Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22.08.2017, Az. 1 ABR 52/14

1. Senat | REWIS RS 2017, 6327

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Gegenstand

Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde - Beteiligtenwechsel - Änderung gewillkürter Betriebsverfassungsstrukturen - Mitbestimmungsrecht - Selbstverpflichtung zum Umgang mit mobilen Arbeitsmitteln


Leitsatz

1. Die nach Abschluss, Änderung oder Ende eines Tarifvertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BetrVG neu gewählten Betriebsräte werden jeweils Funktionsnachfolger der Betriebsräte, die diese Einheiten zuvor repräsentiert haben, sofern die vor und nach der Änderung von den Betriebsräten jeweils repräsentierten organisatorischen Einheiten zuverlässig voneinander abgegrenzt werden können.

2. Stellt ein Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern klar, dass mit der Ausgabe eines mobilen Arbeitsmittels nicht die Erwartung verbunden ist, dieses in der Freizeit zu dienstlichen Zwecken zu nutzen, unterliegt eine solche Erklärung nicht der Mitbestimmung.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des [X.] vom 15. Mai 2014 - 18 [X.] 828/12, 18 [X.] 830/12 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zum Umgang mit mobilen Arbeitsmitteln während der Freizeit.

2

Der antragstellende Betriebsrat war bei Einleitung des Beschlussverfahrens im Mai 2011 bei der zu 2. beteiligten Arbeitgeberin, einem abhängigen Konzernunternehmen (§ 18 AktG), für den „Betrieb [X.] - [X.]“ als einer von sechs Flächenbetrieben „Vertrieb und Service Deutschland ([X.])“ gebildet. Grundlage war der Zuordnungstarifvertrag für die [X.] (vom 1. April 2010 idF vom 1. April 2011 - [X.] 2011). Durch den nachfolgenden Zuordnungstarifvertrag vom 1. November 2013 (idF vom 1. Febr[X.]r 2016 - [X.] 2016) wurden sechs Flächenbetriebe „Geschäftskundenvertrieb“ ([X.]) als selbstständige Organisationseinheiten gebildet. Nach der Anlage zu diesem Tarifvertrag gehörten zu den regionalen Betrieben [X.] der „Betrieb [X.] Ost - [X.]“ mit „Standort“ [X.] und der „Betrieb [X.] Nord - [X.]“ mit „Standort“ [X.]. Der zuletzt zum 1. Juli 2017 in [X.] getretene Zuordnungstarifvertrag vom 3. Mai 2017 ([X.] 2017) bestimmte schließlich [X.].:

        

§ 3 Zuordnung der Betriebsteile

        

(1)     

…       

        

(2)     

…       

                 

Selbstständige Organisationseinheiten sind:

                 

-       

Drei regionale Betriebe [X.]:

                 

-       

Nord/Ost;

                 

-       

[X.];

                 

-       

Süd/Südwest

                 

…       

                 
        

Protokollnotiz zu § 3 Absatz 2:

        

Protokollnotiz: Der Betrieb, der die meisten Beschäftigten repräsentiert, nimmt den kleineren Betrieb auf.“

3

Einer der drei regionalen Betriebe ist nach der Anlage zum [X.] 2017 der „[X.] Nord/Ost - [X.]“ mit „Standort“ [X.]. Nach der Ergebnisniederschrift zu § 3 Abs. 2 des [X.] 2017 gingen die Tarifvertragsparteien davon aus, dass „auf Basis der aktuellen und prognostischen Beschäftigtenanzahl ... Ost in Nord ... integriert wird“. Im Betrieb [X.] Nord - [X.] waren bei Inkrafttreten des [X.] 2017 mehr Arbeitnehmer beschäftigt als im Betrieb [X.] Ost - [X.].

4

Bereits am 19. Jan[X.]r 2011 hatte das herrschende Unternehmen eine „Selbstverpflichtung zum Umgang mit mobilen Arbeitsmitteln (mobile devices) für tarifliche und außertarifliche Beschäftigte“ herausgegeben. Diese ist seitdem im Intranet abrufbar und lautet auszugsweise wie folgt:

        

„Vorwort

        

Veränderte Rahmenbedingungen und schnell wechselnde Trends prägen das Arbeitsleben der heutigen [X.]. ...

        

Um diesen Herausforderungen adäq[X.]t zu begegnen und doch weiterhin von den Vorteilen dieser neuen Kommunikationsmöglichkeiten zu profitieren, sind Empfehlungen notwendig, die Grenzen ziehen und die Erwartungen seitens des Unternehmens deutlich machen.

        

…       

        

1 Einführung

        

Eine angemessene Nutzung von mobile devices im Konzern [X.], die die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben unterstützt, ist am ehesten möglich, wenn es entsprechende Orientierung für den Umgang gibt.

        

Dazu gehört, dass Werte wie Respekt, Anerkennung und Wertschätzung gegenüber dem Anderen im Vordergrund stehen, und auch seine Persönlichkeit und seine persönlichen Freiräume zu berücksichtigen sind und nicht nur die eigene [X.]einteilung und berufliche Bedürfnisse.

        

Diese Werte sind Grundsätze in der [X.] und als solche im [X.] als Anspruch an und für jeden Beschäftigten im Konzern [X.] verankert. Dieser Anspruch findet sich auch in den fünf Leitlinien der [X.] wieder, …

        

Die Inhalte dieser Leitlinien sind gleichzeitig Grundlage dieser Selbstverpflichtung um ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem sich unsere Beschäftigten respektiert fühlen und Vertrauen die Basis der Zusammenarbeit darstellt.

        

Durch klare Grundsätze im Umgang mit mobile devices außerhalb der Arbeitszeit, sowie durch Grundsätze, die die Beantwortungszeit von E-Mails betreffen, kommen wir im Konzern [X.] diesem Ziel näher. Von dieser Selbstverpflichtung bleiben die gesetzlichen, tariflichen oder betrieblichen Regelungen zur Arbeitszeitgestaltung unberührt.

        

2 Grundsätze

        

…       

        

Wir schaffen ein Arbeitsumfeld, das motiviert, fördert und persönliche Freiräume zulässt.

                 

•       

…       

        

Wir fordern und fördern einen verantwortungsvollen und wertschätzenden Umgang mit mobile devices.

                 

•       

Außerhalb der Arbeitszeit wird grundsätzlich nicht erwartet, dass mobile Arbeitsmittel dienstlich benutzt werden.

                 

•       

Wir achten die persönlichen Freiräume unserer Beschäftigten und gehen davon aus, dass im Urlaub auf Anrufe, Lesen und Bearbeiten von beruflichen E-Mails verzichtet wird.

                 

•       

Wir stellen hiermit klar, dass bei ausnahmsweiser Nutzung außerhalb der Arbeitszeit keine Erwartungshaltung für die umgehende Beantwortung und Bearbeitung von E-Mails besteht. Hierbei bauen wir auf die Selbstverantwortung eines jeden Beschäftigten.

                 

•       

Jeder Nutzer sollte sich bewusst fragen, ob ein E-Mail Versand außerhalb der Arbeitszeit notwendig ist.

                 

•       

Ausnahmen bilden Krisensit[X.]tionen und Sit[X.]tionen, in denen ein unmittelbares Handeln erforderlich ist. Hier ist die direkte Kommunikation per Anruf zu bevorzugen.

        

Wir setzen uns ein für eine von gegenseitigem Respekt geprägte Meetingkultur.

                 

•       

Ein verantwortungsvoller und wertschätzender Umgang mit mobile devices in Meetings ist ebenso Grundvoraussetzung für ein gutes Miteinander.

                 

•       

Zu Beginn des Meetings soll das gemeinsame Vorgehen abgestimmt und begründete Ausnahmen definiert werden.

                 

•       

Das Ausschalten der mobile devices in Sitzungen und Teammeetings ist für uns eine Frage des Respekts anderen gegenüber sowie eine Frage des Anspruchs, der Effektivität und der Leistungsorientierung eines Meetings.“

5

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin dürfe ohne seine Beteiligung die in der Selbstverpflichtung zum Ausdruck gebrachte Erwartungshaltung gegenüber der Belegschaft nicht kommunizieren. Diese betreffe mitbestimmungspflichtige Angelegenheiten der betrieblichen Ordnung und Arbeitszeitgestaltung.

6

Der Betriebsrat hat zuletzt noch beantragt

        

1.    

festzustellen, dass er vor der Unterbreitung der „Selbstverpflichtung zum Umgang mit mobilen Arbeitsmitteln (mobile devices) für tarifliche und außertarifliche Beschäftigte“ an Arbeitnehmer der Arbeitgeberin nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 [X.] mitzubestimmen hat,

        

2.    

festzustellen, dass er vor der Unterbreitung der „Selbstverpflichtung zum Umgang mit mobilen Arbeitsmitteln (mobile devices) für tarifliche und außertarifliche Beschäftigte“ an Arbeitnehmer der Arbeitgeberin nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 [X.] mitzubestimmen hat,

        

hilfsweise zum Antrag zu 2.

        

3.    

festzustellen, dass er vor der Unterbreitung der „Selbstverpflichtung zum Umgang mit mobilen Arbeitsmitteln (mobile devices) für tarifliche und außertarifliche Beschäftigte“ an Arbeitnehmer der Arbeitgeberin nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.] mitzubestimmen hat.

7

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen.

8

Die Vorinstanzen haben die Anträge abgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat sein bisheriges Antragsziel weiter.

9

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Dem Betriebsrat steht das geltend gemachte Mitbestimmungsrecht nicht zu.

I. [X.] ist zulässig. Der Betriebsrat [X.] - [X.] ist als [X.] des verfahrenseinleitenden Betriebsrats nunmehr als Rechtsbeschwerdeführer am Verfahren beteiligt.

1. Antragsteller war zum [X.]punkt der Verfahrenseinleitung im Mai 2011 der für die selbstständige Organisationseinheit „Betrieb [X.] - [X.]“ nach dem [X.] 2011 gebildete Betriebsrat, wenngleich er das Verfahren unter der unzutreffenden Bezeichnung „Betriebsrat der [X.], Vertrieb und Service Deutschland“ anhängig machte. Der [X.] 2016 vollzog ohne inhaltliche Änderung eine Umbenennung der damaligen sechs Flächenbetriebe Vertrieb und Service Deutschland ([X.]) in Geschäftskundenvertrieb ([X.]) nach. Der Antragsteller wurde nunmehr als Betriebsrat [X.] Ost - [X.] bezeichnet.

2. Durch den [X.] 2017 ist der Betriebsrat [X.] Nord/Ost - [X.] nunmehr anstelle des Betriebsrats [X.] Ost - [X.] Beteiligter des vorliegenden Verfahrens geworden.

a) Nach § 83 Abs. 3 ArbGG richtet sich die Beteiligung an einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach materiellem Recht, ohne dass es einer darauf gerichteten Handlung der Person oder Stelle oder des Gerichts bedarf ([X.] 9. Dezember 2008 - 1 [X.] - Rn. 13, [X.]E 128, 358). Für das [X.] ist entscheidend, wer materiell-rechtlich berechtigt oder verpflichtet ist. Geht im Laufe eines Beschlussverfahrens die Zuständigkeit zur Wahrnehmung der verfahrensgegenständlichen Rechte auf ein anderes betriebsverfassungsrechtliches Gremium über, wird dieses Beteiligter des anhängigen Beschlussverfahrens. Endet aufgrund einer Neuwahl das Amt eines Betriebsrats, wird nach dem Prinzip der Funktionsnachfolge und dem Grundgedanken der Kontinuität betriebsverfassungsrechtlicher Interessenvertretungen der neu gewählte Betriebsrat [X.] seines Vorgängers und tritt in dessen Beteiligtenstellung in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ein ([X.] 8. Dezember 2010 - 7 [X.] - Rn. 11 mwN). Dies gilt sowohl im Falle der gesetzlichen als auch bei einer nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 [X.] gewillkürten Betriebsverfassungsstruktur. Die nach Abschluss, Änderung oder Ende eines solchen Tarifvertrags neu gewählten Betriebsräte treten jeweils die Funktionsnachfolge der Betriebsräte an, die diese Einheiten zuvor repräsentiert haben. Voraussetzung für eine Funktionsnachfolge ist allerdings, dass die vor und nach der Änderung von den [X.] jeweils repräsentierten organisatorischen Einheiten zuverlässig voneinander abgegrenzt werden können (vgl. [X.] 24. August 2011 - 7 [X.] - Rn. 15 mwN, [X.]E 139, 127). Im [X.]raum zwischen der mit Inkrafttreten des Tarifvertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 [X.] einhergehenden Änderung der Betriebsverfassungsstrukturen und der Errichtung des neuen Betriebsrats führt dessen Vorgänger die Geschäfte nach Maßgabe der §§ 21a, 21b [X.] weiter. Diese sind im Bereich gewillkürter Betriebsverfassungsstrukturen anwendbar. Das zeigt § 3 Abs. 5 [X.] ([X.] 2017, 128, 137 mwN).

b) Hiernach ist aufgrund der Regelungen des [X.] 2017 der Betriebsrat [X.] Nord/Ost - [X.] [X.] des bisher am Verfahren beteiligten Betriebsrats, der bei der vormaligen betriebsverfassungsrechtlichen Organisationseinheit [X.] Ost - [X.] gebildet war. Er ist in dessen Rechtsposition als Beteiligter und damit als Rechtsbeschwerdeführer eingetreten.

aa) § 3 Abs. 2 des [X.] 2017 verringerte ab 1. Juli 2017 die Anzahl der vormaligen sechs Flächenbetriebe auf drei regionale Betriebe [X.], und zwar Nord/Ost, [X.] und [X.]. Nach der Protokollnotiz zu § 3 Abs. 2 [X.] 2017 nimmt der Betrieb, der die meisten Beschäftigten repräsentiert, den kleineren auf. Dies war nach der Ergebnisniederschrift zu § 3 Abs. 2 [X.] 2017 auf Basis der aktuellen und prognostischen Beschäftigtenzahlen der Betrieb [X.] Nord - [X.], in den der Betrieb [X.] Ost - [X.] „integriert wird“.

bb) Da im aufnehmenden Betrieb [X.] Nord - [X.] bereits ein Betriebsrat existierte, ist das Amt des Betriebsrats [X.] Ost - [X.] nach § 21a Abs. 2 iVm. § 21a Abs. 1 Satz 1 [X.] ohne Übergangsmandat erloschen.

cc) Der [X.] zum Betriebsrat der Organisationseinheit [X.] Nord/Ost - [X.] trat ohne Weiteres und allein aufgrund materiellen Rechts ein; der Vornahme von Prozesshandlungen bedurfte es dazu nicht (vgl. [X.] 21. Jan[X.]r 2003 - 1 [X.] - Rn. 35 mwN). Der nunmehr beteiligte Betriebsrat hat die Rechtsbeschwerde weiterverfolgt. Seine Beteiligtenstellung wird durch seinen zwischenzeitlichen Rücktritt und die eingeleiteten Neuwahlen nicht berührt (§ 22 iVm. § 13 Abs. 2 Nr. 3 [X.]).

II. [X.] hat keinen Erfolg. Der zulässige Feststellungsantrag ist unbegründet.

1. Die nach gebotener Auslegung als einheitliches Begehren zu verstehenden [X.] sowie der zum Antrag zu 2. gestellte Hilfsantrag sind zulässig.

a) Nach ihrem Wortlaut betreffen die Feststellungsanträge ein Mitbestimmungsrecht „vor der Unterbreitung der ‚Selbstverpflichtung …‘ an Arbeitnehmer der Arbeitgeberin“. Allerdings geht es dem Betriebsrat weder um ein Mitbestimmungsrecht zu Art und Weise der Bekanntgabe der Selbstverpflichtung noch um deren Erlass. Wie aus der [X.] und seinem Vorbringen folgt, geht der Betriebsrat davon aus, die Arbeitgeberin habe sich die Selbstverpflichtung des herrschenden Unternehmens vom 19. Jan[X.]r 2011 zu eigen gemacht und erwarte von den Arbeitnehmern deren künftige Beachtung. Auch hat der Betriebsrat - wie das [X.] zutreffend erkannt hat - nicht zwei [X.] und zu einem ein Hilfsfeststellungsbegehren gestellt. Vielmehr wird für einen einheitlichen Vorgang ein Mitbestimmungsrecht beansprucht. Soweit der Betriebsrat dieses bei seiner [X.] mit einer rechtlichen Begründung verknüpft, ist das für den Senat nicht bindend und auch nicht Teil eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses (vgl. [X.] 26. April 2016 - 1 ABR 21/14 - Rn. 12 mwN).

b) Mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es ist nicht zweifelhaft, an welcher Maßnahme der Betriebsrat beteiligt werden soll. Dem Antrag kommt auch das erforderliche Feststellungsinteresse zu, § 256 Abs. 1 ZPO. Die Arbeitgeberin stellt das geltend gemachte Mitbestimmungsrecht in Abrede.

2. Der Antrag ist unbegründet. Die streitbefangene Maßnahme unterliegt nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 [X.]. Sie regelt schon keine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit. Ob es sich überhaupt um eine Maßnahme der Arbeitgeberin handelt, bedarf keiner Entscheidung.

a) Ein Mitbestimmungsrecht folgt nicht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 [X.].

aa) Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 [X.] hat der Betriebsrat mitzubestimmen in Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist das betriebliche Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer. Dieses kann der Arbeitgeber kraft seiner Leitungsmacht durch Verhaltensregeln oder sonstige Maßnahmen beeinflussen und koordinieren. Zweck des Mitbestimmungsrechts ist es, die Arbeitnehmer hieran zu beteiligen. Sie sollen an der Gestaltung des betrieblichen Zusammenlebens gleichberechtigt teilnehmen ([X.] 23. Febr[X.]r 2016 - 1 ABR 18/14 - Rn. 20 mwN). Dagegen sind Regelungen und Weisungen, welche die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisieren - sog. Arbeitsverhalten - nicht mitbestimmungspflichtig ([X.] 7. Febr[X.]r 2012 - 1 [X.] - Rn. 17, [X.]E 140, 343).

bb) Ebenfalls ist der außerbetriebliche private Lebensbereich der Arbeitnehmer der Regelungsbefugnis der Betriebsparteien entzogen. § 87 Abs. 1 Nr. 1 [X.] berechtigt die Betriebsparteien nicht, in die private Lebensführung einzugreifen und begründet insoweit auch kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Der Begriff des Betriebs ist dabei nicht räumlich, sondern funktional zu verstehen. Daher kann ein Mitbestimmungsrecht auch dann bestehen, wenn es um das Verhalten der Arbeitnehmer außerhalb der Betriebsstätte, etwa gegenüber Kunden und Lieferanten, geht. Es setzt weiterhin nicht voraus, dass die entsprechenden Vorgaben des Arbeitgebers verbindlich sind. Ausreichend ist es, wenn die Maßnahme darauf gerichtet ist, das betriebliche Verhalten der Arbeitnehmer zu steuern oder die Ordnung des Betriebs zu gewährleisten ([X.] 22. Juli 2008 - 1 [X.] - Rn. 58 f. mwN, [X.]E 127, 146).

cc) Nach diesen Grundsätzen zielt die vom Betriebsrat behauptete Maßnahme der Arbeitgeberin nicht auf das Ordnungsverhalten. Vielmehr bringt sie lediglich zum Ausdruck, dass mit der Ausgabe mobiler Arbeitsmittel keine stillschweigende Erwartung verbunden ist, diese auch außerhalb der betrieblichen Arbeitszeit in der Freizeit zu dienstlichen Zwecken zu nutzen. Eine damit einhergehende Konkretisierung ihres Weisungsrechts betrifft das Arbeitsverhalten und nicht das betriebliche Verhalten der Arbeitnehmer untereinander. Das gilt erst recht in Bezug auf den Umgang mit mobilen Arbeitsmitteln während dienstlicher Besprechungen.

b) Ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 3 [X.] scheidet offenkundig aus. Die vom Betriebsrat angeführte Erwartungshaltung der Arbeitgeberin betrifft weder Regelungen zur betrieblichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen noch solche zu deren vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung.

        

    Schmidt    

        

    Treber    

        

    Heinkel    

        

        

        

    Hayen    

        

    Rose    

                 

Meta

1 ABR 52/14

22.08.2017

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Berlin, 22. März 2012, Az: 54 BV 7072/11, Beschluss

§ 3 Abs 1 Nr 1 BetrVG, § 3 Abs 1 Nr 2 BetrVG, § 3 Abs 1 Nr 3 BetrVG, § 87 Abs 1 Nr 1 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22.08.2017, Az. 1 ABR 52/14 (REWIS RS 2017, 6327)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 6327

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