Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.01.2014, Az. 1 StR 523/13

1. Strafsenat | REWIS RS 2014, 8311

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Gegenstand

Pflicht zur Mitteilung von Verständigungsgesprächen im Strafverfahren: Beruhen des Urteils auf einem Verstoß gegen die Mitteilungspflicht


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.]. vom 22. April 2013 wird als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einer Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und einem Monat verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

Der Erörterung bedarf lediglich die vom Angeklagten erhobene Verfahrensrüge wegen eines Verstoßes gegen die Vorschrift des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO:

3

1. Der Angeklagte macht geltend, der [X.] habe in der Hauptverhandlung entgegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO nicht bekanntgegeben, ob vor der Hauptverhandlung mündliche oder schriftliche Erörterungen nach §§ 202a, 212 StPO stattgefunden haben, deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung gewesen ist.

4

2. Es bestehen bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit dieser Rüge, denn der Beschwerdeführer hat nicht vorgetragen, ob Erörterungen im Sinne des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO stattgefunden haben (vgl. [X.], Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 47/13, zur [X.] vorgesehen in [X.]St 58, 315).

5

3. Die Rüge ist jedenfalls unbegründet. Es kann letztlich dahinstehen, ob hier ein Verstoß gegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO vorliegt. Das Urteil könnte in der festgestellten Sachverhaltskonstellation nicht darauf beruhen, dass das Protokoll kein entsprechendes Negativattest enthält.

6

Der [X.] hat im Freibeweisverfahren von den beteiligten Berufsrichtern und dem [X.] der Staatsanwaltschaft dienstliche Äußerungen sowie von der Verteidigerin eine Erklärung dazu eingeholt, ob ihnen Erörterungen [X.]. § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO bekannt geworden sind. Auch dem Angeklagten wurde Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Von den Berufsrichtern wurden derartige Erörterungen unter ihrer Beteiligung verneint. Der [X.] der Staatsanwaltschaft erklärte, dass er vor Beginn der Hauptverhandlung mit der Verteidigerin die jeweiligen Strafvorstellungen ausgetauscht habe, dass es aber zu keinem Gespräch mit der [X.] gekommen sei. Der [X.] versteht die dienstlichen Äußerungen der Berufsrichter dahingehend, dass diese von dem Gespräch zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung keine Kenntnis erlangt hatten. Auch die Verteidigerin behauptet nicht, dass unter ihrer Beteiligung Gespräche mit der [X.] stattgefunden haben. Es entziehe sich jedoch ihrer Kenntnis, ob gegebenenfalls Gespräche zwischen [X.] und Staatsanwaltschaft stattgefunden hätten. Dass dies nicht der Fall war, ergibt sich gleichfalls aus den dienstlichen Äußerungen der Berufsrichter und des [X.]s der Staatsanwaltschaft.

7

Der [X.] hat keine Zweifel an der Richtigkeit der von den Verfahrensbeteiligten abgegebenen Erklärungen. Es steht somit fest, dass es keine Gespräche unter Beteiligung der [X.] gegeben hat, in denen die Möglichkeit einer Verständigung im Raum stand, und dass die [X.] auch keine Kenntnis von dem Gespräch zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung erlangt hat (vgl. zur Offenlegung und Dokumentation [X.], Beschluss vom 22. Februar 2012 - 1 [X.], [X.], 353 m. Anm. [X.]; [X.], Urteil vom 29. November 2011 - 1 StR 287/11, [X.], 347). Mithin schließt der [X.] ein Beruhen des Urteils auf dem Umstand aus, dass der [X.] in der Hauptverhandlung nicht öffentlich mitgeteilt hat, ob Erörterungen im Sinne des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO stattgefunden haben (zum Ausschluss des [X.] vgl. [X.], Beschluss vom 3. September 2013 - 1 StR 237/13, [X.], 740; [X.], Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a., Rn. 98, [X.], 295).

Raum                       Wahl                            Graf

               [X.]                      [X.]

Meta

1 StR 523/13

29.01.2014

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Weiden, 22. April 2013, Az: 1 KLs 23 Js 8672/12

§ 202a StPO, § 212 StPO, § 243 Abs 4 S 1 StPO, § 257c StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.01.2014, Az. 1 StR 523/13 (REWIS RS 2014, 8311)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8311

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