Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.09.2016, Az. 1 StR 575/15

1. Strafsenat | REWIS RS 2016, 5888

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Gegenstand

Beihilfe zur Steuerhinterziehung: Würdigung einer Beihilfehandlung als besonders schwerer Fall; Einkommenssteuerpflicht als besonderes persönliches Merkmal


Tenor

1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 11. Februar 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorgenannte Urteil im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

3. Die Sache wird im Umfang der Aufhebungen zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

4. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.

2

Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich gegen die Annahme eines zu geringen Schuldumfangs und beanstandet die Strafzumessung.

3

Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft hat in vollem Umfang Erfolg, das Rechtsmittel des Angeklagten lediglich im Hinblick auf den Strafausspruch; im Übrigen ist es unbegründet.

I.

4

Nach den Feststellungen des [X.]s war [X.] als Vorstandsmitglied der [X.] im April/Mai 2005 mit der Veräußerung des Anteilsbesitzes der [X.] an der [X.]. betraut. Im zeitlichen Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung vereinbarte [X.] mit dem damaligen Geschäftsführer der operativen [X.] eine Zahlung von insgesamt knapp 44 Millionen US-Dollar an ihn persönlich, die als Beratungsleistungen getarnt werden sollten. Um den Zufluss der Gelder an ihn zu verschleiern, veranlasste [X.] den Geschäftsführer E. zum Abschluss einer als „Advisory Agreement 2006“ bezeichneten Vereinbarung, die den Anschein erwecken sollte, die Zahlung sei ein Entgelt der [X.]. mit Sitz auf M. für (tatsächlich nie erfolgte) Beratungsleistungen der von [X.] gehaltenen [X.]. Das Geld sollte über die ausschließlich zu diesem Zweck gegründete und keine Geschäftstätigkeit ausübende [X.] mit Sitz in [X.] vereinnahmt werden. Zwischen dem 26. Juli 2006 und dem 25. September 2006 gingen insgesamt 21.199.902 US-Dollar auf dem Konto der [X.] in [X.] ein und lösten eine Verdachtsanzeige wegen Geldwäsche gegen den Geschäftsführer der [X.] aus. [X.] beauftragte den Angeklagten, der als Rechtsanwalt und Steuerberater tätig war, mit der Vorbereitung der Errichtung einer „[X.]“ in [X.] zur Verwaltung seines Privatvermögens. In diese private Stiftung sollten die Zahlungen des E. eingebracht werden. Der Angeklagte wusste, dass [X.] hiervon bereits 21 Millionen € über das Geschäftskonto der [X.] vereinnahmt hatte. Der Angeklagte übernahm zum 23. März 2007 die alleinige Geschäftsführung der [X.] und stellte der Gesellschaft die Geschäfts-adresse der Kanzlei zur Verfügung. Ihm war klar, dass die [X.], außer der Vereinnahmung der Zahlungen aus dem „Advisory Agreement 2006“ keine geschäftliche Tätigkeit ausübte. Am 3. Mai 2007 gründete [X.] als Stifter die vom Angeklagten vorbereitete Privatstiftung. Der Angeklagte übernahm die alleinige Geschäftsführung der neu gegründeten [X.] GmbH, die an der [X.] ihren Sitz hatte, und eröffnete ein Geschäftskonto in [X.] . Die Gründung der [X.] GmbH war nach dem gemeinsamen Verständnis des Angeklagten und [X.] notwendig geworden, da wegen der [X.] die noch ausstehenden Zahlungen aus der Vereinbarung zwischen [X.] und E. nicht mehr über die [X.] vereinnahmt werden sollten. Der Angeklagte wusste, dass auch die [X.] GmbH lediglich Zahlstelle für die noch ausstehenden Beträge sein sollte.

5

Der Angeklagte entwickelte, um [X.] Schenkungsteuer bei der Einbringung der auf Konten der [X.] liegenden 21.199.902 US-Dollar in die Privatstiftung des [X.] zu vermeiden, eine [X.] zwischen der [X.] und der [X.] GmbH, die er am 3. Mai 2007 für beide Gesellschaften jeweils als Geschäftsführer unterzeichnete. Gegenstand der Vereinbarung war die Übereinkunft, die [X.] habe die im [X.] erhaltenen Zahlungen von Beginn an treuhänderisch für die [X.] GmbH als [X.] gehalten. Dies entsprach, wie der Angeklagte wusste, nicht den Tatsachen, da die bei der [X.] eingegangenen Gelder [X.] persönlich zustanden und die Gründung der [X.] GmbH bei Eingang der Zahlungen 2006 noch nicht geplant war.

6

Zur Tarnung eines weiteren Zahlungseingangs vor den [X.]n Steuerbehörden veranlasste [X.] im [X.] 2007 den Abschluss einer weiteren Vereinbarung, dem „Advisory Agreement 2007“, nunmehr zwischen der [X.] GmbH und einer von E. benannten Gesellschaft, der [X.]., mit Sitz auf den [X.] . Auch diese Vereinbarung sollte den falschen Anschein erwecken, die dort genannten Zahlungen in Höhe von insgesamt 25 Millionen US-Dollar seien ein Entgelt für Beratungsleistungen der [X.] GmbH gegenüber der auf den [X.] ansässigen Gesellschaft. Als der Angeklagte als Geschäftsführer der [X.] GmbH die Vereinbarung unterzeichnete, wusste er, dass diese – wie auch schon das „Advisory Agreement 2006“ – nur zum Schein abgeschlossen wurde, dass die [X.] GmbH – ebenso wie zuvor die [X.] – lediglich eine Zahlungsstelle der tatsächlich für [X.] bestimmten Zahlungen war und dass er [X.] durch den Abschluss des „Advisory Agreement 2007“ und die eingeräumte Kontovollmacht auf dem Geschäftskonto der [X.] GmbH den unmittelbaren Zugriff auf die Zahlungen des E. ermöglichen würde. Die eingegangenen 22.770.870 US-Dollar gab der Angeklagte als Geschäftsführer der [X.] GmbH gegenüber den [X.] Steuerbehörden als Betriebseinnahmen der [X.] an, um den Schein einer tatsächlichen Geschäftstätigkeit der [X.] GmbH aufrechtzuerhalten. Hierbei rechnete er damit, dass [X.] den Betrag nicht als eigenes Einkommen gegenüber den [X.]n Steuerbehörden angeben würde. Wie von Anfang an beabsichtigt, verschwieg [X.] bei der im Jahr 2009 abgegebenen Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2007 die im Jahr 2007 zugeflossenen 22.770.870 US-Dollar. Hierdurch verkürzte er Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum 2007 in Höhe von 7.148.664 € nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 393.176,52 €.

II.

7

Feststellungen zu einer Verkürzung der Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum 2006 hat die [X.] nicht getroffen. Sie konnte sich im Rahmen ihrer Beweiswürdigung keine Überzeugung davon bilden, dass der Angeklagte seine Tätigkeiten auch hinsichtlich der von [X.] für den Veranlagungszeitraum 2006 hinterzogenen Einkommensteuer vorsätzlich, d.h. mit dem Ziel, den Zufluss des Geldes an [X.] zu verschleiern, entfaltet hatte.

8

Die [X.] hat insoweit ausgeführt, der Angeklagte habe mit der Unterzeichnung der [X.] zwischen der [X.] und der [X.] GmbH am 3. Mai 2007 die beim Transferieren der Vermögenswerte in die Privatstiftung anfallende [X.] Schenkungsteuer vermeiden, nicht aber zusätzlich den bereits 2006 erfolgten Zufluss an [X.] verschleiern wollen; denn bei Beginn seines Mandats für den Geschäftsführer der [X.] im Rahmen des [X.] Ende 2006 und für [X.] im Februar 2007 sei die erste Tranche der von E. zugesagten Gelder durch [X.] bereits über die [X.] vereinnahmt gewesen.

III.

9

Die Revision des Angeklagten ist, soweit sie den Schuldspruch wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung für den Veranlagungszeitraum 2007 angreift, unbegründet, soweit sie den Strafausspruch beanstandet, begründet.

1. Die Verfahrensrügen bleiben aus den in der Antragsschrift des [X.] genannten Gründen erfolglos.

2. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat im Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die Beweiswürdigung des [X.]s ist hinsichtlich der Beihilfe zur Steuerhinterziehung für den Veranlagungszeitraum 2007 frei von [X.]; die Urteilsfeststellungen tragen auch die Wertung des [X.]s, der Angeklagte habe vorsätzlich gehandelt.

a) Die Beanstandung der Revision, das [X.] habe die auf dem Geschäftskonto der [X.] GmbH eingegangene Zahlung von 22.770.870 US-Dollar fälschlich als sonstige Einkünfte des [X.] gemäß § 22 Nr. 3 EStG behandelt, anstatt als solche des [X.] aus Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 15 Abs. 1 EStG), trägt nicht.

Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG und § 2 Abs. 1 Satz 2 des [X.] ([X.]) ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes oder einer anderen selbständigen Tätigkeit anzusehen ist. Außerdem müssen durch die Tätigkeit die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung überschritten werden. Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und der nicht steuerbaren Sphäre ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abzustellen (vgl. Beschlüsse des Großen Senats des [X.] – BFH – vom 3. Juli 1995 – GrS 1/93, [X.], 86, [X.] 1995, 617; vom 10. Dezember 2001 – GrS 1/98, [X.], 240, [X.] 2002, 291).

aa) Die 22.770.870 US-Dollar waren nach den Feststellungen des [X.]s keine Einkünfte der [X.] GmbH aus Gewerbebetrieb; denn die [X.] GmbH war nicht beratend und auch sonst nicht gewerblich tätig. Sie war nur „Einzahlungsstelle und Verwaltungsvehikel der tatsächlich für [X.] höchstpersönlich bestimmten Zahlungen“ ([X.], 9). Es sollte lediglich der Schein einer beratend tätigen Gesellschaft erzeugt werden, was die Deklaration der Zahlungen als Betriebseinnahmen der [X.] GmbH erforderte und die Veranlagung der [X.] GmbH zur [X.] Körperschaftsteuer sowie das Abführen der Steuer durch die Gesellschaft auslöste.

bb) Die Gespräche des [X.] mit E., die Veranlassung der Gründung verschiedener Gesellschaften, die Abwicklung der Zahlungsvorgänge und schließlich der Zufluss der 22.770.870 US-Dollar, erfüllen – anders als die Revision meint – die Merkmale der Gewerblichkeit in der Person des [X.] nicht. Zwar steht dem Merkmal einer selbständigen Betätigung nicht entgegen, dass [X.] Vorstandsmitglied der [X.] und in dieser Funktion mit der Veräußerung des Anteilsbesitzes betraut war, denn er handelte bei Veranlassung der Gründung verschiedener Gesellschaften und der Abwicklung der Zahlungsvorgänge nicht aufgrund arbeitsrechtlicher Weisung und nicht in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag, sondern aus eigenem Antrieb und außerhalb der zwischen ihm und der [X.] bestehenden Rechtsbeziehung, also selbständig. Es fehlt jedoch an einer nachhaltigen Tätigkeit zur Erbringung entgeltlicher Leistungen durch Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, da etwaig entfaltete Aktivitäten nur einem einzigen Ziel in einem überschaubaren Zeitraum dienten, nämlich den Zufluss der vereinnahmten 44 Millionen US-Dollar durch Veranlassung des Aufbaus und der Durchführung der [X.] zu verschleiern.

b) Soweit die Revision beanstandet, das Urteil lasse die Darstellung eines „Veranlassungszusammenhangs“, also eines nicht nur zeitlichen, sondern auch inhaltlichen Zusammenhangs zwischen der Zahlung an [X.] und dessen Verhalten bei der Veräußerung der Anteile der [X.] an der [X.], trifft dies nicht zu. Die Urteilsgründe machen in ihrem Gesamtzusammenhang noch hinreichend deutlich, dass die Zahlungen für eine Leistung des [X.] im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG erfolgt sind. Eine solche Leistung ist nach ständiger Rechtsprechung des [X.] [X.], Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vorgangs sein kann und eine Gegenleistung auslöst (vgl. z.[X.] Urteile vom 25. Februar 2009– IX R 33/07, [X.], 1253, unter II.2., und vom 28. November 2007 – [X.], [X.], 67, [X.] 2008, 469, unter [X.], jeweils mwN).

Das [X.] hat deutlich hervorgehoben, dass die Zahlungen nicht für Beratungsleistungen erfolgten, sondern die [X.] nur diesen falschen Schein erwecken sollten, dass [X.] im April/Mai 2005 mit der Veräußerung des Anteilsbesitzes der [X.] an der [X.] betraut war und „im zeitlichen Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung“ mit E. eine Zahlung von knapp 44 Millionen US-Dollar an ihn persönlich vereinbart hat ([X.]). In seiner Einvernahme als Zeuge hat [X.], wie das [X.] dargelegt hat, bestätigt, dass diese Zahlung an ihn persönlich im Zusammenhang mit dem Verkauf der [X.] stand, auch wenn er den genauen Grund der Zahlung nicht erläutert hat ([X.]). In der rechtlichen Würdigung wird darauf verwiesen, dass nicht festgestellt werden konnte, „welchen Hintergrund im Einzelnen“ die Zahlungen hatten ([X.]). Damit aber wird deutlich, dass die [X.] geprüft hat, ob ein Zusammenhang zwischen der Zahlungsvereinbarung und [X.], Dulden oder Unterlassen des [X.] im Rahmen der Veräußerung der Anteile bestand. Dieses hat die Kammer bejaht, indem sie eine Leistung des [X.] im einkommensteuerrechtlichen Sinn feststellt hat. Lediglich die Art der Leistung konnte sie auf Grund des [X.] des [X.] nicht spezifizieren.

c) Entgegen der Ansicht der Revision mindert die durch die [X.] GmbH in [X.] gezahlte Körperschaftsteuer weder die Höhe der durch [X.] verkürzten Einkommensteuer noch ist sie tauglicher Strafzumessungsgesichtspunkt. Die gezahlte ausländische Körperschaftsteuer war durch die [X.] GmbH als Körperschaftsteuersubjekt zu entrichten und nicht durch [X.], der zur Einkommensteuer zu veranlagen war. Sie war auch bei der Strafzumessung nicht zu berücksichtigen, weil sie lediglich zu den Kosten gehörte, die auf der von [X.] aufgebauten, der Hinterziehung seiner Einkommensteuer dienenden, [X.] beruhten, mit welcher der Zufluss an ihn verschleiert werden sollte.

Im Übrigen wird auf die Antragsschrift des [X.] Bezug genommen.

3. Der Strafausspruch hält dagegen rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Die [X.] hat im Rahmen der Strafzumessung § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 [X.] in der Fassung des [X.], gültig ab 1. Januar 2008, angewendet ([X.], [X.]. 1). Das ist rechtsfehlerhaft, da die Tat vor dem 1. Januar 2008 begangen wurde und § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 [X.] in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung als für den Angeklagten günstigeres Tatzeitrecht gemäß § 2 Abs. 3 StGB anzuwenden gewesen wäre.

Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung sieht in § 370 Abs. 3 Satz 1 [X.] für besonders schwere Fälle einen erhöhten Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vor. Ein besonders schwerer Fall liegt gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 [X.] in der Regel vor, wenn der Täter in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt. Wurde die Tat vor dem 1. Januar 2008 begangen, findet § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 [X.] in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung Anwendung. Das [X.] ist in diesem Fall nur dann erfüllt, wenn der Täter zudem aus grobem Eigennutz gehandelt hat.

Der Begehungszeitpunkt der Tat bestimmt sich gemäß § 2 Abs. 1, 2, § 8 StGB nach dem Zeitpunkt der [X.] als solcher und nicht nach dem Begehungszeitpunkt der Haupttat, den die [X.] für maßgeblich erachtet hat ([X.], [X.]. 1). Tatzeit der Haupttat war der 21. Januar 2009. An diesem Tag ist die am 14. Januar 2009 von [X.] unterzeichnete Einkommensteuererklärung beim Finanzamt eingegangen. Die [X.]en des Angeklagten waren aber alle zeitlich vorgelagert.

Die [X.] ist beendet, wenn sie als solche abgeschlossen ist; auf den [X.] kommt es nach § 8 Satz 2 StGB nicht an. Alle von der [X.] festgestellten [X.]en des Angeklagten wurden im Jahr 2007 begangen, so dass sich die [X.] damit hätte auseinandersetzen müssen, ob der Angeklagte aus grobem Eigennutz im Sinne des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 [X.] in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung gehandelt hat. Grober Eigennutz ist ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 StGB.

b) Die [X.] hat wegen des Vorliegens des „[X.]s einer Beihilfe zur Steuerverkürzung großen Ausmaßes“ (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 [X.]) der Strafzumessung den Strafrahmen für besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 Satz 1 [X.]) zugrunde gelegt, weil ihrer Auffassung nach bei einer Gesamtwürdigung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände keine Gründe dafür vorlägen, einen besonders schweren Fall abzulehnen. Dieser Ansatz hält der rechtlichen Prüfung nicht stand.

Es ist rechtsfehlerhaft, bei der Annahme eines besonders schweren Falles allein an das vom Haupttäter verwirklichte [X.] der Steuerverkürzung in großem Ausmaß anzuknüpfen. Ob die Voraussetzungen für die Annahme eines besonders schweren Falles (innerhalb oder außerhalb der [X.]e) erfüllt sind, ist bei mehreren Tatbeteiligten für jeden von ihnen gesondert zu prüfen. Das Ergebnis richtet sich – wenn auch unter Berücksichtigung der Tat des oder der anderen Beteiligten – jeweils nach dem Tatbeitrag und der Person des Teilnehmers, dessen Strafe zugemessen werden soll. Für die Bewertung der Tat des Gehilfen und den zugrunde zu legenden Strafrahmen ist somit entscheidend, ob sich die Beihilfe selbst – bei Berücksichtigung des Gewichts der Haupttat – als besonders schwerer Fall darstellt (st. Rspr.; [X.], Beschlüsse vom 17. Februar 1982 – 3 StR 19/82, [X.], 206; vom 12. Oktober 1987 – 2 StR 499/87; vom 17. März 1989 – 2 [X.]; [X.]R BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 4, Gehilfe 2; vom 22. September 2008 – 1 [X.], [X.], 690; vom 13. September 2007 – 5 StR 65/07, wistra 2007, 461 und vom 31. Juli 2012 – 5 [X.], NStZ-RR 2012, 342). Das hat die [X.] verkannt.

IV.

Die zum Nachteil des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg, weil die Beweiswürdigung zum Schuldspruch und die Strafzumessung des Urteils Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten enthalten.

1. [X.] entfalteten Tätigkeiten des Angeklagten (Gründung der [X.] GmbH, Übernahme der Geschäftsführung für die [X.] und die [X.] GmbH, Zur-Verfügung-Stellen des Kanzleisitzes als jeweiligen Firmensitz, Vorbereitung der Stiftung und Abschluss der [X.]) bilden rechtlich eine einheitliche Tat der Beihilfe, die sich auf zwei Veranlagungszeiträume des Haupttäters auswirkt.

a) Dem Angeklagten lag nicht nur Beihilfe zur Hinterziehung von Einkommensteuer in Höhe von 7.148.664 € (nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 393.176,52 €) für den Veranlagungszeitraum 2007 zur Last, sondern auch eine Teilnahme an der Hinterziehung von Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum 2006 und zwar insbesondere dadurch, dass er als Geschäftsführer der [X.] tätig war, der Gesellschaft die [X.] in S. als Sitz zur Verfügung stellte und die [X.] bezüglich des Transfers der im [X.] auf einem Geschäftskonto der [X.] eingegangenen 21.199.902 US-Dollar entwickelte und unterzeichnete.

Die [X.] konnte sich allerdings nicht davon überzeugen, dass der Angeklagte auch hinsichtlich des im [X.] eingegangenen Betrags mit dem Vorsatz handelte, dessen Zufluss zu verschleiern, weil die [X.] lediglich der Vermeidung [X.]r Schenkungsteuer beim Transfer der Vermögenswerte in die Stiftung dienen und nicht zusätzlich den im Veranlagungszeitraum 2006 erfolgten Zufluss bei [X.] verschleiern sollte.

b) Diese Wertung ist mit den getroffenen Feststellungen nicht vereinbar und widersprüchlich. Die Beweiswürdigung erweist sich damit in diesem Punkt als rechtsfehlerhaft.

Die [X.] hat festgestellt, dass der Angeklagte bei Unterzeichnung des „Advisory Agreement 2007“ wusste, dass dieses – wie schon das ihm im Rahmen des [X.] vorgelegte „Advisory Agreement 2006“ – lediglich zum Schein abgeschlossen wurde und die [X.] GmbH – wie zuvor die [X.] – nur „Einzahlungsstelle und Verwaltungsvehikel“ der tatsächlich für [X.] bestimmten Zahlungen war. Ihm war bei Vorbereitung der „[X.]“ klar, dass die [X.] außer der Vereinnahmung der Zahlungen aus dem „Advisory Agreement 2006“ keine geschäftliche Tätigkeit ausübte ([X.], 9). Hinsichtlich der [X.] im Jahr 2007 zugeflossenen Gelder ging der Angeklagte davon aus, dass diese bei korrekter steuerlicher Behandlung in [X.] der Einkommensteuer unterfielen. Für die im [X.] zugeflossenen Beträge kann nichts Anderes gelten.

Die [X.] hat weiter festgestellt, dass die vom Angeklagten entwickelte und von ihm am 3. Mai 2007 für beide Gesellschaften jeweils als Geschäftsführer unterzeichnete [X.] zwischen der [X.] und der [X.] GmbH inhaltlich nicht der Wahrheit entsprach, weil die [X.] die 2006 eingegangenen Gelder nicht treuhänderisch für die [X.] GmbH als [X.] gehalten hatte. Die [X.] GmbH war 2006 noch nicht geplant. Sie wurde erst später wegen des [X.] notwendig und die Gelder standen [X.] persönlich zu ([X.]. Dies wusste der Angeklagte. Auch wenn die [X.] dazu diente, [X.] Schenkungsteuer bei der Einbringung der auf den Konten der [X.] liegenden 21.199.902 US-Dollar in die Privatstiftung zu vermeiden, führte sie zwangläufig – ebenso wie bei den 2007 vereinnahmten [X.] – zur Hinterziehung [X.]r Einkommensteuer.

2. Die [X.] hat den Strafrahmen des § 370 Abs. 3 [X.] gemäß §§ 27, 49 Abs. 1 StGB (wegen Beihilfe) erstmals und über § 28 Abs. 1 StGB [X.] gemildert, weil dem Angeklagten das persönliche Merkmal der Einkommensteuerpflicht in [X.] fehle.

Eine weitere Milderung des Strafrahmens über § 28 StGB war jedoch rechtlich nicht veranlasst. Täter einer Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 [X.] kann nicht nur der Steuerschuldner, sondern jedermann sein, sofern er die Voraussetzungen erfüllt, die das Gesetz an die [X.]chaft stellt. § 370 Abs. 1 Nr. 1 [X.] ist kein Sonderdelikt, das nur durch den [X.] als Täter begangen werden kann ([X.], Beschlüsse vom 3. September 1970 – 3 StR 155/69, [X.]St 23, 319, 322; vom 17. Juli 1991 – 5 [X.], [X.]St 38, 37, 41 und vom 7. November 2006 – 5 [X.], [X.], 112, 113; Urteil vom 6. Juni 2007 – 5 [X.], [X.]St 51, 356, 359). Die im Einzelfall bestehende Steuerpflicht ist daher kein besonderes persönliches Merkmal, das die Strafbarkeit des [X.] gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 [X.] begründet.

3. Der Senat hebt auf die Revision der Staatsanwaltschaft auch die für sich genommen rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen für die den Veranlagungszeitraum 2007 betreffende Beihilfe zur Steuerhinterziehung auf, um dem neuen Tatrichter insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen, insbesondere zur inneren Tatseite, zu ermöglichen.

Raum                        Graf                        Jäger

                Radtke                   Fischer

Meta

1 StR 575/15

06.09.2016

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG München I, 11. Februar 2015, Az: 5 KLs 405 Js 16131/11

§ 27 StGB, § 28 Abs 1 StGB, § 49 Abs 1 StGB, § 370 Abs 1 Nr 1 AO, § 370 Abs 3 S 1 AO, § 370 Abs 3 S 2 Nr 1 AO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.09.2016, Az. 1 StR 575/15 (REWIS RS 2016, 5888)

Papier­fundstellen: WM 2016, 2172 REWIS RS 2016, 5888

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Referenzen
Wird zitiert von

29 KLs 5/22

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1 StR 56/17

1 StR 447/14

1 StR 265/16

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