Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.03.2014, Az. 30 W (pat) 529/12

30. Senat | REWIS RS 2014, 6912

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "TEXT-TO-SCREEN" – kein Freihaltungsbedürfnis - Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 014 854.6

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 20. März 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des [X.] Jacobi

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des [X.] vom 25. April 2012 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Zur Eintragung als Wortmarke in das beim [X.] geführte Register angemeldet worden ist

2

TEXT-TO-SCREEN

3

zunächst für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16 und 42:

4

„Aufzeichnungsgeräte für Bild und Ton; Datenträger für Bild, Ton und Software, insbesondere [X.], DVDs, [X.], Speicherkarten; Software; Computer; belichtete Filme, insbesondere belichtete kinematographische Filme, insbesondere Animationsfilme; Zusatzgeräte für die Steuerung, insbesondere Fernsteuerung, von Filmkameras, Beleuchtungseinrichtungen, Tonaufnahmegeräten.

5

[X.], insbesondere Handbücher.

6

Entwurf, Installation, Aktualisierung, Wartung und Vermietung von Computer-Software; Konvertieren von Computerprogrammen und Daten [ausgenommen physische Veränderung]; Vermietung von Webservern.“

7

Die Markenstelle für Klasse 9 des [X.]s hat unter Übersendung von Nachweisen aus dem [X.] die Anmeldung mit Beschluss vom 25. April 2012 wegen bestehender absoluter Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] zurückgewiesen, weil es sich um eine beschreibende Angabe handele, die aussage, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen die Umwandlung, die Weiterleitung, die Übertragung von Text, Textdateien auf den Bildschirm darstellten, dafür beschaffen und bestimmt seien oder sonst damit in Verbindung stünden. Wie sich aus den Auszügen aus dem [X.] ergebe, sei „Text-to-screen" gleichsam ein Fachbegriff. Man verstehe darunter das Senden, die Übermittlung von Nachrichten, Botschaften, [X.] per [X.] an Screens, Bildschirme, auf denen dann der Inhalt des Textes für mehrere Leute, ein größeres Publikum zu sehen sei.

8

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Sie hält die Anmeldung mit näheren Ausführungen für schutzfähig und stellt zunächst in Abrede, dass es sich in [X.] um einen feststehenden Fachbegriff handelt. Weiter meint sie, dass das angemeldete Zeichen nicht die konkreten Waren und Dienstleistungen beschreibe, denn diese hätten überwiegend mit „TEXT-TO-SCREEN“ nicht das Geringste zu tun, gleich wie man den Begriff übersetzte. Denn das Endprodukt seien Bilder, nicht aber Text.

9

Sie hat in der mündlichen Verhandlung das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen als Hauptantrag wie folgt eingeschränkt:

„Klasse 9: Aufzeichnungsgeräte für Bild und Ton für belichtete kinematografische Filme und Animationsfilme; Software, nämlich Software zur Automatisierung der Erstellung von [X.] ohne Textelemente; belichtete Filme, nämlich belichtete kinematografische Filme und Animationsfilme, jeweils ohne Textelemente;

Klasse 16: [X.], nämlich Handbücher für Software zur Automatisierung der Erstellung von [X.] ohne Textelemente;

Klasse 42: Entwurf, Installation, Aktualisierung, Wartung und Vermietung von Computersoftware, nämlich von Computersoftware zur Automatisierung der Erstellung von [X.] ohne Textelemente; Vermietung von Webservern”.

Die Anmelderin beantragt mit dieser Maßgabe sinngemäß,

die angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des [X.]s vom 25. April 2012 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

TEXT-TO-SCREEN stehen hinsichtlich der jetzt noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] entgegen.

1. Zunächst kann ein Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht festgestellt werden.

Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge und der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Der Zweck dieser Vorschrift besteht vor allem darin, beschreibende Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz auszuschließen, weil ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit widerspricht, wobei bereits die potentielle Beeinträchtigung der wettbewerbsrechtlichen Grundfreiheiten ausreichen kann (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8 Rdn. 265). Es genügt also, wenn das angemeldete Zeichen in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als beschreibende Angabe geeignet ist (vgl. [X.] GRUR 1999, 723, Nr. 30, 31 –[X.]; [X.], 674, Nr. 56 - Postkantoor). Hierbei schließt § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] alle [X.] vom Schutz aus und betrifft nicht nur solche, die wichtige Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen beschreiben (vgl. [X.]/[X.], a.a.[X.], § 8 Rdn. 323).

Für die Eignung als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der Waren bzw. durchschnittlichen Auftraggebers der Dienstleistungen als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. [X.] GRUR 1999, 723, Nr. 29 - [X.]; [X.], 411, Nr. 24 - Matratzen [X.]/[X.]). Durch die Wortwahl „und/oder“ ist klargestellt, dass auch das Verständnis der am Handel beteiligten Fachkreise für sich gesehen von ausschlaggebender Bedeutung sein kann, und z.B. für die Beurteilung des beschreibenden Charakters fremdsprachiger Zeichen nicht notwendig die teilweise sehr beschränkten Fremdsprachen- und Branchenkenntnisse der inländischen Durchschnittsverbraucher entscheidungserheblich sind (vgl. [X.]/[X.], a.a.[X.], § 8 Rdn. 100; [X.] [X.] 2006, 433, 435).

Maßgeblich ist in erster Linie der objektiv beschreibende Charakter des betreffenden Zeichens. Dabei kommt es auf die aktuellen Verhältnisse in dem Bereich der einschlägigen Waren bzw. Dienstleistungen an, jedoch ist auch das Allgemeininteresse an der Freihaltung der jeweiligen Angabe im Hinblick auf deren künftig beschreibende Verwendung zu berücksichtigen (vgl. [X.] GRUR 1999, 723, Nr. 35 - [X.]; [X.], 674, Nr. 56 - Postkantoor). Ist die Eignung des Zeichens für die Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen festgestellt, setzt das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] keinen weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweis voraus, dass und in welchem Umfang sie als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird (vgl. [X.] GRUR 1999, 723, Nr. 30 - [X.]; [X.], 146, Nr. 32 - [X.]; [X.], 674, [X.] – Postkantoor).

TEXT-TO-SCREEN nicht um eine vom markenrechtlichen Schutz ausgeschlossene beschreibende Angabe.

Die Markenstelle ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die angemeldete Bezeichnung im Sinn von „Text auf Bildschirm/Leinwand“ vom Verkehr verstanden wird. Auf der Basis des seinerzeit maßgeblichen Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen ist auch die Annahme nicht zu beanstanden, dass diese Waren und Dienstleistungen – jedenfalls überwiegend – dazu dienen können, schriftlich fixierten Text auf einem Bildschirm/einer Leinwand wiederzugeben. Wie den von der Markenstelle übersandten Nachweisen zu entnehmen, wird dies bereits in der Weise eingesetzt, dass zum Beispiel in Diskotheken [X.]-Kurzmitteilungen auf Leinwände und/oder Bildschirme gesendet und dort in vergrößerter Form angezeigt werden, um die Kommunikation zwischen dem Veranstalter und dem Publikum zu eröffnen (vgl. Anlagen zum Beschluss der Markenstelle). Mit der Einschränkung durch die Aufnahme des Zusatzes „ohne Textelemente“ hat die Anmelderin indessen klargestellt, dass ein Bezug zu den von der Markenstelle genannten Merkmalen nicht mehr in Betracht kommt.

Hinsichtlich der Dienstleistung „Vermietung von Webservern” ist von vornherein kein irgendwie gearteter, beschreibender Bezug erkennbar, ebensowenig bei den Waren „Aufzeichnungsgeräte für Bild und Ton für belichtete kinematografische Filme”. Aber auch für die übrigen Waren und Dienstleistungen, die nach der ausdrücklichen Fassung des Verzeichnisses nunmehr keine Textelemente aufweisen, liegt die Annahme fern, dass die Marke vom ausschließlich angesprochenen Fachverkehr, dem die technischen Aspekte der automatisierten Bewegtbildanimation in den ausdrücklich genannten Bereichen bekannt sind, dahin gedeutet wird, dass die mit der Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen dazu dienen könnten, Text in vergrößerter Form auf einem Bildschirm/einer Leinwand anzuzeigen.

Dies gilt auch unter der Berücksichtigung der Tatsache, dass die Anmelderin, wie vom Senat ermittelt und in der mündlichen Verhandlung erörtert, Inhaberin des [X.] mit der Bezeichnung „Verfahren und System zum Erzeugen einer Sequenz von Ansichten“ ist. Wie Anspruch 13 zu entnehmen, geht es zusammengefasst um ein Verfahren, das ein Drehbuch, also eine textliche Vorlage für einen Film, in eine Computersprache verwandelt und durch eine Vorrichtung automatisiert Ansichten erzeugt, beispielsweise - wie von der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung erläutert - zur Positionierung von Kamera oder Beleuchtung.

TEXT-TO-SCREEN gekennzeichnete Waren und Dienstleistungen dazu eingesetzt werden könnten, aus einem Text ein auf einem Bildschirm sichtbares Bild ohne Textelemente zu gewinnen, bedarf es näherer Überlegungen, was der Annahme entgegensteht, dass der Verkehr Marken so aufnimmt, wie sie ihm entgegentreten.

Der angemeldeten Marke kann auf der Grundlage des eingeschränkten Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen damit kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt mehr zugeordnet werden, so dass das Schutzhindernis einer beschreibenden Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht entgegensteht.

TEXT-TO-SCREEN nicht festgestellt werden kann, besteht auch keine Grundlage für die Annahme, dass dieses Zeichen für die jetzt noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen jeglicher Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entbehrt.

3. Die Beschwerde hat daher Erfolg.

Meta

30 W (pat) 529/12

20.03.2014

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.03.2014, Az. 30 W (pat) 529/12 (REWIS RS 2014, 6912)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6912

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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