Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.09.2002, Az. 2 BGs 513/02

Ermittlungsrichter | REWIS RS 2002, 1761

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[X.] Ermittlungsrichter2 [X.] 513/20022 [X.]10/02-[X.] S Svom 3. September 2002in dem [X.] der Mitgliedschaft in einer terroristischen [X.] § 129 a Abs. 1 StGBh i e r :Gegenvorstellung der [X.] gegen Eilanordnungen des [X.] nach § 100 b Abs. 1 Satz 2 StPObetroffene [X.]:[X.]und [X.] Auf die Gegenvorstellung A.-GmbH wird festgestellt,daß die Beschlüsse des [X.] des [X.] vom15. April 2002 - [X.]. 2 [X.] 152 und 153/2002 - und die Eilanordnungen [X.] vom 12. April 2002gegenstandslos sind .- 2 -G r ü n d e :1.Die A.-GmbH (künftig: A.) wendet sich mit [X.] auf richterliche Entscheidung nach § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO analoggegen zwei vom [X.] am 12. April 2002 gemäß § 100 bAbs. 1 Satz 2 StPO angeordnete Eilentscheidungen.Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:Mit Beschlüssen vom 7. Januar 2002 ordnete der Ermittlungsrichter des[X.] die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommu-nikation bezüglich zweier [X.] von Kunden des [X.](künftig: B.) mitder Vorwahlkennung 01 ... für die Dauer von drei Monaten an. Die Anord-nungen wurden mit Beschlüssen vom 5. April 2002 bis zum 8. Juli 2002 ver-längert. Als Netzbetreiberin war in den Anordnungen jeweils die B. benannt. Zur Sicherung der lückenlosen Schaltung der Überwachungs-maßnahme übersandte der [X.] die Verlängerungsbe-schlüsse vom 5. April 2002 per Fax vorab an die B.. Außerdemübermittelte er die Anordnung - ebenfalls per Fax - an die A., dieRoaming-Partnerin der B. ist. Die Originalausfertigungen [X.] sandte der [X.] innerhalb der [X.] § 12 Abs. 2 Satz 2 [X.] jedoch nur an die B., nicht [X.] die A.. Diese schaltete daraufhin unter Hinweis auf § 12 Abs. 2Satz 2 [X.] die von ihr für ihren Netzbereich bisher durchgeführte Überwa-chung der Anschlüsse am 12. April 2002 ab. Noch am selben Tag erließ der- 3 -[X.] die beanstandeten Eilanordnungen, mit welchen erdie Überwachung der vorgenannten [X.] durch die A.als - weitere - Netzbetreiberin anordnete, um diese zur umgehenden Wie-deraufnahme der Schaltung der Überwachungsmaßnahme zu veranlassen.Die Eilanordnungen wurden mit Beschlüssen des [X.] des[X.] vom 15. April 2002 bestätigt.Die Antragstellerin sieht sich durch die Eilanordnungen des [X.] in ihren Rechten aus § 12 Abs. 2 Satz 2 [X.] verletzt.Der [X.] tritt dem Antrag mit der Begründung entgegen, inden Fällen des [X.] reiche die (rechtzeitige) Übermittlung der Überwa-chungsanordnungen an den [X.] (hier: die B.) aus.2.Die Eingabe der A. ist als Gegenvorstellung gegen die die Eilanord-nungen des [X.]s bestätigenden Beschlüsse des Ermitt-lungsrichters des [X.] vom 15. April 2002 zulässig. [X.] Entscheidung gemäß § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO analog kommtnicht in Betracht, da bereits vor Antragstellung durch die A. die rich-terliche Bestätigung der Eilanordnungen des [X.]s gemäߧ 100 b Abs. 1 Satz 3 StPO erfolgt war. Der Antrag ist mithin prozessualüberholt. Da die Beschlüsse des [X.] des Bundesgerichtsho-fes vom 15. April 2002 nach § 304 Abs. 4 und 5 StPO mit der Beschwerdenicht anfechtbar sind ([X.] 1998, 738 und NStZ 2001,389; [X.]/[X.] StPO 45. Aufl. § 100 b Rdn. 10; a.[X.] KK 3. Aufl. § 100 b Rdn. 11), ist die Eingabe der A. unabhängig von- 4 -deren Bezeichnung (§ 300 StPO) als Gegenvorstellung zu behandeln (vgl.[X.] in [X.]. vor § 296 Rdn. 82).Der Rechtsbehelf hat Erfolg.Die Abschaltung der Überwachungsmaßnahmen durch die [X.] von § 12 Abs. 2 Satz 2 der [X.] - [X.] - vom 22. Januar 2002 ([X.]) gedeckt. [X.] beanstandeten Eilanordnungen war die Antragstellerin nicht zur Fortfüh-rung der Schaltung verpflichtet.Nach § 12 Abs. 2 Satz 2 [X.] hat der zur Umsetzung einer Telekommuni-kationsüberwachung Verpflichtete die aufgrund einer vorab übersandtenFaxkopie eingeleiteten Maßnahmen wieder abzuschalten, sofern ihm [X.] oder eine beglaubigte Abschrift der Anordnung nicht binnen dreierTage nach Übermittlung der Faxkopie der Anordnung vorgelegt wird. [X.] und Pflichten gelten entgegen der Auffassung des [X.] auch für solche Mobilfunkbetreiber, die im Wege des [X.] zu ihren Netzen ermöglichen.Das Roaming ermöglicht, daß ein Mobilfunkteilnehmer auch außerhalb [X.] des Netzes seines Vertragspartners in Netzen anderer Mobil-funkbetreiber unter einer einheitlichen Rufnummer erreichbar ist und anrufenkann, ohne selbst mit den weiteren Netzbetreibern in Vertragsbeziehungtreten zu müssen. Rechtlich setzt das Roaming eine Vereinbarung zwischendem Netzbetreiber, der seinen Kunden ein Roaming - also eine "Netzerwei-terung" - ermöglichen will, und dem oder den Betreibern derjenigen Netze, indenen ein Roaming ermöglicht werden soll, voraus. Eine solche [X.] zwischen den Netzbetreibern läßt jedoch deren vertragliche- 5 -Beziehungen zu ihren jeweiligen Kunden unberührt (vgl. Mestmäk-ker/[X.] in Netzwettbewerb, Netzzugang und "Roaming" im [X.] 14 und 15). Ein derartiges - nationales - [X.] bestehtzwischen B. und A. seit Mai 1999. Seither können B.-Kunden - so auch die hier zu überwachenden [X.] -mit der von B. ausgegebenen Mobilfunknummer auch das Netz der A. nutzen, ohne mit dieser eine Vertragsbeziehung einzugehen. ImRahmen der [X.] hat es A. auch übernommen, in-nerhalb des von ihr betriebenen Netzes Überwachungsmaßnahmen von B.-Kunden durchzuführen.Obwohl in den Fällen des [X.] ein Mobilfunkteilnehmer auf Netze meh-rerer Mobilfunkbetreiber Zugriff nehmen kann, bedarf es gleichwohl gemäߧ 100 b Abs. 2 StPO nur einer Überwachungsanordnung, da der zu überwa-chende Beschuldigte oder [X.] lediglich einen Mobilfunkan-schluß in Gestalt der ihm vom [X.] zugewiesenen [X.] (vgl. [X.] 4. Aufl. § 100 a Rdn. 1). Diese Anordnung [X.] alle [X.] ab, zu denen dem Betroffenen über die in der [X.] angegebene Mobilfunknummer oder Kennung ein Zugang ermög-licht wird.Wer zur Mitwirkung bei der Umsetzung dieser Überwachungsanordnungverpflichtet ist, ergibt sich aus § 100 b Abs. 3 Satz 1 StPO und ist wegen [X.] des Gesetzes einer abweichenden Regelung durch die [X.]nicht zugänglich (vgl. [X.] in [X.], 207, 208). Nach § 100 b Abs. 3Satz 1 StPO ist in den Fällen des [X.] jedoch nicht nur der [X.] verpflichtet, die Umsetzung der Überwachungs-maßnahme zu ermöglichen, sondern diese Pflicht trifft unmittelbar auch [X.], die aufgrund eines [X.]s dem [X.] 6 -ber den Zugang zu ihren Netzen ermöglichen. Diese sind nicht lediglich"Erfüllungsgehilfen" des [X.]s (etwa im Sinne des § 5 Abs. 2[X.]), wie dies der [X.] meint. Vielmehr erbringen auchRoaming-Partner geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste im Sinne des§ 100 Abs. 3 Satz 1 StPO.Das geschäftsmäßige Erbringen von Telekommunikationsdiensten wird in§ 3 Nr. 5 TKG definiert als das nachhaltige - gemeint ist damit das auf einegewisse Dauer angelegte (vgl. [X.] in [X.]. 2. Aufl. § 3Rdn. 8 und § 87 Rdn. 11) - Angebot von Telekommunikation einschließlichdes Angebots von Übertragungswegen für Dritte mit oder ohne Gewinner-zielungsabsicht. Adressat der Verpflichtung aus § 100 Abs. 3 Satz 1 StPO istdaher jeder, der einem Dritten, unabhängig davon, ob er zu diesem in [X.] steht, die Nutzung der von ihm im Sinne des § 3 Nr. 5 [X.] ermöglicht. Bei [X.], die in ihrem Netzbereich aufgrund eines Abkommens ein Roaminggestatten, liegen diese Voraussetzungen vor.Dies hat zur Folge, daß auch diesen Mobilfunkbetreibern zur Durchsetzungder Überwachungsmaßnahmen die schriftlichen Anordnungen direkt mitge-teilt werden müssen. Bei [X.] in Eilfällen sind die [X.] - nunmehr nach Maßgabe der Regelung in § 12 Abs. 2 [X.]- nachzureichen (vgl. für den Rechtszustand vor Inkrafttreten der [X.]:[X.] § 100 b Rdn. 3). Die Antragstellerin hat sich deshalb zu Recht auf ihreRechte und Pflichten aus § 12 Abs. 2 [X.] berufen, nachdem ihr die Origi-nalausfertigungen der Beschlüsse vom 5. April 2002 nicht rechtzeitig zuge-leitet worden waren.Die Eilanordnungen des [X.]s waren nicht geeignet, [X.] zur Fortführung der Schaltung zu verpflichten. Der [X.] 7 -stellerin oblag nämlich bereits aufgrund der richterlichen Anordnungen vom5. April 2002 die Pflicht, für die Umsetzung der [X.] zu tragen. Gegenüber den richterlichen Anordnungen enthielten [X.] des [X.]s keinen eigenständigen Re-gelungsgehalt im Sinne des § 100 a StPO und konnten deshalb keineRechtswirkung mehr entfalten; sie waren vielmehr gegenstandslos. [X.] Sicherstellung formaler Anforderungen können Eilentscheidungen ge-mäß § 100 b Abs. 1 Satz 2 StPO nicht ergehen. Die Übermittlung der Origi-nalausfertigungen der [X.] vermochten sie deshalbnicht zu ersetzen.3.Dem [X.] ist allerdings zuzugeben, daß nicht ohne [X.] zu erkennen ist, ob über einen [X.] nur der Zugang [X.] des - derzeit noch aus der Vorwahlkennung ersichtlichen - Anschluß-anbieters eröffnet oder ob darüber hinaus ein Roaming in anderen Netzenermöglicht wird. Um die angeordnete Überwachung eines Anschlusses lük-kenlos bei allen betroffenen [X.] zu gewährleisten, dürfte in Er-mangelung einer entsprechenden Regelung im [X.] in der Telekommunikations-Überwachungsverordnung eine aus § 100Abs. 3 Satz 1 StPO herzuleitende Pflicht des [X.]s bestehen,die Ermittlungsbehörden nach Eingang einer Überwachungsanordnung um-gehend über [X.]en in Kenntnis zu setzen.[X.] Richterin am [X.]

Meta

2 BGs 513/02

03.09.2002

Bundesgerichtshof Ermittlungsrichter

Sachgebiet: BGs

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.09.2002, Az. 2 BGs 513/02 (REWIS RS 2002, 1761)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 1761

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