Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.09.2014, Az. 29 W (pat) 15/14

29. Senat | REWIS RS 2014, 2846

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Premium Augen" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2010 072 962

(hier: Löschungsverfahren [X.])

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 17. September 2014 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], der Richterin [X.] und der Richterin k. A. Akintche

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer begehrt die teilweise Löschung der am 13. Dezember 2010 angemeldeten und am 31. März 2011 für Dienstleistungen der Klasse 35 und die folgenden Waren und Dienstleistungen der

2

Klasse 09: wissenschaftliche, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, [X.], Mess-, Signal-, Kontrollapparate und -instrumente; Datenverarbeitungsgeräte und Computer;

3

[X.]: medizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege

4

eingetragenen Wortmarke 30 2010 072 962

5

Premium Augen

6

Der Beschwerdeführer hat am 22. Februar 2013 Antrag auf (Teil-)Löschung der Marke wegen absoluter Schutzhindernisse gemäß §§ 50, 54 i. V. m. § 8 [X.] gestellt und diesen auf die Waren der [X.] und Dienstleistungen der [X.] beschränkt.

7

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat dem ihm am 13. März 2013 zugestellten Löschungsantrag am 13. Mai 2013 widersprochen.

8

[X.] 3.4. des [X.] hat den Löschungsantrag mit Beschluss vom 12. November 2013 zurückgewiesen.

9

Zur Begründung hat sie ausgeführt, dem Zeichen hätten weder im Zeitpunkt der Eintragung noch im Entscheidungszeitpunkt absolute Schutzhindernisse entgegengestanden. Insbesondere fehle ihm nicht die erforderliche Unterscheidungskraft. Die Marke setze sich zwar aus einer Kombination zweier einfacher Begriffe der [X.] zusammen. „Premium“ sei ein Hinweis auf besondere oder beste Qualität von Waren und Dienstleistungen und werde als werbende Sachaussage und Anpreisung aufgefasst; „Augen“ bezeichne das Sehorgan des Menschen und der Tiere. In ihrer konkreten Zusammensetzung werde der beschreibende Sinngehalt dieser Einzelelemente aber so weit überlagert, dass die Marke in ihrer Gesamtheit ihre betriebliche Herkunftsfunktion erfüllen könne. Die [X.] sei ungewöhnlich und enthalte für die verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen keine sinnvolle Gesamtaussage. Für die Waren der [X.] fehle es schon an einem hinreichend engen Produktbezug. Die Waren seien nicht geeignet, „Augen“ herzustellen oder in irgendeiner Weise zu bearbeiten. Medizinische Geräte seien nicht erfasst. Auch zu den Dienstleistungen der [X.] fehle es an einem engen Sachbezug. Zwar würden insbesondere [X.] mit dem Begriff „schöne Augen“ werbend angepriesen, eine Kombination mit dem kaufmännischen Begriff „Premium“ sei aber weder im Eintragungszeitpunkt noch im Entscheidungszeitpunkt nachweisbar. Auch mit anderen Organen werde der Begriff „Premium“ nicht in beschreibender Weise kombiniert. Selbst wenn die Erwartungen des angesprochenen Verkehrs nach Art eines sprechenden Zeichens in eine bestimmte Richtung gelenkt würden, erscheine die Kombination „Premium Augen“ vorrangig als betrieblicher Herkunftshinweis. Aus diesem Grund bestehe auch kein Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Antragstellers. Er trägt vor, die Wortkombination „Premium Augen“ sei in herkömmlicher Weise und grammatikalisch korrekt aus einem Adjektiv und einem Substantiv gebildet. Es werde ohne weiteres im Sinne von „hochwertige Augen“ oder „hervorragende Augen“ verstanden. Die Wortkombination „Premium Augen“ werde zur Beschreibung von Produkten bereits benutzt. So biete „ERGOdirekt“ eine Augenversicherung unter dieser Bezeichnung an. Allein aus dem Umstand, dass das in dem [X.] enthaltene Substantiv die beanspruchte Ware nicht beschreibe, könne die Unterscheidungskraft des Zeichens nicht abgeleitet werden. Genau das Gegenteil sei der Fall. Gerade der Kombination allgemeiner Gattungsbegriffe mit beschreibenden Adjektiven fehle die notwendige Unterscheidungskraft. Für die Dienstleistungen der [X.] beschreibe die Kombination ohne weiteren gedanklichen Zwischenschritt deren Ergebnis, nämlich „hervorragende Augen“. Auch wenn die Wortkombination unüblich sei, liege dieses Verständnis auf der Hand. Für die Waren der [X.] sei der Begriff „Augen“ hingegen nicht so weit von den Waren entfernt, dass er sich als Herkunftshinweis eignen könne. Bei konsequenter Anwendung der Auffassung der Markenabteilung müsse man auch das unmittelbar beschreibende Synonym „hervorragende Augen“ als eintragungsfähig betrachten. [X.] man die in der Entscheidung zum Ausdruck kommende Auffassung der Markenabteilung, könne einer attributiven Wortkombination aus einem qualitätsbeschreibenden Adjektiv und einem Substantiv nur dann die Unterscheidungskraft abgesprochen werden, wenn das Substantiv unmittelbar die Ware oder Dienstleistung selbst beschreibe, was zu einer erheblichen Ausweitung von eintragungsfähigen Wortkombinationen wie „schöne Augen“, „kräftige Augen“, etc. führe. Diese Frage habe grundsätzliche Bedeutung, weshalb bei einer Zurückweisung der Beschwerde die Rechtsbeschwerde zuzulassen sei.

Der Beschwerdeführer stellt den Antrag,

den Beschluss des [X.] vom 12. November 2013 aufzuheben und die Wortmarke „Premium Augen“ für die Waren der [X.] und die Dienstleistungen der [X.] aus dem Register zu löschen.

Der Beschwerdegegner stellt den Antrag,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er trägt vor, der angegriffenen Marke komme Unterscheidungskraft zu, da ein beschreibender Bezug zu den beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen nur über einen mehrere Schritte umfassenden Denkprozess hergestellt werden könne. „Premium“ habe keine beschreibende Bedeutung für Körperteile. Zudem sei eine Vielzahl von Marken mit dem Bestandteil „Premium“ eingetragen. Die Rechtsbeschwerde sei nicht zuzulassen, weil es zu dieser Frage bereits eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung gebe.

Zum weiteren Vortrag wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig aber unbegründet. Der Löschungsantrag des Beschwerdeführers ist von der Markenabteilung 3.4 zu Recht zurückgewiesen worden.

Eine Marke wird nach § 50 Abs. 1 und 2 Satz 1 [X.] auf Antrag wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn sie entgegen § 8 [X.] eingetragen worden ist und das Schutzhindernis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 [X.] auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Löschung besteht.Eine Löschung kann daher nur erfolgen, wenn das Vorliegen von [X.] zu den jeweils maßgeblichen Zeitpunkten zweifelsfrei feststeht. Bei der Prüfung, ob der angegriffenen Marke bei ihrer Eintragung absolute Schutzhindernisse entgegenstanden, ist maßgeblich auf den Zeitpunkt der Anmeldung abzustellen. ([X.], 1143 Rn. 15 – [X.] werden Fakten; GRUR 2014, 872 Rn. 21 - [X.]). Bei Eintragung standen dem angegriffenen Zeichen keine Eintragungshindernisse gemäß § 8 [X.] entgegen, insbesondere fehlte ihm nicht jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Der Umstand, dass die Markenabteilung bei der Prüfung der Schutzhindernisse irrtümlich nicht auf den Zeitpunkt der Anmeldung, sondern auf den Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke abgestellt hat, rechtfertigt die Aufhebung des angegriffenen Beschlusses nicht, weil sich die dadurch entstandene geringfügige zeitliche Abweichung im vorliegenden Fall nicht auswirkt. Eine zwischen der Anmeldung am 13. Dezember 2010 und der Eintragung am 31. März 2011 eingetretene Abweichung des [X.] lässt sich nicht feststellen. Gegenteiliges ist auch von dem Beschwerdeführer nicht geltend gemacht worden.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] [X.], 228 Rn. 33 - [X.]/ [X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.], 608 Rn. 66 f. - [X.]; [X.], 731 Rn. 11 - [X.]; [X.], 270 Rn. 8 - Link economy; [X.], 825 Rn. 13 - [X.]; [X.], 935 Rn. 8 - [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] a. a. [X.] - [X.]/ [X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.], 233 Rn. 45 - Standbeutel; [X.], 229 Rn. 27 - BioID; [X.], 949 Rn. 10 - My World; GRUR, 2008, 710 Rn. 12 - [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] - [X.]; [X.], 411 Rn. 8 - [X.]; [X.], 778 Rn. 11 - Willkommen im Leben; a. a. [X.] - My World). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.], 428 Rn. 53 - [X.]; [X.], 1151 - marktfrisch; [X.] 2000, 420 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.], 411 Rn. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943 Rn. 24 - [X.] 2; [X.], 449 Rn. 11 – grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.], 674, Rn. 86 - Postkantoor; [X.] [X.], 270 Rn. 11 - Link economy; [X.], 952 Rn. 10 - [X.]; a. a. [X.] Rn. 19 - [X.]) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.], 872 Rn. 21 - [X.]; [X.], 1100 Rn. 20 - [X.]!; a. a. [X.] - [X.]; [X.], 1050 - [X.]; [X.], 1043 - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen ([X.], Beschluss vom 15. April 2014, [X.] Rn. 12 – [X.]; a. a. [X.] Rn. 16 - [X.]; a. a. [X.] Rn. 23 - [X.]!; a. a. [X.] Rn. 28 f. - [X.]). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] [X.], 146 Rn. 32 - [X.]; 674, 678 Rn. 97 - Postkantoor; 680, 681 Rn. 38 - [X.]; [X.], 58, 59 Rn. 21 - [X.]); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer [X.] entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe nur dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der [X.] wegführt ([X.] [X.] 2007, 204 Rn. 77 f. - [X.]; a. a. [X.] Rn. 98 - Postkantoor; a. a. [X.] Rn. 39 f. - [X.]; a. a. [X.] Rn. 28 - [X.] 2; [X.], Beschluss vom 15. April 2014, [X.] Rn. 16 – [X.]).

Premium sind die Bezeichnungen [Quelle: [X.], 2011-01-30]“; „Premium zahlt sich aus! [Quelle: [X.], 2011-01-23]“; „Auch wenn das ein oder andere Plastikteil noch zu entdecken ist, der [X.] ist Premium [Quelle: [X.], 2011-01-17]“; „Die Zeiten, in denen Premium ein festgelegtes Segment und ein Phänomen der Oberklasse war, sind vorbei [Quelle: [X.], 2011-01-13]“. Auch die Kombination mit einem weiteren Substantiv ist üblich: „Hier wurde 2002 nach fast 100-jähriger Unterbrechung die Tradition der Premium Sekt-Herstellung fortgeführt [Quelle: [X.], 2011-01-11]; „[X.] sei Premium Cola für ihn nur ein Hobby gewesen, erzählt der 34-Jährige mit dem rasierten Schädel…[Quelle: www.freitag.de, 2011-01-02]“; „Von Premium Gastronomie darf man bei [X.] nicht sprechen [Quelle. [X.], 2011-01-21]“ (vgl. [X.], [X.]. 35 ff. d. A.).

Die Kombination des Begriffs „Premium“ mit dem Wort „Augen“, also einem menschlichen Sinnesorgan, ist zwar grammatikalisch korrekt gebildet, inhaltlich dagegen ungewöhnlich und überraschend. Sinnes- oder sonstige Organe oder Körperteile werden nicht mit dem für Waren und Dienstleistungen verwendeten Begriff „Premium“ beschrieben. Die Wortkombination erschöpft sich damit nicht in der Addition zweier beschreibender Begriffe, sondern stellt eine ungewöhnliche Veränderung dar, die Befremden auslöst, zum Nachdenken anregt und hinreichend weit von der [X.] wegführt.

„Premium Augen“ ist zur Beschreibung der in [X.] beanspruchten Waren „wissenschaftliche, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, [X.], Mess-, Signal-, Kontrollapparate und -instrumente; Datenverarbeitungsgeräte und Computer“ nicht geeignet. Derartige Geräte und Instrumente werden nicht als „Augen“ bezeichnet, selbst wenn sie - wie Brillen oder Kontaktlinsen - dem Ausgleich einer Sehschwäche dienen. Zu dem von dem Antragsteller unterstellten Verständnis im Sinne von „hervorragende technische Augen“ gelangt man deshalb – wenn überhaupt – erst über mehrere Gedankenschritte. Dabei ist zu beachten, dass künstliche Gliedmaßen, wie z. B. Glasaugen, die als Produkt mit dem Begriff „Premium“ beschreibend angepriesen werden könnten, von den beanspruchten Waren der [X.] nicht umfasst sind. Sie gehören in die [X.] Es fehlt auch an einem engen beschreibenden Bezug der Wortfolge zu den beanspruchten Waren. Zu der Bedeutung „Premiumprodukt für Augen“ gelangen die angesprochenen Verkehrskreise, die sich aus der Allgemeinheit der Endverbraucher und dem Fachverkehr für optische Geräte zusammensetzen, ebenfalls nicht unmittelbar, sondern nur über mehrere gedankliche Zwischenschritte. Entsprechende Kennzeichnungsgewohnheiten, die ein Verständnis als [X.] trotz der ungewöhnlichen [X.] unmittelbar nahe legen, ließen sich weder für den Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke noch für den Zeitpunkt der jetzigen Entscheidung ermitteln.

Auch für die beanspruchten medizinischen Dienstleistungen und Dienstleistungen der Schönheits- und Gesundheitspflege in [X.] stellt die Wortkombination weder eine unmittelbar beschreibende Angabe dar, noch weist sie einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Bezug zu diesen auf. Denn das Ergebnis derartiger Dienstleistungen wird nicht mit „Premium Augen“ bezeichnet. Hier kann zwar der Begriff „Augen“ die Organe oder Körperbereiche bezeichnen, die Gegenstand einer Behandlung sind. Das Ergebnis oder die Qualität der Behandlung wird dann mit „Ich lasse [X.] gerne schöne Augen machen – natürlich mit Hyal-System®“ (vgl. [X.]. [X.]) oder „Schöne Augen machen“ (vgl. [X.]. [X.]) betitelt. Sie wird jedoch nicht mit dem Begriff „Premium Augen“ beschrieben. Die Wortkombination löst auch in diesem Zusammenhang Befremden aus und regt zum Nachdenken an. Sie kann nicht ohne weiteres mit „schönen, gesunden, scharfen, hervorragenden Augen“ gleichgesetzt werden, da der Verkehr an die durch das Eigenschaftswort „Premium“ implizierte Gleichsetzung eines zentralen Sinnesorgans mit einer Ware nicht gewöhnt ist und daran sogar Anstoß nehmen kann. Zu dem Verständnis „[X.] für Augen“ gelangt man ebenfalls erst über mehrere gedankliche Zwischenschritte. Eine entsprechende Verkürzung entspricht nach den Recherchen des Senats auch nicht den Kennzeichnungsgewohnheiten im Bereich der Gesundheits- und Schönheitsdienstleistungen.

Premium-Krankenversicherung und der [X.].“ (http://www.statravel.de/reisekrankenversicherung.htm). Die dortigen Kennzeichnungsgewohnheiten lassen aber keinen Rückschluss auf das Verkehrsverständnis im Bereich der hier verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen zu.

Daher kann der angegriffenen Marke das für die Überwindung des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] erforderliche Minimum an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.

Da das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft der Eintragung der angegriffenen Marke nicht entgegengestanden hat, bestand auch kein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] an der eingetragenen Wortkombination. Anhaltspunkte für das Vorliegen sonstiger Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 [X.] bei Anmeldung der angegriffenen Marke sind nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.

Der Fall gibt keine Veranlassung, die Rechtsbeschwerde gemäß § 83 Abs. 2 [X.] zuzulassen. Weder ist über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.]. Die der Entscheidung zugrundeliegenden [X.] entsprechen der im Eingang zitierten langjährigen Rechtsprechung des [X.].

Der Beschwerdeführer macht insoweit geltend, die Bejahung der Unterscheidungskraft der vorliegenden Wortfolge führe in der Konsequenz dazu, dass entsprechenden attributiven Zusammensetzungen aus einem die gekennzeichneten Waren beschreibenden Eigenschaftswort und einem Substantiv nur dann die Unterscheidungskraft abgesprochen werden könne, wenn die Substantive die Ware unmittelbar beschreiben. Dabei verkennt er jedoch, dass in der Rechtsprechung die Konstruktion entsprechender sprachlicher Gesetzmäßigkeiten und daraus abgeleiteter Rückschlüsse für das Markenrecht grundsätzlich abgelehnt wird, da maßgeblich für die Beurteilung immer der konkrete Einzelfall ist. Der [X.] betont in ständiger Rechtsprechung, dass für die Frage der Unterscheidungskraft die Umstände der konkret zu beurteilenden Bezeichnung und die Kennzeichnungsgewohnheiten der maßgebenden Branche maßgeblich sind. Abstrakte sprachwissenschaftliche Erkenntnisse können dagegen nicht ohne weiteres für die Beurteilung der Unterscheidungskraft herangezogen werden (zuletzt [X.], 731 Rn. 22 - [X.]).

Zur Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] bestand kein Anlass.

Meta

29 W (pat) 15/14

17.09.2014

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.09.2014, Az. 29 W (pat) 15/14 (REWIS RS 2014, 2846)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2846

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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26 W (pat) 4/15

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