Bundesfinanzhof, Beschluss vom 26.09.2023, Az. V B 23/22 (AdV)

5. Senat | REWIS RS 2023, 6563

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Gegenstand

Aufrechnung in sogenannten Bauträgerfällen (Aussetzungsverfahren)


Leitsatz

1. Finanzgerichte entscheiden bei Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit von Abrechnungsbescheiden in sogenannten Bauträgerfällen auch über den Bestand und die Durchsetzbarkeit der --dem Finanzamt von Bauleistenden abgetretenen-- zivilrechtlichen Werklohnforderungen.

2. Mit der Aufhebung eines finanzgerichtlichen Aussetzungsbeschlusses durch den Bundesfinanzhof entfällt die Anordnung der vom Finanzgericht festgesetzten Sicherheitsleistung zumindest dann, wenn der Aussetzungsbeschluss unter der aufschiebenden Bedingung einer Sicherheitsleistung erfolgt ist, so dass sich eine nur gegen die Festsetzung der Sicherheitsleistung gerichtete Beschwerde insoweit als im Ergebnis als begründet erweist.

Tenor

Auf die Beschwerden der Beteiligten wird der Beschluss des [X.] vom 17.02.2022 - 5 V 3238/21 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit des [X.]s vom 18.11.2021, in dem der Beschwerdeführer, Beschwerdegegner und Antragsgegner (Finanzamt --[X.]--) die ihm von [X.] abgetretenen [X.] mit einem Erstattungsanspruch der Beschwerdegegnerin, Beschwerdeführerin und Antragstellerin (Antragstellerin) aus dem Umsatzsteuerbescheid 2013 vom 06.12.2017 aufgerechnet hat.

2

Die Antragstellerin ist eine GmbH, die 2013 (Streitjahr) als Bauträgerin steuerfreie Leistungen erbrachte. Hierfür erteilte sie Aufträge an zahlreiche Bauhandwerker (bauleistende Unternehmer), von denen sie steuerpflichtige Leistungen bezog. Dabei gingen sowohl die Antragstellerin als auch die Bauleistenden vom Übergang der Steuerschuld auf die Antragstellerin nach § 13b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der im Streitjahr geltenden Fassung (a.[X.]) aus.

3

Im [X.] an die Veröffentlichung des Urteils des [X.] ([X.]) vom 22.08.2013 - V R 37/10 ([X.]E 243, 20, [X.], 128) beantragte die Antragstellerin am 07.03.2014 beim [X.] die Erstattung der von ihr nach diesem Urteil im Streitjahr zu Unrecht auf der Grundlage des § 13b UStG a.[X.] abgeführten Umsatzsteuer. Nachdem das [X.] die für die Bauleistenden jeweils zuständigen Finanzämter am 16.04.2015 hierüber informiert hatte und die Bauleistenden --nach dem Vortrag des [X.] im finanzgerichtlichen [X.] bereits 2015 ihre [X.] gegen die Antragstellerin in Höhe der gegen sie festgesetzten Umsatzsteuer an das [X.] abgetreten hatten, erließ das [X.] unter dem 06.12.2017 einen Änderungsbescheid wegen Umsatzsteuer 2013, aus dem sich ein Erstattungsanspruch zugunsten der Antragstellerin in Höhe von … € ergab.

4

Das [X.] erklärte am 18.12.2017 die Aufrechnung der ihm abgetretenen [X.] mit dem Erstattungsbetrag der Antragstellerin aus Umsatzsteuer 2013. Hierüber beantragte die Antragstellerin am 31.12.2020 einen [X.], den das [X.] am 18.11.2021 erteilte und aus dem sich ergab, dass die an das [X.] abgetretenen [X.] der Bauleistenden gegen den Erstattungsanspruch der Antragstellerin aufgerechnet wurden und das Konto der Antragstellerin anschließend "ausgeglichen" war.

5

Die Antragstellerin legte Einspruch gegen den [X.] ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung ([X.]) mit der Begründung, dass keine Aufrechnungslage vorgelegen habe. Das [X.] lehnte den [X.] mit Bescheid vom 22.12.2021 ab.

6

Das Finanzgericht ([X.]) gewährte hingegen mit seinem Beschluss vom 17.02.2022 die beantragte [X.], allerdings gegen Sicherheitsleistung in Höhe des von der Vollziehung ausgesetzten Betrages und ließ die Beschwerde gegen seinen Beschluss zu. Es sei ernstlich zweifelhaft, ob die vom [X.] erklärte Aufrechnung zum Erlöschen des [X.] der Antragstellerin geführt habe. Das [X.] habe mit einer zivilrechtlichen Gegenforderung aufgerechnet, die wegen Verjährung und eines Zurückbehaltungsrechts nach § 273 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bestritten sei. In der finanzgerichtlichen Rechtsprechung sei bislang ungeklärt, ob die [X.] bei Aufrechnungen des [X.] mit "[X.]" (zivilrechtlichen) Forderungen über deren Bestand und Durchsetzbarkeit selbst entscheiden könnten oder ob zuvor eine Entscheidung des zuständigen Zivilgerichts eingeholt werden müsse. Problematisch sei insoweit, dass für diese Gegenforderung ein anderer Rechtsweg bestehe. Da eine Entscheidung des [X.] über das Nichtbestehen der Gegenforderung (Werklohnforderung) nach § 322 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) der materiellen Rechtskraft fähig sei, bestehe die Gefahr, dass ein an sich nicht zuständiges [X.] mit Bindungswirkung gegenüber den nach der [X.] entscheidungsbefugten Zivilgerichten über das Nichtbestehen der zur Aufrechnung gestellten Forderung entscheide ([X.]-Beschluss vom [X.] - VII B 3/85, [X.]E 144, 207, BStBl II 1985, 672). Eine Entscheidungsbefugnis der [X.] in den sogenannten [X.] sei vom [X.] Münster bejaht (Urteil vom 17.06.2020 - 15 K 3839/[X.], Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2020, 1288, im Revisionsverfahren bestätigt durch [X.]-Urteil vom 24.05.2023 - XI R 45/20, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt), vom Hessischen [X.] (Beschluss vom 01.03.2016 - 1 V 2262/15, juris) dagegen verneint worden. Bei divergierenden finanzgerichtlichen Entscheidungen und einer fehlenden höchstrichterlichen Rechtsprechung sei [X.] zu gewähren.

7

Die [X.] sei jedoch nur gegen Sicherheitsleistung zu gewähren. Im gegenwärtigen Verfahrensstadium könne keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen der Antragstellerin festgestellt werden. Die Antragstellerin habe zudem nicht dargelegt, dass ihre wirtschaftlichen Verhältnisse die Leistung einer Sicherheit nicht zuließen oder eine unbillige Härte vorliege.

8

Gegen den Beschluss des [X.] vom 17.02.2022 haben sowohl das [X.] als auch die Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Das [X.] beschloss hierauf am 04.04.2022, dass den Beschwerden nicht abgeholfen wird und legte die Verfahren dem [X.] zur Entscheidung über die Beschwerden vor.

9

Das [X.] hält die Gewährung der [X.] für rechtsfehlerhaft und macht geltend, das [X.] habe in seiner Begründung die von ihm vorgebrachten Argumente nicht hinreichend berücksichtigt. Die Antragstellerin (Bauträgerin) könne auch keine schutzwürdigen Interessen geltend machen. Die Möglichkeit zu einem umsatzsteuerrechtlich unbelasteten Leistungsbezug habe zu keinem Zeitpunkt bestanden. Zudem habe die Bauträgerin selbst durch ihren Erstattungsantrag die Erhöhung der Umsatzsteuer zulasten der Bauleistenden bewirkt.

Das [X.] beantragt sinngemäß,
die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen sowie den Beschluss des [X.] aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die Beschwerde des [X.] zurückzuweisen sowie den Beschluss des [X.] dahingehend abzuändern, dass [X.] ohne Sicherheitsleistung gewährt wird.

Entgegen der Auffassung des [X.] bestehe bei [X.] Forderungen eine zumindest teilweise oder beschränkte Prüfungskompetenz. Dafür spreche insbesondere, dass auch bei der Umsatzsteuerfestsetzung gegenüber den Bauleistenden zu prüfen sei, ob eine abtretbare Forderung gegen die Antragstellerin bestehe. Das Bestehen einer entsprechenden abtretbaren Forderung sei Voraussetzung für die Befugnis des [X.], einen Umsatzsteuerbescheid nach § 27 Abs. 19 UStG gegenüber den Bauleistenden zu ändern.

Im Rahmen der Anordnung einer Sicherheitsleistung sei auch zu berücksichtigen, dass das [X.] im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verpflichtet sei, die Forderungen glaubhaft zu machen. Wenn die Finanzbehörde nicht in der Lage sei, schlüssig zu den einzelnen Forderungen und die dagegen vorgebrachten Einwendungen vorzutragen, sei bereits aus diesem Grund die [X.] ohne Sicherheitsleistung geboten.

Während des [X.] hat die Antragstellerin zudem mehrere Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Aufrechnung geltend gemacht. Hinsichtlich der Einzelheiten verweist der Senat auf den Schriftsatz der Antragstellerin vom XX.XX.2022.

Das [X.] gab dem Einspruch in geringem Umfang (… € von … €) statt und wies ihn im Übrigen als unbegründet zurück. Hinsichtlich der dafür maßgebenden Gründe verweist der Senat auf die Seiten 7 bis 10 der Einspruchsentscheidung vom 21.09.2022. Die dagegen erhobene Klage (5 K XXXX/XX) ruht bis zu einer abschließenden Entscheidung des [X.] im Parallelverfahren V B 28/22 ([X.]).

Entscheidungsgründe

[X.]

Die Beschwerden des [X.] und der Antragstellerin gegen den [X.] des [X.] sind jeweils zulässig und begründet. Der Beschluss des [X.] ist daher aufzuheben und die Sache zur weiteren Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen. Das [X.] ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen [X.] bereits deshalb vorliegen, weil bislang ungeklärt sei, ob die [X.] in den sogenannten [X.] über den Bestand und die Durchsetzbarkeit der --dem [X.] von Bauleistenden abgetretenen-- zivilrechtlichen [X.] entscheiden dürften.

1. Die Beschwerden sind zulässig. Der Zulässigkeit der Beschwerde der Antragstellerin auf [X.] ohne Sicherheitsleistung steht insbesondere nicht entgegen, dass die Entscheidung über die Sicherheitsleistung einen nicht selbständig anfechtbaren Teil (unselbständige Nebenbestimmung) der Entscheidung über die [X.] darstellt. Wird eine uneingeschränkt beantragte [X.] nur gegen Sicherheitsleistung bewilligt, liegt darin eine teilweise Ablehnung durch das [X.] (vgl. [X.] vom 28.10.1981 - I B 69/80, [X.], 239, [X.] 1982, 135; vom 12.05.2000 - VI B 266/98, [X.], 1, [X.] 2000, 536 und vom 10.10.2002 - VII S 28/01, [X.] 2003, 12) und ein entsprechendes [X.] richtet sich gegen die gesamte [X.]-Entscheidung ([X.] vom 20.06.1979 - IV B 20/79, [X.], 306, [X.] 1979, 666, Rz 20 sowie vom 12.05.2000 - VI B 266/98, [X.], 1, [X.] 2000, 536; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 69 [X.]O Rz 378).

2. Die Beschwerde des [X.] ist begründet. Der Beschluss des [X.] ist daher aufzuheben.

a) Nach § 128 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) ist die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige Härte zur Folge hätte.

aa) Ernstliche Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 2 [X.]O liegen bereits dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.] vom 30.03.2021 - V B 63/20 ([X.]), [X.] 2021, 1212 und vom 08.04.2009 - I B 223/08, [X.] 2009, 1437). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im [X.]-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (vgl. [X.] vom 07.09.2011 - I B 157/10, [X.], 215, [X.] 2012, 590, Rz 12, m.w.N.). Zur Gewährung der [X.] ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen ([X.] vom 07.09.2011 - I B 157/10, [X.], 215, [X.] 2012, 590, Rz 12).

bb) Ernstliche Zweifel können auch dann bestehen, wenn zu einer Rechtsfrage in der Rechtsprechung der [X.] unterschiedliche Auffassungen vertreten werden, aber nur, wenn und soweit der [X.] die jeweilige Rechtsfrage noch nicht entschieden hat ([X.] vom 10.05.1968 - III B 55/67, [X.]E 92, 472, [X.] 1968, 610, Leitsatz 2; vom 01.10.2007 - VII B 130/07, [X.] 2008, 231, unter [X.]; vom [X.] - XI B 24/09, [X.]E 226, 449, unter [X.]1.; vom 21.07.2009 - II B 8/09, [X.] 2009, 1845 und vom 19.08.1987 - V B 56/85, [X.]E 150, 400, [X.] 1987, 830; vgl. auch [X.] in Tipke/[X.], § 69 [X.]O Rz 91, m.w.N.; [X.] Köln, Beschluss vom 10.04.2013 - 10 V 216/13, E[X.] 2013, 1389).

cc) Im Beschwerdeverfahren hat der [X.] das [X.] auf [X.] eigenständig zu prüfen und dabei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Beschwerdeentscheidung zugrunde zu legen ([X.] vom 06.02.2009 - IV B 125/08, [X.] 2009, 760 sowie vom 18.08.1987 - VII B 97/87, [X.] 1988, 374; [X.] in [X.], § 69 [X.]O Rz 984; [X.] in [X.], § 132 [X.]O Rz 22 sowie [X.] in [X.], [X.]O § 69 Rz 176).

b) Das [X.] hat rechtsfehlerhaft unbeachtet gelassen, dass es zu der --von ihm als streitig und ungewiss erachteten-- Rechtsfrage zur Entscheidungskompetenz der [X.] über rechtswegfremde Forderungen bereits eine gefestigte Rechtsprechung des [X.] gibt. Diese Rechtsfrage ist daher nicht im Sinne von § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 [X.]O ernstlich zweifelhaft, sondern geklärt.

aa) Nach dem [X.]-Urteil vom 01.08.2017 - VII R 12/16 ([X.]E 259, 207, [X.] 2018, 737) entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes ([X.]) den Rechtsstreit grundsätzlich unter [X.] in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten und damit auch über eine zur Aufrechnung gestellte rechtswegfremde Gegenforderung, es sei denn, diese Entscheidung erwächst nach § 322 Abs. 2 ZPO in Rechtskraft. In [X.] kann es jedoch grundsätzlich nicht zur [X.] nach § 322 Abs. 2 ZPO kommen, da sich diese nur auf die Beteiligten des Verfahrens und ihre Rechtsnachfolger erstreckt (§ 110 Abs. 1 [X.]O, § 325 Abs. 1 ZPO), nicht aber auf den Zedenten als den Rechtsvorgänger des an dem Prozess beteiligten [X.] ([X.]-Urteil vom 01.08.2017 - VII R 12/16, [X.]E 259, 207, [X.] 2018, 737, Rz 15). Ist danach am Klageverfahren zwischen dem Zessionar und dem Anspruchsgegner der abtretende bauleistende Unternehmer (Zedent) nicht beteiligt, kommt es --auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 406 [X.] zu keiner Rechtskrafterstreckung. Das Bestehen der rechtswegfremden Gegenforderung ist in diesen Fällen auch dann lediglich eine Vorfrage zur Aufrechnung und somit von der Entscheidungsbefugnis der Finanzgerichtsbarkeit gemäß § 17 Abs. 2 [X.] umfasst ([X.]-Urteil vom 01.08.2017 - VII R 12/16, [X.]E 259, 207, [X.] 2018, 737, Rz 16).

bb) Hieran hält der [X.] weiter fest. Denn er hat mit Urteil vom 24.05.2023 - XI R 45/20 (zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt) entschieden, dass es in [X.] nicht zu der [X.] nach § 322 Abs. 2 ZPO für den Zedenten komme, da sich die Rechtskraft eines Urteils nur auf die Beteiligten des Verfahrens und ihre Rechtsnachfolger erstrecke, nicht aber auf am Verfahren nicht beteiligte Dritte, wie im Falle der Abtretung der Zedent als Rechtsvorgänger des an dem Prozess beteiligten [X.] (unter I[X.]2.b) des vorstehenden [X.]-Urteils vom 24.05.2023 - XI R 45/20, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Rz 21).

3. Der Senat entscheidet über die Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Abtretung von [X.] an das [X.] nicht selbst, sondern verweist die Sache insoweit an das [X.] zurück.

a) Aus §§ 132, 155 Satz 1 [X.]O i.V.m. § 572 Abs. 3 ZPO folgt, dass eine Zurückverweisung auch im Beschwerdeverfahren hinsichtlich eines [X.]es zulässig ist. Sie ist Ausfluss eines tragenden Grundprinzips des Instanzenzugs, nämlich der Aufteilung der [X.] unter den Gerichten (vgl. [X.] vom 23.02.2021 - I B 55/20 ([X.]), [X.] 2021, 1064, Rz 11 und 40; vom 04.03.2020 - I B 57/18, [X.] 2020, 1236, Rz 26 und vom 06.11.2008 - IV B 126/07, [X.]E 223, 294, [X.] 2009, 156).

b) Die Zurückverweisung ist im Streitfall auch zweckmäßig, weil sich das [X.] auf der Grundlage seiner --rechtsfehlerhaften-- Auffassung mit den von der Antragstellerin im gerichtlichen Aussetzungsverfahren geltend gemachten Einwendungen (Verjährung sowie Zurückbehaltungsrecht) noch nicht befasst hat. Das gilt auch für weitere Einwendungen, die von der Antragstellerin nach Ergehen des Beschlusses des [X.] vom 17.02.2022 im Rahmen des [X.] geltend gemacht worden sind. Zudem ist hinsichtlich der Begründung des [X.] für die Zurückweisung des Einspruchs neuer Sachvortrag der Antragstellerin zu erwarten.

4. Mit der Aufhebung des die [X.] gewährenden Beschlusses entfällt die Anordnung der vom [X.] festgesetzten Sicherheitsleistung in Höhe von … €, so dass sich auch die Beschwerde der Antragstellerin im Hinblick auf diesen Umstand insoweit als im Ergebnis begründet erweist. Denn bei der Anordnung der Sicherheitsleistung gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 [X.]O handelt es sich --jedenfalls im Streitfall (Tenor: "Die Aussetzung der Vollziehung erfolgt unter der aufschiebenden Bedingung einer Sicherheitsleistung ...")-- um eine aufschiebende Bedingung, die als Nebenbestimmung (vgl. § 120 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung) Bestandteil der Hauptsacheentscheidung und einheitlich mit dieser zu treffen ist ([X.] vom 16.03.1995 - VIII B 158/94, [X.] 1995, 680; vom 20.06.1979 - IV B 20/79, [X.], 306, [X.] 1979, 666; vom 22.07.1980 - VII B 43/79, [X.]E 131, 14, [X.] 1980, 658 sowie vom 13.08.1991 - VIII B 14/87, [X.] 1992, 688). Die Anordnung einer Sicherheitsleistung ist unselbständiger Teil des Beschlusses, wenn --wie hier-- ein [X.] die [X.] gegen Sicherheit nach § 69 Abs. 3 Satz 1 [X.]O anordnet (vgl. [X.] in [X.], § 69 [X.]O Rz 377 unter Hinweis auf den [X.] vom 12.05.2000 - VI B 266/98, [X.], 1, [X.] 2000, 536) und entfällt daher zugleich mit der Aufhebung dieses Beschlusses. Somit hat das [X.] aufgrund der Zurückverweisung, falls es erneut [X.] gewährt, wiederum über die Frage zu entscheiden, ob diese von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen ist.

5. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das [X.] beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

V B 23/22 (AdV)

26.09.2023

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend FG Münster, 17. Februar 2022, Az: 5 V 3238/21, Beschluss

§ 13b UStG 2005, § 69 Abs 2 FGO, § 69 Abs 3 FGO, § 110 Abs 1 FGO, § 17 Abs 2 S 1 GVG, § 322 Abs 2 ZPO, § 572 Abs 3 ZPO, UStG VZ 2013

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 26.09.2023, Az. V B 23/22 (AdV) (REWIS RS 2023, 6563)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 6563

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