Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.09.2022, Az. XI R 33/20

11. Senat | REWIS RS 2022, 8569

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Gegenstand

(Zur Verlustverrechnungsbeschränkung nach § 15 Abs. 4 EStG)


Leitsatz

1. Pferde, die in einem Pensionsbetrieb untergebracht werden, können vom Eigentümer in seinem Betrieb gehalten werden, wenn er das wirtschaftliche Risiko der Tierhaltung trägt.

2. § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG kann Vorrang gegenüber einer organschaftlich eigenständigen Einkommenszurechnung zukommen.

3. Der Zuordnung von Tieren zum Tierzweig "übriges Nutzvieh" steht nicht entgegen, dass die Tiere zum Verkauf bestimmt waren.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 26.05.2020 - 6 K 337/18 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist, ob Verluste, die bei einer Organgesellschaft der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) im [X.] (Streitjahr) entstanden sind, dem [X.] 4 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterliegen.

2

Die Klägerin ist eine GmbH. Die [X.] hält 94,99 % und die [X.] 5,01 % der Anteile.

3

An der [X.] ist [X.] mit 100 % beteiligt; an der [X.] hält [X.] 100 % der Kommanditanteile. [X.]udem ist [X.] alleiniger Kommanditist der [X.].

4

Seit ihrer Gründung ist die Klägerin zu 100 % an der [X.] beteiligt. Durch einen Gewinnabführungsvertrag ist die Klägerin körperschaftsteuerrechtliche Organträgerin für die [X.] als Organgesellschaft.

5

Die Klägerin hält zudem 100 % der Anteile an der [X.].

6

Die Klägerin erwarb nach der [X.] Flächen und Gebäude des [X.] [X.]es X [X.]. [X.]udem erwarb sie einen ehemaligen [X.]stall in [X.] sowie ein ehemaliges [X.]werk in [X.]. Beide Objekte waren in der Nähe des [X.]es X belegen. [X.] erwarb die Klägerin weitere Flächen sowie verschiedene leerstehende Gebäude in [X.].

7

In dem ganz überwiegenden Teil der erworbenen Gebäude, jeweils mit den dazugehörenden Weideflächen, baute die [X.] einen Betrieb zur [X.]ucht und Ausbildung von [X.] Reitpferden auf. Die Tiere sollten in jedem Ausbildungsstadium an Sportler, [X.]üchter oder Freizeitreiter gewinnbringend verkauft werden.

8

Im Streitjahr wurden auf dem [X.] insgesamt [X.] Pferde, die im Eigentum der [X.] standen, aufgezogen. Die Pferde waren dabei an unterschiedlichen Standorten untergebracht. [X.] Pferde waren jünger als drei Jahre alt und zum Verkauf bestimmt. [X.] Pferde waren mindestens drei Jahre alt. Davon waren [X.] Tiere [X.]uchtstuten. [X.] Tiere sollten durch Veredelung zu hochwertigen Sportpferden werden. Die erzeugten Jungtiere waren überwiegend zum Verkauf bestimmt.

9

Die erzeugten Pferde wurden in jeder Phase der Entwicklung von den Ausbildern und [X.]üchtern der [X.] sowie von [X.] beobachtet und eingeschätzt. Die Pferde, die sich als geeignet für eine Ausbildung als Sport- oder Dressurpferd zeigten, wurden entweder bereits als Fohlen verkauft oder durch die [X.] weiter ausgebildet und als Dressurpferd im Alter von vier bis fünf Jahren oder als Springpferd im Alter von sechs bis sieben Jahren verkauft. Die Pferde, die sich als nicht geeignet erwiesen, wurden ebenfalls verkauft.

Für ihre Tierhaltung standen der [X.] verschiedene Flächen zur Verfügung. In [X.] pachtete sie Flächen von der [X.]; auf [X.] X von der Klägerin. [X.]udem pachtete die [X.] den [X.]hof (Teil von [X.] X) und den [X.]hof von der [X.].

Die Klägerin verpachtete Flächen in [X.], in [X.] und in [X.] an die [X.] sowie einen Teil der Stallungen und landwirtschaftlichen Flächen des [X.]es X an die [X.]. Mit der Bewirtschaftung der von der Klägerin gepachteten Flächen beauftragten die Gesellschaften die Klägerin. Sie führte die Bewirtschaftung als Lohnunternehmerin aus.

Die [X.] schloss mit der [X.] am [X.] einen Vertrag über eine [X.]haltung. Das Vertragsverhältnis begann am 01.04.2010 und lautete auszugsweise:

"§ 3 [X.]

(3) Das Heu und das weitere Futter werden [der] [X.] von Seiten der Eigentümerin in der erforderlichen Menge kostenlos bereitgestellt. ...

(4) Die Eigentümerin sorgt auf eigene Kosten für einen ordnungsgemäßen Hufbeschlag. ...

§ 6 ...

(3) Für die Gesundheitsvorsorge und die tierärztliche Versorgung des [X.] hat die Eigentümerin Sorge zu tragen. ... Die tierärztliche Versorgung erfolgt durch den von der Eigentümerin beauftragten Tierarzt auf eigene Kosten.

Mit Wirkung zum 23.04.2012 schloss die [X.] mit der [X.] ebenfalls einen Vertrag über [X.]haltung. Der Vertrag ist inhaltsgleich mit dem der [X.]. Er unterscheidet sich lediglich in § 3. Die abweichende Regelung lautet:

"§ 3 (3) Das Heu wird [die] [X.] von Seiten der Eigentümerin in der erforderlichen Menge gegen Rechnungslegung einkaufen. [Die] [X.] hat rechtzeitig den Bedarf an Futtermitteln etc. der Eigentümerin anzuzeigen; die Eigentümerin wird die bestellte Menge frei Haus an den von [der] [X.] betriebenen Anlagen bereitstellen."

Die [X.] und die [X.] verfügten über eigenes Personal für die Grundversorgung der Pferde. Darüber hinaus nahmen die Gesellschaften keine Aufgaben wahr.

Die [X.] stellte für ihre Pachtflächen jährlich Anträge auf Agrarförderung. Bei der Ermittlung der maßgeblichen [X.]grenzen erfasste die [X.] alle Tiere, die sie auf gepachteten Flächen und in gepachteten Ställen untergebracht hatte, ließ aber die Tiere, die sie in Pension gegeben hatte, unberücksichtigt. Nach der Berechnung der [X.] überschritten die ermittelten [X.] (bis auf das Streitjahr) die Höchstgrenzen nicht.

Auch die [X.] und die [X.] stellten für die von der Klägerin gepachteten Flächen jeweils jährlich eigene Anträge auf Agrarförderung. Die Gesellschaften berücksichtigten u.a. die Tiere, die sie jeweils von der [X.] in Pension genommen hatten. Die auf dieser Grundlage ermittelten [X.] überschritten im Streitjahr nicht die Höchstgrenzen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt --[X.]--) veranlagte die Klägerin für das Streitjahr zunächst mit [X.] vom 18.02.2015 erklärungsgemäß. Unter demselben Datum erging ein [X.] über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31.12.2013.

Im Rahmen einer Außenprüfung für das Streitjahr legte das [X.] (wie die Klägerin) für die Ermittlung der zulässigen [X.] nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG die Hektarwerte aus den Anträgen auf Agrarförderung als zu berücksichtigende Flächen zugrunde. Es vertrat hinsichtlich der [X.]urechnung der Tiere jedoch eine andere Auffassung als die Klägerin. Alle im Eigentum der [X.] befindlichen Pferde seien bei der Ermittlung der zuzurechnenden [X.] bei ihr mitzuzählen, somit auch die in Pension gegebenen Pferde. Die Betriebsprüfung ermittelte die [X.] der [X.] danach wie folgt:

        

P GmbH

2013   

Hektar lt. Agrarantrag

… ha   

Höchstgrenze [X.]

… VE   

tatsächliche [X.]

… VE   

Demzufolge sah das [X.] die Einkünfte der [X.] als Einkünfte aus gewerblicher Tierhaltung an. Diese Feststellung berücksichtigte es in dem auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung gestützten Körperschaftsteuer-Änderungsbescheid für das [X.] vom [X.] Es nahm an, der Verlust in Höhe von [X.] € könne (nur) in Höhe von [X.] € auf Gewinne des Vorjahres zurückgetragen werden. In Höhe von [X.] € sei der Verlust aufgrund des Verlustausgleichs- und -abzugsverbots des § 15 Abs. 4 EStG im Körperschaftsteuerbescheid für das [X.] nicht zu berücksichtigen. Er wurde daher als verbleibender Verlustvortrag auf den 31.12.2013 mit [X.] vom 09.03.2018 nach § 15 Abs. 4 i.V.m. § 10d EStG, § 31 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes ([X.]) und § 8 Abs. 1 [X.] gesondert festgestellt.

Gegen beide [X.]e legte die Klägerin Einsprüche ein. Mit [X.] vom 23.10.2018 und 16.11.2018 wies das [X.] die Einsprüche als unbegründet zurück.

Der hiergegen gerichteten Klage, mit der die Klägerin weiter geltend machte, dass die in Pension gegebenen Pferde nicht der [X.], sondern (ausschließlich) der [X.] und der [X.] zuzurechnen seien, gab das Finanzgericht ([X.]) nur teilweise statt. Es entschied, die [X.] werde in einem Bereich tätig, der im hier zu beurteilenden Fall an sich zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG führe. Jedoch hätten die von ihr gehaltenen Tiere keine ausreichende Futtergrundlage in ihrem Betrieb. Bei der [X.] seien sowohl die Tiere, die sie selbst versorge, als auch die in Pension gegebenen Tiere bei der Berechnung der zulässigen Höchstgrenzen für [X.] zu berücksichtigen. Allerdings sei entgegen der Auffassung des [X.] der Verlust aus der Tierhaltung nur in Höhe von [X.] € (63,60 %) als gewerblich einzustufen. Ein Verlust in Höhe von [X.] € (36,40 %) entfalle auf Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, da die [X.]uchtstuten der landwirtschaftlichen Tierzucht zuzurechnen seien. Die übrigen Pferde seien als übriges Nutzvieh der gewerblichen Tierhaltung zuzuordnen, da insoweit die Höchstgrenzen überschritten seien. Das Urteil des [X.] ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2020, 1299 veröffentlicht.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Die [X.]urechnung der von der [X.] in Pension gegebenen Pferde sei unzutreffend. Die [X.] seien nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) nur der [X.] und der [X.] zuzurechnen. Sie könnten nicht zugleich auch der [X.] als Eigentümerin der Pferde zugerechnet werden. Es komme nur darauf an, wie viele Tiere auf den landwirtschaftlichen Flächen des jeweiligen Tierhalters tatsächlich gehalten würden. In diesem Sinne sei auch die Pensionstierhaltung als Tierhaltung i.S. des § 13 EStG anzusehen. Auf die zivilrechtliche Haltereigenschaft komme es nicht an. Ein Tier könne nicht gleichzeitig an zwei Orten gehalten werden.

Die Tierhaltung bei der [X.] und der [X.] sei --wie das [X.] festgestellt habe-- jeweils unterhalb der maßgeblichen Höchstgrenzen erfolgt, so dass § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG bei der Klägerin nicht zur Anwendung komme.

[X.]u einer Überschreitung der [X.]grenze des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG komme es auch nicht bei einer zusammenfassenden Betrachtung der der [X.] sowie der [X.] und der [X.] zur Verfügung stehenden landwirtschaftlichen Flächen.

Außerdem sei die [X.]urechnung der Fohlen zum übrigen Nutzvieh unzutreffend. Soweit Tiere vorhanden seien, die --wie nach Auffassung der Klägerin die [X.] keinem der ausdrücklich genannten [X.]weige des [X.] zuzuordnen seien, seien diese auch keinem besonderen [X.]weig zuzuordnen.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin außerdem geltend gemacht, dass bei anderer Beurteilung auch die an die [X.] sowie an die [X.] verpachteten Flächen der [X.] zuzurechnen seien, weil auf diesen Flächen nur die (nach Auffassung des [X.] und [X.] der [X.] zuzurechnenden) Tiere weideten.

Die Klägerin beantragt,
den [X.] über Körperschaftsteuer 2013 vom 09.03.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.11.2018 dahingehend zu ändern, dass das dem Organträger nach § 14 [X.] zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaften um weitere [X.] € vermindert wird und den [X.] vom 09.03.2018 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags nach § 15 Abs. 4 i.V.m. § 10d EStG, § 31 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 [X.] sowie die Einspruchsentscheidung vom 23.10.2018 insgesamt aufzuheben.

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es bringt vor, die Klägerin sei sowohl zivilrechtliche Eigentümerin als auch Halterin der [X.]. Nur durch die Berücksichtigung aller im (wirtschaftlichen) Eigentum der Klägerin stehenden Pferde könne der in § 15 Abs. 4 EStG niedergelegte Schutzzweck erreicht werden. Die Einordnung der Tierhaltung bei der [X.] und der [X.] habe keine Auswirkung auf die Qualifikation der Tierhaltung bei der [X.]. Die Fohlen und auch die zur Veredelung gehaltenen Pferde seien dem [X.]weig "[X.]uchtvieh" zuzuordnen, da die Tiere überwiegend zum Verkauf bestimmt seien. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung der Klägerin seien die verpachteten Flächen nicht der [X.] zuzurechnen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision der Klägerin ist begründet und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Zwar sind --wie das [X.] zutreffend entschieden hat-- auch die Pferde, die die [X.] bei der [X.] und der [X.] in Pension gegeben hat, der [X.] i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zuzuordnen. Das [X.] ist jedoch auf dieser Grundlage nicht der Frage nachgegangen, ob die [X.] weitere als die ihr bisher zugerechneten Flächen i.S. von § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG regelmäßig landwirtschaftlich genutzt hat. Dabei kann die Verpachtung durch die Klägerin an die beiden Pensionsgeber zu berücksichtigen sein. Die Sache ist daher nicht spruchreif.

1. Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 EStG dürfen Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden. Auch der Verlustabzug nach § 10d EStG ist nur bezogen auf Gewinne aus gewerblicher Tierzucht oder Tierhaltung möglich (§ 15 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2, Satz 2 EStG).

Diese Beschränkungen greifen ein, wenn eine an sich landwirtschaftliche Betätigung darin besteht, überhöhte Bestände an Vieh ohne entsprechende landwirtschaftliche Nutzfläche, d.h. ohne die theoretisch notwendige Futtergrundlage, zu halten (vgl. [X.]-Urteile vom 21.09.1995 - IV R 96/94, [X.], 66, [X.] 1996, 85; vom 19.12.2002 - IV R 47/01, [X.], 241, [X.] 2003, 507, und vom 04.11.2021 - [X.] R 26/19, [X.], 417). Der [X.] legt den Begriff der gewerblichen Tierzucht oder Tierhaltung i.S. des § 15 Abs. 4 Satz 1 und 2 EStG (vormals § 15 Abs. 2 EStG) dem Gesetzeszweck entsprechend restriktiv aus (vgl. [X.]-Urteile vom 04.10.1984 - IV R 195/83, [X.]E 142, 272, [X.] 1985, 133; vom 01.02.1990 - IV R 45/89, [X.]E 159, 475, [X.] 1991, 625, und in [X.], 417, Rz 15). § 15 Abs. 4 EStG ist auch auf [X.]italgesellschaften anwendbar ([X.]-Urteil vom 08.11.2000 - I R 10/98, [X.]E 193, 406, [X.] 2001, 349, Leitsatz 3 und unter II.3.).

2. Pferde, die in einem Pensionsbetrieb untergebracht werden, können vom Eigentümer in seinem Betrieb gehalten werden, wenn er das wirtschaftliche Risiko der Tierhaltung trägt.

a) Bei einer Pferdehaltung und der Ausbildung der Tiere für den Pferdesport handelt es sich regelmäßig um eine gewerbliche Tierhaltung i.S. von § 15 Abs. 4 EStG, wenn der Betrieb nicht über eine hinreichende Futtergrundlage in Gestalt von landwirtschaftlichen Nutzflächen verfügt. Dabei ist unerheblich, ob die in einem landwirtschaftlichen Betrieb gehaltenen Tiere überhaupt von den Erzeugnissen der landwirtschaftlichen Nutzfläche ernährt werden (vgl. [X.]-Urteile vom 13.07.1989 - V R 110-112/84, [X.]E 158, 157, [X.] 1989, 1036, unter [X.]; vom [X.], [X.]E 206, 42, [X.] 2004, 742, unter [X.], und vom 17.12.2008 - IV R 34/06, [X.]E 224, 76, [X.] 2009, 453, unter [X.], m.w.N.).

b) Pferde gehören zu den Tierarten, deren Haltung und Zucht in der Regel zur landwirtschaftlichen Nutzung zählen. Die Pferdehaltung und die Pferdezucht werden in Anlage 2 zu § 51 des Bewertungsgesetzes ([X.]) ausdrücklich genannt und den mehr flächenabhängigen Zweigen des [X.] zugeordnet. In der Aufzählung der Tierarten bei der Regelung der [X.] werden Pferde ebenfalls aufgeführt (Anlage 1 zu § 51 [X.]). Die Zuordnung zur landwirtschaftlichen Nutzung hängt bei solchen Tierbeständen grundsätzlich nur davon ab, ob die im Betrieb gehaltenen Tiere --gemessen am gesetzlichen [X.] eine ausreichende Futtergrundlage haben (vgl. [X.]-Urteile vom 23.09.1988 - III R 182/84, [X.]E 154, 364, [X.] 1989, 111; in [X.]E 224, 76, [X.] 2009, 453, und in [X.], 417, Rz 21). Daraus ergibt sich, dass Einkünfte aus der Pferdezucht und der Pferdehaltung zu den Einkünften aus gewerblicher Tierzucht und gewerblicher Tierhaltung zählen, wenn die [X.]grenze überschritten wird (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 417, Rz 21).

c) [X.], die in einem Pensionsbetrieb untergebracht werden, im Rahmen des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zuzurechnen sind, hängt nach der neueren Rechtsprechung des [X.]. Senats des [X.] davon ab, wer das wirtschaftliche Risiko der Tierhaltung trägt (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 417, Rz 23; [X.] in [X.], § 13 EStG Rz 182; [X.]/[X.], 7. Aufl., § 13 Rz 247; Giere in [X.], Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, Teil A Rz 72 ff.; [X.] in Dombert/[X.], [X.] [X.] Agrarrecht, 2. Aufl., § 25 Rz 31; [X.]/[X.]/Nacke, § 13 EStG Rz 100; Leingärtner/Stalbold, Besteuerung der Landwirte, [X.]. 6, Rz 21; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 13 Rz 32, der generell die Pensionstiere hinzurechnet).

3. Die Pferde, die die [X.] in Pension gegeben hat, sind ihr im Rahmen der Ermittlung der [X.] i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG als Eigentümerin der Pferde zuzurechnen.

a) Die Vorinstanz hat dazu festgestellt, dass die [X.] und die [X.] zwar die Grundversorgung der Pferde übernommen hatten, indem sie sie unterbrachten, mit Einstreu und Heu versorgten, fütterten und tränkten sowie ihre Gesundheit überwachten. Unter Gesamtwürdigung aller Umstände seien die Pferde trotzdem der [X.] zuzurechnen, da diese die Nutzungen und Kosten im eigenen wirtschaftlichen Interesse der Pferdezucht und der Veräußerung der Tiere getragen habe. Das Heu und das Futter habe die [X.] finanziert. Die Kosten für die Hufpflege und die tierärztliche Versorgung sowie die Versicherung der Tiere habe die [X.] ebenfalls übernommen. Die [X.] und die [X.] hätten nicht für Schäden an den Pferden gehaftet. Alle Entscheidungen hinsichtlich Besamung, Zucht, Ausbildung und Bereiten habe die [X.] getroffen. Der [X.] und der [X.] habe [X.] und Pflege der Pferde ohne wirtschaftliches Risiko und Kostentragung oblegen. Diese Feststellungen der Vorinstanz verstoßen nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze und binden daher den Senat (§ 118 Abs. 2 [X.]O).

b) Dieser Beurteilung steht --entgegen der Auffassung der [X.] nicht die ältere Rechtsprechung des [X.] des [X.] entgegen, nach der Pensionstiere dem Pensionsgeber zuzurechnen sein können.

aa) Nach der Rechtsprechung des [X.] des [X.] ist die Pensionstierhaltung bei Vorliegen der flächenmäßigen Voraussetzungen in der Regel als Tierhaltung i.S. des § 13 EStG beim Pensionsgeber zu beurteilen. Das Vorliegen einer "Tierhaltung" i.S. des § 13 EStG hängt grundsätzlich nur davon ab, ob die im Betrieb des Pensionsgebers gehaltenen Tiere --gemessen an dem im Gesetz enthaltenen [X.] eine ausreichende Futtergrundlage haben. Sei dies der Fall, mache es keinen Unterschied, ob es sich dabei um eigene oder fremde Tiere handele, so dass auch die sog. "Pensionstierhaltung", also das Unterstellen und Füttern fremder Tiere gegen Entgelt, bei Vorliegen der flächenmäßigen Voraussetzungen in der Regel als Tierhaltung i.S. des § 13 EStG anzusehen sei (vgl. [X.]-Urteile vom 16.11.1978 - IV R 191/74, [X.]E 126, 220, [X.] 1979, 246, unter 2.a [X.]; vom 17.10.1985 - IV R 188/83, [X.]/NV 1987, 84, unter 2.; vom 14.04.1988 - IV R 40/86, [X.]E 153, 347, [X.] 1988, 774, unter 1.; vom [X.] - IV R 22/91, [X.]/NV 1992, 655, und vom 26.06.2002 - IV R 55/01, [X.]E 199, 529, [X.] 2003, 13, unter 3.d).

[X.]) Diese Grundsätze führen jedoch im Streitfall zu keiner anderen Zuordnung der in Pension gegebenen Pferde. Denn die bei der [X.] und der [X.] als Pensionsgeber untergestellten Pferde der [X.] erhielten --anders als im Regelfall der Pensionstierhaltung-- ihre Futtergrundlage von der [X.]. Zudem hatten die [X.] und die [X.] Flächen von der Klägerin gepachtet, so dass eine typische Pensionstierhaltung im Sinne der Rechtsprechung des [X.] mit Zurechnung der Pferde beim Pensionsgeber im Streitfall nicht vorlag.

4. Folge der im Streitfall bestehenden Besonderheiten, die ein Abweichen von dem vom [X.] des [X.] beschriebenen Regelfall rechtfertigen, ist aber, dass der Frage nachzugehen ist, ob die von der Klägerin an die [X.] und an die [X.] verpachteten Flächen für die Ermittlung der [X.]grenzen der [X.] zuzurechnen sind. Die hierfür erforderliche Beurteilung, für die weitere Tatsachenfeststellungen zu treffen sind, kann im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden.

5. Für den zweiten Rechtsgang weist der Senat auf Folgendes hin:

a) Im Streitfall ist zu entscheiden, ob aufgrund des Pachtvertrages der Klägerin mit der [X.] und der [X.] --wie in der Regel anzunehmen ist-- diesen [X.] die verpachteten Flächen mit den daraus gezogenen Früchten und sonstigen Gebrauchsvorteilen zuzurechnen sind (vgl. auch [X.]-Urteil in [X.]E 199, 529, [X.] 2003, 13, unter 2.b und c).

Dabei kommt es darauf an, ob die an die [X.] und an die [X.] verpachteten Flächen ausnahmsweise der [X.] zuzurechnen sind, weil diese die Gebrauchsvorteile der verpachteten Flächen durch die vertragsgemäße Nutzung für Pferde, die der [X.] als Organgesellschaft der Klägerin zuzurechnen sind, gezogen hat und nach Maßgabe der Pachtverträge auch ziehen sollte, wozu weitergehende Feststellungen zu treffen sind. Hierfür ist auch festzustellen, ob ausschließlich die im Eigentum der [X.] stehenden Pferde auf den an die [X.] und an die [X.] verpachteten Flächen geweidet haben.

Dem steht nicht zwingend entgegen, dass es sich zivilrechtlich um eine Verpachtung der Klägerin an die [X.] und die [X.] und nicht um eine Verpachtung an die [X.] als Organgesellschaft gehandelt hat und sich die Organschaft auf eine bloße Einkommenszurechnung beschränkt, bei der zunächst das Einkommen der Organgesellschaft eigenständig zu ermitteln ist (vgl. [X.]-Urteile vom 23.01.2002 - XI R 95/97, [X.]E 198, 99, [X.] 2003, 9, unter [X.]; vom 28.02.2013 - IV R 50/09, [X.]E 240, 270, [X.] 2013, 494, Rz 16, und vom 15.06.2016 - I R 64/14, [X.]E 254, 291, [X.] 2017, 182, Rz 20). Denn im Hinblick auf diese eigenständige Einkommensermittlung kann der Normzweck des § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG nicht außer Betracht bleiben, der darin besteht, die traditionelle, mit der [X.] verbundene landwirtschaftliche Tierzucht und Tierhaltung, bei der regelmäßig Verluste mangels hoher außerlandwirtschaftlicher Einkünfte nicht verrechnet werden können, vor dem Wettbewerb einer industriell betriebenen Tierproduktion zu schützen. Die Vorschrift wendet sich daher gegen eine an sich landwirtschaftliche Betätigung, die darin besteht, überhöhte Bestände an Vieh ohne entsprechende landwirtschaftliche Nutzfläche, d.h. ohne die theoretisch notwendige Futtergrundlage, zu halten ([X.]-Urteil in [X.], 241, [X.] 2003, 507, unter 2.; vgl. auch [X.]-Urteil in [X.], 417, Rz 17). Soll ein bei der Organgesellschaft ermitteltes Einkommen den Beschränkungen des § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG unterworfen werden, weil die Tierhaltung nach den Verhältnissen der Organgesellschaft ohne hinreichende Futtergrundlage erfolgt sei, obwohl landwirtschaftliche Nutzflächen überlassen werden, die von den Pferden der Organgesellschaft genutzt werden (sollen), so dass zivilrechtlich und tatsächlich eine hinreichende Futtergrundlage für die Pferde der Organgesellschaft besteht, kann einer solchen Beschränkung demnach der Normzweck des § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG entgegenstehen.

b) Nicht zu beanstanden ist das Urteil der Vorinstanz im Übrigen zur Frage der [X.]zweige.

aa) Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG i.V.m. § 51 Abs. 2 Satz 1 [X.] gehören nur die Zweige des [X.] zur landwirtschaftlichen Nutzung, deren [X.] zusammen die in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG bezeichnete [X.] nicht überschreiten. Als Zweig des [X.] gilt bei jeder Tierart für sich das [X.], das [X.], das [X.] und das übrige Nutzvieh (§ 51 Abs. 3 Satz 1 [X.]). Zunächst sind mehr flächenabhängige und danach weniger flächenabhängige Zweige des [X.] zur landwirtschaftlichen Nutzung zu rechnen (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG i.V.m. § 51 Abs. 2 Satz 2 [X.]). Das [X.] einer Tierart gilt nur dann als besonderer Zweig des [X.], wenn die erzeugten Jungtiere überwiegend zum Verkauf bestimmt sind (§ 51 Abs. 3 Satz 2 [X.]). Ist das nicht der Fall, so ist das [X.] dem Zweig des [X.] zuzurechnen, dem es überwiegend dient (§ 51 Abs. 3 Satz 3 [X.]). Pferdehaltung und Pferdezucht sind den mehr flächenabhängigen Zweigen des [X.] zuzuordnen (Anlage 2 zum [X.]; vgl. [X.]-Urteil in [X.], 417, Rz 30).

[X.]) Zutreffend hat die Vorinstanz die Zuchtstuten dem Zweig "[X.]" und die weiteren Pferde dem Zweig "übriges Nutzvieh" zugeordnet. Diese Pferde erfüllen nicht die Qualifikation als [X.]. Maßgeblich für die Abgrenzung der Tierzweige des § 51 Abs. 3 [X.] ist die spätere Bestimmung der Tiere (s. [X.]-Urteil vom 17.10.1991 - IV R 134/89, [X.]E 166, 319, [X.] 1992, 378, zu Masttieren). Im Streitfall waren die übrigen Tiere auf der jeweiligen Entwicklungsstufe für den Verkauf bestimmt.

cc) Der Zuordnung zum Tierzweig "übriges Nutzvieh" steht nicht --wie die Klägerin meint-- entgegen, dass die Tiere zum Verkauf bestimmt waren. Nach § 51 Abs. 3 Satz 1 [X.] "gilt bei jeder Tierart" die Einteilung in die vier oben genannten Zweige, so dass eine Zuordnung aller Tiere vorzunehmen ist. Da die weiteren Pferde unstreitig nicht zu dem Zweig "[X.]" und "[X.]" gehören, sind sie sodann dem Zweig "übriges Nutzvieh" zuzuordnen. Eine Nichtzuordnung --wie die Klägerin vorträgt-- kommt nicht in Betracht.

6. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das [X.] folgt aus § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

XI R 33/20

13.09.2022

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 26. Mai 2020, Az: 6 K 337/18, Urteil

§ 15 Abs 4 S 1 EStG 2009, § 15 Abs 4 S 2 EStG 2009, § 13 Abs 1 Nr 1 EStG 2009, § 51 Abs 2 BewG 1991, § 51 Abs 3 BewG 1991, § 8 Abs 1 KStG 2002, § 14 Abs 1 S 1 KStG 2002, EStG VZ 2013, KStG VZ 2013

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.09.2022, Az. XI R 33/20 (REWIS RS 2022, 8569)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 8569

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