Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.03.2019, Az. 25 W (pat) 593/17

25. Senat | REWIS RS 2019, 8956

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Un gout de fou…Jusqu`au bout" - Freihaltungsbedürfnis – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2016 020 093.2

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 25. März 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], der Richterin [X.] sowie des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortfolge

2

[X.]…[X.]

3

ist am 12. Juli 2016 zur Eintragung als Wortmarke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für die folgenden Waren der [X.] angemeldet worden:

4

Zuckerwaren, feine Back- und Konditorwaren und nicht medizinische Kaugummis.

5

Die Markenstelle für [X.] des [X.]s hat diese unter dem Aktenzeichen 30 2016 020 093.2 geführte Anmeldung mit Beschluss einer Beamtin des gehobenen Dienstes vom 3. Juli 2017 wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] und entgegenstehendem [X.] gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zurückgewiesen. Die sprachregelgerecht gebildete [X.] Wortfolge bedeute „ein toller/irrer Geschmack…bis zum Ende“. Die angemeldete Wortfolge erschöpfe sich bei ihrer Aussage in einer werbe- und sprachüblichen Information über die Beschaffenheit der Waren, wonach diese nicht nur nach dem ersten Bissen oder dem ersten Kauen richtig gut schmeckten, sondern so lange einen tollen Geschmack aufwiesen, bis sie vollständig verzehrt wären oder im Fall der Kaugummis wieder ausgespuckt würden. Bei letzteren oder auch bei mit Brause überzogenen Waren gehe das leckere Aroma oftmals nicht über die ersten (Kau)Momente hinaus und wechsele dann über in einen faden, neutralen Geschmack. Der Hinweis auf einen den gesamten Zeitraum des Verzehrs anhaltenden guten Geschmack eines Produkts stelle somit eine die Beschaffenheitsmerkmale der beanspruchten Waren beschreibende Angabe dar.

6

Der Hinweis der Anmelderin, wonach die in [X.]r Sprache gefasste angemeldete Wortfolge von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen nicht verstanden werde, führe nicht zur Schutzfähigkeit. Denn nach der Rechtsprechung des [X.] sei für die Frage, ob die beteiligten Verkehrskreise im Stand seien, den Sinngehalt einer fremdsprachigen Bezeichnung zu verstehen, nicht nur auf die Durchschnittsverbraucher der Waren abzustellen, sondern auch auf die am Handel mit den betroffenen Waren und insbesondere am entsprechenden zwischenstaatlichen Handelsverkehr beteiligten [X.]. Den am Süßwarengroßhandel beteiligten Fachkreisen werde sich die französischsprachige Wortfolge als werbeübliche, anpreisend beschreibende Sachaussage jedenfalls ohne weiteres erschließen, zumal [X.] auch eine der Welthandelssprachen sei. Zudem dürften auch die [X.]kenntnisse der Endverbraucher nicht unterschätzt werden, nachdem [X.] noch immer die am zweithäufigsten gelehrte Fremdsprache an [X.] Schulen sei, sodass auch insoweit eine Eignung zur Verwendung der angemeldeten Wortfolge als Sachbezeichnung gegeben sei. Vorliegend bestehe ein Bedürfnis, die merkmalsbeschreibende Angabe zugunsten der Mitbewerber am Markt freizuhalten. Dass die Wortfolge unter anderem in [X.] oder den Beneluxstaaten eingetragen worden sei, begründe entgegen der Auffassung der Anmelderin weder für sich genommen noch in Verbindung mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes einen Anspruch auf Eintragung der vorliegenden Anmeldung und sei auch für die Beurteilung nachfolgender Markenanmeldungen nicht verbindlich.

7

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie meint, der angemeldeten [X.]n Bezeichnung sei schon deswegen nicht jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen, weil die angesprochenen Verkehrskreise – und dies seien angesichts der beanspruchten Waren in erster Linie die Endabnehmer – den Sinngehalt der Wortfolge gerade nicht verstehen würden. Auch sei es nicht überzeugend, dass die Markenstelle zum Nachweis des Gegenteils auf Zeitungsartikel verweise, wonach das Erlernen der [X.]n Sprache gezielt gefördert und verbessert werde, denn dies lasse letztlich nur den Schluss zu, dass es um die entsprechenden Kenntnisse der inländischen Verbraucher gerade nicht gut bestellt sei. Auch wenn als ausreichend angesehen werde, dass die am Handel beteiligten Verkehrskreise die angemeldete Bezeichnung verständen, fehle eine ausreichende Erklärung dafür, dass auch diese Kreise gerade über die notwendigen [X.]kenntnisse verfügten um die angemeldete [X.] Bezeichnung zu verstehen. Der Verweis auf die Einordnung von [X.] als Welthandelssprache reiche dafür als Erklärung nicht aus, zumal es zum einen keine offizielle Definition, was Welthandelssprachen seien, gebe und zum anderen mittlerweile wohl nur noch [X.] und [X.] zu diesen zählten.

8

Aber selbst wenn von ausreichenden Sprachkenntnissen bei den relevanten Kreisen ausgegangen werde, sei die Schutzfähigkeit einer Bezeichnung grundsätzlich nach dem Gesamteindruck zu beurteilen. Dabei sei ein Zeichen nicht dann schon beschreibend, wenn dessen einzelnen Bestandteilen ein beschreibender oder verständlicher Sinngehalt innewohne. Die korrekte [X.] Übersetzung für das Wort „Geschmack“ sei nicht das in der angemeldeten Bezeichnung wiedergegebene Wort „gout“, sondern das mit einem sogenannten Accent Circonflexe versehene Wort „goût“. Auch hätten die Wörter „gout“ und „fou“ mehrere auch unterschiedliche Bedeutungsinhalte. Bei „[X.]“ handle es sich um eine [X.] Redewendung, die nicht ohne weiteres verstanden werde. Unklar sei vor diesem Hintergrund, wie nun die Kombination „[X.]…[X.]“ von den Verbrauchern verstanden werde, nachdem der erste Teil „un gout de fou“ kein bekannter, feststehender Begriff sei und sich aus den unterschiedlichen Bedeutungen der darin enthaltenen Wörter auch zahlreiche unterschiedliche Übersetzungsmöglichkeiten der Zusammensetzung ergäben. Zudem habe die Markenstelle auch nicht berücksichtigt, dass sich zwischen dem ersten und dem zweiten Teil des Slogans drei Punkte befänden, die als [X.] in die Beurteilung der Schutzfähigkeit des Zeichens im Gesamteindruck einfließen müssten. Geht man von einem Verständnis der Wortfolge beim Durchschnittsverbraucher aus, sei zudem zu berücksichtigen, dass sich die Aussagen „[X.]“ und „[X.]“ auf rein subjektive Faktoren bezögen, weil sowohl die Frage, ob ein Geschmack toll/irre sei, als auch die Frage, ob ein Geschmack bis zum Ende anhalte (bzw. wann das Ende erreicht sei), von einer rein subjektiven Wahrnehmung und Interpretation des Einzelnen abhinge. Eine direkte und konkrete Aussage über die beanspruchten Waren sei der Wortfolge nicht zu entnehmen. Die Anmelderin verweist schließlich auf die Eintragung der angemeldeten Bezeichnung als Marke in Ländern, die wie beispielsweise [X.], die Beneluxstaaten und [X.] [X.] als Landessprache hätten. Diese Voreintragungen sprächen letztlich für die Schutzfähigkeit der [X.]n Bezeichnung auch in [X.].

9

Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.]s vom 3. Juli 2017 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, den rechtlichen Hinweis des Senats vom 21. Januar 2019 nebst Anlagen, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige, insbesondere gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 [X.] i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] statthafte Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Wort- und Zeichenfolge „[X.]…[X.]“ als Marke stehen für die beanspruchten Waren die fehlende Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] sowie das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung deshalb im Ergebnis zu Recht in vollem Umfang zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 [X.]).

1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, welche ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft, der [X.] der (beanspruchten) Waren oder der Erbringung der (beanspruchten) Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Die mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. c Markenrichtlinie übereinstimmende Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] verfolgt vor allem das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren beschreiben können, von [X.] frei verwendet werden können. Sie erlaubt es daher nicht, dass die Verfügung über solche Zeichen und Angaben infolge ihrer Eintragung nur einem Unternehmen vorbehalten wird. Entscheidendes Kriterium für den Ausschluss der Eintragung ist allein die Eignung einer Bezeichnung zur beschreibenden Verwendung (vgl. [X.] GRUR 1999, 723 Rn. 25, 30, 32 – [X.]; [X.], 146 Rn. 31 f. – [X.]; [X.], 272 Rn. 9, 17 – Rheinpark-Center Neuss).

Für die Beurteilung der Eignung als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. [X.] GRUR 1999, 723 Rn. 29 – [X.]; [X.], 411 Rn. 24 – Matratzen [X.]/[X.]). Nach der eindeutigen Formulierung „und/oder“ kann also auch das Verständnis der am Handel beteiligten Fachkreise allein von ausschlaggebender Bedeutung sein ([X.] [X.], 534 – [X.]; [X.] [X.], 411 Rn. 24 – Matratzen [X.]/[X.]; [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 12. Aufl., § 8 Rn. 514, 518 m. w. N.). Einer Bezeichnung kann das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] auch dann entgegenstehen, wenn sie nicht von einem überwiegenden Teil der allgemeinen inländischen Verkehrskreise, insbesondere der überwiegenden Zahl der Durchschnittsverbraucher, verstanden wird, denn das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] erfordert keine einhellige oder überwiegende Verkehrsauffassung (vgl. [X.], 865, 869 „SPA“; 24 W (pat) 51/05 – [X.]). Zu den am Handel beteiligten Verkehrskreisen gehören insbesondere auch die am zwischenstaatlichen Handel beteiligten Verkehrskreise, weil auch insoweit das Allgemeininteresse zugunsten eines freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs innerhalb des Systems eines unverfälschten [X.] zu beachten ist. Dazu gehört, dass die einschlägigen Waren mit den fremdsprachigen Bezeichnungen im Inland angeboten und vertrieben werden können ohne dass markenrechtliche Monopole dem entgegenstehen. Im Zusammenhang mit fremdsprachigen Angaben können also bereits die Kenntnisse eines relativ kleinen Teils aller beteiligten Verkehrskreise der Schutzfähigkeit einer beschreibenden Angabe entgegenstehen (vgl. [X.] [X.] 2013, 110 Rn. 71 – Restore: das Verständnis des medizinischen Fachpublikums; [X.], 534 Rn. 25 ff. – [X.]). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass [X.] für [X.] bis einschließlich 2014 der mit Abstand wichtigste Handelspartner mit dem vergleichsweise höchsten Handelsvolumen war. Auch im [X.] war [X.] noch einer der wichtigsten Handelspartner, wobei das Exportvolumen bei 105 Milliarden Euro lag. Dies war nach dem entsprechenden Wert in Bezug auf die [X.] mit 111 Milliarden der zweithöchste Wert und im Vergleich der anderen Ländern der [X.] der höchste Wert.

Ist die Eignung für die Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Produkte festgestellt, setzt das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] keinen weiteren Nachweis voraus, dass und in welchem Umfang sie als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird (vgl. [X.] GRUR 1999, 723 Rn. 30 – [X.]; [X.], 146 Rn. 32 – [X.], [X.], 674 Rn. 98 – Postkantoor).

a. Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht die angemeldete, mit Wörtern der [X.]n Sprache gebildete Wortfolge „[X.]…[X.]“ in Bezug auf die beanspruchten Süßwaren ausschließlich aus einer zur beschreibenden Verwendung geeigneten Angabe.

Die Wortfolge ist sprachregelgerecht aus den [X.]n Wörtern „un gout de“ im Sinn von „ein Geschmack von/Lust auf“ und „fou“ im Sinn von „wahnsinnig, irrsinnig, verrückt“ und der gebräuchlichen festen Redewendung „[X.]“ im Sinn von „bis zum Ende/bis zum Schluss“ gebildet und bedeutet in der Gesamtheit somit „ein Wahnsinnsgeschmack…bis zum Ende“ bzw. „[X.]…bis zum Ende“ (vgl. den Hinweis des Senats vom 21. Januar 2019 und die der Anmelderin am 21. Januar 2019 als [X.] 1 übermittelten Auszüge aus [X.], Großwörterbuch [X.]-Deutsch, 2004 bzw. LEO.org [X.]). Die Wortzusammenstellung „un gout de“ ist (mit und ohne den an sich grammatikalisch korrekten Accent Circonflexe auf dem Buchstaben u) in Verbindung mit einem weiteren erläuternden Begriff zum einen bereits gebräuchlich um auf eine bestimmte konkrete Geschmacksrichtung hinzuweisen (beispielsweise „un gout de banane/ citron/ fraise“ = Bananen-/Zitronen-/ Erdbeergeschmack sowie die als Anlage 2 der Anmelderin am 21. Januar 2019 übermittelten Rechercheergebnisse: „gout du vin“, „un gout inmitable“) und ebenso einen Geschmack, der eher abstrakt als „natürlich, authentisch, bizarr, nicht nachahmbar, fantastisch“ oder eben auch „verrückt, irrsinnig“ (= fou) bezeichnet werden kann, zu beschreiben (vgl. dazu Anlage 2 der der Anmelderin am 21. Januar 2019 übermittelten Rechercheergebnisse). Insoweit eignet sich die [X.] Bezeichnung „un gout de fou“ dazu, in der werbemäßig üblichen, schlagwortartig übertreibenden Art und Weise im Zusammenhang mit den beanspruchten Genussmitteln auf deren irrsinnigen, verrückten, wahnsinnigen Geschmack hinzuweisen und mit der weiteren Wortfolge „[X.]“ den Umstand herauszustellen, dass dieser „bis zuletzt bleibt“ (= „[X.]“ = bis zum Ende / bis ans Ende). Nachdem es sich bei den beanspruchten Waren um solche zum Genießen und Verzehren handelt, spielen Fragen des Geschmacks der Waren sowie der Hinweis auf den anhaltenden Geschmack bis zum Ende des Verzehrs derselben ein für die Verbraucher interessantes Merkmal bzw. eine Eigenschaft solcher Waren. Unerheblich für die Frage, ob sich ein Zeichen zur Warenbeschreibung eignet, ist dabei der Umstand, dass dem „Geschmack“ naturgemäß ein subjektives Element innewohnt und nicht konkret ausgeführt bzw. offen bleibt, was genau den verrückten/wahnsinnigen Geschmack ausmacht und/oder worauf sich das Ende oder der Schluss beziehen.

Mit dem Hinweis, dass die so bezeichneten Süßwaren, Back- und Konditorwaren und Kaugummis einen besonderen, verrückten, irrsinnigen Geschmack bis zuletzt aufweisen, also quasi bis zum letzten Bissen, beschreibt das angemeldete Zeichen werbemäßig anpreisend die besondere Qualität und Beschaffenheit dieser Nahrungsmittel. Dabei steht der Umstand, dass die Wortfolge werblich-übertreibende Elemente enthält, ihrer Eignung als beschreibende Sachangabe grundsätzlich nicht entgegen.

b. Die [X.] Angabe „[X.]…[X.]“ wird in einem entscheidungserheblichen Umfang von den beteiligten Verkehrskreisen auch als beschreibende Angabe verstanden werden. Es mag zwar, wie die Anmelderin ausführt, zutreffend sein, dass der ganz überwiegende Teil des inländischen Verkehrs die [X.] Wortfolge und ihre Bedeutung nicht kennt. Dies steht der Eignung zur beschreibenden Verwendung im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren aber nicht entgegen, wenn die mit den fraglichen Waren befassten Handelskreise, zu denen auch diejenigen inländischen Fachkreise zählen, die mit dem Warenimport aus [X.] befasst sind, im Stande sind, die Bedeutung der fremdsprachigen Wörter und Wortfolge zu erkennen (vgl. hierzu [X.] [X.], 411 Rn. 24 – Matratzen [X.]/[X.]; u. a. [X.] (pat) 28/06 c. – [X.]; 26 W (pat) 513/16 – Black Cavendish – der Text der Entscheidungen ist über die Entscheidungsdatenbank des [X.] öffentlich zugänglich). Lebensmittel aus [X.], zu denen auch Süßwaren gehören, sind im Inland äußerst beliebt. [X.] ist der drittgrößte Zulieferer für [X.] und es besteht ein reger Handels- und Importverkehr aus [X.] nach [X.] sowie ein entsprechend hohes Interesse beider Länder füreinander (vgl. die der Anmelderin mit dem Hinweis vom 21. Januar 2019 übersandten Statistiken zum Im- und Export bzw. entsprechende Berichte – [X.] 4). Vor dem Hintergrund dieses gerade mit [X.] sehr regen Warenverkehrs insbesondere von Genussmitteln, bei dem zahlreiche Waren auch mit Originalbeschriftungen, Produktbeschreibungen usw. versehen nach [X.] eingeführt werden, ist davon auszugehen, dass die an diesem (nicht unerheblichen) Handel beteiligten Fachkreise in der Regel über grundlegende Kenntnisse der [X.]n Sprache verfügen oder sogar selbst [X.]r Herkunft sind (vgl. dazu „[X.]e Leckereien …“, Anlage 3 der mit dem Hinweis am 21. Januar 2019 der Anmelderin übermittelten Rechercheergebnisse). Die beanspruchten Waren umfassen insbesondere mit den Zuckerwaren sowie feinen Back- und Konditorwaren zudem solche Waren, die als typische [X.] Produkte gelten (siehe auch die Unterlagen „Produktneuheiten und Trends der [X.]n Süßwaren Industrie Kekse und Kuchen, Zuckerwaren, Schokolade, Honig“, Anlage 5 der mit dem Hinweis am 21. Januar 2019 der Anmelderin übermittelten Unterlagen).

Zumindest die am Handel mit [X.] beteiligten Fachkreise werden daher in der Lage sein, den beschreibenden, werblich übertreibenden Hinweis, wonach die Waren einen verrückten Geschmack bis zum Ende – „[X.]…[X.]“ – aufweisen, ohne weiteres zu verstehen.

2. Der angemeldeten Bezeichnung „[X.]…[X.]“ fehlt auch die erforderliche Unterscheidungskraft. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.], 569 Rn. 10 – [X.]; [X.], 731 Rn. 11 – [X.]; [X.], 1143 Rn. 7 3. – [X.]; [X.], 270 Rn. 8 – Link economy; [X.], 1100 Rn. 10 4. – [X.]!; [X.], 825 Rn. 13 – [X.]; [X.], 850 Rn. 18 – [X.]; GRUR 2018, 301 Rn. 11 – [X.]). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des zugrunde liegenden Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. [X.] GRUR 2003, 604 Rn. 60 – [X.]; [X.], 565 Rn. 17 – [X.]). Bei der Beurteilung von [X.] ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen (vgl. [X.] [X.], 411 Rn. 24 – Matratzen [X.]/[X.]; [X.], 943, 944 Rn. 24 – [X.] 2; [X.], 428 Rn. 30 f. – [X.]; [X.] [X.], 850 – [X.]) zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens an (vgl. [X.] [X.], 1143, 1144 Rn. 15 – [X.] werden Fakten; GRUR 2014, 872 Rn. 10 – [X.]; GRUR 2014, 482 Rn. 22 – test; [X.] [X.] 2010, 439 5. Rn. 41 – 57 – Flugbörse).

Es mag zwar sein, dass die von den Waren angesprochenen Durchschnittsverbraucher, deren [X.] allerdings auch nicht zu gering zu veranschlagen ist, die angemeldete Bezeichnung nicht ohne weiteres verstehen werden. Zumindest aber die inländischen Fachkreise, die mit dem Handel von Süßwaren, insbesondere von aus [X.] stammenden Süßwaren, befasst sind, werden der angemeldeten Wortfolge „[X.]…[X.]“ ohne besonderen gedanklichen Aufwand die werblich übertreibende Aussage, „eine verrückter Geschmack…bis zum Ende“ entnehmen. Insoweit fassen diese aber das Anmeldezeichen lediglich als Hinweis auf die Qualität und die Beschaffenheit der Süßwaren auf. Daher liegt für diesen Personenkreis der Gedanke fern, die angemeldete Bezeichnung sei der Hinweis auf die Herkunft der Waren aus einem bestimmten Unternehmen.

Soweit die Anmelderin meint, die konkrete Zusammenfügung der Zeichenteile mit drei [X.]n in der Mitte der Gesamtheit, ohne Leerzeichen zwischen den [X.]en, bestärke den phantasievollen Gehalt der Wortfolge auch für die des [X.] kundigen Verbraucher, führt auch dies nicht zu einem Erfolg der Beschwerde. Zwar können schutzunfähige Wortbestandteile durch einen zusätzlichen schutzfähigen Bestandteil beispielsweise eine besondere bildliche Ausgestaltung einen schutzbegründenden „Überschuss“ erhalten. Die bildliche Ausgestaltung muss dann aber eine den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung des Gesamteindrucks der Marke bewirken (vgl. [X.] GRUR 1998, 394, 396 – Motorrad Active Line; [X.], 634 – [X.]; [X.], 1153 – antiKALK). Dies ist bei dem vorliegenden Einschub der sogenannten [X.] zwischen den Wortbestandteilen offensichtlich nicht der Fall. Denn dabei handelt es sich um ein absolut gängiges orthografisches Zeichen, das sich als solches nicht dazu eignet, von dem Aussagegehalt der Wortbestandteile wegzuführen, diesen zu entkräften und die konkrete Gestaltung betriebskennzeichnend wirken zu lassen. Die insoweit von der Anmelderin aufgezeigten Interpretationsmöglichkeiten der [X.] sind dagegen spekulativ und erfordern eine Interpretation und Analyse durch die angesprochenen Verkehrskreise, die diese so nicht vornehmen werden. Denn es ist davon auszugehen, dass diese ein Zeichen so aufnehmen, wie es ihnen entgegentritt, ohne es einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (st. Rspr.: u. a. [X.], 270 Rn. 12 – Link economy; [X.], 1143 Rn. 10 – [X.]; GRUR 2016, 934 Rn. 10 – OUI).

6. Soweit der Anmelder sich zwar nicht auf eine Indizwirkung aber auf eine Berücksichtigung von aus ihrer Sicht vergleichbaren Voreintragungen in französischsprachigen Ländern wie [X.], [X.] oder die Beneluxstaaten berufen hat, ist auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des [X.] (vgl. [X.], 667 – Bild.[X.] u. [X.] unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen [X.] [X.], 229 Rn. 47–51 – BioID; [X.], 674 Rn. [X.]), des [X.] (vgl. [X.], 1093 Rn. 18 – [X.]) und des [X.] (vgl. z. B. [X.], 1175 – [X.]; [X.] 2010, 139 – [X.] und die Senatsentscheidung [X.] 2010, 145 – Linuxwerkstatt) zu verweisen, wonach weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung gegeben ist (vgl. auch [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 12. Aufl., § 8 Rn. 72 ff. mit zahlreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine (an das Gesetz) gebundene Entscheidung, wobei selbst identische Voreintragungen nach ständiger Rechtsprechung nicht zu einem Anspruch auf Eintragung führen. Insofern gibt es auch im Rahmen von unbestimmten Rechtsbegriffen keine Selbstbindung der Markenstellen des [X.] und erst recht keine irgendwie geartete Bindung für das Gericht. Das Gericht und auch das Patentamt haben in jedem Einzelfall eigenständig zu prüfen und danach eine Entscheidung zu treffen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war nicht angezeigt und von der Anmelderin auch nicht beantragt worden, § 69 Nr. 3 bzw. Nr. 1 [X.].

Meta

25 W (pat) 593/17

25.03.2019

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.03.2019, Az. 25 W (pat) 593/17 (REWIS RS 2019, 8956)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 8956

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