Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.01.2013, Az. 30 W (pat) 536/12

30. Senat | REWIS RS 2013, 9129

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "MobileFamilyTREE" – fehlende Unterscheidungskraft –


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 043 082.9

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 10. Januar 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des [X.] am Amtsgericht Backes

beschlossen:

I. Der Beschwerdeführerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich des Versäumens der Beschwerdefrist und der Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr gewährt.

[X.] Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Zur Eintragung als Wortmarke in das Markenregister angemeldet ist das Zeichen

2

[X.]

3

für die Waren und Dienstleistungen

4

„[X.]:

5

Computersoftware sowie dazugehörige Dokumentationen (gespeichert/herunterladbar); auf Datenträger aufgezeichnete Computersoftware; Spielprogramme für Computer;

6

[X.]:

7

Nachrichten-, Daten- und Bildübermittlung mittels Computer und Onlinediensten; Verschaffen des Zugriffs auf Datenbanken; Betrieb eines elektronischen Informations- und Kommunikationssystems (soweit in [X.] enthalten) zur Daten- und Sprachübermittlung;

8

Klasse 41:

9

Desktop-Publishing (Erstellen von Publikationen mit dem Computer); online angebotene Spieldienstleistungen (von einem Computernetzwerk); Verlegen und Herausgabe von Publikationen aller Art mittels aller Medien, soweit in Klasse 41 enthalten;

[X.]:

Entwurf und Entwicklung von Computersoftware; Aktualisierung (Update) von Software; Computerhard- und Softwareberatung; Design von Computersoftware; Dienstleistungen eines [X.]; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Erstellung von Computeranimationen; Konvertieren von Computerprogrammen und Daten (ausgenommen physische Veränderung)."

Die Markenstelle für [X.] hat die Markenanmeldung nach vorheriger Beanstandung mit Beschluss vom 26. März 2012 teilweise zurückgewiesen, nämlich hinsichtlich der Waren der [X.] und der Dienstleistungen der Klassen 38 und 42. Sie ist der Auffassung, dem angemeldeten Zeichen fehle im Umfang der Zurückweisung die notwendige Unterscheidungskraft. Zudem bestehe ein Freihaltebedürfnis. Das Zeichen sei für Händler, das interessierte Publikum und Kenner der Branche vorrangig ein Sachhinweis ohne Kennzeichnungseignung. Das aus geläufigen [X.] Worten gebildete Zeichen bedeute „mobiler Familienstammbaum“. Es werde von den genannten Kreisen auch so und deshalb als Beschreibung der Art und der Bestimmung der Waren bzw. des Zwecks der Dienstleistungen verstanden. Die in Bezug genommenen Voreintragungen geböten keine andere Entscheidung.

Dieser Beschluss ist dem Vertreter der Beschwerdeführerin einschließlich der beigefügten Rechtsmittelbelehrung am 2. April 2012 zugestellt worden. Mit Telefax vom 14. Mai 2012 hat sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumens der Beschwerdefrist beantragt und mit weiterem Telefax vom 15. Mai 2012 Beschwerde beim [X.] eingelegt. Die [X.] ist ebenfalls am 15. Mai 2012 gezahlt worden.

Als Wiedereinsetzungsgrund beruft sie sich auf eine von einer zuverlässigen Bediensteten der Kanzlei ihres Vertreters unvorhersehbar und einmalig nicht ausgeführte [X.], die das Verfahren betreffenden Fristen im Kanzleikalender einzutragen. Zur Glaubhaftmachung ihres Vortrags hat sie eine eidesstattliche Versicherung dieser Bediensteten vom 14. Mai 2012 vorgelegt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

In der Sache führt die Anmelderin aus, das beanspruchte Zeichen sei nicht nur wörtlich zu übersetzen. Es werde vom Verkehr als „Genealogie-Software für mobile Endgeräte“ verstanden. Das Zeichen sei neben der beschreibenden Komponente abstrakt genug, um auf die betriebliche Herkunft der Waren und Dienstleistungen hinzuweisen. Die vertriebene Software diene nicht nur dem Erstellen eines Familienstammbaumes, sondern auch der allgemeinen Ahnenforschung und verfüge über diverse Ausgabe- und Exportfunktionen. Hinzu komme die ungewöhnliche Binnengroßschreibung als gestaltendes Element. Überdies geböten die Voreintragungen der Marken „Trans - Mobile“, „mobile.de“, „[X.]“ und „[X.]“ die Eintragung auch der vorliegend angemeldeten Marke.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

ihr hinsichtlich des Versäumens der Beschwerdefrist und der Frist zur Einzahlung der [X.] Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, und

den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.] vom 26. März 2012 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war antragsgemäß zu gewähren. Von einer Begründung wird abgesehen (vgl. § 79 Abs. 2 [X.]; Busse/Baumgärtner, [X.], 7. Aufl., § 123 Rn. 89).

2. Gegenstand der somit zulässigen Beschwerde sind nur die von der Anmelderin beanspruchten Waren der [X.] und Dienstleistungen der Klassen 38 und 42, nicht auch die der Klasse 41. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Tenor des angegriffenen Beschlusses insoweit irrtümlich fehlerhaft ist. Zwar ist in der Begründung des angefochtenen Beschlusses zu den Dienstleistungen „Verlegen und Herausgabe von Publikationen aller Art mittels aller Medien, soweit in Klasse 41 enthalten“ ausgeführt, sie könnten „die Darstellung oder das Publizieren eines Familienstammbaumes als Zweck, Bestimmung oder zum Ziel haben“. An anderer Stelle wird jedoch ausdrücklich in Aussicht gestellt, dass das Eintragungsverfahren hinsichtlich dieser Dienstleistungen bis zur Eintragung fortgeführt werde, eine Zurückweisung der Anmeldung insoweit also von der Markenstelle nicht gewollt ist.

3. Die Beschwerde ist in der Sache nicht begründet, weil die angemeldete Marke im zurückgewiesenen Umfang wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen ist. Die Markenstelle hat die Anmeldung insoweit zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 [X.]).

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. [X.] GRUR 2008, 608, 611 Rn. 66 f. - [X.]; [X.], 825, 826 Nr. 13 - [X.]; [X.], 935 Nr. 8 - Die Vision; [X.], 850, 854 Nr. 18 - [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.] [X.], 233, 235 Nr. 45 - Standbeutel; [X.], 229, 230 Nr. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611 Nr. 66 - [X.]; [X.] 2008, 710 Nr. 12 - [X.]; [X.], 949 Rn. 10 - My World; [X.], 850, 854 Nr. 18 - [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.], 825, 826 Nr. 13 - [X.]; [X.], 411 Nr. 8 - [X.]; [X.], 778, 779 Nr. 11 - [X.]; [X.], 949 f. Rn. 10 - My World; [X.], 850, 854 Nr. 18 - [X.]).

Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] GRUR 2004, 674, 678 Nr. 86 - Postkantoor; [X.] 2012, 270, 271 Nr. 11 - Link economy; [X.], 952, 953 Nr. 10 - [X.]; [X.], 850, 854 Nr. 19 - [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK). Darüber hinaus besitzen auch solche Zeichen keine Unterscheidungskraft, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.], 1100 Nr. 23 - [X.]!; [X.], 850, 855 Nr. 28 f. - [X.]).

Nach diesen Grundsätzen kann der Wortfolge „[X.]“ in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] nicht zugesprochen werden. Das Zeichen „[X.]“ bedeutet wörtlich übersetzt „mobiler Familienstammbaum“ und wird im vorliegenden Produktzusammenhang, wie die Beschwerdeführerin ausgeführt hat, im Sinne von „Genealogie-Software für mobile Endgeräte“ verstanden. Dem schließt sich der Senat an. Genealogie bezeichnet die Lehre von der Herkunft (Abstammung) und den [X.] von Personen oder Familien in der Abfolge der Generationen und bedeutet Ahnenforschung, Familienkunde, Geschlechterkunde (vgl. [X.], 21. Aufl., Band 10, [X.]). So verstanden ist die angemeldete Marke unmittelbar beschreibend für alle beanspruchten Waren der [X.] und die Dienstleistungen der [X.]. Es bedeutet hinsichtlich der Waren der [X.], dass es sich bei ihnen um Software (auch Spielesoftware) für mobile Endgeräte handelt, mit der Genealogie betrieben werden kann, also z. B. Familienstammbäume erstellt werden können. Hinsichtlich der Dienstleistungen der [X.] bedeutet es, dass sie dazu dienen sollen, mit mobilen Endgeräten Genealogie zu betreiben, also etwa Familienstammbäume erstellen zu können. Bei den Kommunikationsdienstleistungen der [X.] handelt es sich um Hilfsleistungen zum erfolgreichen Betreiben einer Genealogie-Software, um damit Genealogien, also Stammbäume jeder Art erstellen zu können. Insoweit weist das Zeichen „[X.]“ jedenfalls einen engen beschreibenden Bezug auf, der der Annahme hinreichender Unterscheidungskraft entgegensteht (vgl. [X.] 2009, 952 Nr. 13, 19 - [X.]).

Die Gestaltung des Zeichens durch Binnengroßschreibung ändert an dieser Beurteilung nichts. Diese Elemente liegen im Rahmen eines üblichen [X.] (vgl. [X.] 2003, 963, 965 - [X.]/[X.]us). Zudem erleichtert diese Schreibweise das Erkennen der drei Begriffe, aus denen das angemeldete Zeichen gebildet ist, und damit das beschreibende Verständnis seitens des angesprochenen Verkehrs.

4. Auf die von der Beschwerdeführerin benannten, ihrer Ansicht nach vergleichbaren Markeneintragungen kommt es nicht an (vgl. [X.] 2012, 276, 277 Nr. 18 - Institut der norddeutschen Wirtschaft m. w. N.).

Die Beschwerde ist deshalb zurückzuweisen.

Meta

30 W (pat) 536/12

10.01.2013

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.01.2013, Az. 30 W (pat) 536/12 (REWIS RS 2013, 9129)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 9129

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