Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2005, Az. 3 StR 243/02

3. Strafsenat | REWIS RS 2005, 5532

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[X.] 61/02 3 [X.] vom 13. Januar 2005 in den Strafsachen gegen

1.

2.

wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a. - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat am 13. Januar 2005 beschlos-sen:
Die Sache wird nach § 132 Abs. 2 GVG dem Großen [X.] für Strafsachen zur Entscheidung der folgenden Rechtsfrage vorgelegt: [X.] es für die Annahme vollendeten Handeltreibens aus, wenn der Täter bei einem beabsichtigten Ankauf von zum gewinnbrin-genden Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmitteln in ernsthafte Verhandlungen eintritt, aber keine Einigung mit dem Lieferanten er-zielt?
Gründe: [X.] Beim [X.] sind Revisionsverfahren gegen zwei Urteile anhängig, durch die Fälle erfolgloser Bemühungen um den Erwerb von zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmitteln als vollendetes Handeltreiben ab-geurteilt worden sind. Die Rechtsmittel der Angeklagten geben Anlaß, die [X.] von Vorbereitung, Versuch und Vollendung zu überprüfen. Der [X.] hat beide Verfahren für die Durchführung eines Anfrage- und Vorlageverfahrens verbunden, um durch die Vielfalt der Fallgestaltungen eine breitere [X.] zu schaffen.
1. Das [X.] hat vollendetes Handeltreiben auch bei folgenden Sachverhaltsfeststellungen angenommen:
- 3 - a) In dem Verfahren gegen den Angeklagten [X.](3 [X.]) Der Angeklagte wurde von einem Freund angerufen, der ihm anbot, 10.000 Ecstasy-Tabletten zum Preis von 9.000 DM zu besorgen. Der [X.] erklärte ihm, er solle die Tabletten beschaffen. Dabei hatte der Angeklagte aber Zweifel, ob dieser hierzu in der Lage sein würde. Zu einer Lieferung von Tabletten kam es nicht.
[X.]) Der Angeklagte telefonierte mit einem Freund und beauftragte ihn, die Telefonnummer von einem "A." herauszufinden. Der Angeklagte wollte fest-stellen, ob er von "A." 10.000 Ecstasy-Tabletten erwerben könnte. b) In dem Verfahren gegen den Angeklagten [X.]. (3 [X.]): [X.]) Der Angeklagte wollte 50 g Kokain erwerben, um es teilweise ge-winnbringend weiterzuverkaufen. Er telefonierte deshalb mit mehreren [X.]händlern in [X.] und besuchte auch einige von ihnen, konnte jedoch nirgends Kokain kaufen.
[X.]) Der Angeklagte wollte erneut 50 g Kokain erwerben und fuhr deshalb nach [X.]. Das Geschäft kam nicht zustande, weil der Angeklagte mit dem [X.] nicht handelseinig wurde.
[X.]) Der Angeklagte wollte 70 g Kokain mit hohem Wirkstoffgehalt erwer-ben und fuhr deshalb nach [X.]. Weil die Qualität des Angebots nicht aus-reichend war, kaufte er statt dessen 40 g Amphetamin mit einem Wirkstoffanteil von weniger als 10 Gramm Amphetaminbase, das er nach [X.] ver-brachte und weiterverkaufte. Obgleich das erworbene Amphetamin die Grenze - 4 - zur nicht geringen Menge nicht überschritt, hat das Landgericht den [X.]n wegen vollendeten Handeltreibens mit einer nicht geringen Menge verurteilt, weil er Bemühungen entfaltet hatte, eine nicht geringe Menge von Kokain zu erwerben.
2. Die Angeklagten haben mit ihren Revisionen die Verletzung sachli-chen Rechts gerügt. Der [X.] hat im Fall [X.] 1. a) [X.]) (Auftrag, Telefonnummer eines Lieferanten herauszufinden) beantragt, das Verfahren nach § 154 Abs. 2 StPO einzustellen und in den übrigen oben genannten Fällen die Verurteilung wegen vollendeten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu bestätigen. I[X.] 1. Der [X.] hält in diesen Fällen den Schuldspruch für rechtsfehlerhaft. Während im Fall [X.] 1. a) [X.]) die bloßen Vorsondierungen in Übereinstimmung mit bisherigen [X.]n dem [X.] zuge-rechnet werden können (vgl. unten Abschnitt II[X.] 3., 5.), steht in den übrigen Fäl-len der beabsichtigten Entscheidung die bisherige Rechtsprechung des [X.] entgegen, nach der für die Annahme vollendeten Handeltrei-bens bereits ernsthafte Verhandlungen über den Ankauf von zum gewinnbrin-genden Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmitteln ausreichen, sofern nur das Stadium allgemeiner Anfragen verlassen ist. Wegen der Einzelheiten wird auf den Anfragebeschluß des [X.]s vom 10. Juli 2003 Bezug genommen.
In diesem Beschluß hat der [X.] Bedenken gegen die bisherige weite Auslegung des Begriffs des Handeltreibens in der Rechtsprechung des [X.] geäußert und eine Einschränkung für erforderlich gehalten. Er - 5 - hat dazu vorgeschlagen, diese weite Definition durch einen Katalog handelsty-pischer Tätigkeiten zu ersetzen, der an der gesetzlichen Definition des Waffen-handels in § 7 Abs. 1 Nr. 2 [X.] nF und an den Tätigkeitsbeschreibungen des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG orientiert ist.
In ihren Antworten haben die anderen Strafsenate eine solche Kataloglö-sung abgelehnt. Der 4. [X.] hat statt dessen eine Definition vorgeschlagen, wonach mit Betäubungsmitteln Handel treibt, wer mit einem anderen Einigung über ihre Lieferung erzielt in der Absicht, aus ihrem Umsatz Gewinn zu erzielen. Der 1., 2. und 5. [X.] haben erklärt, an der bisherigen Definition festhalten zu wollen.
In der Divergenzfrage hat der 4. Strafsenat der Anfrage zugestimmt. Da-gegen haben der 1., 2. und 5. Strafsenat mitgeteilt, daß sie an ihrer bisherigen Rechtsprechung, wonach bereits ernsthafte, wenn auch erfolglose [X.] für die Annahme vollendeten Handeltreibens ausreichen, festhalten wollen. Der 2. Strafsenat hat hinzugefügt, daß der Erfassung typischer [X.] und [X.] als vollendetes Handeltreiben durch eine restriktive Handhabung bei der Anwendung des Begriffs in Grenzfällen Rech-nung getragen werden kann. Der 5. Strafsenat hat bemerkt, daß Teile des Se-nats eine Ausweitung der Versuchsstrafbarkeit zu Lasten vollendeten [X.]s für vorzugswürdig hielten.
2. Der [X.] hält an seiner Rechtsansicht fest, daß für die Annahme vollendeten Handeltreibens ernsthafte Verhandlungen über einen Ankauf dann nicht ausreichen, wenn keine Einigung über die Lieferung erzielt wird. Er legt diese Rechtsfrage dem Großen [X.] vor. Die Voraussetzungen einer [X.] - genzvorlage nach § 132 Abs. 2 GVG sind gegeben, da die beabsichtigte Ent-scheidung von der Rechtsprechung des 1., 2. und 5.Strafsenates abwiche. 3. Entgegen seiner früheren, dem Anfragebeschluß zugrundeliegenden Auffassung sieht der [X.] davon ab, dem Großen [X.] die Frage einer um-fassenden Neubestimmung des Begriffs des Handeltreibens zu unterbreiten. Zwar ist er nach wie vor der Auffassung, daß die bisherige Bestimmung des Begriffs des Handeltreibens zu weit gefaßt ist. Danach reicht jede eigennützige auf Umsatz gerichtete Tätigkeit aus; dabei ist es rechtlich unerheblich, ob es zu eigenen Umsatzgeschäften oder auch nur zur Anbahnung bestimmter Geschäf-te gekommen ist; auch der Besitz an dem zum Umsatz vorgesehenen [X.] ist nicht vorausgesetzt. Selbst eine einmalige, gelegentliche oder vermit-telnde Tätigkeit genügt (st. Rspr.; vgl. BGHSt 29, 239 f.; 30, 359, 361; BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 28, 29, 31, 41, 50; [X.], 207 f.). Demgegenüber meint der [X.], daß eine konkrete Tätigkeiten umschrei-bende Definition des Begriffs des Handeltreibens nicht nur dem Bestimmtheits-gebot des Art. 103 Abs. 2 GG besser entspräche, sondern es auch erlaubte, eine stimmige Abgrenzung von Vorbereitung, Versuch und Vollendung vorzu-nehmen, die mit den sonst zu den §§ 22, 23 StGB entwickelten allgemeinen Grundsätzen der Rechtsprechung in Einklang stünde und zum anderen bei der Abgrenzung von Mittäterschaft und Teilnahme vorteilhaft wäre. Doch hält er es - im Hinblick auf das Ergebnis des [X.] - für aussichtslos, eine Mehrheit für eine Neubestimmung des Begriffs zu gewinnen. II[X.] 1. Auch bei der grundsätzlichen Beibehaltung der bisherigen weiten De-finition des Handeltreibens, wonach jede eigennützige auf Umsatz gerichtete - 7 - Tätigkeit ausreicht, muß eine Einschränkung dahin erfolgen, daß typische Vor-bereitungs- und [X.] nicht als vollendetes Handeltreiben erfaßt werden.
Für eine derart eingeschränkte Anwendung des Begriffs des Handeltrei-bens spricht zunächst, daß der Gesetzgeber in Absatz 2 des § 29 BtMG die Strafbarkeit des Versuchs nicht für alle, sondern nur für einen Teil der in [X.] 1 dieser Vorschrift genannten Tätigkeiten bestimmt hat. Dabei hat er die [X.] des Absatzes 1 Nr. 1 sämtlich, somit auch das [X.], erfaßt. Damit ist für das Handeltreiben nicht nur vorgesehen, daß ein Versuch überhaupt bestraft werden kann, sondern wegen der Geltung des [X.] auch im Bereich des Betäubungsmittel-strafrechts gleichzeitig die Möglichkeit einer Strafmilderung nach § 23 Abs. 2 StGB und einer [X.] wegen Rücktritts nach § 24 StGB eröffnet [X.]. Die fakultative Strafmilderung wegen Versuchs ermöglicht es, Handlungen im Vorfeld, die im Hinblick auf den mit dem Straftatbestand bezweckten Rechts-güterschutz eine geringere Gefährlichkeit aufweisen, unter eine dementspre-chend niedrigere Strafdrohung zu stellen. Nach dem das Strafrecht wesentlich bestimmenden Schuldgrundsatz sind - gemessen an der Idee der Gerechtig-keit - Tatbestand und Rechtsfolge sachgerecht aufeinander abzustimmen (vgl. [X.] 50, 205, 214 f.). Diesem Grundsatz wird nur eine Auslegung gerecht, die es erlaubt, unterschiedlich gewichtige Verhaltensweisen nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB einer abgestuften Strafdrohung zu unterwerfen. Dies gilt in besonderem Maße für Fälle qualifizierten Handeltreibens nach §§ 29 a, 30, 30 a BtMG mit erhöhten Mindeststrafen. Für die [X.] wegen freiwilligen Rücktritts nach § 24 StGB gilt entsprechendes. - 8 - Die uneingeschränkte Anwendung der Definition des Handeltreibens hat jedoch dazu geführt, daß Aktivitäten, die an sich typische [X.] darstellen, als vollendetes Handeltreiben bewertet und damit der vollen [X.] der Straftatbestände des Betäubungsmittelgesetzes für Handeltreiben unterworfen werden. Ebenso wird der Anreiz, durch einen freiwilligen Rücktritt vom Versuch [X.] zu erlangen, vereitelt. 2. Die Rechtsprechung hat bereits bisher in einzelnen Entscheidungen die sehr weite Definition des Handeltreibens ("jede Tätigkeit") nur formal beibe-halten, aber inhaltliche Einschränkungen vorgenommen:
Tätigkeiten, die einem späteren, aber noch nicht konkretisierten [X.]geschäft dienen sollten, wurden als Vorbereitungshandlungen qualifiziert; so die Darlehensgewährung für künftige Geschäfte (BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 22), die Präparierung eines Fahrzeugs für Schmuggelfahrten ([X.], 323) und der Transport von Streckmitteln (BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 37, 43).
Aber auch Handlungen, die auf einen konkreten Rauschgiftumsatz ge-richtet waren, wurden in einzelnen Fällen dem [X.] zugeord-net. Dies wurde etwa bei Beteiligten angenommen, die sich lediglich bereit [X.] hatten, eine Kurierfahrt zu unternehmen, aber aus irgendwelchen Gründen die zu transportierenden Drogen letztlich nicht übernehmen konnten ([X.], 720 f. = BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 1; [X.], 545). Zur Begründung wurde ausgeführt, daß die Handlungen weit im Vorfeld des beabsichtigten [X.]es nur als auf Drogenumsatz "im weitesten Sinne" gerichtet und damit als nicht [X.] bewertet werden können. Dabei liege je nach den Umständen des Einzelfalls Vorbereitung oder Versuch - 9 - vor ([X.], 720 f.). Ebenso wurden allgemeine, unverbindliche Anfra-gen dem [X.] zugeordnet (BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 7; [X.], 48). Auch eine Einkaufsfahrt nach [X.], die vergeblich blieb, weil der vorgesehene Lieferant verhaftet, der [X.] geschlossen und eine andere Bezugsquelle nicht bekannt war, wurde als bloße Vorbereitung bewertet ([X.], 507). Allerdings ist insoweit das Bild der Rechtsprechung nicht einheitlich (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 19 zum Versuch der Kontaktaufnahme zu einem Abnehmer). Diese [X.] zur Einschränkung der Anwendung des Begriffs des Handeltreibens können fortgeführt werden und ermöglichen es, im Vorfeld liegende Handlungen, die noch keine Nähe zum beabsichtigten [X.] aufweisen und bei wertender Betrachtung mit Blick auf das zu schützende Rechtsgut von noch geringem Gefährdungspotential sind, dem [X.] zuzuweisen. Hierzu könnten etwa Tätigkeiten wie [X.] nach [X.] und Preisen, unverbindliche Anfragen, Beschaffung von Hilfsmaterial wie W[X.]gen, Mobiltelefonen, Verpackungsmaterial u. ä. ge-rechnet werden.
3. Um der Versuchsstrafbarkeit in Fällen des Handeltreibens bei grund-sätzlicher Beibehaltung der bisherigen Definition dieses Begriffs einen ange-messenen Anwendungsbereich zu eröffnen, ist es erforderlich, diese Definition einzuschränken: Vollendetes Handeltreiben ist beim Ankauf von zum [X.] Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmitteln erst mit der Einigung zwischen Händler und Lieferanten gegeben. Von diesem Zeitpunkt an ist bis zur vollständigen Abwicklung des [X.] - wie bisher - jede eigennützi-ge auf Umsatz gerichtete Tätigkeit als Handeltreiben anzusehen. - 10 - a) Ohne eine solche Einschränkung kann der Versuch bei diesem Delikt keine Bedeutung erlangen. Denn Versuch (unmittelbares Ansetzen) liegt nach den von der Rechtsprechung sonst zu Tätigkeitsdelikten entwickelten [X.] bei solchen Gefährdungshandlungen vor, die nach der Tätervorstellung in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen oder mit ihr in einem unmittelbar räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen ([X.], 473). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum "jetzt geht es los" überschreitet, es eines weiteren [X.] nicht mehr bedarf und er objektiv zur [X.] ansetzt, so daß [X.] ohne Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestandes übergeht (st. Rspr.; vgl. BGHSt 48, 34, 35 f. m. w. N.). Im Bereich des Handeltreibens kann sich eine Abschichtung von [X.] nicht an dem Kriterium des Ansetzens zur [X.]en [X.] orientieren, da nach der von der Rechtsprechung entwickelten Definition "jede" Tätigkeit [X.] ist, die mit entsprechender Tendenz erfolgt. Diese Begriffsbestimmung verzichtet beim äußeren Sachverhalt auf weitere Begrenzungen und nimmt die erforderliche Konturierung ausschließlich im Sub-jektiven (durch die Merkmale "eigennützig" und "auf Umsatz gerichtet") vor. So werden auch Handlungen erfaßt, die bei sonstigen Tatbeständen erst als ein Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung angesehen werden würden. Vielfach wird das Handeltreiben daher als sog. unechtes [X.] bezeichnet (vgl. dazu [X.] in [X.]/[X.], StGB 26. Aufl. § 11 Rdn. 52 ff.). [X.] erklärt sich hieraus, warum die Versuchsstrafbarkeit beim Handeltreiben keine Bedeutung erlangt hat und auch nicht erlangen konnte.
In der Tat ist es der - insoweit uneinheitlichen - Rechtsprechung nicht ge-lungen, handha[X.]are Kriterien für die Bestimmung des Bereichs der [X.] zu entwickeln. Es ist lediglich eine Entscheidung des [X.] - [X.] bekannt, in der der Versuch des Handeltreibens ernsthaft in Betracht gezogen worden ist: Die Versuche eines Kuriers, an den zu transportierenden, jedoch der Verfügungsmacht der Beteiligten entglittenen Drogenkoffer zu ge-langen, sind als Ansetzen zur Inbesitznahme zum Zwecke des [X.] und damit "allenfalls als Versuch" des Handeltreibens beurteilt worden ([X.], 720 f. = BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 1). Auf der gleichen Linie liegen die oben im Abschnitt II[X.] 2. zitierten Entscheidungen des 2. Strafsenats zu ähnlichen Sachverhalten, bei denen Kuriere versucht ha-ben, an das zu transportierende, tatsächlich aber bereits sichergestellte Rauschgift zu gelangen, aber noch nicht "angesetzt" hatten. Diese sind als straflose Vorbereitungshandlungen gewertet worden ([X.], 720 f. = BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 1; [X.], 545). Diese Bewertung wird indes von Entscheidungen des 1. Strafsenats in Zweifel gezo-gen, weil der Sicherstellung der Drogen zu viel Gewicht beigemessen werde. In ihnen werden entsprechende Bemühungen als vollendetes Handeltreiben ge-würdigt; allerdings liege keine Abweichung vor, da dort Kuriere, hier aber [X.] betroffen seien ([X.], 2162; NJW 1992, 38). b) Die danach gebotene Einschränkung macht es notwendig, daß eine Grenze festgelegt wird, von der an vollendetes Handeltreiben angenommen werden kann. Bei wertender Betrachtungsweise ergibt sich diese Grenze mit der Einigung zwischen dem Händler und seinem Lieferanten über den Ankauf von zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmten Drogen. Mit der Eini-gung wird im Hinblick auf den beabsichtigten [X.] ein Gefährdungspo-tential erreicht, das es rechtfertigt, von vollendetem Handeltreiben auszugehen. Dies gilt jedenfalls für den Regelfall des Handeltreibens von [X.], die sich zunächst Betäubungsmittel durch Ankauf beschaffen müssen, bevor sie [X.]e tätigen können. Diese Festlegung stimmt insoweit auch mit der - 12 - Auffassung des 4. Strafsenats überein, der ebenfalls die Einigung über die [X.] als das entscheidende Kriterium ansieht.
In anderen Fällen, in denen ein Täter des Handeltreibens die [X.] nicht zuvor ankauft, werden sich entsprechende Grenzen festlegen lassen (etwa bei der Herstellung zum Zweck des gewinnbringenden Verkaufs, der Vermittlung eines [X.] oder bei der Inbesitznahme der [X.] durch den selbständig als Täter agierenden Kurier, vgl. [X.], 720 f.). c) Mit der Festlegung eines konkreten [X.] ergibt sich die Möglichkeit, nach den oben genannten allgemeinen Grundsätzen den Ver-suchsbeginn zu bestimmen: Das Ansetzen zu Tätigkeiten, die in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen oder mit ihr in einem un-mittelbar räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Dazu werden ins-besondere die Verkaufsverhandlungen zählen, die auf eine Einigung abzielen, aber auch sonstige vorgelagerte Tätigkeiten, die damit in dem genannten engen Zusammenhang stehen.
4. [X.], die der 1. und 5. Strafsenat gegen eine Ausweitung der Versuchsstrafbarkeit beim Handeltreiben vorgebracht haben, vermag der [X.] nicht zu teilen. [X.] können grundsätzlich nicht als primäre Auslegungskriterien für die Definition eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals herangezogen werden. Im übrigen teilt der [X.] die geäußerte Skepsis nicht. Die Erfahrung zeigt, daß die Tatgerichte auch sonst in der Lage sind, [X.] in BtM-Verfahren wie bei der Zuordnung aufgefundener Dro-gen, der Feststellung der Eigennützigkeit des Handeltreibens und des [X.] nicht sichergestellter Rauschmittel zu bewältigen. Jedenfalls können - 13 - diese - nicht unüberwindlichen - praktischen Erwägungen es nicht rechtfertigen, einem Täter eine gegebenenfalls gebotene Strafmilderung wegen Versuchs oder die [X.] wegen Rücktritts zu versagen.
5. Für die Einzelfälle der Ausgangsverfahren bedeutet dies:
Im Fall [X.] 1. a) [X.]), in dem erst eine Telefonnummer zur Aufnahme von Verhandlungen herausgefunden werden sollte, liegt eine straflose [X.] vor. Zwar hat der [X.] insoweit die Einstellung beantragt, doch hat der [X.] vorrangig einen Freispruch zu prüfen.
In den Fällen [X.] 1. b) [X.]) und [X.]) wurden ernsthafte Gespräche über den Ankauf geführt, eine Einigung jedoch nicht erzielt und damit das Handeltreiben nur versucht. Der Fall [X.] 1. c) [X.]) liegt entsprechend, soweit sich die Verurteilung auf eine nicht geringe Menge an 70 g Kokain bezieht.
Im Fall [X.] 1. a) [X.]) (Auftrag, Ecstasy-Tabletten zu "besorgen") reichen die Feststellungen zu einer abschließenden Beurteilung des Schuldspruchs nicht aus. Diese wird davon abhängen, ob sich der Freund selbst als Lieferant bin-dend zur Lieferung der Tabletten verpflichtete und der Angeklagte die Lieferung immerhin für möglich hielt (Einigung über Ankauf = vollendetes Handeltreiben).- 14 - Hatte der Angeklagte ihm jedoch lediglich den Auftrag erteilt, in seinem Namen und Auftrag die Tabletten bei dem [X.] im Sinne einer Geschäftsbesorgung zu beschaffen, ist die Sachlage der von erfolglosen [X.] ver-gleichbar (versuchtes Handeltreiben). [X.]

Winkler Pfister

von Lienen

Becker

Meta

3 StR 243/02

13.01.2005

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2005, Az. 3 StR 243/02 (REWIS RS 2005, 5532)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 5532

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