Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.09.2010, Az. XII ZB 268/10

12. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 3395

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Gegenstand

Verfahrensbeistandschaft für Minderjährige: Vergütung des Verfahrensbeistandes bei Bestellung für mehrere Kinder


Leitsatz

1. Ist der Verfahrensbeistand in einem Kindschaftsverfahren für mehrere Kinder bestellt, so erhält er für jedes der von ihm betreuten Kinder die Pauschalgebühr nach § 158 Abs. 7 Satz 2 und 3 FamFG .

2. Für die Entstehung des Vergütungsanspruches des Verfahrensbeistands nach § 158 Abs. 7 Satz 2 und Satz 3 FamFG genügt es, wenn der Verfahrensbeistand in irgendeiner Weise im Kindesinteresse tätig geworden ist .

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 5. [X.] des [X.] vom 19. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 2 FamGKG).

Die außergerichtlichen Kosten des [X.] werden dem Rechtsbeschwerdeführer auferlegt (§ 81 FamFG).

Verfahrenswert: 1.060 €.

Gründe

A.

1

Das Familiengericht hat in einer Kindschaftssache den beiden minderjährigen Kindern am 28. Oktober 2009 jeweils die Rechtsbeschwerdegegnerin als berufsmäßigen Verfahrensbeistand mit dem erweiterten Aufgabenkreis gemäß § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG bestellt. Die Rechtsbeschwerdegegnerin hat dem Familiengericht am 31. Oktober 2009 berichtet, dass die Kinder nach den von ihr durchgeführten Ermittlungen (Telefonate mit dem Kindesvater und der Mitarbeiterin des [X.]) zwischenzeitlich ihren Aufenthalt in [X.] haben sollen.

2

Auf den [X.] der Rechtsbeschwerdegegnerin vom 2. November 2009 über insgesamt 1.100 € (550 € pro Kind) hat die zuständige Rechtspflegerin eine nach Zeit abgerechnete Aufwandsvergütung in Höhe von 39,87 € festgesetzt.

3

Auf die Beschwerde der Rechtsbeschwerdegegnerin hat das Beschwerdegericht die Vergütung antragsgemäß auf 1.100 € festgesetzt. Zum einen falle die Pauschale für jedes Kind an, für das der Verfahrensbeistand bestellt sei. Zum anderen sei die Gebühr in dem Moment als entstanden anzusehen, in dem der Verfahrensbeistand mit der Wahrnehmung der ihm übertragenen Aufgaben begonnen habe.

4

Hiergegen wendet sich die Staatskasse mit der Rechtsbeschwerde.

B.

5

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

I.

6

Die vom Beschwerdegericht zugelassene und damit gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig.

7

Das Land ist als Rechtsbeschwerdeführer durch die angegriffene Entscheidung beschwert (vgl. zum Erfordernis der Beschwer Prütting/[X.]/[X.] FamFG § 70 Rdn. 6). Denn gemäß § 158 Abs. 7 Satz 5 FamFG ist die Vergütung aus der Staatskasse zu zahlen.

8

Die Rechtsbeschwerde scheitert auch nicht an der gemäß § 114 Abs. 3 FamFG erforderlichen Postulationsfähigkeit. Der das Land vertretende [X.] bei dem [X.] hat sich vorliegend durch den Generalstaatsanwalt in [X.] vertreten lassen. Dieser wiederum wird im Verfahren von dem die Rechtsbeschwerde unterzeichnenden Oberstaatsanwalt und damit durch einen Volljuristen vertreten (s. dazu Senatsbeschlüsse vom 7. Juli 2010 - [X.] 149/10 und [X.] 150/10 - zur Veröffentlichung bestimmt).

II.

9

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

Das Beschwerdegericht hat gemäß § 158 Abs. 7 Satz 2 und 3 FamFG zu Recht eine Gesamtvergütung von 1.100 € festgesetzt, also pro Kind jeweils 550 €.

1. Gemäß § 158 Abs. 1 FamFG hat das Gericht dem minderjährigen Kind in [X.], die seine Person betreffen, einen geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. Nach Abs. 4 dieser Norm hat der Verfahrensbeistand das Interesse des Kindes festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat das Kind über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren. Soweit nach den Umständen des Einzelfalls ein Erfordernis besteht, kann das Gericht gemäß § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG dem Verfahrensbeistand die zusätzliche Aufgabe übertragen, Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes zu führen sowie am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken. Ausweislich § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG erhält der Verfahrensbeistand für die Wahrnehmung seiner Aufgaben nach Abs. 4 in jedem Rechtszug jeweils eine einmalige Vergütung in Höhe von 350 €, wenn die [X.]chaft berufsmäßig geführt wird. Im Falle der Übertragung von Aufgaben nach Abs. 4 Satz 3 FamFG erhöht sich die Vergütung auf 550 €. § 158 Abs. 7 Satz 4 FamFG regelt schließlich, dass die Vergütung auch Ansprüche auf Ersatz anlässlich der [X.]chaft entstandener Aufwendungen sowie auf die Vergütung anfallender Umsatzsteuer abgilt.

a) Eine ausdrückliche Regelung, wie die Vergütung des [X.] zu bemessen ist, wenn dieser für mehrere Kinder bestellt ist, enthält § 158 FamFG nicht. Es entspricht jedoch einhelliger Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur, dass die Fallpauschale für jedes Kind, für das der Verfahrensbeistand bestellt ist, anfällt ([X.], 1181 f.; [X.], 1182; [X.] FamRZ 2010, 1003; [X.] FamRZ 2010, 666; [X.] Beschluss vom 20. Mai 2010 - 11 [X.] - juris [Leitsatz]; [X.] Beschluss vom 28. April 2010 - 11 [X.]. 6; OLG Saarbrücken Beschluss vom 13. April 2010 - 9 WF 28/10 - juris Rdn. 9; [X.] Beschluss vom 22. März 2010 - 2 WF 19/10 - n.v.; [X.] 2009, 68, 74; [X.]/[X.] FamFG 16. Aufl. § 158 Rdn. 47; [X.]/[X.]/[X.] Familienrecht 5. Aufl. § 158 Rdn. 29; Prütting/[X.]/[X.] FamFG § 158 Rdn. 32; Meysen/[X.] FamFG § 158 Rdn. 34; Bahrenfuss/[X.] FamFG § 158 Rdn. 17; Thesen der [X.] und 11 des 18. [X.], [X.] Schriften zum Familienrecht 2010, [X.] und 119).

b) Der Senat folgt dieser Auffassung.

aa) Schon der Wortlaut des § 158 FamFG legt nahe, dass sich die in Absatz 7 Satz 2 und 3 FamFG geregelte Pauschalgebühr jeweils auf die [X.]chaft für ein Kind bezieht. In Abs. 1 dieser Vorschrift heißt es, dass das Gericht "dem minderjährigen Kind" einen geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen hat. Ausweislich § 158 Abs. 4 Satz 1 FamFG hat der Verfahrensbeistand "das Interesse des Kindes" festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Das bisweilen von den [X.]en hiergegen vorgebrachte Argument, den zitierten Passagen lasse sich keine zahlenmäßige Einschränkung auf nur ein Kind entnehmen, vielmehr seien hier nur Regelungen in Bezug auf das Verhältnis zwischen dem Verfahrensbeistand und dem Kind als Verfahrensbeteiligter getroffen, ist nicht überzeugend.

bb) Dass der Gesetzgeber mit der Norm des § 158 Abs. 7 FamFG die Vergütung der [X.]chaft jeweils nur auf das Verfahren und nicht auf die betroffenen Kinder beziehen wollte, ist den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen.

Mit der konkreten Fragestellung hat sich der Gesetzgeber - soweit aus den Gesetzesmaterialien ersichtlich - nicht befasst. Zwar hat er sich bei der Einführung der Fallpauschale durch das FamFG auch von fiskalischen Interessen leiten lassen. Andererseits war es dem Gesetzgeber ein Anliegen, dem Verfahrensbeistand eine auskömmliche Vergütung zu gewährleisten. Dies zeigt nicht zuletzt die nachträglich erfolgte Ergänzung des § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG, wonach der Verfahrensbeistand für seine Tätigkeit "in jedem Rechtszug" jeweils eine einmalige Gebühr erhält.

(1) Zutreffend weisen die Vertreter der Staatskasse zwar darauf hin, dass der Gesetzgeber die Fallpauschale für den Verfahrensbeistand deshalb eingeführt hat, um die Belastung der [X.] in kalkulierbaren Grenzen zu halten (vgl. BT-Drucks. 16/9733 [X.]).

Richtig ist auch, dass sich die Vergütung des [X.] nach dem Willen des Gesetzgebers an den entsprechenden [X.] für einen in einer Kindschaftssache tätigen Rechtsanwalt orientieren, sie jedenfalls nicht übertreffen soll (s. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 23. Juni 2008 BT-Drucks. 16/9733 [X.] unter Hinweis auf die Stellungnahme des Bundesrates vom 6. Juli 2007 [X.]. 309/07 S. 62). Daraus lässt sich entgegen der Auffassung der Vertreter der Staatskasse aber nicht zwingend auf eine entsprechende Anwendung des § 7 Abs. 1 RVG schließen, wonach ein Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit die Gebühren nur einmal erhält, (auch) wenn er für mehrere Auftraggeber tätig wird. Vielmehr lässt sich die Gesetzesbegründung auch dahin verstehen, dass sich nur die Höhe der einzelnen Fallpauschale an den anwaltlichen Gebühren orientieren soll, nicht jedoch die mögliche Gesamtvergütung (so [X.] Beschluss vom 22. März 2010 - 2 WF 19/10 - n.v.).

(2) Ausweislich der Gesetzesmaterialien war die Neuordnung der Vergütung aber auch von dem Gedanken getragen, dass eine auskömmliche Vergütung des [X.] verfassungsrechtlich geboten sei. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des [X.] hat der Rechtsausschuss ausgeführt, der "Verfahrenspfleger" dürfe nicht durch eine unzureichende Vergütung davon abgehalten werden, die für eine effektive, eigenständige Interessenvertretung des Kindes im Verfahren erforderlichen Einzeltätigkeiten zu entfalten (BT-Drucks. 16/9733, [X.]). Den Vorschlag des [X.], für die - ursprünglich unter Verweis auf § 277 FamFG erwogene - aufwandsbezogene Vergütung des [X.] eine Höchstgrenze vorzusehen, hat der Rechtsausschuss abgelehnt, weil ein solches Vergütungssystem dem Verfahrensbeistand keine Mischkalkulation aus einfach und komplex gelagerten Fällen eröffne und zu einer unzureichenden Vergütung im Sinne der Rechtsprechung des [X.] führen könnte. Zudem verbliebe bei dieser Vergütungsform weiterhin - wie nach geltendem Recht - ein hoher Abrechnungs- und Kontrollaufwand (BT-Drucks. 16/9733 [X.]).

(3) Schließlich hat der Gesetzgeber das FamFG gegen den - ursprünglichen - Widerstand des Bundesrates durch das [X.] im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009 ([X.] I S. 2449) dahin ergänzt, dass die Pauschalvergütung des [X.] nach § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG nunmehr für jeden Rechtszug zu bewilligen ist (siehe Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 22. April 2009 BT-Drucks. 16/12717 [X.], 61). Dazu wurde in der [X.]itzung vom 15. Mai 2009 ausgeführt, nur eine angemessene Vergütung sichere eine engagierte Vertretung des Kindes, die gerade in hochstreitigen Fällen notwendig sei, um das Kind zu schützen ([X.]protokoll Nr. 858 vom 15. Mai 2009 S. 229).

cc) Auch eine teleologische Auslegung des § 158 FamFG spricht für eine gesonderte Vergütung der jeweiligen [X.]chaft.

Es entspräche nicht dem Sinn und Zweck des § 158 FamFG, der dem minderjährigen Kind in [X.] einen effektiven Verfahrensbeistand zur Seite stellen will, durch eine restriktive Kostenregelung dessen Aufgabenwahrnehmung zu erschweren oder gar zu verhindern. Hinzu kommt, dass bei der Beteiligung mehrerer Kinder nach § 158 FamFG für jedes Kind ohnehin ein gesonderter Verfahrensbeistand bestellt werden kann, mit der Folge, dass jeder Verfahrensbeistand für seine Tätigkeit die entsprechende Vergütungspauschale abrechnen kann ([X.], 1182).

Dasselbe muss dann aber auch gelten, wenn ein Verfahrensbeistand für mehrere Kinder bestellt wird. Dem steht § 43 a Abs. 4 [X.] nicht entgegen, wonach ein Rechtsanwalt keine widerstreitenden Interessen vertreten darf. In § 3 Abs. 1 der Berufsordnung der Rechtsanwälte heißt es hierzu u. a., dass der Rechtsanwalt nicht tätig werden darf, wenn er eine andere [X.] in derselben Rechtssache im widerstreitenden Interesse bereits beraten oder vertreten hat. Soweit die Vertreter der Staatskasse hieraus herleiten, dass auch im Falle widerstreitender Interessen der Geschwisterkinder nicht ein und derselbe Verfahrensbeistand bestellt werden könne, verkennen sie, dass die vorgenannten Normen auf die [X.]chaft nicht, auch nicht sinngemäß anzuwenden sind. Im Kindschaftsverfahren wären "[X.]" nicht die jeweiligen Geschwisterkinder, sondern regelmäßig die Eltern bzw. das Jugendamt; insoweit geht es um die Frage, welche Sorge- bzw. Umgangsregelung im Verhältnis der Eltern zueinander bzw. im Verhältnis der Eltern zum Jugendamt unter [X.] die sinnvollste ist. Dagegen stehen sich die Geschwisterkinder in einem Kindschaftsverfahren regelmäßig nicht als Widerpart gegenüber. Zwar mögen die Kinder unterschiedliche Vorstellungen oder Interessen haben. Diese stehen aber nicht zwingend in einem Interessenwiderspruch zueinander. Gleichwohl mag es Fälle geben, in denen es aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls geboten ist, jedem Kind einen eigenen Verfahrensbeistand zu bestellen.

dd) Jedenfalls eine verfassungskonforme Auslegung des § 158 FamFG führt zu dem Ergebnis, dass die Vergütung für jede [X.]chaft gesondert zuzusprechen ist. Wie oben bereits ausgeführt, kam es dem Gesetzgeber aus verfassungsrechtlichen Gründen darauf an, eine auskömmliche Vergütung des [X.] sicherzustellen, um zu verhindern, dass er durch eine unzureichende Vergütung davon abgehalten werde, die für eine effektive, eigenständige Interessenvertretung des Kindes im Verfahren erforderlichen Einzeltätigkeiten zu entfalten (vgl. BT-Drucks. 16/9733 [X.]). Würde man § 158 FamFG jedoch dahin auslegen, dass die Vergütung lediglich für das Verfahren als solches anfällt, unabhängig davon, wie vielen Kindern ein Verfahrensbeistand bestellt worden ist, wäre diesen vom Gesetzgeber aufgestellten, auf die Rechtsprechung des [X.] Bezug nehmenden Kriterien nicht (mehr) hinreichend Rechnung getragen.

(1) Das [X.] hat in seiner Entscheidung vom 9. März 2004 ([X.], 1267, 1269) ausgeführt, Maßstab für den Umfang der Tätigkeit eines Verfahrenspflegers und damit auch den seines Vergütungsanspruchs sei die Erkundung und Wahrnehmung des kindlichen Interesses. Daraus folge, dass eine Vergütungspraxis mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar sei, die dem Verfahrenspfleger nicht ermögliche, die Interessen der von ihm vertretenen Kinder zu deren Grundrechtsverwirklichung im Verfahren wahrzunehmen. Es sei einem Verfahrenspfleger weder zumutbar, im Rahmen der ihm übertragenen Pflegschaft seine Tätigkeit so einzuschränken, dass sie mangels ausreichender Wahrnehmung der Interessen des Kindes das Recht verletze, noch sei es ihm zumutbar, Tätigkeiten unentgeltlich zu erbringen, um einen den Grundrechten des Kindes gerecht werdenden verfassungsrechtlich gebotenen Standard der Kindesvertretung zu gewährleisten ([X.] [X.], 1267, 1269). Zudem verpflichte das Persönlichkeitsrecht des von einem sorgerechtlichen Verfahren betroffenen Kindes aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG dazu, auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht Vorkehrungen zu treffen, um eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu ermöglichen. Würden dem Verfahrenspfleger die für eine solche Vertretung der "subjektiven Interessen" des Kindes erforderlichen Tätigkeiten nicht vergütet, würde sein Einsatz zur Wahrung der Kindesinteressen ineffektiv und entspräche nicht dem mit ihm bezweckten Schutz der Rechte der betroffenen Kinder ([X.] [X.], 1267, 1270).

(2) Eine restriktive Auslegung des § 158 FamFG trägt die Gefahr in sich, dass den vorstehend genannten Anforderungen auch unter Berücksichtigung einer Mischkalkulation nicht mehr hinreichend Rechnung getragen wird.

Dabei kann dahin stehen, ob die Pauschalvergütung ausreichend ist, wenn es sich um die Bestellung des [X.] für nur ein Kind handelt. Dies wird in Teilen der Literatur bestritten ([X.] 2009, 410, 412; [X.] 2009, 196, 200 unter Hinweis auf die Verlautbarung der "[X.]", wonach im Rahmen der Verfahrenspflegschaft bislang durchschnittliche Kosten in Höhe von 800 € pro Fall angefallen seien; [X.] FF 2009, 269, 279; [X.] FPR 2009, 331, 332; [X.] 2010, 135, 139; vgl. auch [X.] 2009, 68, 73, der unter Hinweis auf die zum alten Recht ergangenen Entscheidungen aufzeigt, dass in den hochstreitigen Fällen Verfahrenspflegerentschädigungen von mehr als 1.000 € keine Seltenheit waren). Das [X.] hat hierzu erwogen, dass man unzulängliche Einnahmen durch ein mehrfaches Entstehen der Fallpauschale für Geschwisterkinder im Rahmen einer Mischkalkulation ausgleichen könnte ([X.] FamRZ 2010, 185).

Jedenfalls dann, wenn der Verfahrensbeistand auch im Falle einer [X.] nur eine Pauschalgebühr erhielte, wäre eine auskömmliche Vergütung nicht mehr sichergestellt. Ist der Verfahrensbeistand für mehrere Kinder bestellt, hat er die Interessen jedes einzelnen Kindes festzustellen und zur Geltung zu bringen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Interessen unterschiedlich sind und sich möglicherweise sogar widersprechen. Der Verfahrensbeistand mag eine gewisse Zeitersparnis haben, wenn er die Kinder in einem Haushalt, in Einzelfällen auch gemeinsam anhören kann. Dies ist jedoch nicht immer gewährleistet; nicht selten leben die Kinder an unterschiedlichen Orten. Den wesentlichen Aufwand verwendet der Verfahrensbeistand jedoch ohnehin auf die Ermittlung der besonderen Bedürfnisse und des Willens des einzelnen Kindes, wobei es insbesondere bei Kindern deutlich unterschiedlichen Alters regelmäßig erhebliche Abweichungen gibt. Eine auskömmliche Vergütung des [X.] wird daher auch nicht immer mittels einer Mischkalkulation aus einfachen und schwierigen Fällen sichergestellt werden können. Zum einen wird der Verfahrensbeistand häufig in einfach gelagerten Fällen erst gar nicht bestellt werden ([X.] 2009, 68, 73). Zum anderen würden bei der Gewährung lediglich einer Vergütungspauschale im Falle der [X.] den "leichten" Verfahren nicht lediglich die "schwierigen" gegenüberstehen, sondern auch die - jedenfalls quantitativ - aufwändigen Fälle, in denen mehrere Kinder zu beteiligen sind.

2. Das Beschwerdegericht hat zudem zu Recht entschieden, dass der Umstand, dass die Rechtsbeschwerdegegnerin erst mit der Wahrnehmung ihrer Aufgaben begonnen hat, dem Vergütungsanspruch nicht entgegensteht.

a) Da sich der Gesetzgeber für eine pauschalierte Vergütung des [X.] und damit gegen eine aufwandsbezogene Entschädigung im Sinne von § 277 FamFG entschieden hat, ist es für das Entstehen der Vergütungspauschale unerheblich, in welchem Umfang der Verfahrensbeistand bereits tätig geworden ist. Folge der vom Gesetzgeber in den Blick genommenen Mischkalkulation ist, dass der Verfahrensbeistand in unkomplizierten Angelegenheiten genauso viel verdient wie in langwierigen und schwierigen [X.]. Dies führt im Einzelfall zu Ergebnissen, in denen die Vergütung für sich gesehen nicht angemessen erscheinen mag (verfassungsrechtliche Bedenken äußert deshalb etwa [X.] 2009, 410, 411 ff.; s. auch [X.] 2009, 68, 72; [X.] FF 2009, 269, 279). Zutreffend weist das Beschwerdegericht aber darauf hin, dass Voraussetzung für den [X.] nicht der Abschluss des jeweiligen [X.] ist. Der Anspruch entsteht vielmehr in dem Moment, in dem der Verfahrensbeistand mit der Wahrnehmung seiner Aufgaben nach Absatz 4 (s. § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG) begonnen hat. Das bedeutet zwar, dass allein die Entgegennahme des [X.] für das Bestehen der Vergütungspauschale nicht ausreichend ist. Es genügt jedoch, dass der Verfahrensbeistand in irgendeiner Weise im Kindesinteresse tätig geworden ist ([X.] Beschluss vom 20. Mai 2010 - 11 [X.] - juris [Leitsatz]).

Anders verhält es sich im Übrigen auch nicht mit der Verfahrensgebühr des Rechtsanwalts. Diese entsteht bereits dann, wenn er von einer [X.] zum Verfahrensbevollmächtigten bestellt worden ist und eine unter die Verfahrensgebühr fallende Tätigkeit ausgeübt hat, also im Regelfall mit der Entgegennahme der ersten Information ([X.] Beschluss vom 19. Februar 2010 - 6 UF 29/10 - n.v.; s. auch [X.] 40. Aufl. [X.] Rdn. 13).

b) Vorliegend hat die Rechtsbeschwerdegegnerin nach den Feststellungen des [X.] bereits mit ihren Ermittlungen begonnen. Dem vom Gericht in Bezug genommenen Bericht der Rechtsbeschwerdegegnerin ist im Einzelnen zu entnehmen, dass sie zunächst mit dem Kindesvater telefoniert hat. Nachdem er ihr mitgeteilt habe, dass die Familie nach [X.] verzogen sei, habe sie die zuständige Mitarbeiterin des [X.] in Kenntnis gesetzt. Diesen Sachstand hat die Rechtsbeschwerdegegnerin wiederum dem Gericht mitgeteilt. Auch wenn sie danach (noch) keinen Kontakt zu den Kindern aufgenommen hat, hat sie jedoch mit der Wahrnehmung der ihr übertragenen Aufgaben begonnen.

Schließlich hat das Beschwerdegericht zutreffend darauf hingewiesen, dass das Kindschaftsverfahren vorliegend noch nicht abgeschlossen ist, weshalb weitere Tätigkeiten des [X.] noch in Betracht kommen.

[X.]     

        

Dose     

        

Klinkhammer

        

Schilling     

        

Günter     

        

Meta

XII ZB 268/10

15.09.2010

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Frankfurt, 19. Mai 2010, Az: 5 UF 139/10, Beschluss

§ 158 Abs 7 S 2 FamFG, § 158 Abs 7 S 3 FamFG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.09.2010, Az. XII ZB 268/10 (REWIS RS 2010, 3395)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3395

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