnis der Befangenheit vorgebra[X.]ht werden, hierüber eine Ents[X.]heidung des [X.] oder der Aufsi[X.]htsbehörde herbeigeführt werden (§ 21 Abs. 1 VwVfG). Wird eine Anordnung, dass der betreffende Bedienstete oder Behördenleiter wegen Besorgnis der Befangenheit am Verwaltungsverfahren ni[X.]ht mitwirken darf, abgelehnt, so ist diese Ents[X.]heidung ni[X.]ht selbstständig, sondern als behördli[X.]he Verfahrenshandlung nur glei[X.]hzeitig mit dem gegen die jeweilige Sa[X.]hents[X.]heidung zulässigen Re[X.]htsbehelf anfe[X.]htbar (§ 44a Satz 1 VwGO; vgl. z.B. [X.]/S[X.]henke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 44a Rn. 5 m.w.[X.]). Glei[X.]hes gilt im geri[X.]htli[X.]hen Verfahren, wenn ein Ablehnungsgesu[X.]h gegen [X.] wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt wird (§ 54 Abs. 1 VwGO [X.]. §§ 42 ff. ZPO); au[X.]h insoweit ist eine selbstständige Bes[X.]hwerde ausges[X.]hlossen (§ 146 Abs. 2 VwGO) und Re[X.]htss[X.]hutz nur über das Re[X.]htsmittel gegen die geri[X.]htli[X.]he Ents[X.]heidung in der Sa[X.]he selbst zulässig (vgl. z.B. [X.]/S[X.]henke a.a.O. § 54 Rn. 19 f. m.w.[X.]).

2. Im Rahmen der Billigkeitsents[X.]heidung über die Kosten des Verfahrens ist allerdings au[X.]h zu berü[X.]ksi[X.]htigen, dass das vorliegende, für den Antragsteller letztli[X.]h ni[X.]ht zielführende Wehrbes[X.]hwerdeverfahren wesentli[X.]h au[X.]h dur[X.]h das Verhalten und die unzutreffende Re[X.]htsauffassung der beteiligten Vorgesetzten und [X.]eswehrdienststellen veranlasst wurde.

Der Antragsteller hat mit S[X.]hriftsatz seiner Bevollmä[X.]htigten vom 3. August 2012 frühzeitig auf die Bedenken hingewiesen, die gegen ein zusätzli[X.]hes separates Wehrbes[X.]hwerdeverfahren wegen der Besorgnis der Befangenheit bestehen. Insoweit war es zwar zunä[X.]hst zutreffend, dass dem Antragsteller in mehreren Hinweiss[X.]hreiben erläutert wurde, dass sein die Besorgnis der Befangenheit betreffendes Vorbringen in dem S[X.]hreiben vom 30. April 2012 sa[X.]hgere[X.]ht als Antrag gemäß [X.] Bu[X.]hst. a [X.] auszulegen sei. Na[X.]hdem der Inspekteur des Sanitätsdienstes diesen Antrag mit Bes[X.]heid vom 7. Februar 2013 abgelehnt hatte, wäre dann allerdings ri[X.]htigerweise die Stellungnahme des nä[X.]hsthöheren Vorgesetzten zu eröffnen gewesen, so dass der Antragsteller ggf. seine Einwände (sowohl hinsi[X.]htli[X.]h der Besorgnis der Befangenheit als au[X.]h hinsi[X.]htli[X.]h der Leistungsbewertung und Entwi[X.]klungsprognose) zusammenhängend mit einer Bes[X.]hwerde gegen die Stellungnahme hätte weiterverfolgen können. Auf der Grundlage der - unzutreffenden - Re[X.]htsauffassung, dass die Vors[X.]hriftenlage einen Re[X.]htsweg gegen die Ents[X.]heidung na[X.]h [X.] Bu[X.]hst. a [X.] gewähre (siehe in diesem Sinne ausdrü[X.]kli[X.]h no[X.]hmals das S[X.]hreiben des [X.]esministeriums der Verteidigung vom 19. September 2014), unterblieb jedo[X.]h (bis heute) die Eröffnung der Stellungnahme, um den Ausgang des vermeintli[X.]h vorgreifli[X.]hen Bes[X.]hwerdeverfahrens betreffend die Besorgnis der Befangenheit abzuwarten. Damit war einerseits eine Bes[X.]hwerde des Antragstellers gegen die nur als Entwurf vorliegende Stellungnahme des nä[X.]hsthöheren Vorgesetzten ni[X.]ht mögli[X.]h; andererseits war es dem Antragsteller ni[X.]ht zuzumuten, die Ablehnung seines [X.] dur[X.]h den Inspekteur des Sanitätsdienstes hinzunehmen, weil ihm mögli[X.]herweise sonst später der Einwand der Bestandskraft entgegengehalten würde. Vor dem Hintergrund dieses Dilemmas, das wesentli[X.]h au[X.]h dur[X.]h das Verhalten der beteiligten Stellen verursa[X.]ht wurde, kann es kostenre[X.]htli[X.]h ni[X.]ht dem Antragsteller allein angelastet werden, dass er zunä[X.]hst Bes[X.]hwerde gegen den Bes[X.]heid vom 7. Februar 2013 erhoben und dann - den Re[X.]htsbehelfsbelehrungen in den Bes[X.]hwerdebes[X.]heiden vom 12. Juni und 4. September 2013 folgend - das Wehrbes[X.]hwerdeverfahren bis vor den [X.] betrieben hat.

3. Unter Berü[X.]ksi[X.]htigung der Erfolgsaussi[X.]hten des Antrags auf geri[X.]htli[X.]he Ents[X.]heidung einerseits und der Mitverursa[X.]hung des [X.] dur[X.]h die beteiligten [X.]eswehrdienststellen andererseits ers[X.]heint es billig,

dass der [X.] dem Antragsteller die Hälfte seiner notwendigen Aufwendungen im Verfahren vor dem [X.]esverwaltungsgeri[X.]ht und im vorgeri[X.]htli[X.]hen Verfahren erstattet.

Meta

1 WB 49/13

25.09.2014

Bundesverwaltungsgericht 1. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WB

§ 17 Abs 3 S 1 WBO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25.09.2014, Az. 1 WB 49/13 (REWIS RS 2014, 2599)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2599

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 WB 39/11 (Bundesverwaltungsgericht)

Dienstliche Beurteilung; Abstimmungsgespräche unter Beteiligung des weiteren höheren Vorgesetzten


1 WB 43/12 (Bundesverwaltungsgericht)

Dienstliche Maßnahme; dienstliche Beurteilung; Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten


1 WDS-VR 2/18 (Bundesverwaltungsgericht)

Rechtsschutz; Befangenheit des Vorgesetzten bei Beurteilung


1 WB 31/17 (Bundesverwaltungsgericht)

Beurteilung für Reservedienstleistende; Plausibilisierung; Besorgnis der Befangenheit


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