Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2015, Az. VI ZB 29/14

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 17307

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI [X.]
vom

13. Januar 2015

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
nein
[X.]Z:
nein
[X.]R:
nein
ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1, § 3; BGB § 823 Abs. 1 ([X.]), § 1004; GG Art. 1, 2, 5
Zur Beschwer des Beklagten, der zur Löschung zweier mehr als drei Jahre alter E-Mails von seiner [X.]seite verurteilt worden ist.

[X.], Beschluss vom 13. Januar 2015 -
VI [X.] -
OLG Koblenz

LG Mainz

-
2
-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat am 13. Januar 2015
durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin [X.], [X.] und
Offenloch und die Richterin Dr. Oehler
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde
gegen den Beschluss des 5. Zivilsenats des [X.] vom 2.
April 2014 wird auf Kos-ten des Beklagten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 500

Gründe:
I.
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Unterlassung der [X.] zweier E-Mails des [X.] an den Beklagten auf dessen
[X.]seite. Der Kläger betreibt in [X.] ein Mietwagenunternehmen zur Vermietung von
Wohnmobilen, das sich mit einer [X.] [X.]seite insbesondere an [X.] Urlauber
wendet. Der Beklagte unterhält die
[X.]seite www.t...de, in der er Informationen zu Reisen und Reiseveranstaltern zusam-menstellt und Interessierten zugänglich macht. Im Frühjahr 2010 kam es [X.] den Parteien zu Verhandlungen über die Vermietung eines Wohnmobils 1
-
3
-

an den Beklagten, die zu Unstimmigkeiten führten. Der Beklagte veröffentlichte danach zwei E-Mails des [X.] an ihn auf seiner [X.]seite wie folgt:
"Wie der Versuch einer Wohnmobil-Anmietung verlaufen kann:
Nach kurzer E-Mail-Korrespondenz war alles geklärt und der Buchungs-auftrag an H.-Car
erteilt. Kurz darauf traf die Rechnung als [X.] per E-Mail ein. Diese enthielt mehrere falsche
Angaben. Eine freundliche Rückfrage per E-Mail wegen der Unstimmigkeiten wurde ziemlich "herb" beantwortet. Wegen der unfreundlichen Behandlung wurde die Buchung annulliert.
Und hier die Reaktion (unverändert 1:1 und ohne Worte...)
Ein besseres Angebot bekommen Sie nirgendwo. Desweiteren kommen Sie samstags an, keiner übergibt Ihnen am gleichen Tag ein womo. [X.] ist alles geschlossen. Sie müssen warten bis Montag. Nur weil ich recht habe und Sie dies nicht verstehen, ist Ihre Reaktion total über-zogen.
Es sind nun
16 Tage ob Sie wollen oder nicht. 2 volle Wochen und 2 Tage. Und vom 15 auf 16. nur diese Nacht ist kostenfrei. Ich gebe Ihnen doch nicht 2 Nächte frei. Wie Sie dies geschrieben haben. [X.] auch nichts zu verschenken. Sie bekommen schon 15
% Rabatt Was wollen Sie noch mehr?
Na, dann viel Glück. Überall zahlen Sie weitaus mehr. Hier eiern Sie rum wegen scheinbar 69
$. [X.] zahlen Sie schon mal Wäschepaket, Abholung, 2 Tage müssen Sie Hotel bezahlen.
Sie werden schon sehen, was noch alles auf Sie zu
kommt. Und kein Mai-Rabatt. Ich habe eine Firma und muss Geld verdienen, wie Ihr Chef auch. Der muss auch Geld verdienen. Damit Sie Ihr Geld bekommen. Oder sehen Sie das anderst.
Meine Bedingungen und Service ist [X.] und niemand bietet Ihnen diesen Service. Und Service kostet auch Geld. Es ist nichts umsonst. Mit freundlichen Grüßen [X.]"

Unter der Überschrift "Wohnmobil
Vermietung H.-Car, V.: E.
[X.] droht t. mit Schadensersatzklage von 50.000
$"
und unter vollständiger Angabe der E-Mail-Adresse des [X.] veröffentlichte der Beklagte folgende zweite E-Mail des [X.]:
2
-
4
-

"Ich habe gerade festgestellt, dass Sie Ihre Meinung immer noch nicht vom Netz genommen haben. Ihr Meinung können Sie Freunde und Be-kannte weiter sagen, aber [X.] Schaden zufügen im [X.].. Alle Kunden von [X.] vertreten mit Sicherheit nicht Ihre Meinung, denn diese finden meinen Service gut und buchen bei [X.]. Ich gebe Ihnen noch 3 Tage Zeit. Das heist, am Sonntag möchte ich dies nicht mehr sehen. Sollte dies [X.] auftauchen werde ich dies finden, denn mein Inter-net
Mensch findet alles. Sollte dies noch immer drinnen sein, werde ich kommenden Montag meinen Rechtsanwalt [X.] in W. kontaktieren und er wird Ihnen einen entsprechenden Brief schreiben, wo wir Ihnen mitteilen, dass wir gegen Sie eine Schadensersatzklage von 50.000

werden mit weiteren Umsatzeinbrüchen die Folge Ihrer persönlichen Meinung ist. Wenn Ihnen die das Wert ist, dann lassen Sie Ihre Meinung drinnen. Ich weiß zwar nicht, was Sie sich davon versprechen. Aber, weil Sie dies so schreiben, haben Sie die Absicht [X.] Schaden zuzufügen, denn sonst würden Sie dies ja nicht veröffentlichen. Also liegt eine klare Absicht vor [X.] Schaden zuzufügen, den ich dann hiermit wieder geltend mache vor Gericht in [X.]. Mit freundlichen Grüßen [X.]"

Nach erfolgloser Abmahnung erhob der Kläger im August 2013 [X.]. Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Den Streitwert hat es auf 7.500

g-ten von einer Beschwer von 500

landgerichtliche Urteil nicht zugelassen und die Berufung des Beklagten verwor-fen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es erschließe sich nicht, welches Inte-resse der Beklagte über den formalen Hinweis auf Art.
5 Abs.
1 GG hinaus da-von habe, das [X.]publikum weiterhin über den Inhalt zweier mehr als drei Jahre
alter E-Mails des [X.] zu informieren. Nachteile, die dem Beklagten aus der Erfüllung des Unterlassungsanspruchs entstehen könnten, seien nicht ersichtlich und von ihm nicht aufgezeigt.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Rechtsbeschwerde.
3
-
5
-

II.
Die Rechtsbeschwerde
ist unzulässig.
1. Sie ist zwar statthaft (§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 i.V.m. §
522 Abs.
1 Satz
4 ZPO). Zulässig ist sie aber nur, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des
Rechts oder die Sicherung einer [X.] Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§
574 Abs.
2
ZPO; vgl. [X.], Beschlüsse vom 7.
Mai 2003 -
XII
ZB 191/02, [X.]Z 155, 21, 22; vom 20.
Januar 2011 -
V
ZB 193/10, [X.], 488
Rn. 5). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
2. Insbesondere erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtspre-chung (§
574 Abs.
2 Nr.
2 Fall
2 ZPO) eine Entscheidung des Rechtsbeschwer-degerichts nicht.
a) Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Sinne von §
574 Abs.
2 Nr.
2 ZPO erfordert eine Entscheidung des [X.]
unter anderem, wenn die Anforderungen, die das Berufungsgericht stellt, über-zogen sind und dem Beklagten den Zugang zu der an sich gegebenen Beru-fung unzumutbar erschweren (vgl. [X.], Beschluss vom 23.
Oktober 2003 -
V
ZB 28/03, [X.], 367, 368; vom 20.
Januar 2011 -
V
ZB 193/10, [X.], 488
Rn. 7). Eine solche unzumutbare Erschwerung des Zugangs zu der an sich gegebenen Berufung kann auch in einem Fehler bei der Bemessung der Beschwer liegen. Die Bemessung der Berufungsbeschwer steht gemäß §§
2, 3 ZPO im freien Ermessen des Berufungsgerichts, das dabei nicht an den in erster Instanz festgesetzten Streitwert gebunden ist (vgl. Senat, Beschluss vom 8.
Mai 2012 -
VI
ZB 1/11, -
VI
ZB 2/11, VersR
2012, 1272
Rn.
10 mwN). Der vom Berufungsgericht angenommene Wert kann von der Revisions-
oder Rechtsbeschwerdeinstanz
nur beschränkt darauf überprüft werden, ob das Be-4
5
6
7
-
6
-

rufungsgericht, etwa weil es bei der Ausübung
seines Ermessens die in [X.] zu ziehenden Umstände nicht umfassend berücksichtigt
hat, die Grenze des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat ([X.], [X.] vom
10.
April 2014 -
V
ZB 168/13, juris Rn.
5; Urteil vom 19.
November 2014 -
VIII
ZR 79/14, juris
Rn.
14). Ein solcher Ermessensfehlgebrauch liegt hier nicht vor.
b) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Beschwer einer zur Unterlassung verurteilten Partei danach richtet, in welcher Weise sich das ausgesprochene Verbot zu ihrem Nachteil auswirkt ([X.], [X.] vom 25.
September 2013 -
VII
ZB 26/11, [X.], 81 Rn. 9).
Maß-geblich sind die Nachteile, die ihr
aus der Erfüllung
des Unterlassungsan-spruchs entstehen ([X.], Beschlüsse
vom 26.
Oktober 2006 -
III
ZR 40/06, [X.], 37; vom 8.
Januar 2009 -
IX
ZR 107/08, NJW-RR 2009, 549
Rn. 3). Außer Betracht bleiben dabei die Nachteile, die nicht mit der Befolgung des Un-terlassungsgebots, sondern mit einer Zuwiderhandlung -
etwa durch die Fest-setzung eines Ordnungsgeldes oder durch die Bestellung einer Sicherheit
-
verbunden sind (vgl. [X.], Beschluss vom 24.
Januar 2013 -
I
ZR 174/11, [X.], 1067 Rn.
10).
aa) Dass die
Löschung der E-Mails von der
[X.]seite
des Beklagten
in Bezug auf möglichen Aufwand und Kosten die festgesetzte Beschwer nicht übersteigt, zieht auch der Beklagte nicht in Zweifel.
bb) Die Rechtsbeschwerde
macht geltend, dass nach der Rechtspre-chung des [X.] das Interesse des zur Unterlassung verurteilten Beklagten an der
Beseitigung seiner
Verurteilung zwar nicht zwangsläufig, aber regelmäßig dem Interesse des [X.] an dieser Verurteilung entspreche, denn das Interesse des [X.] an einer solchen Unterlassung sei pauschalierend 8
9
10
-
7
-

und unter Berücksichtigung von Bedeutung, Größe und Umsatz des Verletzers, Art, Umfang und Richtung der Verletzungshandlung sowie von subjektiven Um-ständen auf Seiten des Verletzers wie etwa dem [X.] (vgl. [X.], Beschlüsse
vom 24.
Januar 2013 -
I
ZR 174/11, [X.], 1067
Rn.
12; vom 24.
Februar 2011 -
I
ZR 220/10, [X.], 261 Rn.
5). Diese Grundsätze können aber im Streitfall nicht herangezogen werden.
Es muss hier nicht entschieden werden, ob
sie grundsätzlich nur in
wettbewerbsrechtlichen
Verfahren Anwendung finden können, denn es ist ersichtlich, dass ihre
Voraus-setzungen im Streitfall nicht gegeben sind. Entgegen der Rechtsbeschwerde
ist nicht festgestellt, dass der Beklagte gewerblich tätig ist und aus dem Betrieb seiner [X.]seite Umsätze erzielt, auch nicht, dass er in einem Wettbewerb zum Kläger steht.
Eine
nach der Rechtsprechung des [X.] für diese Fälle für die Beschwer maßgebende Einschränkung der wirtschaftlichen Betäti-gungsfreiheit
des Beklagten
(vgl. [X.], Urteil vom 24.
Januar 2013 -
I
ZR 174/11, [X.], 1067 Rn.
15; Beschluss vom 24.
Februar 2011 -
I
ZR 220/10, [X.], 261 Rn.
7) ist mangels wirtschaftlicher oder gewinnorientier-ter Tätigkeit des Beklagten
ebenfalls nicht festgestellt. Damit ist es ohne Bedeu-tung, ob das [X.] den Streitwert mit Blick auf die wirtschaftlichen Inte-ressen des [X.] zutreffend festgesetzt hat.
[X.]) Bei der Bewertung der
Nachteile für den Beklagten bei Befolgung des [X.] hat das Berufungsgericht nicht verkannt, dass die bean-standete [X.] vom Schutzbereich des Art.
5 Abs.
1 GG -
Schutz der Meinungs-
und Kommunikationsfreiheit
-
erfasst wird. Ebenso wenig übersieht das Berufungsgericht, dass es für den
Schutz der Meinungsäußerung nicht [X.] ankommt, ob die Meinung begründet oder grundlos, emotional oder rational
ist, als wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos eingeschätzt wird (vgl. [X.] 90, 241 Rn.
26). Auch ist die Bewertung des Berufungsgerichts
nicht zu beanstanden, dass einem mehr als drei Jahre alten
Beleg
für
den
einmaligen 11
-
8
-

Vorfall einer unfreundlichen Kundenbehandlung für die Meinungsbildung poten-tieller Kunden dieses [X.] schon aufgrund des Alters und der
fehlenden Aktualität nur sehr geringes Gewicht beizumessen ist.

3. Im Übrigen wird von einer Begründung nach § 577 Abs.
6 Satz
2
ZPO abgesehen.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.

Galke
[X.]
[X.]

Offenloch
Oehler

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 03.02.2014 -
2 O 243/13 -

OLG Koblenz, Entscheidung vom 02.04.2014 -
5 [X.] -

12
13

Meta

VI ZB 29/14

13.01.2015

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2015, Az. VI ZB 29/14 (REWIS RS 2015, 17307)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 17307

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VI ZB 29/14 (Bundesgerichtshof)

Berufungsbeschwer eines Unterlassungsschuldners nach Verurteilung zur Löschung von E-Mails von seiner Internetseite


VI ZB 69/14 (Bundesgerichtshof)


VI ZR 490/12 (Bundesgerichtshof)


VI ZR 34/15 (Bundesgerichtshof)


VI ZR 490/12 (Bundesgerichtshof)

Persönlichkeitsrechtsverletzende Presseberichterstattung über einen Politiker: Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch wegen der Veröffentlichung rechtswidrig beschaffter, privater Emails …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

VI ZB 29/14

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.