Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.06.2006, Az. II ZB 21/05

II. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 3178

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[X.] vom 12. Juni 2006 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO §§ 122 Abs. 1 Nr. 3, 126 Abs. 1; UStG § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 2 Bei der Kostenfestsetzung nach § 126 Abs. 1 ZPO kann der beigeordnete Rechtsanwalt von der unterlegenen [X.] nicht die Erstattung von [X.] auf die Honorarforderung fordern. Für die arme, zum Abzug der [X.] berechtigte [X.] ist der ihr von dem Prozessbevollmächtigten in Rech-nung zu stellende [X.] ein durchlaufender Posten.
[X.], [X.]. vom 12. Juni 2006 - [X.] - [X.] [X.] - 2 - [X.] [X.] hat am 12. Juni 2006 durch [X.], Prof. Dr. Gehrlein, [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uss des 3. Zivilsenats des [X.] vom 23. August 2005 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen. Gegenstandswert: 211,44 • Gründe: 1 [X.] Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der H.

GmbH S. (Schuldnerin). In dieser Eigen-schaft hat er den Beklagten als vormaligen Geschäftsführer und Alleingesell-schafter der Schuldnerin erstinstanzlich auf Zahlung in Anspruch genommen. Für die Klage wurde ihm antragsgemäß Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung des [X.] bewilligt. Das [X.] hat durch Urteil vom 6. Juli 2005 der Klage im Wesentlichen stattgegeben und dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Bereits zuvor war dem [X.] auf dessen Antrag ge-mäß §§ 47, 55 [X.] durch die Staatskasse ein Vorschuss von 1.208,14 •, ein-schließlich Umsatzsteuer in Höhe von 166,64 •, gewährt worden. Nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils hat der [X.] für den 2 - 3 - - vorsteuerabzugsberechtigten - Kläger Kostenfestsetzung hinsichtlich der [X.] zwischen den Prozesskostenhilfe- und den Wahlanwaltsgebühren in Höhe von netto 1.321,50 • und gleichzeitig im eigenen Namen nach § 126 ZPO die Festsetzung der auf diesen Differenzbetrag entfallenden Umsatzsteuer von 211,44 • gegenüber dem Beklagten beantragt. 3 Das [X.] hat die Festsetzung der Umsatzsteuer abgelehnt, das [X.] die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde zurückgewie-sen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. I[X.] Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, der [X.] könne nach § 126 Abs. 1 ZPO nur solche Beträge geltend machen, die der Beklagte dem Kläger erstatten müsse. Hierzu zähle die Umsatzsteuer wegen der [X.] des [X.] nicht. Davon abgesehen stehe § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO einer Inanspruchnahme des [X.] durch den [X.] für die im Verfahren angefallene Honorarforderung und die darauf entfallende Umsatzsteuer entgegen. 4 II[X.] Die dagegen gerichteten Angriffe der gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässigen Rechtsbeschwerde haben keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Beschwerdegericht einen Anspruch des [X.] nach § 126 Abs. 1 ZPO auf Festsetzung der Umsatzsteuer gegenüber dem [X.] verneint. 5 1. Zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass der [X.] hier Leistungen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG erbracht hat, die - auch in Form des Differenzbetrages zur [X.] - der Umsatzsteuer unterliegen, und dass er deswegen nach § 13 a Abs. 1 Nr. 1 6 - 4 - UStG als Steuerschuldner zur Abführung der auf die gesamte Honorarforderung entfallenden Umsatzsteuer verpflichtet ist. Nur im Ergebnis zutreffend ist dage-gen die Auffassung des [X.], dass der Rechtsbeschwerdefüh-rer den auf den Differenzbetrag entfallenden, abzuführenden Umsatzsteueran-teil nicht gegenüber dem Beklagten geltend machen kann. Die [X.] des [X.] steht nicht nur dem Ansatz der Umsatzsteuer im Kostenfestsetzungsverfahren zwischen dem Kläger und dem Beklagten (§ 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO), sondern auch in dem von dem [X.] nach § 126 Abs. 1 ZPO betriebenen Verfahren entgegen. Wie bei einer nicht bedürftigen vorsteuerabzugsberechtigten [X.] ist der Rechtsbeschwerdefüh-rer darauf verwiesen, die von ihm geschuldete Umsatzsteuer gegenüber sei-nem Mandanten geltend zu machen und darf nicht die Gegenseite damit be-lasten, wie dies der [X.] für sachgerecht hält. 2. Dem steht § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht entgegen (a.A. [X.] [X.] 1997, 588; [X.] [X.] 1993, 29 f.). Zwar darf ein Rechts-anwalt nach § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gegenüber seiner [X.], der [X.] bewilligt worden ist, Ansprüche auf Vergütung nicht geltend machen. Diese Vergütung umfasst nach § 1 Abs. 1 [X.] neben Gebühren auch die [X.] des Rechtsanwalts, zu denen nach Nr. 7008 des [X.] in Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 [X.] auch die Umsatzsteuer auf die Vergütung gehört. Soweit die bedürftige [X.] - ausnahmsweise - zum Abzug der [X.] berechtigt ist, ist der Schutzzweck des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO jedoch nicht berührt; die Vorschrift mit ihrem zu weit gehenden Wortlaut ist [X.] mit den Regelungen des Umsatzsteuergesetzes teleologisch zu reduzie-ren. 7 - 5 - a) Der vom Gesetzgeber mit der Sperrwirkung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO intendierte Schutz der bedürftigen [X.] hindert die Geltendmachung der Umsatzsteuer durch den Prozessbevollmächtigten ihr gegenüber nicht. Mit die-ser Regelung soll sichergestellt werden, dass kein Bürger an der gerichtlichen Durchsetzung seiner Rechte deshalb gehindert wird, weil er nicht zur Aufbrin-gung der Prozesskosten in der Lage ist (BT-Drucks. 8/3068, [X.]). Die bedürf-tige [X.] schuldet danach zwar dem ihr beigeordneten Rechtsanwalt die (Wahlanwalts-)Vergütung. Der Anspruch des Rechtsanwalts unterliegt jedoch bis zur Aufhebung der Bewilligung nach § 124 ZPO einer Forderungssperre ([X.] in: [X.], ZPO 22. Aufl. § 121 Rdn. 30; § 126 Rdn. 12; [X.]/ [X.], ZPO 25. Aufl. § 122 Rdn. 11 f. jew. m.w.Nachw.). Die bedürftige [X.] soll nicht mit Kosten belastet werden, zu deren Aufbringung sie nicht in der [X.] ist. 8 Diese Gefahr besteht bei einem bedürftigen vorsteuerabzugsberechtig-ten Unternehmer hinsichtlich der ihm in Rechnung gestellten Umsatzsteuer nicht. Auf Basis der Rechnung des Rechtsanwalts kann eine solche [X.] vom Finanzamt Erstattung der an den Rechtsanwalt zu zahlenden Umsatzsteuer verlangen, so dass der Betrag - als durchlaufender Posten - wirtschaftlich nicht von der bedürftigen [X.] getragen werden muss, sie deshalb nicht belastet und an einer Prozessführung nicht hindert. Keiner Entscheidung bedarf hier die Frage, wie zu verfahren ist, wenn die grundsätzlich vorsteuerabzugsberechtigte [X.] für die ihr seitens des Anwalts in Rechnung gestellte Umsatzsteuer - ausnahmsweise - keine Vorsteuererstattung erhält. 9 b) Zudem gebietet auch der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung, dass die Geltendmachung der Umsatzsteuer gegenüber der bedürftigen [X.]n [X.] von der Sperrwirkung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 10 - 6 - ZPO nicht erfasst wird. Die in der Rechtsprechung der Instanzgerichte ([X.] aaO; [X.] aaO) vertretene Auslegung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, auf die sich der [X.] beruft, setzt sich darüber hinweg, dass der [X.] schon aus steuerrechtlichen Grün-den - unter Drohung, wegen einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden (§ 26 a Abs. 1 Nr. 1 UStG) - verpflichtet ist, auch der bedürftigen [X.] eine Rechnung zu stellen. Die Rechnung hat der Unternehmer gegenüber dem Leis-tungsempfänger (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 UStG), also demjenigen zu erteilen, der aus dem der Leistung zugrunde liegenden Schuld-verhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist ([X.], Urt. v. 7. November 2000 - [X.], [X.], 212, 213 m.w.Nachw.). Das ist der Kläger, nicht aber der Beklagte oder die Staatskasse. - 7 - c) Diese Auslegung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO steht darüber hinaus in Einklang mit der Überlegung, dass es ersichtlich nicht gerechtfertigt ist, den [X.] Gegner allein deshalb mit höheren Kosten zu belasten, weil die [X.] obsiegende [X.] bedürftig im Sinne der [X.]vorschriften ist. 11 [X.]Strohn

[X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 06.07.2005 - 2 O 1286/04 - [X.], Entscheidung vom 23.08.2005 - 3 W 974/05 -

Meta

II ZB 21/05

12.06.2006

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.06.2006, Az. II ZB 21/05 (REWIS RS 2006, 3178)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 3178

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