Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.06.2005, Az. V ZR 225/04

V. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 3169

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04 Verkündet am: 10. Juni 2005 K a n i k, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

- 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Juni 2005 durch den Vizepräsidenten des [X.] Dr. [X.], [X.] und [X.], die Richterin [X.] und [X.] Czub für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten und ihres Streithelfers wird das Urteil der 5. Zivilkammer des [X.] vom
21. Oktober 2004 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der dem Streithelfer entstandenen Kosten, an das Berufungs-gericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand:
Die Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 erwarben mit von dem Streithelfer der Beklagten beurkundeten notariellen Verträgen vom 27. bzw. 26. November 1997 je eine Eigentumswohnung in einer noch zu errichtenden Wohnanlage in [X.] war eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, der die Beklagten angehören. In den Kaufverträgen und in der Teilungserklärung sind die Flurstücke, an denen die Kläger Miteigentum erwerben sollten, mit insge-samt 2.786 qm angegeben. - 3 -
[X.] lief in dem Baugebiet ein Umlegungsver-fahren nach dem Baugesetzbuch. Dies führte dazu, daß sich nach rechtskräfti-gem Abschluß des [X.] die Flächengröße des Grundstücks durch Abtrennung von Parkplätzen um 251 qm verringerte. Im [X.] dies 1998 vermerkt.
Die Kläger nehmen die Beklagten auf eine anteilige Rückzahlung des auf den Grund und Boden entfallenden Kaufpreises in Anspruch. Das Amtsge-richt hat die Klage abgewiesen, das [X.] hat ihr in dem geltend ge-machten Umfang, 2.578,66 • nebst Zinsen zugunsten der Kläger zu 1 und 2.396,25 • nebst Zinsen zugunsten der Klägerin zu 2, stattgegeben. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision erstreben die Beklagten und de-ren Streithelfer die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Beklagten, als Gesellschaf-ter der Verkäuferin, hätten ihre Verpflichtung, entsprechende Miteigentumsan-teile an einem 2.786 qm großen Grundstück zu übertragen, teilweise, nämlich wegen der Mindergröße von 251 qm, nicht erfüllen können. Darin liege ein Rechtsmangel. Dieser beruhe auf einem von keiner der Kaufvertragsparteien zu vertretenden Umstand, so daß sich der Kaufpreisanspruch der Verkäuferin mindere (§§ 440 Abs. 1, 323 Abs. 1 [X.] a.F.) und die Kläger eine Überzah-lung nach § 323 Abs. 3 [X.] a.F. zurückfordern könnten. Der Anspruch sei - 4 - nicht nach § 439 Abs. 1 [X.] a.F. ausgeschlossen. Die Kläger hätten von der Reduzierung der Grundstücksfläche keine Kenntnis gehabt. Sie seien insbe-sondere nicht von dem Streithelfer der Beklagten darüber aufgeklärt worden. Auch wenn man den Vortrag der Beklagten dazu zugrunde lege, so sei nur von einem - nicht ausreichenden - Hinweis darauf auszugehen, daß Grundstücks-flächen aufgrund des Umlegungsbeschlusses an die Stadt fielen. Über den konkreten Umfang der Reduzierung, die bei [X.] habe, besage dieser Hinweis aber nichts. Gemessen an dem Anteil des Kaufpreises, der auf Grund und Boden entfalle (15 %), wirke sich eine Redu-zierung der Fläche um 251 qm in dem zuerkannten Umfang aus. I[X.] Diese Ausführungen halten den Angriffen der sowohl von den Beklagten als auch von dem Streithelfer verfolgten Revision nicht stand.
1. Der Ausgangspunkt des [X.], daß der geltend gemach-te Anspruch nach § 323 Abs. 3 [X.] a.F. begründet sein kann, wenn die Größe des Kaufgrundstücks, an dem die Verkäuferin Miteigentumsanteile hat [X.] sollen, hinter dem vereinbarten zurückbleibt, weil ein Teil im Eigentum eines Dritten steht, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Dabei ist unerheb-lich, ob das Erfüllungshindernis einen Rechtsmangel im Sinne des § 434 [X.] a.F. darstellt (so z.B. die ältere Lehrbuchliteratur, vgl. [X.], [X.], 13. Aufl., § 40 II b; [X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 4 III/4; siehe auch [X.][X.], 3. Aufl., § 434 Rdn. 13) oder ob es sich dabei - was näher liegt - um einen Fall der Nichterfüllung, hier der Teilnichterfüllung, handelt (vgl. Soergel/[X.], [X.], 12. Aufl., § 434 Rdn. 32, [X.], NJW 1991, 889; siehe auch Senat, Urt. v. 20. Dezember 1996, [X.], NJW - 5 - 1997, 938). Denn in jedem Fall ergibt sich die Rechtsfolge aus §§ 440 Abs. 1, 323 [X.] a.F.
2. Keinen Erfolg hat die Revision auch mit dem Vorbringen der Beklag-ten, Gegenstand der Kaufverträge sei kraft Gesetzes das im Zuge der Umle-gung gebildete Grundstück mit der entsprechend verringerten Flächengröße. Zwar ist es richtig, daß nach § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.] die im Wege der Umle-gung zugeteilten Grundstücke nicht nur hinsichtlich der dinglichen Rechte an die Stelle der alten Grundstücke treten, sondern auch hinsichtlich der diese Grundstücke betreffenden Rechtsverhältnisse. Das bedeutet aber nicht, daß sich der Inhalt der in dem Kaufvertrag übernommenen Verpflichtungen geän-dert hätte. Eine solche Änderung hätte im [X.] nach § 61 Abs. 1 [X.] erfolgen können. Soweit Rechte oder Rechtsverhältnisse hinge-gen unverändert übergehen und infolge der im [X.] getroffenen Regelungen nicht mehr ausübbar oder gegenstandslos werden, sind hierdurch entstehende Ansprüche eines Berechtigten zwischen ihm und dem (bisher) Verpflichteten privatrechtlich außerhalb des [X.] zu regeln ([X.]/[X.]/[X.][X.], [X.], [X.]., Stand Mai 2001, § 63 Rdn. 3; vgl. auch [X.]/[X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 63 Rdn. 4). Dem ent-spricht die hier vorliegende Konstellation.
3. Berechtigt ist demgegenüber die Rüge der Revision, das Berufungs-gericht habe den Vertragsinhalt fehlerhaft ermittelt. Zwar ist die Auslegung ei-nes individuellen Vertrages in erster Linie Sache des Tatrichters. Das [X.] kann sie jedoch darauf überprüfen, ob materielles (z.B. §§ 133, 157 [X.]) oder formelles (z.B. § 286 ZPO) Recht verletzt worden ist (st.Rspr. des - 6 - [X.], vgl. Urt. v. 11. März 1996, [X.], NJW-RR 1996, 932; Urt. v. 18. September 1997, [X.], NJW 1998, 1144, 1145, jew.m.w.[X.]).
Vorliegend macht die Revision zu Recht geltend, daß das Berufungsge-richt den Auslegungsstoff nicht vollständig berücksichtigt und damit gegen die Grundsätze der §§ 133, 157 [X.] verstoßen hat. Es hat nämlich den unter [X.] gestellten Vortrag der Beklagten, der Streithelfer habe die Kläger bei der Beurkundung auf die Bedeutung des [X.] und die damit ver-bundene Reduzierung der Grundstücksflächen aufmerksam gemacht, nur unter dem Gesichtspunkt des § 439 Abs. 1 [X.] a.F., nämlich dahin berücksichtigt, ob daraus auf eine positive Kenntnis der Kläger von dem (angenommenen) Rechtsmangel geschlossen werden kann. Zu prüfen wäre aber gewesen, ob ein solcher Hinweis nicht Einfluß auf den Inhalt der vertraglichen Einigung [X.] hat. Wenn die Parteien, von dem Notar entsprechend unterrichtet, wissen, daß das [X.] zu einer Flächenreduzierung des Kaufgrund-stücks führt, dann liegt es nicht fern, daß sie diesem Umstand den Kaufvertrag anpassen und die Übereignungsverpflichtung auf die Fläche beschränken, die das Grundstück nach Abschluß des [X.] haben wird. Schon aus diesem Grund kann das Urteil mit der gegebenen Begründung keinen [X.] haben. Der Fehler hat die Aufhebung und Zurückverweisung zur Folge, damit das Berufungsgericht dem - streitigen - Vortrag der Beklagten zur [X.] der notariellen Hinweise nachgehen und ihre Bedeutung für den Inhalt des Kaufvertrages würdigen kann.
4. Eine Aufhebung und Zurückverweisung ist aber auch bei Zugrundele-gung der Auslegung des [X.] geboten. Dieses hält den unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten für unerheblich, daß der Wert der - 7 - Grundstücke nach der alten Parzellierung geringer gewesen sei als der Wert der Grundstücke nach der Umlegung, und zwar trotz der reduzierten Fläche. Das verletzt, wie die Revision zu Recht hervorhebt, § 472 [X.] a.F.
Der Anspruch aus § 323 Abs. 3 [X.] a.F. geht auf die Herausgabe [X.], was die Kläger im Hinblick auf die teilweise Unmöglichkeit der [X.] (nach a.A.: im Hinblick auf den Rechtsmangel) zuviel gezahlt haben. Die-ser Betrag bemißt sich nach § 323 Abs. 1, [X.]. 2 [X.] a.F. nach den [X.] des § 472 [X.] a.F. Das bedeutet, daß der Kaufpreis nicht, wie von dem Berufungsgericht vorgenommen, der [X.] entsprechend gekürzt werden kann. Vielmehr mindert sich der Kaufpreis in dem Verhältnis, in dem der Wert der vollständigen Leistung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zum Wert der möglich gebliebenen Teilleistung gestanden hätte ([X.]/[X.], [X.] [2000], § 323 Rdn. 43; [X.]/[X.], [X.], 61. Aufl., § 323 Rdn. 9). Ist folglich, wie hier von den Beklagten behauptet und unter Beweis gestellt, der Wert der Teilleistung höher als es der Wert der vereinbarten Leistung ge-wesen wäre, so ist für eine Minderung der Gegenleistung kein Raum. Dem kann entgegen der Auffassung des [X.] nicht entgegengehalten werden, die Kläger hätten eine etwaige Werterhöhung durch das [X.] als "Chance" mitgekauft. Denn die Chance der [X.] sie nur um den Preis der sonstigen Folgen des [X.] mit-kaufen. Eine Werterhöhung war ohne Abtrennung der Parkplätze und Reduzie-rung der Gesamtfläche nicht möglich. Diese Flächenbereinigung war Bestand-teil des [X.]. Wollte man den Klägern das Recht zur Minde-rung des Kaufpreises unabhängig von der mit der Teilleistung verbundenen (behaupteten) Werterhöhung zugestehen, stünden sie sich besser als bei voll-ständiger Erfüllung, also bei einer Verschaffung von Miteigentumsanteilen an - 8 - der Fläche von - 9 - (insgesamt) 2.786 qm, und damit ohne die - negativen wie positiven - Einwir-kungen des [X.]. Eine solche Lösung ist im Vertrag nicht [X.]. Darin läge eine Verschiebung des [X.] zu Lasten der Beklagten, für die § 323 Abs. 1 [X.] a.F. keine Handhabe bietet. [X.]
Krüger

Klein

Stresemann

Czub

Meta

V ZR 225/04

10.06.2005

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.06.2005, Az. V ZR 225/04 (REWIS RS 2005, 3169)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 3169

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