Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.02.2013, Az. XI ZR 183/11

11. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7881

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Gegenstand

Haftung der Bank bei Kapitalanlageberatung: Nachweis der Kausalität der unterbliebenen Aufklärung über Rückvergütungen für die Anlageentscheidung und des vordringlichen Anlagemotivs der Steuerersparnis


Tenor

Unter Zurückweisung der Anschlussrevision des Klägers wird auf die Revision der Beklagten das Urteil des 13. Zivilsenats des [X.] vom 9. März 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Rückabwicklung seiner Beteiligungen an der [X.] (im Folgenden: [X.]) sowie der [X.] (im Folgenden: [X.]) in Anspruch.

2

Der Kläger zeichnete jeweils nach vorheriger Beratung durch den Mitarbeiter [X.]der Beklagten am 10. Dezember 2003 bzw. am 10. Dezember 2004 Beteiligungen an [X.] bzw. [X.] im Nennwert von jeweils 25.000 € zuzüglich [X.] in Höhe von 1.250 €. Die Beteiligung an [X.] finanzierte der Kläger in Höhe von 11.375 € durch ein Darlehen der [X.]. Ein Teil der [X.] wurde dem Kläger von der Beklagten erstattet und zwar 375 € für [X.] und 250 € für [X.].

3

Nach dem Inhalt beider [X.]erkaufsprospekte sollten 8,9% der Zeichnungssumme und außerdem das [X.] in Höhe von 5% zur Eigenkapitalvermittlung ([X.]) bzw. zur Eigenkapitalvermittlung, Platzierungsgarantie und Finanzierungsvermittlung ([X.]) durch die [X.].   AG (im Folgenden: [X.]. AG) verwendet werden. Die [X.]. AG durfte laut beider Prospekte ihre Rechte und Pflichten aus der [X.]ertriebsvereinbarung auf Dritte übertragen. Die Beklagte erhielt für den [X.]ertrieb der Anteile an [X.] Provisionen in Höhe von 8,25% der Zeichnungssumme und für den [X.]ertrieb der Anteile an [X.] Provisionen in Höhe von 8,45% bis 8,72% der Zeichnungssumme, ohne dass dies dem Kläger in den Beratungsgesprächen offengelegt wurde.

4

Der Kläger hat mit seiner Klage unter Berufung auf mehrere Aufklärungs- und Beratungsfehler, Zug um Zug gegen die Abgabe des Angebots zur Übertragung der Beteiligungen, Rückzahlung des investierten Kapitals in Höhe von insgesamt 41.125 € zuzüglich entgangenen Gewinns in Höhe von jeweils 4% ab Zeichnung der Anlage bis zur Rechtshängigkeit der Klage sowie [X.] und des Weiteren die Freistellung von allen [X.]erbindlichkeiten aus dem [X.] verlangt. Ferner hat der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen aus den Beteiligungen freizustellen, sowie die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten begehrt. Das [X.] hat der Klage, Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligungen, im Wesentlichen stattgegeben. [X.] Gewinn sowie [X.] hat es jedoch nicht zugesprochen. Außerdem hat es den Feststellungantrag hinsichtlich des Annahmeverzugs der Beklagten abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht nach [X.]ernehmung des [X.] als [X.] das landgerichtliche Urteil wegen der in der Berufungsinstanz erklärten Klagerücknahme in Höhe von 675 € abgeändert. Außerdem hat es die Pflicht zur Freistellung vom Darlehen der [X.] dahingehend beschränkt, dass der Kläger Zug um Zug die Abtretung der Rechte aus dem Darlehen anbieten muss. Auf die Berufung des [X.] hat das Berufungsgericht den Annahmeverzug der Beklagten festgestellt sowie die Beklagte zur Zahlung von [X.] verurteilt. Außerdem hat das Berufungsgericht klargestellt, dass der Kläger nicht die Beteiligungen Zug um Zug übertragen, sondern lediglich die Rechte daraus abzutreten hat. Im Übrigen hat es beide Berufungen zurückgewiesen.

5

Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage. Der Kläger verfolgt mit der [X.] weiterhin entgangenen Zinsgewinn von der Zeichnung der Beteiligungen bis zur Rechtshängigkeit.

Entscheidungsgründe

A. Revision der [X.]n

6

Die Revision der [X.]n ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit zum Nachteil der [X.]n entschieden worden ist.

I.

7

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

8

Aufgrund der zwischen den [X.]en hinsichtlich beider Beteiligungen zustande gekommenen [X.] sei die [X.] verpflichtet gewesen, den Kläger ungefragt darüber aufzuklären, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen erhalten habe. Bei den von der [X.]n vereinnahmten Provisionen in Höhe von 8,25% bzw. 8,45% bis 8,72% habe es sich um aufklärungspflichtige Rückvergütungen gehandelt. Aus den Fondsprospekten sei nicht ersichtlich, dass und in welchem Umfang die dort erwähnten Provisionen der [X.]n zufließen sollten. Das vermutete Verschulden habe die [X.] nicht widerlegt. Die [X.] habe mit einer solchen Aufklärungspflicht im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beratungen zumindest rechnen müssen.

9

Die unterlassene Aufklärung über die Rückvergütungen sei auch kausal für die Anlageentscheidungen des [X.] geworden. Die [X.] habe die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens nicht widerlegen können. Unerheblich sei insoweit die Rückerstattung von Teilen der zunächst gezahlten [X.]. Dadurch sei für den Kläger weder die Provisionszahlung an die [X.] an sich noch der sich daraus ergebende Interessenkonflikt erkennbar gewesen. Hinsichtlich zweier früherer Beteiligungen des [X.] an Medienfonds habe die [X.] nicht vorgetragen, dass der Kläger im Zusammenhang mit diesen Zeichnungen auf die Zahlung von Provisionen an die [X.] hingewiesen worden sei. Die Kausalitätsvermutung sei schließlich auch nicht durch die eigenen Bekundungen des [X.] im Rahmen seiner [X.]vernehmung widerlegt worden. Vielmehr habe der Kläger glaubhaft angegeben, dass er die Beteiligungen nicht gezeichnet hätte, wenn er im Beratungsgespräch über die tatsächlichen Provisionszahlungen an die [X.] aufgeklärt worden wäre.

II.

Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die [X.] ihre aus dem - nicht mehr im Streit stehenden - Beratungsvertrag nach den Grundsätzen des [X.] ([X.]surteil vom 6. Juli 1993 - [X.], [X.], 126, 128) folgende Pflicht, den Kläger über die ihr zufließende Provision in Höhe von 8,25% ([X.]) bzw. mindestens 8,45% ([X.]) des [X.] aufzuklären, schuldhaft verletzt hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s ist eine Bank aus dem [X.] verpflichtet, über die von ihr vereinnahmte Rückvergütung aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklären. [X.] Rückvergütungen in diesem Sinne sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel [X.] und [X.] gezahlt werden, deren Rückfluss an die [X.] aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. nur [X.]sbeschluss vom 9. März 2011 - [X.], [X.], 925 Rn. 20 und [X.]surteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 1337 Rn. 17, für [X.]Z bestimmt).

Bei den von der [X.]n empfangenen Provisionen handelte es sich, wie der [X.] für die Parallelfonds [X.] und [X.] bereits mehrfach entschieden hat, um aufklärungspflichtige Rückvergütungen im Sinne der [X.]srechtsprechung (vgl. nur [X.]sbeschluss vom 9. März 2011 - [X.], [X.], 925 Rn. 26 und [X.]surteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 1337 Rn. 18). Wie der [X.] in diesem Zusammenhang ebenfalls schon mehrfach entschieden hat, konnte eine ordnungsgemäße Aufklärung des [X.] über diese Rückvergütungen durch die Übergabe der streitgegenständlichen Fondsprospekte nicht erfolgen, weil die [X.] in diesen nicht als Empfängerin der dort jeweils ausgewiesenen Provisionen genannt ist ([X.]sbeschluss vom 9. März 2011 - [X.], [X.], 925 Rn. 27 und [X.]surteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 1337 Rn. 22 [X.]).

Schließlich hat das Berufungsgericht rechts- und verfahrensfehlerfrei ein Verschulden der [X.]n angenommen (vgl. nur [X.]sbeschlüsse vom 29. Juni 2010 - [X.], [X.], 1694 Rn. 5 ff. und vom 19. Juli 2011 - [X.], [X.], 1506 Rn. 10 ff. sowie [X.]surteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 1337 Rn. 25, jeweils [X.]).

2. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung jedoch nicht stand, soweit das Berufungsgericht die Kausalität der [X.]en für den Erwerb der Fondsbeteiligungen durch den Kläger bejaht hat.

a) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die [X.] die Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung trägt, der Kläger hätte die Beteiligungen auch bei gehöriger Aufklärung über die Rückvergütungen erworben.

Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese sogenannte "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters, insbesondere auch dann, wenn Rückvergütungen pflichtwidrig nicht offengelegt wurden. Es handelt sich hierbei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung ([X.]surteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 1337 Rn. 28 ff. [X.]).

Das Berufungsgericht hat des Weiteren im Ergebnis zutreffend angenommen, dass von dieser Beweislastumkehr nicht nur dann auszugehen ist, wenn der Anleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte. Wie der [X.] nach Erlass des Berufungsurteils in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hat ([X.]surteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 1337 Rn. 30 ff. [X.]), ist das Abstellen auf das Fehlen eines solchen Entscheidungskonflikts mit dem Schutzzweck der Beweislastumkehr nicht vereinbar. Die Beweislastumkehr greift vielmehr bereits bei feststehender [X.] ein.

b) Zu Recht hat das Berufungsgericht auch den Kläger als [X.] für die Behauptung der [X.]n vernommen, dass der Anteil, den sie aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebsprovisionen erhalten hat, für die Anlageentscheidung ohne Bedeutung gewesen sei (vgl. dazu [X.]surteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 1337 Rn. 38 ff. [X.]).

Soweit das Berufungsgericht sich durch die Aussage des [X.] als [X.] nicht davon überzeugen konnte, dass der Kläger [X.] und [X.] auch dann beigetreten wäre, wenn er im Beratungsgespräch über die tatsächlichen Provisionszahlungen an die [X.] aufgeklärt worden wäre, so ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Kausalitätsvermutung sei durch die [X.]vernehmung des [X.] nicht widerlegt, unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur eingeschränkter Überprüfung durch das Revisionsgericht. Dieses kann lediglich prüfen, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze gewürdigt worden ist ([X.]sbeschluss vom 19. Juli 2011 - [X.], [X.], 1506 Rn. 9 [X.]). Solche Rechtsfehler liegen hier nicht vor. Das Berufungsgericht hat die Aussage des [X.] umfassend und widerspruchfrei gewürdigt. Seine Würdigung ist auch zumindest vertretbar.

c) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht in Bezug auf eine von der [X.]n vorgetragene Hilfstatsache (Indiz) einen erheblichen Beweis nicht erhoben (vgl. hierzu [X.]surteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 1337 Rn. 42 ff. [X.]).

aa) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings der Tatsache, dass sich der Kläger vor Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligung in einem sogenannten [X.] mit Provisionszahlungen bei Wertpapiergeschäften an die [X.] einverstanden erklärt hat, keine Bedeutung beigemessen ([X.]surteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 1337 Rn. 48 [X.]).

bb) Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht den früheren - unstreitigen - Beteiligungen des [X.] an zwei anderen Medienfonds keine gegen die Kausalität der Pflichtverletzung sprechende Indizwirkung beigemessen.

Relevante Indizien für die fehlende Kausalität können sich zwar sowohl aus dem vorangegangenen als auch aus dem nachfolgenden Anlageverhalten des Anlegers ergeben. Insbesondere die Kenntnis des Anlegers von Provisionen oder Rückvergütungen, die die [X.] bei vergleichbaren früheren [X.] erhalten hat, kann ein Indiz dafür sein, dass der Anleger die empfohlene Kapitalanlage auch in Kenntnis der Rückvergütung erworben hätte. Sollte ein Anleger in Bezug auf eine vergleichbare Kapitalanlage, die er vor oder nach der streitgegenständlichen erworben hat, erst nach dem Erwerb der jeweiligen Beteiligung Kenntnis von Rückvergütungen erhalten, so kann sich ein Indiz für die fehlende Kausalität der unterlassenen Mitteilung über Rückvergütungen auch daraus ergeben, dass der Anleger an den vergleichbaren - möglicherweise gewinnbringenden - Kapitalanlagen festhält und nicht unverzüglich Rückabwicklung wegen eines Beratungsfehlers begehrt ([X.]surteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 1337 Rn. 50). Vorliegend hat die [X.] jedoch - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht vorgetragen, dass der Kläger im Zusammenhang mit den früheren [X.] über die dort angefallenen Provisionen an die [X.] ordnungsgemäß aufgeklärt worden ist. Auch zu einer etwaigen nachträglich erlangten Kenntnis des [X.] von Rückvergütungen hat die [X.] nichts vorgetragen.

cc) Rechtlich vertretbar hat das Berufungsgericht des Weiteren den Umstand gewürdigt, dass der Kläger zwar dem Grunde, nicht aber der Höhe nach Kenntnis von den Provisionszahlungen an die [X.] hatte.

Zutreffend legt das Berufungsgericht seinen Erwägungen zugrunde, dass die [X.] ungefragt nicht nur über das Ob, sondern auch über die Höhe der Rückvergütung aufklären muss, weil der Anleger nur bei Kenntnis auch der Höhe der Rückvergütungen das eigene Interesse der Bank an der Empfehlung der Kapitalanlage richtig einschätzen kann ([X.]surteil vom 19. Dezember 2006 - [X.], [X.], 226 Rn. 24; [X.]sbeschlüsse vom 19. Juli 2011 - [X.], [X.], 1506 Rn. 9 und vom 9. März 2011 - [X.], [X.], 925 Rn. 27 aE).

Aufgrund der [X.]vernehmung des [X.] ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die [X.] dem Kläger Teile der [X.] erstattet hat. Der Kläger hat zudem bei seiner [X.]vernehmung angegeben, er sei davon ausgegangen, dass die [X.] 1% bis 2% erhalte, was er für in Ordnung gehalten habe. Dass die [X.] 8% erhalten habe, habe er nicht gewusst. Das scheine ihm unangemessen hoch. Hätte er das gewusst, wäre sein Vertrauen in die [X.] gestört gewesen. Wenn das Berufungsgericht daraus abgeleitet hat, die Kenntnis des [X.] von Provisionen dem Grunde nach sei nicht geeignet, den Beweis dafür zu erbringen, dass der Kläger Anteile an [X.] und [X.] auch bei Kenntnis der genauen Höhe der Rückvergütungen gezeichnet hätte, so hält diese tatrichterliche Würdigung der eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung (s.o. 2. b) stand.

dd) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht aber den Zeugen [X.]zu dem Vortrag der [X.]n zum Motiv des Zedenten, sich an [X.] und [X.] zu beteiligen (Steuerersparnis bzw. allenfalls noch Renditechancen und das Sicherungskonzept), nicht vernommen.

Zwar steht der Umstand, dass ein Anleger eine steueroptimierte Anlage wünscht, für sich gesehen der Kausalitätsvermutung nicht entgegen. Ist die vom Anleger gewünschte Steuerersparnis aber nur mit dem empfohlenen Produkt oder anderen Kapitalanlagen mit vergleichbaren Rückvergütungen zu erzielen, kann das - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - den Schluss darauf zulassen, dass an die Bank geflossene Rückvergütungen für die Anlageentscheidung unmaßgeblich waren ([X.]surteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 1337 Rn. 53 [X.]).

Dem Vortrag der [X.]n kann entnommen werden, dass sie behauptet, dem Kläger sei es vordringlich um die bei [X.] und [X.] zu erzielende Steuerersparnis gegangen, die alternativ nur mit Produkten zu erzielen gewesen sei, bei denen vergleichbare Rückvergütungen gezahlt worden seien. Das hat im Ergebnis auch das Berufungsgericht so gesehen und deswegen den Kläger als [X.] dazu vernommen, ob die Steuerersparnis im Vordergrund der Anlageentscheidung gestanden habe.

Der Kläger hat ausgesagt, dass Steuervorteile bei seiner Entscheidung zwar eine Rolle gespielt hätten, aber nicht im Vordergrund gestanden hätten. Das Berufungsgericht hat sich aufgrund dieser Aussage nicht von der Widerlegung der Kausalitätsvermutung überzeugen können. Seine Beweiswürdigung ist jedoch unvollständig. Die [X.] hatte neben dem Kläger als [X.] auch den Berater [X.]als Zeugen für das vordringliche Steuersparmotiv benannt, dem dieses Motiv vom Kläger offengelegt worden sei. Diesem zulässigen Beweisantritt (vgl. [X.]surteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 1337 Rn. 44) ist das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft nicht nachgegangen. Es hat auch die unter Beweis gestellte Hilfstatsache nicht als unschlüssig angesehen (vgl. [X.]surteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 1337 Rn. 45), sondern im Gegenteil den Kläger dazu als [X.] vernommen. Der Umstand, dass der Kläger die von der [X.]n behauptete vordringliche Bedeutung des Motivs der Steuerersparnis bei [X.] und [X.] im Rahmen der [X.]vernehmung in Abrede gestellt hat, enthob das Berufungsgericht nicht von der Vernehmung des Zeugen [X.]. Das Gericht muss grundsätzlich alle angebotenen und zulässigen Beweise erheben, sofern kein Ablehnungsgrund vorliegt (vgl. [X.], Urteil vom 17. Februar 1970 - [X.], [X.]Z 53, 245, 259 f.).

Das Berufungsurteil beruht auf diesem Fehler. Es lässt sich nicht ausschließen, dass das Berufungsgericht nach der gebotenen Vernehmung des Zeugen [X.]zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.

III.

Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird den Zeugen [X.]zu vernehmen haben und dessen Aussage in einer Gesamtschau mit der Aussage des [X.] als [X.] zu würdigen haben.

Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Verhandlung die Kausalitätsvermutung in Bezug auf verschwiegene Rückvergütungen als widerlegt ansehen, wird es einer Haftung der [X.]n wegen falscher Darstellung der Kapitalgarantie nachzugehen haben (vgl. [X.]sbeschluss vom 19. Juli 2011 - [X.], [X.], 1506 Rn. 13 ff; vgl. auch [X.], [X.], 153 ff. [X.]). Sollte das Berufungsgericht insoweit eine [X.] bejahen, dürfte die Widerlegung der dann eingreifenden Kausalitätsvermutung bereits nach dem Vortrag der [X.]n, dem Kläger sei es auch auf das Sicherungskonzept der Schuldübernahme angekommen, ausscheiden.

Bezüglich des Feststellungsantrags hinsichtlich der wirtschaftlichen und steuerlichen Nachteile aus der Beteiligung weist der [X.] vorsorglich darauf hin, dass die Freistellungs- bzw. Ersatzpflicht der [X.]n dahingehend ausgelegt werden kann und auszulegen ist, dass er nicht jene steuerlichen Nachteile umfasst, die aus der Einkommensbesteuerung der Ersatzleistung resultieren. Diese Nachteile wurden bereits abschließend (und zutreffend) im Rahmen der Bemessung der Ersatzleistung aufgrund pauschalisierender Betrachtungsweise der steuerlichen Vor- und Nachteile berücksichtigt (vgl. [X.], Urteile vom 1. März 2011 - [X.], [X.], 740 Rn. 8 f. und vom 23. April 2012 - [X.], [X.], 1293 Rn. 40).

B. [X.] des [X.]

Die [X.] des [X.] hat keinen Erfolg. Sie ist als unbegründet zurückzuweisen.

I.

Das Berufungsgericht hat - soweit für die [X.] von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:

Die Voraussetzungen für eine Verzinsung des [X.] unter dem Gesichtspunkt des entgangenen Gewinns lägen nicht vor. Zwar habe der Kläger erstinstanzlich behauptet, er hätte die Gelder alternativ festverzinslich mit einer Rendite von mindestens 4% angelegt. Daran bestünden aber bereits in Anbetracht der den Beteiligungen vorausgegangenen unstreitigen Investitionen in zwei andere Medienfonds Zweifel. Weiterhin sei die Höhe des entgangenen Gewinns im Berufungsverfahren teilweise nach unten korrigiert worden. Im Übrigen habe der Kläger diese Behauptung im Rahmen der [X.]vernehmung nicht bestätigt. Er habe selbst eingeräumt, sich nicht sicher zu sein, ob er das Geld konservativ angelegt hätte. Hierfür spreche auch nicht der Umstand, dass zum damaligen Zeitpunkt bereits ein Teil des Vermögens des [X.] in Geldmarktfonds investiert gewesen sei. Es sei durchaus üblich, das Risiko zu streuen und nur einen Teil konservativ anzulegen. Das gelte insbesondere, wenn der Anleger - wie hier - auch an [X.] interessiert sei. Es lasse sich deshalb nicht feststellen, dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Aufklärung durch die [X.] eine sichere Kapitalanlageform gewählt hätte. Für eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO sei daher kein Raum.

II.

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Ersatz entgangener Anlagezinsen in Höhe von 4% p.a. von der Zeichnung der Beteiligungen bis zur Rechtshängigkeit zu Recht verneint.

1. Der Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung des Beratungsvertrages umfasst nach § 252 Satz 1 BGB allerdings auch den entgangenen Gewinn. Dazu gehören grundsätzlich auch entgangene Anlagezinsen. Der Anleger kann sich hierbei gemäß § 252 Satz 2 BGB auf die allgemeine Lebenserfahrung berufen, dass Eigenkapital ab einer gewissen Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt liegen bleibt, sondern zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt wird ([X.]surteile vom 24. April 2012 - [X.], [X.], 1188 Rn. 11 und vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 1337 Rn. 64, jeweils [X.]).

2. Entgegen der Ansicht der [X.] hat das Berufungsgericht jedoch den Ersatz von Anlagezinsen vorliegend rechtsfehlerfrei abgelehnt.

a) Der Geschädigte trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, ob und in welcher Höhe ihm durch das schädigende Ereignis ein Gewinn entgangen ist. § 252 Satz 2 BGB enthält für den Geschädigten lediglich eine die Regelung des § 287 ZPO ergänzende Darlegungs- und Beweiserleichterung. Der Geschädigte kann sich deshalb zwar auf die Behauptung und den Nachweis der Anknüpfungstatsachen beschränken, bei deren Vorliegen die in § 252 Satz 2 BGB geregelte Vermutung eingreift. Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung im Sinne von § 252 BGB aufgrund einer zeitnahen alternativen Investitionsentscheidung des Geschädigten und deren Umfang kann jedoch nur anhand seines Tatsachenvortrages dazu beurteilt werden, für welche konkrete Form der Kapitalanlage er sich ohne das schädigende Ereignis entschieden hätte ([X.]surteil vom 24. April 2012 - [X.], [X.], 1188 Rn. 13). Die dem Tatrichter obliegende Würdigung des vorgetragenen Prozessstoffs und des Ergebnisses der Beweisaufnahme gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO dahingehend, ob die behaupteten Anknüpfungstatschen für wahr oder für nicht wahr zu erachten sind, ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar.

b) Dieser Überprüfung hält das Berufungsurteil stand. Das Berufungsgericht hat sich von der Behauptung des [X.], dass er das Kapital bei ordnungsgemäßer Aufklärung in "sichere festverzinsliche Anlagen" investiert hätte, aufgrund der vorgetragenen Umstände und der durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere der eigenen Angaben des [X.], nicht überzeugen können. Ungeachtet der Frage, ob der Kläger überhaupt ausreichende Anknüpfungstatsachen für eine Schadensschätzung vorgetragen hat, ist jedenfalls diese tatrichterliche Würdigung nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat insbesondere rechtsfehlerfrei das vorangegangene Anlageverhalten des [X.] berücksichtigt und angenommen, dass eine erneute Investition des [X.] in eine andere steuerwirksame, unternehmerische Beteiligung nicht ausgeschlossen werden könne. Die überdies von der [X.] erhobene Verfahrensrüge hat der [X.] geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).

c) Wie der [X.] nach Erlass des Berufungsurteils außerdem klargestellt hat, hat der Geschädigte auch keinen Anspruch auf einen (gesetzlichen) Mindestschaden analog § 246 BGB unabhängig vom [X.]vortrag ([X.]surteil vom 24. April 2012 - [X.], [X.], 1188 Rn. 18).

Wiechers                                   Ellenberger                                   Maihold

                        [X.]

Meta

XI ZR 183/11

26.02.2013

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Köln, 9. März 2011, Az: 13 U 68/10, Urteil

§ 280 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.02.2013, Az. XI ZR 183/11 (REWIS RS 2013, 7881)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7881

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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