Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.03.2010, Az. V ZB 130/09

5. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 8771

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Gegenstand

Pflicht des Zustandsstörers zur Beseitigung einer Störung: Rückschnitt einer Hecke auf dem Grundstück des vermietenden Sondernutzungsberechtigten


Leitsatz

Auch der Zustandsstörer kann zur Beseitigung einer Störung (und nicht bloß zur Duldung der Störungsbeseitigung) verpflichtet sein .

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 36. Zivilkammer des [X.] vom 23. Dezember 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde, an das [X.] zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde beträgt 10.000 €.

Gründe

I.

1

Die Antragsgegnerin ist Mitglied einer von dem Antragsteller verwalteten Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie ist seit dem 30. Mai 1996 Sondereigentümerin einer zu der Wohnungseigentumsanlage gehörenden Doppelhaushälfte, die schon vor dem Eigentumserwerb von der Familie [X.] bewohnt wurde; Mieter ist [X.], der Geschäftsführer der Antragsgegnerin.

2

Das Sondereigentum der Antragsgegnerin ist mit einem Sondernutzungsrecht an einer Gartenfläche verbunden. In der Teilungserklärung heißt es hierzu in § 2:

"Die [X.] … und die ihnen zugeordneten [X.]n werden im höchstmöglichen nach dem [X.] überhaupt zulässigen Umfang wie selbständige Grundstücke behandelt … Jedem Wohnungseigentümer ist nur ein solcher Gebrauch seines Sondereigentums und der seinem Sondernutzungsrecht unterliegenden Teile des gemeinschaftlichen Eigentums untersagt, dem ein anderer Wohnungseigentümer als Nachbar widersprechen könnte, wäre das Grundstück real so geteilt, wie die Sondernutzungsrechte abgegrenzt sind."

3

Die dem Sondernutzungsrecht unterliegende Gartenfläche wird seit 1987/88 auf einer Länge von etwa 15 m von einer aus 19 Bäumen bestehenden Thujenhecke begrenzt. Die Bäume sind von der angrenzenden [X.] weniger als 2 m entfernt und haben eine Höhe von ca. 7,6 m erreicht. Wegen der Hecke fand am 16. April 1996 eine Ortsbegehung statt. Das darüber aufgenommene Protokoll lautet auszugsweise:

"Die Thujenhecke ist mittlerweile ‚in den Himmel gewachsen’. Sie muss in jedem Fall massiv zurück geschnitten werden. Dies stößt bei der Familie [X.] auf Ablehnung … [X.] sagt zu, daß die Thujenhecke auf keinen Fall höher werden würde (Stichtag: 16.4.1996)."

4

Auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 12. Mai 1997 wurde folgender Beschluss gefasst:

"Zurückschneiden der Sträucher bzw. Bäume entlang des [X.].

Die Eigentümergemeinschaft beschließt einstimmig, dass die Höhe der Sträucher bzw. Bäume auf dem Sondernutzungsrecht der Familie [X.] das Maß vom 16.4.1996 nicht überschreiten dürfe. Die Familie [X.] verpflichtet sich zu entsprechenden Rückschnitten wie im Protokoll vom 16.4.1996 festgehalten."

5

Am 26. November 2003 beschlossen die Wohnungseigentümer auf einer weiteren Eigentümerversammlung:

"Da über die [X.] mit Herrn [X.] bis heute kein Kompromiss erreicht werden konnte, erhält die Hausverswaltung die Genehmigung zur Klageerhebung mit dem Ziel, einen Rückschnitt der [X.] auf die niedrigst mögliche Höhe zu erreichen, wenn bis zum 15.1.2002 kein akzeptabler Kompromissvorschlag … bei der Hausverwaltung eingereicht wird."

6

Mit Beschluss vom 9. Januar 2007 hat das Amtsgericht der Antragsgegnerin aufgegeben, die Hecke auf eine Höhe von 4 m zurückzuschneiden; den weitergehenden Antrag – Rückschnitt auf eine Höhe von 2 m – hat es zurückgewiesen. Das [X.] hat den Antrag vollends zurückgewiesen. Mit der hiergegen gerichteten weiteren sofortigen Beschwerde möchte der Antragsteller in erster Linie die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung erreichen; hilfsweise beantragt er, die Antragsgegnerin zu verpflichten, einen Rückschnitt bis auf eine Höhe von 4 m zu dulden. Das [X.] hält das Rechtsmittel für begründet, sieht sich aber durch die Entscheidung des [X.] in [X.] vom 19. März 2007 ([X.], 845 f.) daran gehindert, den Beschluss des Amtsgerichts wiederherzustellen. Es hat die Sache deshalb dem [X.] zur Entscheidung vorgelegt.

II.

7

Die Vorlage ist gemäß § 62 Abs. 1 [X.], § 43 Abs. 1 Nr. 1 [X.] a.F., § 28 Abs. 2 [X.], Art. 111 Abs. 1 [X.]-ReformG statthaft. Das vorlegende Gericht geht davon aus, dass die Entscheidung der Sache davon abhängt, ob ein [X.] zur Beseitigung der Störung verpflichtet ist. Im Gegensatz zur Auffassung des [X.] – danach soll allenfalls eine Duldungspflicht des [X.]s bestehen – möchte es die Frage bejahen. Diese Divergenz, an deren Beurteilung als entscheidungserheblich der [X.] bei der Prüfung der Statthaftigkeit gebunden ist (vgl. nur Senat, [X.], 392, 394 m.w.[X.]), rechtfertigt die Vorlage.

III.

8

Die nach §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 1 [X.] a.F., §§ 27, 29, 22 Abs. 1 [X.] zulässige sofortige weitere Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

9

1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dass die Antragsgegnerin als [X.]in nicht zu einem Rückschnitt verpflichtet ist. Davon abgesehen sei mit dem Beschluss vom 12. Mai 1997 eine dem Stichtag des 16. April 1996 entsprechende Heckenhöhe genehmigt worden. Schließlich sei der Anspruch jedenfalls verwirkt.

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

a) Allerdings ist das Beschwerdegericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Antragsteller befugt ist, die Ansprüche der Wohnungseigentümer (vgl. dazu Senat, [X.], 392, 395) im eigenen Namen geltend zu machen. Die Voraussetzungen einer gewillkürten [X.] sind gegeben. Insbesondere liegt die dafür erforderliche Ermächtigung der Rechtsinhaber vor. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Erteilung der notwendigen Ermächtigung in dem Beschluss vom 26. November 2003 gesehen. Dieser wurde zu einem [X.]punkt gefasst, als die (Teil-)Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft noch nicht anerkannt war und demgemäß Ansprüche der Wohnungseigentümer nicht durch sog. Ansichziehen auf den Verband zur Ausübung übertragen und daher auch nicht von diesem prozessual durchgesetzt werden konnten. Vor diesem Hintergrund entsprach es gängiger und rechtlich unbedenklicher Rechtspraxis, Ansprüche der Wohnungseigentümer über das Rechtsinstitut der [X.] zu bündeln (vgl. Senat, [X.], 302, 306 f.). Dass der Beschluss, wäre er erst nach der [X.] erfolgten Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft (dazu grundlegend Senat, [X.], 154, 158 ff.) gefasst worden, anders, nämlich dahin auszulegen wäre, die Ansprüche der Wohnungseigentümer sollten im Wege des sog. Ansichziehens auf die Wohnungseigentümergemeinschaft zur Ausübung übertragen werden, führt nicht zu einem Wegfall der einmal gegebenen [X.].

b) Entgegen der Auffassung des [X.] kann jedoch nach dem derzeitigen Verfahrensstand ein Anspruch der einzelnen Wohnungseigentümer auf einen Rückschnitt der Hecke nicht verneint werden.

aa) Mit der gegebenen Begründung kann die Beschwerdeentscheidung nicht aufrechterhalten werden.

(1) Anders als das Beschwerdegericht in Übereinstimmung mit dem [X.] ([X.], 845 f. m.w.[X.]) meint, kann auch der [X.] zur Beseitigung einer ihm zurechenbaren Störung verpflichtet sein (vgl. Senat, [X.]. v. 30. März 2007, [X.], [X.], 2182; [X.]. v. 29. Februar 2008, [X.], NJW-RR 2008, 827). Dies setzt allerdings voraus, dass er nicht nur tatsächlich und rechtlich in der Lage ist, die Störung zu beseitigen, sondern zudem, dass die Störung bei der gebotenen wertenden Betrachtung durch seinen maßgebenden Willen zumindest aufrechterhalten wird (vgl. Senat, [X.]. v. 1. Dezember 2006, [X.], [X.], 432 f.). Daran fehlt es etwa, wenn der Mieter einer Wohnung auf Beseitigung eines das Eigentum eines Dritten beeinträchtigenden Zustandes in Anspruch genommen wird, der auf das Handeln des Wohnungseigentümers zurückzuführen ist. Der Mieter ist in einem solchen Fall lediglich verpflichtet, die Beseitigung der Störung zu dulden (vgl. Senat, [X.]. v. 1. Dezember 2006, [X.], aaO), nicht aber ist er gehalten, diese durch einen Eingriff in das Eigentum seines Vermieters zu beseitigen. Die Störung zu beseitigen, bleibt in solchen Fällen Sache des Eigentümers.

Vorliegend befindet sich die Antragsgegnerin nicht in einer Situation, die der des Mieters im Beispielsfall vergleichbar wäre. Der entscheidende Unterschied besteht darin, dass die Aufrechterhaltung der von der Hecke ausgehenden Störung hier allein auf dem maßgebenden Willen der Antragsgegnerin beruht und diese nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich zur Beseitigung der Störung in der Lage ist. Zwar sind die Pflanzen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks und damit Gemeinschaftseigentum geworden. Jedoch ergibt sich die Befugnis zur Kürzung schon aus der Regelung in der Teilungserklärung, wonach die Wohnungseigentümer möglichst so zu stellen sind, wie sie bei einer Realteilung stünden. Davon abgesehen folgt sie auch aus dem in dem Rückschnittverlangen liegenden Einverständnis der übrigen Wohnungseigentümer.

(2) Offen bleiben kann, ob die Wohnungseigentümer der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 12. Mai 1997 eine Heckenhöhe gestattet haben, die dem Stand vom 16. April 1996 entspricht. Denn der später gefasste Beschluss vom 26. November 2003 ist aus unbefangener Sicht nächstliegend (zu diesen Kriterien Senat, [X.], 288, 292; [X.]. v. 5. Februar 2010, [X.], Umdruck [X.] 4 m.w.[X.], zur [X.] bestimmt) jedenfalls als Widerruf dieser Gestattung auszulegen.

(3) Die Annahme einer Verwirkung nach § 242 [X.] scheitert schon daran, dass es an dem dafür erforderlichen Umstandsmoment fehlt. Die Antragsgegnerin verweist auf kein Vorbringen, aus dem sich eine Vertrauensbetätigung ergibt, die die weitere Geltendmachung der Ansprüche als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte erscheinen lässt (vgl. Senat, [X.]. v. 22. November 2002, [X.], Umdruck [X.] 9; [X.], [X.]. v. 12. März 2008, [X.], [X.], 2254, 2255; [X.]/[X.], [X.], 69. Aufl., § 242 [X.] Rdn. 95 m.w.[X.]).

(4) Soweit das Beschwerdegericht auf dem Standpunkt steht, die "Verurteilung" zu einem Rückschnitt auf eine Höhe von 7 m oder 6,5 m scheitere zudem daran, dass diese nicht mehr von dem auf einen Rückschnitt auf 2 m gerichteten Antrag erfasst sei, ist auch dies rechtsfehlerhaft. Bei verständiger Würdigung des Antrages möchte der Antragsteller bis zu der angegebenen Höhe jede rechtlich durchsetzbare Kürzung erreichen. Dann aber ist auch eine Kürzung auf eine verbleibende Baumhöhe von 7 m oder 6,5 m in dem Antrag als Minus enthalten. Die Auffassung des [X.] läuft darauf hinaus, der Antragsteller wolle den jetzigen Zustand hinnehmen, sofern sein weitergehendes Ziel nicht erreichbar sei. Das ist abwegig.

(5) Entgegen der Auffassung des [X.] steht der Verpflichtung zu einem eingeschränkten Rückschnitt schon deshalb nicht der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 [X.]) entgegen, weil die Wohnungseigentümer eine Gestattung jedenfalls widerrufen haben (oben (2)).

bb) Der angefochtene Beschluss ist auch nicht aus anderen Gründen richtig. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Regelungsgehalt der §§ 14, 15 Abs. 3 [X.] durch die Regelung in der Teilungserklärung modifiziert worden ist, wonach die Wohnungseigentümer möglichst so zu stellen sind, wie sie bei einer Realteilung stünden. Das hat zur Folge, dass sich die Wohnungseigentümer in Konstellationen der vorliegenden Art grundsätzlich nur auf diejenigen Anspruchsgrundlagen stützen können, die ihnen bei einer Realteilung des Grundstücks zustünden. Bei der Frage, ob solche Ansprüche verjährt sind, bedarf es einer differenzierenden Betrachtung.

(1) Soweit es um die Verjährung des landesrechtlichen Anspruches aus Art. 47 BayAG[X.] geht, den beide Vorinstanzen mit Blick auf die von den Wohnungseigentümern vereinbarte weitgehende Gleichstellung mit Realeigentümern zu Recht für entsprechend anwendbar gehalten haben, führt dies – entgegen der Auffassung des Amtsgerichts – auch zur analogen Anwendung der diese Anspruchsgrundlage ausdrücklich einbeziehenden Verjährungsregelung des Art. 52 Abs. 1 BayAG[X.]. Wie das Beschwerdegericht der Sache nach zutreffend ausführt, ist kein vernünftiger Grund dafür ersichtlich, nur auf landesrechtliche Anspruchsgrundlagen zurückzugreifen, nicht aber auf in demselben [X.] normierte Einreden oder Einwendungen. Dem entspricht es, dass der Senat in einem vergleichbaren Fall dem Landesrecht nicht nur die Anspruchsgrundlage entnommen, sondern auch den dort geregelten [X.] für entsprechend anwendbar gehalten hat (vgl. [X.]. v. 28. September 2007, [X.], [X.], 3636, 3637). Dass sich der [X.] Gesetzgeber nicht für eine Ausschluss-, sondern für eine Verjährungsregelung entschieden hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Ob die gegen den Anspruch aus Art. 47 BayAG[X.] erhobene Verjährungseinrede durchgreift, ist offen. Feststellungen dazu, ob die objektiven und subjektiven Voraussetzungen des Art. 52 Abs. 1 BayAG[X.] vorliegen, hat das Beschwerdegericht – auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung folgerichtig – bislang nicht getroffen. Das wird ebenso nachzuholen sein wie die sich hieran ggf. anschließende Prüfung, ob und inwieweit die Bemühungen, im [X.] zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen, dem Eintritt der Verjährung entgegenstehen. Soweit es um die [X.] vor dem 1. Januar 2002 geht, ist Prüfungsmaßstab § 242 [X.] i.V.m. dem in §§ 639 Abs. 2, 852 Abs. 2 [X.] a.F. enthaltenen Rechtsgedanken (vgl. auch [X.]/Schmidt-Räntsch, [X.], 12. Aufl., § 203 [X.] Rdn. 1 m.w.[X.]), für die [X.] danach die den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nunmehr konkretisierende Regelung des § 203 [X.] (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EG[X.]). Dabei wird sich die Antragsgegnerin jedenfalls für die [X.] nach ihrem Eigentumserwerb auch das Verhalten ihres Geschäftsführers [X.] zurechnen lassen müssen. Die Annahme, dass dieser ausschließlich in seiner Eigenschaft als Mieter an Versammlungen der Wohnungseigentümergemeinschaft teilgenommen und Erklärungen abgegeben hat, liegt aus der maßgeblichen Sicht eines verständigen Erklärungsadressaten – so [X.] nicht ausdrücklich einen entsprechenden Vorbehalt geäußert haben sollte – fern.

(2) Auf eventuelle Ansprüche der Wohnungseigentümer aus § 1004 Abs. 1 [X.] erstreckt sich die [X.] des Art. 52 Abs. 1 BayAG[X.] dagegen nicht. Diese unterlagen zunächst der dreißigjährigen Regelverjährung nach § 195 [X.] a.F. und ab dem 1. Januar 2002 mit neuem Fristlauf den Vorschriften des nunmehr geltenden Verjährungsrechts (Art. 229 § 6 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 EG[X.]). [X.] ist die dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 [X.] n.F. (vgl. [X.]/[X.], aaO, § 1004 Rdn. 45; vgl. auch Senat, [X.]. v. 16. März 2007, [X.], [X.], 2183, 2184), die bei Zustellung des Antrags im März 2004 noch lief.

Wie Art. 124 EG[X.] belegt, kann eine landesgesetzliche Regelung das Grundstückseigentum zugunsten des Nachbarn weitergehenden Beschränkungen unterwerfen, nicht aber umgekehrt dem Nachbarn Rechte nehmen, die sich aus bundesrechtlichen Vorschriften – etwa aus § 1004 Abs. 1 [X.] oder § 15 Abs. 3 [X.] – ergeben (vgl. Senat, [X.]. v. 12. Dezember 2003, [X.], [X.], 1035, 1037 m.w.[X.]). Das gilt vorliegend umso mehr, als das Landesrecht mit Art. 47 BayAG[X.] einen Anspruch schon dann gewährt, wenn bei Pflanzen mit einer bestimmten Höhe der Grenzabstand nicht eingehalten ist. Dass die Missachtung dieser Vorgaben zu einer Eigentumsbeeinträchtigung des [X.] führt, ist nicht Anspruchsvoraussetzung. Dagegen kommen Ansprüche aus § 1004 Abs. 1 [X.] nur dann in Betracht, wenn eine solche Beeinträchtigung vorliegt oder zumindest ernsthaft zu besorgen ist (zu Letzterem vgl. nur [X.]/[X.], [X.], 69. Aufl., § 1004 Rdn. 32 m.w.[X.]). Die Verjährung des für den Nachbarn vorteilhafteren landesrechtlichen Anspruchs bleibt damit auf ihren Anwendungsfall beschränkt und lässt konkurrierende Ansprüche nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch unberührt (Senat, [X.]. v. 12. Dezember 2003, [X.], [X.], 1035, 1037 m.w.[X.]). Insbesondere führt die erfolgreiche Erhebung der auf eine landesrechtliche Bestimmung gestützten Verjährungseinrede nicht dazu, dass deshalb eine von der bundesrechtlichen Vorschrift des § 1004 Abs. 1 Satz 1 [X.] erfasste Eigentumsbeeinträchtigung hingenommen werden müsste. Das hat der Senat bereits für den insoweit vergleichbaren Fall des Durchgreifens eines – ebenfalls an den Ablauf einer Frist geknüpften – landesrechtlichen [X.]es entschieden ([X.]. v. 12. Dezember 2003, [X.], aaO). Für das Eingreifen der Verjährungseinrede nach Art. 52 Abs. 1 BayAG[X.] gilt nichts anderes. Ob auf der Grundlage des tatsächlichen Vorbringens des Antragstellers eine unter § 1004 Abs. 1 [X.] fallende Eigentumsbeeinträchtigung (dazu etwa Senat, [X.]Z 113, 384, 387 f.; [X.]/[X.], [X.], 69. Aufl., § 903 Rdn. 9 f.; jeweils m.w.[X.]; vgl. aber [X.]/[X.], 4. Aufl., [X.], § 903 [X.] Rdn. 5; [X.], [X.], 425, 431 ff.) vorliegt, hat das Beschwerdegericht – auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung wiederum konsequent – nicht geprüft. Das wird ggf. nachzuholen sein.

3. Nach allem ist die Beschwerdeentscheidung aufzuheben. Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit dieses die erforderlichen Feststellungen treffen kann.

[X.]                                         Klein                                 [X.]

                  Schmidt-Räntsch                              Roth

Meta

V ZB 130/09

04.03.2010

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG München, 3. August 2009, Az: 32 Wx 8/09

§ 1004 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.03.2010, Az. V ZB 130/09 (REWIS RS 2010, 8771)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8771

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