Bundessozialgericht, Beschluss vom 04.09.2013, Az. B 12 KR 87/12 B

12. Senat | REWIS RS 2013, 3044

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Gegenstand

Rentenversicherung - Feststellung des Bestehens von Versicherungspflicht nur wegen Beschäftigung - sozialgerichtliches Verfahren - Verfahrensfehler wegen fehlendem Hinweis auf bestehende Rentenversicherungspflicht als arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger - Zurückverweisung


Leitsatz

Wird die Aufhebung eines Bescheides begehrt, der das Nichtbestehen von Rentenversicherungspflicht wegen Beschäftigung feststellt, ist es verfahrensfehlerhaft, die Frage nach dem Status - Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit - unter Hinweis darauf unbeantwortet zu lassen, dass jedenfalls auch eine Rentenversicherungspflicht als (arbeitnehmerähnlicher) Selbstständiger bestehe.

Tenor

Auf die Beschwerde des Beigeladenen wird das Urteil des [X.] vom 28. August 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

I. In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob der Beigeladene in seiner Tätigkeit für das Unternehmen seiner Großmutter, die eine Hausverwaltung betrieb, in der [X.] von November 2001 bis Dezember 2005 wegen einer Beschäftigung der Versicherungspflicht ua in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlag.

2

Auf die Anfechtungsklage des Rentenversicherungsträgers hat das [X.] den Bescheid der beklagten Krankenkasse als Einzugsstelle vom [X.] aufgehoben, in dem diese festgestellt hatte, dass "das (genannte) Beschäftigungsverhältnis … ab dem 1.11.2001 keine Versicherungspflicht in der Sozialversicherung begründet" ([X.]). Auf die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen hat das L[X.] das erstinstanzliche Urteil, soweit es die Versicherungspflicht (als Beschäftigter) in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung betraf, (teilweise) aufgehoben, das Urteil hingegen, soweit es die Versicherungspflicht (als Beschäftigter) in der Rentenversicherung betraf, bestätigt und festgestellt, dass der Beigeladene in der genannten [X.] "in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig" gewesen sei. Im Rahmen seiner Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass (lediglich) die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens von Rentenversicherungspflicht zu beantworten sei und im Hinblick auf die Rechtsprechung des B[X.] zur "Elementenfeststellung" offenbleiben könne, ob der Beigeladene als Beschäftigter iS des § 1 S 1 Nr 1 [X.]B VI oder als (arbeitnehmerähnlicher) Selbstständiger nach § 2 S 1 Nr 9 [X.]B VI rentenversicherungspflichtig sei; die Voraussetzungen des letztgenannten [X.] lägen im gesamten [X.]raum zumindest "auch" vor (Urteil vom 28.8.2012).

3

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision rügt der Beigeladene ua das Vorliegen von Mängeln des Berufungsverfahrens (vgl § 160 Abs 2 [X.] [X.]G).

4

II. [X.] ist zulässig und begründet.

5

1. Der Beigeladene macht zu Recht einen Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) geltend. Das L[X.] hat den Gegenstand des Klagebegehrens und insoweit auch den Gegenstand des Berufungsbegehrens der Beklagten und des Beigeladenen verkannt (vgl § 123 [X.]G), weil es im Tenor seines Urteils, der unter Zuhilfenahme der Entscheidungsgründe auszulegen ist, für die [X.] von November 2001 bis Dezember 2005 über den Gegenstand des angefochtenen Bescheides vom [X.] hinaus auch über das Bestehen einer Rentenversicherungspflicht des Beigeladenen als (arbeitnehmerähnlicher) Selbstständiger nach § 2 S 1 Nr 9 [X.]B VI entschieden und diese festgestellt hat. Auf diesem nach dem Beschwerdevorbringen sinngemäß auch und hinreichend bezeichneten Verfahrensmangel beruht das Berufungsurteil.

6

Nach § 123 [X.]G entscheidet das Gericht über die von dem jeweiligen Kläger/Rechtsmittelführer bzw der jeweiligen Klägerin/Rechtsmittelführerin erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Das Gericht darf dabei allerdings über das Klage- bzw Rechtsmittelbegehren nicht hinaus gehen oder anderes zusprechen (vgl zB [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 10. Aufl 2012, § 123 RdNr 4). Das hat das L[X.] hier verkannt.

7

Gegenstand der von der Klägerin (Rentenversicherungsträger) erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage war allein der Bescheid der beklagten Einzugsstelle vom [X.], der - als feststellender Verwaltungsakt - die Feststellung des Nichtbestehens von Sozialversicherungspflicht wegen einer Beschäftigung nach § 7 Abs 1 [X.]B IV enthielt. Auf die Kassation allein dieses Bescheides und infolgedessen die Feststellung des Bestehens von ([X.] (auch) nur wegen einer Beschäftigung war die Klage gerichtet. Entsprechend haben die Beklagte und der Beigeladene mit ihren Berufungen lediglich begehrt, den vom [X.] aufgehobenen Bescheid vom [X.] im Umfang seiner Feststellung - Nichtbestehen von ([X.] wegen einer Beschäftigung - "wiederherzustellen". Die Klage war auch im Wege einer Auslegung des Gesamtvorbringens der Klägerin nicht darüber hinaus - bei Annahme des Nichtbestehens von ([X.] wegen einer Beschäftigung - auf die gerichtliche Feststellung gerichtet, der Beigeladene sei dann jedenfalls als (arbeitnehmerähnlicher) Selbstständiger nach § 2 S 1 Nr 9 [X.]B VI rentenversicherungspflichtig. Entsprechend ging auch das Berufungsbegehren der Beklagten und des Beigeladenen nicht dahin, weiterhin - bei Annahme des Nichtbestehens von ([X.] wegen einer Beschäftigung - eine gerichtliche Feststellung des Inhalts zu erhalten, dass der Beigeladene auch der ([X.] als (arbeitnehmerähnlicher) Selbstständiger nicht unterlag. Die Feststellung des (Nicht-)Bestehens einer Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Selbstständigen nach § 2 S 1 Nr 9 [X.]B VI, die zusätzlich zur Annahme von Selbstständigkeit die Prüfung der (weiteren) Voraussetzungen des § 2 S 1 Nr 9 [X.]B VI (und ggf des § 5 Abs 2 S 1 Nr 2 [X.]B VI) allein durch den dafür zuständigen Rentenversicherungsträger (und nicht durch die nur im Rahmen der Beschäftigtenversicherung zuständige Einzugsstelle) in einem weiteren - hier (noch) nicht durchgeführten - Verwaltungsverfahren erforderlich macht (und zu unterschiedlichen Konsequenzen für die Tragung der Rentenversicherungsbeiträge führt - vgl § 168 Abs 1 Nr 1 [X.]B VI einerseits und § 169 Nr 1 [X.]B VI andererseits), war deshalb vom Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens nicht umfasst (vgl hierzu auch schon B[X.] Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 14).

8

2. Nach § 160a Abs 5 [X.]G kann das B[X.] in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde im Falle des Vorliegens der - hier nach alledem gegebenen - Voraussetzungen des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das L[X.] zurückverweisen. Hiervon macht der Senat zur Vermeidung von Verfahrensverzögerungen Gebrauch.

9

3. [X.] bezüglich des Beschwerdeverfahrens bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten.

Meta

B 12 KR 87/12 B

04.09.2013

Bundessozialgericht 12. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Hannover, 8. Januar 2009, Az: S 19 KR 302/07, Urteil

§ 7 Abs 1 SGB 4, § 28h SGB 4, § 1 S 1 Nr 1 SGB 6, § 2 S 1 Nr 9 SGB 6, § 168 Abs 1 Nr 1 SGB 6, § 169 Nr 1 SGB 6, § 123 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 5 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 04.09.2013, Az. B 12 KR 87/12 B (REWIS RS 2013, 3044)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3044

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