Bundespatentgericht, Urteil vom 11.10.2011, Az. 1 Ni 4/10 (EU)

1. Senat | REWIS RS 2011, 2517

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Gegenstand

Patentnichtigkeitsklageverfahren - Fachmann - erfinderische Tätigkeit


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 0 775 058

([X.] 595 03 455)

hat der 1. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 11. Oktober 2011 durch den Richter [X.] als Vorsitzenden, die Richterin [X.] und [X.], [X.]. Baumgart und [X.]. Krüger

für Recht erkannt:

[X.] Die Klage wird abgewiesen.

I[X.] Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

II[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des u. a. für die [X.] erteilten [X.] Patents 0 775 058 ([X.]), das am 22. Juni 1995 unter Inanspruchnahme einer [X.] Priorität vom 9. August 1994 angemeldet worden ist. Das in [X.] [X.] veröffentlichte [X.] trägt die Bezeichnung „Ordnermechanik“ und wird hinsichtlich des [X.] Teils beim [X.] unter dem Aktenzeichen 595 03 455.1 geführt. Das [X.] umfasst 15 Ansprüche, die sämtlich von der Klage angegriffen sind.

2

Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

Abbildung

Abbildung

3

Bezüglich des Wortlauts der auf diesen Anspruch direkt bzw. indirekt rückbezogenen erteilten Ansprüche 2 bis 15 wird auf die [X.]schrift verwiesen

4

Die Klage stützt sich darauf, dass der Gegenstand des [X.]s nicht neu sei und nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Die Klägerin verweist hierzu auf folgenden Stand der Technik:

5

DE 153 568 (Anlage [X.]),

6

Vier Fotos einer Ordnermechanik entsprechend [X.] (Anlage [X.]-1),

7

DE 18 14 713 U (Anlage [X.]),

8

Enzyklopädie „Brockhaus", [X.], 1993, Seite 88 (Anlage [X.]-1),
Meyers Neues Lexikon, [X.], 1964, Seite 731 (Anlage [X.]-2),
Meyers Neues Lexikon, [X.], 1964, Seite 671 (Anlage [X.]/3),

9

Werkstoffbearbeitung in Übersichten, [X.] 1990, [X.] bis 80
(Anlage [X.]/4),

DE 528 142 (Anlage K8),
CH 26 583 (Anlage K9),
DE 637 253 (Anlage K10),
DE 687 634 (Anlage K11),
DE 704 600 (Anlage K12),
DE 1 696 088 U (Anlage [X.]),

[X.] 2 789 561 (Anlage K14),
[X.] 1 478 920 (Anlage K15),
DE 1 790 442 U (Anlage [X.]),

DE 1 076 082 B (Anlage K17),
GB (nicht [X.]) 1 112 594 (Anlage [X.]),

EP 0 498 746 [X.] (Anlage K19).

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),

das [X.] Patent EP 0 775 058 [X.] mit Wirkung für die [X.] in vollem Umfange für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise soweit das Patent mit den [X.] 1 bis 5 aus dem Schriftsatz vom 3. Juni 2011 verteidigt wird.

Die Beklagte führt aus, der Gegenstand des [X.]s sei neu und werde durch die genannten [X.] weder allein noch in Kombination nahe gelegt.

Wegen des Wortlauts der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 8. Juli 2011 zur Akte gereichten Fassungen der Patentansprüche gemäß [X.] 1 bis 5 sowie des weiteren Vorbringens der Parteien und des Inhalts der eingereichten Unterlagen wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage, mit welcher die Klägerin den [X.] mangelnder Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. a, Art. 52 Abs. 1 EPÜ) geltend macht, ist zulässig, aber unbegründet und deshalb abzuweisen.

[X.]

1. Das Streitpatent betrifft eine [X.], wie sie in Aktenordnern - teilweise auch [X.] genannt - eingesetzt wird, die aus einem Ordnerrücken und je einem an diesem angelenkten Vorder- und Rückenteil bestehen. Nachfolgend ist die [X.] gemäß den [X.]. 1b und 1c der [X.] verkleinert wiedergegeben.

Abbildung

Nach den Angaben in der [X.] ist bei herkömmlichen [X.]en ein aus einem gebogenen Runddraht hergestellter einstückiger [X.] vorgesehen, der an seinem einen Ende mittels eines Niets an einem aus der Grundplatte herausgebogenen [X.] angelenkt ist und mittels eines in einem Kniebereich des [X.] exzentrisch angeordneten, einen Kunststoffschlauch oder eine Profilrolle tragenden Stahlstifts als Niederhalteorgan von oben her gegen die Lagerstegkröpfung anliegt. Die Umformung des für die Hebelherstellung verwendeten [X.] ist sehr zeitaufwendig. Die Taktzeit der betreffenden Fertigungswerkzeuge ist daher begrenzt, so dass eine Vielzahl Einzelwerkzeuge notwendig sind, um eine für die Massenfertigung geforderte Stückzahl zu erreichen (Spalte 1, Zeile 46 bis Spalte 2, Zeile 2).

2. Vor diesem Hintergrund ist in der [X.] als Aufgabe formuliert, eine [X.] der eingangs angegebenen Art dahingehend zu verbessern, dass die Zahl der für die Herstellung erforderlichen Einzelteile reduziert und die Fertigung vereinfacht wird (Spalte 2, Zeile 6 bis 10).

3. Gelöst werden soll diese Aufgabe nach Patentanspruch 1 durch eine [X.] mit folgenden Merkmalen:

1. Die [X.] weist eine aus Metallblech bestehende Grundplatte auf.

2. Die [X.] weist zwei [X.] (12) auf, die im Abstand voneinander an der Grundplatte im Wesentlichen senkrecht überstehen.

3. Die [X.] weist im Abstand von den [X.]n einen [X.] (18) auf, der

3.1 seinerseits zwei Umlegeschenkel aufweist, welche

3.1.1 durch einen Lagersteg (14) an der Grundplatte (10) im Abstand der [X.] (12) voneinander gehalten werden,

3.1.2 mittels des [X.] (14) zwischen einer [X.] und einer Offenstellung begrenzt verschwenkbar sind, und

3.1.3 mit den [X.]n (12) in der [X.] paarweise kuppelbar sind.

4. Die [X.] weist einen [X.] (20) auf, der

4.1 im Bereich zwischen den [X.]n (12) und dem [X.] (18) im Wesentlichen senkrecht über die Grundplatte (10) übersteht, und

4.2 einstückig mit der Grundplatte (10) verbunden ist.

5. Die [X.] weist einen [X.] (22) auf, der

5.1 auf der Seite des [X.]s (18) am [X.] (20) um eine quer zur Achse des [X.] (14) verlaufende [X.] (46) zwischen einer [X.] und einer Offenstellung begrenzt verschwenkbar gelagert ist und

5.2 mit einem Niederhalteorgan (28) versehen ist, das

5.2.1 auf eine Kröpfung (26) des [X.] (14) entgegen [X.] einer Rückstellfeder (24) einwirkt.

6. Der [X.] (22) ist als Prägeteil aus Metallblech ausgebildet.

7. Das Prägeteil weist eine [X.] (32) auf, die

7.1 zur [X.]ebene im Wesentlichen parallel ausgerichtet ist und

7.2 an ihrem lagerseitigen Ende in eine gegen das [X.] (20) anliegende [X.] (30) übergeht.

8. Das Prägeteil weist eine [X.] (36) auf, die

8.1 an der von der Grundplatte (10) abgewandten Oberkante der [X.] (32) im Wesentlichen senkrecht abgekantet ist und

8.2 an ihrem lagerfernen Ende in der Längserstreckung des [X.]s (22) über die [X.] (32) hinaus in ein Griffstück (34) übergeht.

4. Als Fachmann ist ein Dipl.-Ing. (FH) der Fachrichtung Maschinenbau oder ein Maschinenbautechniker mit langjähriger Erfahrung in der Entwicklung und Konstruktion von [X.]en anzusehen, der auf Grund seiner Ausbildung auch über ausreichende Kenntnisse auf dem Gebiet der Umformtechnik verfügt. Soweit die Klägerin zuletzt auf einen [X.] als Fachmann abstellt, ist anzumerken, dass die Argumentation der Klägerin im Wesentlichen auf Merkmal 6 gerichtet ist. Der zuständige Fachmann ist aber objektiv gemäß der technischen Aufgabe der Erfindung zu bestimmen ([X.] 1978, 37 - Börsenbügel). Diese ist ausgehend von dem durch die beanspruchte Lehre objektiv gelösten technischen Problem, d. h. dem gegenüber dem Stand der Technik tatsächlich Geleisteten ([X.] 2010, 602, [X.]. 27 -Gelenkanordnung; [X.] 2010, 607, [X.]. 18 - Fettsäurezusammensetzung; [X.] 2003, 693 - Hochdruckreiniger), zu bestimmen und vorliegend allgemein auf die Herstellung und Fertigung einer [X.] gerichtet. Diese Aufgabe wird üblicherweise einem Maschinenbauingenieur oder -techniker übertragen.

5. Hinsichtlich der stets gebotenen Auslegung der Patentansprüche ([X.] 2007, 959, [X.]. 20 - Pumpeinrichtung) ist entscheidend, welcher technische Sinngehalt aus der Sicht des angesprochenen Fachmanns den Merkmalen des Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit zukommt ([X.] 2011, 129, [X.]. 29 – [X.]; [X.], 311, [X.]. 15 – Baumscheibenabdeckung). Die Patentschrift stellt hierbei im Hinblick auf die gebrauchten Begriffe auch ihr eigenes Lexikon dar ([X.] 1999, 909, 912 – Spannschraube; [X.]. 2000, 105, 106 - Extrusionskopf).

Die patentgemäße [X.] weist eine Grundplatte 10 auf (Merkmal 1), zwei an der Grundplatte im Wesentlichen senkrecht überstehende [X.] 12 (Merkmal 2), einen an der Grundplatte 10 zwischen einer [X.] und einer Offenstellung verschwenkbaren, in [X.] mit den [X.]n 12 kuppelbaren [X.] 18 ([X.] 3), einen über die Grundplatte überstehenden [X.] 20 ([X.] 4) und einen am [X.] zwischen einer [X.] und einer Offenstellung begrenzt verschwenkbar gelagerten [X.] 22 ([X.] 5). Diese Merkmale beschreiben den weitgehend üblichen Aufbau einer [X.].

Nachfolgend ist der [X.] gemäß den [X.]. 2 und 3 wiedergegeben:

Abbildung

Streitpatentgemäß ist der [X.] 22 als Prägeteil aus Metallblech ausgebildet (Merkmal 6). Die [X.] beschreibt neben einer konkaven oder konvexen Griffprägung am Griffstück des [X.]s, vgl. Anspruch 15 sowie Spalte 5, Zeile 22 noch eine kreisförmige Ausprägung der [X.], vgl. Spalte 2, Zeile 43 bis 56 und Spalte 5, Zeile 25; damit offenbart das Patent ein Prägen im Sinne eines Hohlprägens. In der Metallbearbeitung stehen beim Hohlprägen Vertiefungen im Stempel gleichartige Erhöhungen auf der [X.] gegenüber und umgekehrt. Zwischen diesen beiden reliefartigen ausgearbeiteten Prägestempelflächen wird der Werkstoff umgeformt, vgl. K7/3, linke Spalte, Stichwort „prägen“.

Der [X.] weist eine zum [X.] parallel ausgerichtete [X.] auf, es handelt sich damit um ein weitgehend ebenes Blech, was auch durch die Darstellung der [X.] 32 in den [X.]. 2 und 3 bestätigt wird. Die [X.] geht an ihrem lagerseitigen Ende in eine gegen den [X.] anliegende [X.] über ([X.] 7).

über die Seitenfläche hinaus in das Griffstück übergeht ([X.]. 3). Schließlich verlangt Merkmal 8.1 i. V. m. Merkmal 8.2, dass sich die [X.] zumindest über einen Teil der [X.] erstreckt, da sie an ihrem lagerfernen Ende in das Griffstück übergeht.

I[X.]

1. Die [X.] gemäß Anspruch 1 ist neu (Art. 54 Abs. 1 und 2 EPÜ).

Die Klägerin hat sich in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der fehlenden Neuheit lediglich auf die [X.] berufen, deren [X.]. 1 bis 4 nachfolgend wiedergegeben sind.

Abbildung

Die Abbildungen in den [X.]uren 1 bis 4 zeigen in Verbindung mit der Beschreibung eine [X.], die offensichtlich eine aus Metallblech bestehende Grundplatte aufweist (Merkmal 1), da am Anmeldetag der [X.] in 1902 technische Kunststoffe für eine [X.] noch nicht einsetzbar waren. Die [X.] weist zwei [X.] auf, die im Abstand voneinander an der Grundplatte im Wesentlichen senkrecht überstehen, vgl. [X.]. 2 und 4 (Merkmal 2). Im Abstand von den [X.]n ist ein [X.] (Bügel b) vorgesehen (Merkmal 3), der seinerseits zwei Umlegeschenkel aufweist (Merkmal 3.1), welche durch einen Lagersteg an der Grundplatte im Abstand der [X.] voneinander gehalten werden (Merkmal 3.1.1), mittels des [X.] zwischen einer [X.] und einer Offenstellung begrenzt verschwenkbar sind (Merkmal 3.1.2) und mit den [X.]n in der [X.] paarweise kuppelbar sind (Merkmal 3.1.3), vgl. [X.]. 3 und 4. Die [X.] weist einen [X.] auf (Merkmal 4), der im Bereich zwischen den [X.]n und dem [X.] im Wesentlichen senkrecht über die Grundplatte übersteht (Merkmal 4.1) und einstückig mit der Grundplatte verbunden ist (Merkmal 4.2). Die einstückige Verbindung des [X.]es mit der Grundplatte erkennt der Fachmann aus der gestrichelten Darstellung des [X.]es gemäß [X.]. 1 und der zugehörigen gestrichelten Darstellung der Aussparung in der Grundplatte in [X.]. 2. Ferner ist der [X.] ein [X.] (Handhebel i) zu entnehmen (Merkmal 5.), der auf der Seite des [X.]s am [X.] um eine quer zur Achse des [X.] verlaufende [X.] zwischen einer [X.] und einer Offenstellung (vgl. [X.]. 3, 4) begrenzt verschwenkbar gelagert ist (Merkmal 5.1) und mit einem Niederhalteorgan (Rolle q) versehen ist (Merkmal 5.2), das auf eine Kröpfung d des [X.] entgegen [X.] einer Rückstellfeder (Feder r) einwirkt (Merkmal 5.2.1).

Die Merkmale 7.1 und 7.2 sind sinngemäß verwirklicht, da der [X.] i im Wesentlichen eben ausgebildet ist (vgl. [X.]. 2 bis 4) und daher eine [X.] aufweist, die entsprechend Merkmal 7.1 zur [X.]ebene im Wesentlichen parallel ausgerichtet ist. Da ein Teil dieser Seitenfläche beim Öffnen des [X.] i entlang des [X.]es gleitet, ist auch eine [X.] im Sinne des Merkmals 7.2 vorhanden.

und [X.] (Spalte 2, Zeile 16 bis 21) und Abkanten (Merkmal 8.1). Letztlich kann aber die Frage offen bleiben, wie das Merkmal 6 zu verstehen ist. Denn im Patentnichtigkeitsverfahren bedarf es der Feststellung des Gegenstands eines angegriffenen Patentanspruchs nur in dem Umfang, wie dies zur Prüfung der Bestandsfähigkeit des Patents gegenüber dem geltend gemachten [X.] erforderlich ist ([X.] 2004, 47 - Blasenfreie Gummibahn I).

Auch bei einem Verständnis des Merkmals 6 im Sinne der Klägerin ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu, weil zumindest die Merkmale 8.1 und 8.2 in der [X.] nicht verwirklicht ist. Wie sich aus [X.]. 1 der [X.] ergibt, ist die [X.] dort nicht an der oberen [X.] des gebogenen [X.] i angeordnet, sondern an der schmalen [X.] des [X.]. Ferner geht diese [X.] auch nicht in Längsrichtung des gebogenen [X.] i in ein Griffstück über, sondern quer hierzu, was sich ebenfalls aus [X.]. 1 ergibt.

Zu den Druckschriften [X.] bis [X.] hat die Klägerin lediglich schriftsätzlich pauschal behauptet, der Lehre des Streitpatents habe es gegenüber diesen Druckschriften zum Anmeldezeitpunkt an Neuheit bzw. erfinderischer Tätigkeit gemangelt. Nach Überprüfung durch den Senat offenbart auch keine dieser Druckschriften einen [X.] mit den Merkmalen 8.1 und 8.2.

2. Die Vorrichtung gemäß Anspruch 1 ist nach dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik auch nicht nahe gelegt (Art. 56 EPÜ). Die danach zum Prioritätszeitpunkt bekannten Lösungen gaben dem Fachmann weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit Veranlassung, den mit dem Streitpatent vorgeschlagenen Lösungsweg zu beschreiten.

a) Für die Beurteilung, ob eine beanspruchte Lösung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist von dem auszugehen, was der Gegenstand der Erfindung in der Gesamtheit seiner Lösungsmerkmale in ihrem technischen Zusammenhang ([X.] 2007, 1055, [X.]. 28 - Papiermaschinengewebe) gegenüber dem Stand der Technik im Ergebnis tatsächlich leistet ([X.] 2010, 607, [X.]. 18 - Fettsäurezusammenhang; [X.] 2010, 602, [X.]. 27 - Gelenkanordnung).

Ausgehend von der [X.], in der zumindest die Merkmale 8.1 und 8.2 nicht verwirklicht sind, gibt diese über 90 Jahre alte Druckschrift dem Fachmann keine Anregung zur Verstärkung des [X.] eine [X.] im streitpatentgemäßen Sinne vorzusehen, denn die dort auf den Hebel i einwirkenden Betätigungskräfte sind als gering anzusehen. Die Klägerin hat hierzu auch nichts vorgetragen.

Die [X.] gibt dem Fachmann ebenfalls keine Anregung, den [X.] entsprechend auszubilden, da dort lediglich ein flacher [X.] ohne jegliche [X.] offenbart ist (vgl. Seite 2, Abs. 3, Satz 1 und [X.]. 1 bis 4, [X.]. 1). Diese Druckschrift liegt damit noch weiter ab als die [X.].

Eine Ausbildung des [X.]s im Sinne der Merkmale 8.1 und 8.2 ist auch den weiteren von der Klägerin lediglich pauschal genannten Druckschriften nicht zu entnehmen. Es sind zwar vereinzelt [X.]n an Teilen von [X.]n offenbart ([X.], veröffentlicht 1936, vgl. [X.]. 2 und [X.], veröffentlicht 1959, vgl. [X.]. 1), diese sind aber an Stellen vorgesehen, an denen die Hebel auf Knickung beansprucht werden. In der [X.] sind allerdings die auf den Hebel i einwirkenden Kräfte als gering anzusehen, so dass der Fachmann schon keine Veranlassung hatte, eine [X.] vorzusehen. Falls er trotzdem hierzu Überlegungen anstellen sollte, würde er die [X.] an der Unterseite des [X.] der [X.] vorsehen, da allenfalls dort der Hebel in geringem Maß auf Knickung beansprucht wird. Auch dieser Stand der Technik gibt damit keine Anregung zur Ausbildung eines [X.]s mit einer [X.] entsprechend den Merkmalen 8.1 und 8.2.

b) Auch wenn der Fachmann stets bestrebt ist, für einen bestimmten Zweck eine bessere - oder auch nur eine andere - Lösung zu finden, als sie der Stand der Technik zur Verfügung stellt ([X.] 2009, 1039 - [X.]. 20 - Fischbissanzeiger), so ergab sich für ihn keine Veranlassung, den Betätigungshebel entsprechend den Merkmalen 8.1 und 8.2 mit einer [X.] in der Längserstreckung des Betätigungshebels an dessen Oberseite auszubilden.

Insoweit ist zu beachten, dass erfahrungsgemäß die technische Entwicklung nicht notwendigerweise diejenigen Wege geht, die sich bei nachträglicher Analyse der Ausgangsposition als sachlich plausibel oder gar mehr oder weniger zwangsläufig darstellen. Um das Begehen eines von den bisher beschrittenen Wegen abweichenden [X.] - hier die beschriebene Ausbildung des [X.]s entsprechend [X.] 8 - nicht nur als möglich, sondern dem Fachmann nahegelegt anzusehen, bedarf es - abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Fall, in dem es für den Fachmann auf der Hand liegt, was zu tun ist (vgl. [X.] 2009, 936 [X.]. 21 - Heizer; [X.], 814, [X.]. 26 – [X.]) - in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen ([X.] 2009, 746, [X.]. 20 - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung). Das Auffinden einer neuen Lehre zum technischen Handeln kann danach insbesondere nicht schon deshalb als nahe gelegt bewertet werden, weil lediglich keine Hinderungsgründe zutage treten, von dem im Stand der Technik Bekannten zum Gegenstand dieser Lehre zu gelangen. Diese Wertung setzt vielmehr voraus, dass das Bekannte dem Fachmann Anlass oder Anregung gab, zu der vorgeschlagenen Lehre zu gelangen ([X.] 2010, 407, [X.]. 17 – einteilige Öse).

Anspruch 1 hat nach alledem Bestand.

c) Die Unteransprüche werden durch den Anspruch 1 getragen.

II[X.]

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 [X.], § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Meta

1 Ni 4/10 (EU)

11.10.2011

Bundespatentgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 11.10.2011, Az. 1 Ni 4/10 (EU) (REWIS RS 2011, 2517)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2517

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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