Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 09.04.2019, Az. 1 ABR 30/17

1. Senat | REWIS RS 2019, 8393

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Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des [X.] vom 17. Januar 2017 - 4 [X.] - teilweise aufgehoben.

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des [X.] vom 25. Februar 2016 - 3 [X.] - wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Abweisung des [X.] richtet.

Im Übrigen wird das Verfahren eingestellt.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu einer personellen Maßnahme sowie deren vorläufige Durchführung.

2

Die Arbeitgeberin erbringt bundesweit Dienstleistungen auf dem Gebiet der Informationstechnik und der Telekommunikation. Der beteiligte Betriebsrat war bei Einleitung des Beschlussverfahrens aufgrund eines [X.] für die [X.] gebildet. Aufgrund eines nachfolgenden [X.] vom 1. Dezember 2017 ([X.] 2017) wurde für den regionalen Betrieb [X.], [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.] der Betriebsrat T gewählt.

3

Die Arbeitgeberin schloss mit dem Gesamtbetriebsrat im April 2014 eine „Rahmenvereinbarung zu den [X.] 2015+“ ([X.]) ab. § 7 Abs. 3 [X.] bestimmt, dass die Festlegung der Beschäftigten, die aufgrund eines Interessenausgleichs von einem Arbeitsplatzwegfall betroffen sind, nach einem bestimmten Verfahren zu erfolgen hat. Nimmt ein Arbeitnehmer nur zum Teil wegfallende Aufgaben wahr und ist damit „teilbetroffen“, ist die Auswahl unter allen Arbeitnehmern, die mit diesen Aufgaben beschäftigt sind, nach einem in § 8 [X.] geregelten Verfahren durchzuführen. § 8 [X.] lautet auszugsweise:

        

§ 8   

        

Auswahlverfahren bei Teil-Betroffenheit

        

(1)     

Ziel des Auswahlverfahrens unter den teilbetroffenen Beschäftigten … ist eine Festlegung, bei welchen Beschäftigten der Arbeitsplatz bestehen bleibt und bei welchen Beschäftigten der Arbeitsplatz wegfällt.

                 

Bei der Auswahl der Beschäftigten für die verbleibenden Arbeitsplätze sollen die Businessanforderungen und die betrieblichen Belange berücksichtigt aber auch die [X.] Aspekte der Beschäftigten mit beachtet werden. Die Auswahl erfolgt auf der Grundlage … folgender Merkmale:

        

▪       

fachliche Eignung in Bezug auf die verbleibenden Arbeitsplätze und ggf. erforderliche Qualifizierung,

        

▪       

[X.] Gesichtspunkte durch freiwillige Angabe des Beschäftigten (Geburtsdatum, Eintrittsdatum, Anzahl der kindergeldberechtigten Kinder, Familienstand, Schwerbehinderung sowie besondere [X.] Gesichtspunkte).

        

(2)     

Zur Koordinierung der Umsetzung des Auswahlverfahrens für die im Interessenausgleich (§ 5) festgelegte betriebsändernde Maßnahme wird jeweils ein [X.] gebildet. In das [X.] entsenden die [X.]-schließenden Parteien jeweils bis zu drei Vertreter. … [X.] hat eine Stimme.

        

(3)     

Auf der Basis des in Absatz (1) genannten Auswahlprinzips und der dort genannten Merkmale erstellt der Arbeitgeber einen Vorschlag für eine Auswahlentscheidung und stellt diese einschließlich der weiteren erforderlichen Unterlagen dem [X.] rechtzeitig vor der Sitzung zur Verfügung. Das [X.] trifft innerhalb von in der Regel 7 bis 14 Kalendertagen eine abschließende Auswahlentscheidung. Ist eine einvernehmliche Auswahlentscheidung im [X.] im Einzelfall nicht möglich, erfolgt innerhalb von 5 Arbeitstagen eine Abstimmung zwischen dem Vorsitzenden/Sprecher des [X.]-schließenden Betriebsratsgremiums und einem Vertreter des betroffenen Geschäftsführungsbereichs. Kommt es auch hier zu keiner einvernehmlichen Lösung, wird der strittige Fall zwischen dem [X.] und dem [X.] mit dem Ziel einer einvernehmlichen Entscheidung behandelt. Kann auch hier keine einvernehmliche Lösung erzielt werden, liegt das [X.] beim Arbeitgeber.

        

(4)     

Aus den Ergebnissen des Verfahrens … wird eine namentliche Liste erstellt ... Diese Umsetzungsliste wird Grundlage zur Einleitung der erforderlichen personellen Einzelmaßnahmen.“

4

Die nach § 8 [X.] ausgewählten Arbeitnehmer gehen - sofern sie nicht gegen Zahlung einer Abfindung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden - mit tatsächlicher Umsetzung der im Interessenausgleich vorgesehenen Maßnahme in die Betreuung von [X.] und Placement ([X.]) über (§ 7 Abs. 6 Satz 2 [X.]). Hierbei handelt es sich um eine Einheit, die die Arbeitnehmer bis zur Weitervermittlung auf einen anderen Arbeitsplatz betreut, sie bei der Suche nach anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten innerhalb und außerhalb der Arbeitgeberin unterstützt und ihnen alternative Beschäftigungsmöglichkeiten vermittelt (§ 9 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Die betroffenen Arbeitnehmer werden aus den bisherigen operativen [X.] herausgenommen; gleichzeitig übernimmt ein [X.] ihre Betreuung und unterbreitet Beschäftigungsangebote. § 9 Abs. 3 Satz 2 [X.] sieht vor, dass sich die Arbeitnehmer „aktiv an der [X.]“ „beteiligen“. Bei einem gleichwertigen Arbeitsplatzangebot haben sie die Pflicht, sich hierauf zu bewerben und unter bestimmten Voraussetzungen dieses anzunehmen (§ 9 Abs. 3 Satz 3 [X.]). Bis zur Weitervermittlung auf einen anderen Arbeitsplatz sind die Arbeitnehmer nach § 9 Abs. 4 [X.] verpflichtet, auf Anforderung auch temporäre Projekteinsätze wahrzunehmen sowie zur Weitervermittlung erforderliche Qualifizierungsmaßnahmen durchzuführen; dabei können auch einsatzfreie Zeiten auftreten. Gemäß § 9 Abs. 4 Satz 4 [X.] bleiben die „beiderseitigen arbeitsvertraglichen Pflichten unberührt“. Nach den „[X.]“ zum [X.] entscheidet der jeweilige [X.] über die Durchführung von temporären [X.] und [X.]. Die betroffenen Arbeitnehmer sollen weiterhin ihre täglichen Beschäftigungszeiten, mindestens aber die für den jeweiligen Tag maßgebende individuelle Sollarbeitszeit zuzüglich Pausen erfassen. Sie erhalten - sofern sie hierüber nicht bereits verfügen - zu Bewerbungszwecken einen Laptop, dessen Software sie regelmäßig aktualisieren müssen.

5

Die Arbeitgeberin vereinbarte Anfang 2015 mit dem Gesamtbetriebsrat den Interessenausgleich und Sozialplan „[X.] 2015“ ([X.]/[X.]). Nach dessen § 6 Abs. 1 gelten für die Durchführung der dort vorgesehenen personalreduzierenden Maßnahmen ua. die §§ 6 bis 11 [X.]. Die Anlage 1 zum [X.]/[X.] weist für das Team, dem der [X.] angehört, einen Personalüberhang aus. Das [X.] entschied in der Folgezeit einvernehmlich, dass dessen Arbeitsplatz wegfällt. Hierüber wurde der Arbeitnehmer in einem Gespräch am 11. Mai 2015 unterrichtet.

6

Die Arbeitgeberin bat den Betriebsrat am 20. Mai 2015 um Zustimmung zum beabsichtigten Wechsel des Arbeitnehmers B in die Betreuung durch [X.]. Dem Antrag waren ua. die mitarbeiterbezogenen Durchführungsregelungen zum [X.] und eine Dokumentation über das Gespräch mit dem betroffenen Arbeitnehmer beigefügt. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung mit E-Mail vom 28. Mai 2015. Die Arbeitgeberin unterrichtete den Betriebsrat am 29. Juni 2015 über ihre Absicht, die Maßnahme zum 6. Juli 2015 vorläufig durchzuführen. Dieser bestritt mit E-Mail vom 8. Juli 2015 die Dringlichkeit der vorläufigen Maßnahme.

7

Mit einer am 8. Juli 2015 beim [X.] eingegangenen Antragsschrift hat die Arbeitgeberin das vorliegende Zustimmungsersetzungsverfahren eingeleitet. Sie hat geltend gemacht, den Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet zu haben. Die vom Betriebsrat geltend gemachten Gründe rechtfertigten die Zustimmungsverweigerung nicht. Die vorläufige Durchführung der Maßnahme sei dringend erforderlich.

8

Die Arbeitgeberin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Zustimmung zur Versetzung des Arbeitnehmers B aus dem Geschäftsfeld [X.], [X.], SeM Public Sector & Healthcare, Länder & Kommunen, Team „Team 01_2“ O-SMDPH0402 in die Betreuung durch „[X.] und Placement“ zum 6. Juli 2015 zu ersetzen;

        

2.    

festzustellen, dass die vorläufige Versetzung des Arbeitnehmers B in die Betreuung „[X.] und Placement“ zum 6. Juli 2015 aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist.

9

Der Betriebsrat hat die Abweisung der Anträge begehrt.

Das [X.] hat die Anträge der Arbeitgeberin abgewiesen. Es hat angenommen, der [X.] sei mangels ordnungsgemäßer Unterrichtung unbegründet. Das [X.] hat die Beschwerde der Arbeitgeberin mit der Begründung zurückgewiesen, der Übergang des Arbeitnehmers in die Betreuung von [X.] sei keine mitbestimmungspflichtige Versetzung. Mit seiner Rechtsbeschwerde erstrebt der Betriebsrat die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist begründet.

I. Der Betriebsrat T ist als [X.] des für den früheren Betrieb [X.] errichteten Betriebsrats nunmehr als Rechtsbeschwerdeführer am Verfahren beteiligt.

1. Nach § 83 Abs. 3 ArbGG richtet sich die Beteiligung an einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach materiellem Recht, ohne dass es einer darauf gerichteten Handlung der Person, der Stelle oder des Gerichts bedarf. Für das [X.] ist entscheidend, wer materiell-rechtlich berechtigt oder verpflichtet ist. Geht im Laufe eines Beschlussverfahrens die Zuständigkeit zur Wahrnehmung der verfahrensgegenständlichen Rechte auf ein anderes betriebsverfassungsrechtliches Gremium über, wird dieses Beteiligter des anhängigen Beschlussverfahrens. Endet aufgrund einer Neuwahl das Amt eines Betriebsrats, wird nach dem Prinzip der Funktionsnachfolge und dem Grundgedanken der Kontinuität betriebsverfassungsrechtlicher Interessenvertretungen der neu gewählte Betriebsrat [X.] seines Vorgängers und tritt in dessen Beteiligtenstellung in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ein. Dies gilt sowohl im Fall der gesetzlichen als auch bei einer nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 [X.] gewillkürten Betriebsverfassungsstruktur. Die nach Abschluss, Änderung oder Ende eines solchen Tarifvertrags neu gewählten Betriebsräte treten jeweils die Funktionsnachfolge der Betriebsräte an, die diese Einheiten zuvor repräsentiert haben. Voraussetzung für eine Funktionsnachfolge ist allerdings, dass die vor und nach der Änderung von den [X.] jeweils repräsentierten organisatorischen Einheiten zuverlässig voneinander abgegrenzt werden können ([X.] 22. August 2017 - 1 [X.] - Rn. 13, [X.]E 160, 41).

2. Hiernach ist aufgrund der Regelungen im [X.] 2017 der Betriebsrat T [X.] des bisher am Verfahren beteiligten Betriebsrats. Er ist in dessen Rechtsposition als Beteiligter und damit als Rechtsbeschwerdeführer eingetreten. Nach § 3 Abs. 1 [X.] 2017 werden mit Ausnahme des Organisationsbereichs „Telekom Security“ die Betriebe und Betriebsteile aller übrigen Organisationsbereiche entsprechend der Anlage 1 zum [X.] 2017 regionalen Betrieben zugeordnet. Die [X.] gehört nunmehr zum regionalen Betrieb „[X.], [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.]“. Für diesen Betrieb iSv. § 3 Abs. 5 Satz 1 iVm. § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] ist der Betriebsrat T errichtet.

3. Der [X.] trat ohne Weiteres und allein aufgrund materiellen Rechts ein; der Vornahme von Prozesshandlungen bedurfte es dazu nicht ([X.] 22. August 2017 - 1 [X.] - Rn. 17 mwN, [X.]E 160, 41).

II. [X.] ist zulässig.

1. Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels setzt voraus, dass der Rechtsmittelführer durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist und mit seinem Rechtsmittel gerade die Beseitigung dieser Beschwer begehrt ([X.] 26. September 2018 - 7 [X.] - Rn. 11).

2. Diese Voraussetzungen sind gegeben.

a) Der Betriebsrat wird durch die Entscheidung des [X.]s beschwert. Zwar hat das [X.] die Anträge der Arbeitgeberin abgewiesen. Dementsprechend ist die Arbeitgeberin und nicht der Betriebsrat durch seine Entscheidung formell beschwert. Allerdings hat es den Anträgen der Arbeitgeberin deswegen nicht entsprochen, weil es die verfahrensgegenständliche Maßnahme nicht für zustimmungsbedürftig gehalten hat. Damit hat es der Arbeitgeberin im Ergebnis etwas zugesprochen, was der Betriebsrat mit seinem Abweisungsantrag verhindern wollte. Hieraus folgt dessen materielle Beschwer (vgl. auch [X.] 17. März 2015 - 1 [X.] - Rn. 16).

b) [X.] zielt - wie deren Begründung zeigt - auch auf die Beseitigung dieser Beschwer. Ob der Senat bei einer Zustimmungspflicht für die streitbefangene Maßnahme abschließend in der Sache entscheiden kann, ist entgegen der Annahme der Arbeitgeberin für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde des Betriebsrats unerheblich.

III. [X.] hat Erfolg. Das [X.] hat das Zustimmungsersetzungsbegehren der Arbeitgeberin zu Unrecht mit der Begründung abgewiesen, die streitbefangene personelle Maßnahme bedürfe keiner Zustimmung des Betriebsrats. Der Antrag zu 1. ist vielmehr deshalb unbegründet, weil die Arbeitgeberin den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß nach § 99 Abs. 1 Satz 1 [X.] unterrichtet hat. Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag zu 2.

1. Der [X.] der Arbeitgeberin ist zwar zulässig, jedoch unbegründet. Die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung des Arbeitnehmers B in die Betreuung durch [X.] ist nicht zu ersetzen.

a) Der Antrag zu 1. ist zulässig. Die Arbeitgeberin verfügt über das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Der Übergang des Arbeitnehmers B in die Betreuung von [X.] stellt eine Versetzung iSd. § 95 Abs. 3 [X.] dar.

aa) Das Rechtsschutzbedürfnis für einen [X.] nach § 99 Abs. 4 [X.] setzt voraus, dass der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 [X.] bei der vom Arbeitgeber noch beabsichtigten endgültigen personellen Einzelmaßnahme hat und dieser daher dessen Zustimmung bedarf ([X.] 14. April 2015 - 1 [X.] - Rn. 14 mwN).

bb) Diese Voraussetzungen liegen vor. Im Unternehmen der Arbeitgeberin sind in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 [X.] beschäftigt. Der [X.] soll auf unabsehbare Zeit und damit länger als einen Monat durch den Bereich [X.] betreut werden und dabei den besonderen Bedingungen der [X.] unterliegen. Diese Maßnahme der Arbeitgeberin stellt eine Versetzung dar.

(1) Versetzung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1, § 95 Abs. 3 Satz 1 [X.] ist die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die die Dauer von voraussichtlich einem Monat überschreitet oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. „Arbeitsbereich“ sind die Aufgabe und Verantwortung des Arbeitnehmers sowie die Art seiner Tätigkeit und ihre Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebs. Der Begriff ist räumlich und funktional zu verstehen. Er umfasst neben der Arbeitsleistung auch die Art der Tätigkeit und den gegebenen Platz in der betrieblichen Organisation. Um die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs handelt es sich, wenn sich das gesamte Bild der Tätigkeit des Arbeitnehmers so verändert hat, dass die neue Tätigkeit vom Standpunkt eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters nunmehr als eine „andere“ anzusehen ist ([X.] 8. November 2016 - 1 [X.] - Rn. 13 mwN). Keine zustimmungspflichtige Versetzung liegt dagegen vor, wenn dem Arbeitnehmer nur sein bisheriger Arbeitsbereich entzogen und kein neuer zugewiesen wird. Bestimmt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht zu einer anderen Tätigkeit, ist für eine Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 [X.] kein Raum (vgl. [X.] 17. Februar 2015 - 1 [X.] - Rn. 28 mwN, [X.]E 151, 27).

(2) Demgemäß stellt der Übergang des Arbeitnehmers B in die Betreuung durch [X.] eine Versetzung dar. Die Durchführung des in § 6 Abs. 1 [X.]/[X.] iVm. § 8 Abs. 1 bis Abs. 3 [X.] vorgesehenen Auswahlverfahrens führt nicht nur dazu, dass der Arbeitnehmer infolge des Wegfalls seines Arbeitsplatzes nach § 9 Abs. 2 Satz 4 Buchst. c Satz 1 [X.] seine bisher wahrgenommenen Aufgaben beenden muss und aus dem darauf bezogenen operativen [X.] herausgenommen wird. Vielmehr hat der damit nach § 7 Abs. 6 Satz 2 iVm. § 9 Abs. 2 Satz 4 Buchst. c Satz 2 [X.] gleichzeitig verbundene Übergang in die Betreuung durch [X.] zur Folge, dass sich die ihm obliegenden Aufgaben derart ändern, dass sie als „andere“ anzusehen sind.

(a) Die in die Betreuung durch [X.] übergegangenen Arbeitnehmer sind nach den Regelungen der [X.] gehalten, sich aktiv an der Vermittlung auf einen neuen Arbeitsplatz zu beteiligen. Nach § 6 Abs. 1 [X.]/[X.] iVm. § 9 Abs. 3 Satz 3 [X.] sind sie verpflichtet, sich auf gleichwertige Beschäftigungsangebote der Arbeitgeberin zu bewerben und diese bei Erfolg auch anzunehmen. Darüber hinaus haben sie nach § 6 Abs. 1 [X.]/[X.] iVm. § 9 Abs. 4 Satz 2 [X.] bis zur Weitervermittlung auf einen anderen Arbeitsplatz die Pflicht, auf Anforderung seitens ihres zuständigen [X.]n temporäre Projekteinsätze und die zu ihrer Weitervermittlung erforderlichen Qualifizierungsmaßnahmen durchzuführen. Im Gegensatz zu einer nicht nach § 99 Abs. 1 [X.] zustimmungspflichtigen Freistellung des Arbeitnehmers von seiner Arbeitspflicht während der Kündigungsfrist ([X.] 17. Februar 2015 - 1 [X.] - Rn. 28, [X.]E 151, 27) wird damit die Pflicht der in die Betreuung durch [X.] gewechselten Arbeitnehmer zur Erbringung von Arbeitsleistungen nicht dauerhaft suspendiert. Dies zeigt auch die Regelung in § 9 Abs. 4 Satz 4 [X.], wonach die beiderseitigen arbeitsvertraglichen Pflichten während der Betreuung durch [X.] „unberührt“ bleiben sollen. Durch den Wechsel zum [X.] soll lediglich der Inhalt der von den Arbeitnehmern erwarteten Leistungen umgestaltet werden. Operative Tätigkeiten müssen sie nur noch auf Abruf und vorübergehend erbringen. Im Übrigen besteht ihre Aufgabe darin, an einer Weitervermittlung auf einen anderweitigen Arbeitsplatz - ggfs. durch Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen - entweder bei der Arbeitgeberin oder bei anderen Arbeitgebern mitzuarbeiten. Damit ändert sich nicht nur die Einbindung der betroffenen Arbeitnehmer in die betriebliche Organisation, sondern ihnen wird auch eine andere Aufgabe und Art von Tätigkeit zugewiesen.

(b) Entgegen der Annahme der Arbeitgeberin führt nicht erst der temporäre Projekteinsatz des der Betreuung durch [X.] unterstellten Arbeitnehmers zu einer zustimmungspflichtigen Versetzung. Da die Arbeitnehmer nach § 6 Abs. 1 [X.]/[X.] iVm. § 9 Abs. 4 Satz 2 [X.] jederzeit auf Anforderung derartige Einsätze wahrzunehmen haben, zeichnet sich ihr Arbeitsverhältnis nach der Konzeption der Rahmenvereinbarung während der [X.] durch [X.] dadurch aus, dass sie nicht mehr ständig an einem Arbeitsplatz beschäftigt werden. Die Zuweisung der einzelnen Projekteinsätze bedarf damit nach § 95 Abs. 3 Satz 2 iVm. § 99 Abs. 1 [X.] keiner Zustimmung des Betriebsrats.

(c) Unerheblich ist, inwieweit die Regelungen in § 6 Abs. 1 [X.]/[X.] iVm. § 9 Abs. 3 und Abs. 4 [X.] über die Pflichten der in die Betreuung durch [X.] übergegangenen Arbeitnehmer wirksam sind. Die betriebsverfassungsrechtliche Mitbestimmung bei einer Versetzung knüpft an die tatsächliche Zuweisung eines neuen Arbeitsbereichs als Realakt an ([X.] 17. Februar 2015 - 1 [X.] - Rn. 28, [X.]E 151, 27). Ob ein solcher zugewiesen wurde, bestimmt sich ausschließlich nach den tatsächlichen Verhältnissen im Betrieb (vgl. [X.] 28. März 2000 - 1 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.]E 94, 163). Damit kommt es nicht darauf an, ob das arbeitsvertragliche Pflichtenprogramm von den Betriebsparteien wirksam umgestaltet worden ist.

(3) Die Rechtsprechung des [X.], wonach die Zuordnung zum [X.] ([X.]) des [X.] keine Versetzung iSv. § 12 Abs. 1 [X.] darstellt ([X.] 15. August 2006 - 9 [X.] - Rn. 23 f., [X.]E 119, 181; 13. März 2007 - 9 [X.] - Rn. 26 ff.), steht dem vorliegenden Ergebnis schon deswegen nicht entgegen, weil der Begriff der Versetzung iSv. § 12 Abs. 1 [X.] nicht dem nach § 95 Abs. 3 [X.] entspricht. Soweit nach der Rechtsprechung des [X.] die Zuordnung von Beschäftigten zum genannten [X.] nicht der Mitbestimmung des Personalrats nach § 86 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.] unterliegt (BVerwG 2. August 2005 - 6 [X.]/04 - Rn. 13 ff.), beruht dies tragend darauf, dass es sich hierbei nicht um eine Versetzung iSd. Beamten- und Tarifrechts handelt, weil die betroffenen Arbeitnehmer - anders als vorliegend - nicht aktiv an der Erfüllung der dem [X.] gestellten Aufgaben mitwirken.

b) Wie vom [X.] zutreffend angenommen ist der [X.] unbegründet, weil die Arbeitgeberin den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß unterrichtet hat.

aa) Voraussetzung für die gerichtliche Zustimmungsersetzung nach § 99 Abs. 4 [X.] ist eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber. Nur diese setzt die Frist für die Zustimmungsverweigerung in Lauf. Dazu hat der Arbeitgeber den Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 Satz 1 [X.] über die beabsichtigte personelle Einzelmaßnahme unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen ausreichend zu unterrichten. Der Betriebsrat muss aufgrund der mitgeteilten Tatsachen in die Lage versetzt werden zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 [X.] genannten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt ([X.] 13. März 2013 - 7 [X.] - Rn. 31 f. mwN). Die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 [X.] wird grundsätzlich auch dann nicht in Lauf gesetzt, wenn der Betriebsrat es unterlässt, den Arbeitgeber auf die offenkundige Unvollständigkeit der Unterrichtung hinzuweisen ([X.] 13. März 2013 - 7 [X.] - Rn. 34 mwN). Das gilt auch, wenn der Betriebsrat zum Zustimmungsersuchen in der Sache Stellung nimmt und seine Zustimmung mit Bezug auf Gründe nach § 99 Abs. 2 [X.] verweigert ([X.] 14. Dezember 2004 - 1 [X.] - Rn. 48, [X.]E 113, 109). Durfte der Arbeitgeber allerdings davon ausgehen, den Betriebsrat vollständig unterrichtet zu haben, kann es Sache des Betriebsrats sein, innerhalb der Frist um Vervollständigung der Auskünfte zu bitten ([X.] 13. März 2013 - 7 [X.] - Rn. 34 mwN).

bb) Die Arbeitgeberin durfte vorliegend nicht davon ausgehen, ihre Pflicht zur Unterrichtung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 [X.] vollständig erfüllt zu haben. Die Unterrichtung war ersichtlich nicht ausreichend. Daher kommt es nicht darauf an, ob der Betriebsrat hierauf fristgemäß hingewiesen hat.

(1) Der Betriebsrat muss aufgrund der von der Arbeitgeberin mitgeteilten Tatsachen prüfen können, ob das in § 6 Abs. 1 [X.]/[X.] iVm. § 8 Abs. 1 bis Abs. 3 [X.] vorgesehene Auswahlverfahren eingehalten wurde. Die genannten Regelungen stellen eine Richtlinie iSv. § 95 Abs. 1 iVm. § 99 Abs. 2 Nr. 2 [X.] dar. Zwar ist Ziel des dort vereinbarten Auswahlverfahrens lediglich die Festlegung, bei welchen Beschäftigten der Arbeitsplatz bestehen bleibt und bei welchen er wegfällt (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Wird ein teilbetroffener Arbeitnehmer ausgewählt, so hat dies allerdings zur Folge, dass er nach dem in § 9 Abs. 2 Satz 4 Buchst. a bis c [X.] vorgesehenen Überleitungsprozess in die Betreuung durch [X.] übergeht, sofern er nicht zuvor einen Aufhebungsvertrag nach § 10 Abs. 2 [X.] schließt oder von sich aus eine anderweitige Entscheidung „zur Neuorientierung“ trifft. Arbeitnehmer, die ihr Arbeitsverhältnis mit der Arbeitgeberin nicht beenden, werden damit bei einer Auswahl zwangsläufig in die Betreuung durch [X.] übergeleitet und damit in diese - unter Zuweisung anderer Aufgaben - versetzt iSv. § 99 Abs. 1 [X.].

(2) Für die Auswahl der betroffenen Arbeitnehmer sieht § 8 Abs. 1 bis Abs. 3 [X.] ein bestimmtes Verfahren vor. Danach ist die Auswahlentscheidung - vorrangig - einvernehmlich durch ein stimmenmäßig paritätisches Gremium auf der Grundlage der in § 8 Abs. 1 Satz 3 [X.] festgelegten Merkmale unter Berücksichtigung der in § 8 Abs. 1 Satz 2 [X.] genannten [X.] zu treffen. Trifft das - auf der ersten Stufe zuständige - [X.] eine einvernehmliche Entscheidung, bei welchen der teilbetroffenen Arbeitnehmern der Arbeitsplatz wegfällt, ist diese nach § 8 Abs. 3 Satz 2 [X.] „abschließend“ und damit für die Arbeitgeberin auch für die weitere Durchführung der hieraus resultierenden personellen Einzelmaßnahmen nach § 8 Abs. 4 Satz 2 [X.] bindend. Dies hat zur Folge, dass auch der gemäß § 99 Abs. 1 [X.] bei der Versetzung des betroffenen Arbeitnehmers in die Betreuung durch [X.] zu beteiligende Betriebsrat der Auswahl nicht erfolgreich nach § 99 Abs. 2 Nr. 2 [X.] mit der Begründung widersprechen kann, das Auswahlergebnis sei angesichts der Vorgaben in § 8 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 [X.] unzutreffend. Infolge der besonderen Ausgestaltung des Auswahlverfahrens beschränkt sich der dem Betriebsrat nach § 99 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zustehende [X.] vielmehr nur auf die Prüfung, ob das in § 8 Abs. 1 bis Abs. 3 [X.] vorgesehene Auswahlverfahren eingehalten wurde.

(3) Damit der Betriebsrat die Möglichkeit hat, die Einhaltung dieses Verfahren zu überprüfen, hat die Arbeitgeberin ihn über den Kreis der in die Auswahl einbezogenen (teilbetroffenen) Arbeitnehmer zu informieren und ihm die Merkmale mitzuteilen, auf Grundlage derer nach § 8 Abs. 1 Satz 3 [X.] die Auswahl durch das [X.] erfolgt ist. Die Arbeitgeberin muss den Betriebsrat darüber unterrichten, von welchen [X.] Gesichtspunkten der in den Kreis einbezogenen Arbeitnehmer und von welchen fachlichen Qualifikationen der Beschäftigten in Bezug auf die verbleibenden Arbeitsplätze das [X.] ausgegangen ist. Zudem hat die Arbeitgeberin dem Betriebsrat etwaige Unterlagen vorzulegen, die sie nach § 8 Abs. 3 Satz 1 [X.] dem [X.] für die Durchführung des Auswahlverfahrens zur Verfügung gestellt hat. Über die Gründe für die getroffene Auswahl hat die Arbeitgeberin den Betriebsrat hingegen nicht in Kenntnis zu setzen.

(4) Da sich das Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nur auf die Einhaltung des Auswahlverfahrens erstreckt, kann der Betriebsrat allerdings nicht schon dann die Zustimmung verweigern, wenn das [X.] bei seiner Entscheidung von einzelnen unzutreffenden [X.] Gesichtspunkten ausgegangen ist oder wenn es nicht alle Umstände seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, die - aus Sicht des Betriebsrats - für die Bewertung der fachlichen Eignung betroffener Arbeitnehmer von Bedeutung sein sollten. Bei der Bewertung der fachlichen Eignung der teilbetroffenen Arbeitnehmer in Bezug auf die verbleibenden Arbeitsplätze kommt dem Arbeitgeber - ebenso wie dem stimmenmäßig paritätisch besetzten [X.] - ein vom Betriebsrat zu beachtender Beurteilungsspielraum zu. Nur dann, wenn die tatsächlichen Grundlagen zur Bewertung der fachlichen Eignung der Arbeitnehmer und die [X.] Gesichtspunkte iSv. § 8 Abs. 1 Satz 3 [X.], die Grundlage der vom [X.] getroffenen Auswahlentscheidung waren, insgesamt derart fehlerhaft sind, dass im Rahmen einer Gesamtschau nicht mehr davon gesprochen werden kann, dass das durchgeführte Auswahlverfahren den Vorgaben des § 8 Abs. 1 bis Abs. 3 [X.] entspricht, ist der Betriebsrat berechtigt, die Zustimmung zur Versetzung der ausgewählten Arbeitnehmer in die Betreuung durch [X.] nach § 99 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zu verweigern.

(5) Danach war die in der E-Mail vom 20. Mai 2015 erfolgte Unterrichtung der Arbeitgeberin erkennbar unzureichend. Es fehlen Angaben zum auswahlrelevanten Personenkreis und zu den Merkmalen iSv. § 8 Abs. 1 Satz 3 [X.], auf Grundlage derer die Auswahl erfolgt ist.

cc) Die Arbeitgeberin hat die fehlende Information auch nicht im Zustimmungsersetzungsverfahren nachgeholt (vgl. zu dieser Möglichkeit [X.] 5. Mai 2010 - 7 [X.] - Rn. 34 mwN). Zwar hat sie mit Schriftsatz vom 1. Juli 2016 ihre bisherigen Angaben in Bezug auf den auswahlrelevanten Personenkreis ergänzt. Jedoch hat sie es erneut versäumt, Angaben zu den [X.] Gesichtspunkten und zur fachlichen Eignung aller in die Auswahl einbezogenen teilbetroffenen Arbeitnehmer zu machen.

2. Das Verfahren ist bezügl. des Antrags zu 2. in entsprechender Anwendung von § 81 Abs. 2 Satz 2, § 83a Abs. 2 Satz 1 ArbGG einzustellen (vgl. [X.] 11. Oktober 2016 - 1 [X.] - Rn. 17 mwN).

        

    Schmidt    

        

    [X.]    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    Olaf Kunz    

        

    Rigo Züfle    

                 

Meta

1 ABR 30/17

09.04.2019

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Frankfurt, 25. Februar 2016, Az: 3 BV 522/15, Beschluss

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 09.04.2019, Az. 1 ABR 30/17 (REWIS RS 2019, 8393)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 8393

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