Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.10.2017, Az. 4 StR 572/16

4. Strafsenat | REWIS RS 2017, 4146

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Gegenstand

Subventionsbetrug: Unrichtige Angaben über subventionserhebliche Tatsachen durch Verschleierung von Scheingeschäften


Tenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 19. Mai 2016 werden verworfen.

Jeder Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagte [X.]     wegen Subventionsbetrugs in neun Fällen, den Angeklagten [X.]wegen Subventionsbetrugs und wegen Beihilfe zum Subventionsbetrug in vier Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen von fünf Jahren (Angeklagte [X.]     ) und zwei Jahren (Angeklagter [X.]) verurteilt, von denen jeweils sechs Monate als vollstreckt gelten. Die Vollstreckung der Strafe gegen den Angeklagten [X.]hat es zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen richten sich die Revisionen der Angeklagten, die jeweils auf eine Verfahrensbeanstandung und die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützt sind.

2

Die Rechtsmittel der Angeklagten sind unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen aus den in der Antragsschrift des [X.] dargelegten Gründen keine Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

3

Der ergänzenden Erörterung bedarf nur Folgendes:

4

1. Die Feststellungen des [X.]s tragen in allen Fällen den Schuldspruch wegen Subventionsbetrugs bzw. - hinsichtlich des Angeklagten [X.]in den Fällen III.4 b, 5 und 6 der Urteilsgründe - wegen Beihilfe zum Subventionsbetrug.

5

Die [X.] hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass es sich bei den von den Angeklagten oder unter ihrer Mitwirkung von den gesondert verfolgten Beteiligten beim [X.] zum Nachweis der förderfähigen Qualifizierungsmaßnahmen eingereichten Schulungsverträgen um [X.] im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.], § 117 Abs. 1 BGB handelte. Mit ihren das Vorliegen bloßer [X.] verschleiernden Angaben im Rahmen der Beantragung der Förderung machten die für die Subventionsnehmer auftretenden Beteiligten jeweils unrichtige Angaben über nach § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB subventionserhebliche Tatsachen.

6

a) Da die beantragten und vom [X.] in allen Fällen bewilligten Förderungen nach den Feststellungen auch aus Haushaltsmitteln des Landes [X.] gewährt wurden, ergibt sich die Subventionserheblichkeit der die [X.] verschleiernden Angaben nach § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB aus dem über § 1 [X.] des Landes [X.] anwendbaren § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 28. Mai 2014 - 3 [X.], [X.]St 59, 244, 249 f.). Diese Vorschrift enthält ein Verbot der Subventionierung von [X.]n mit der Folge, dass die Bewilligung und Gewährung von Subventionen im Sinne des § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB vom Nichtvorliegen eines bloßen Scheingeschäfts gesetzlich abhängig ist.

7

Die sich damit aus § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB ergebende Subventionserheblichkeit wird auch durch den Umstand, dass die Bewilligung der beantragten Förderungen auf der Grundlage einer Verwaltungsvorschrift erfolgte und die Gewährung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach im Ermessen des Landesverwaltungsamts [X.] stand (vgl. [X.], Urteil vom 11. November 1998 - 3 [X.], [X.]St 44, 233, 241; Beschluss vom 30. September 2010 - 5 [X.], [X.]R StGB § 264 Abs. 8 Subventionserhebliche Tatsache 2), nicht in Frage gestellt. Denn das Nichtvorliegen eines bloßen Scheingeschäfts stellt nach der Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] eine zwingende Voraussetzung der Subventionierung dar, die dem Ermessensspielraum der Verwaltungsbehörde vorgelagert ist (vgl. [X.], Beschluss vom 28. Mai 2014 - 3 [X.], aaO).

8

b) Ob sich die Subventionserheblichkeit der Tatsache eines bloßen Scheingeschäfts nach § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB angesichts der teils aus Mitteln des [X.] gewährten Förderungen darüber hinaus auch aus [X.] Recht begründen lässt, kann der Senat offenlassen. Ein mit § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] vergleichbares Verbot der Subventionierung bloßer [X.] könnte sich aus der Vorschrift des Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung ([X.], [X.]) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der [X.] ([X.]) ergeben (vgl. [X.] in [X.], 12. Aufl., § 264 Rn. 12; [X.] in Satzger/Schluckebier/[X.], StGB, 3. Aufl., § 264 Rn. 25; [X.], [X.], 2004, [X.] ff.; [X.], Subventionskriminalität zum Nachteil der [X.], 2001, [X.] ff.), deren Auslegung im Einzelnen aber allein dem [X.] obliegt. Im Schrifttum wird ferner die Ansicht vertreten, die Unerheblichkeit von [X.]n für die Gewährung europarechtlicher Subventionen folge aus einem allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Rechtsgrundsatz (vgl. [X.], aaO, Rn. 124 und NJW 1990, 2226, 2230; [X.], aaO, [X.]; [X.], aaO, [X.]; [X.], [X.] in der [X.], 1995, S. 289 f.). Der Senat hätte indes Bedenken, ob ein ungeschriebener allgemeiner Rechtsgrundsatz den Anforderungen des in § 264 Abs. 8 StGB normierten formalen Begriffs der Subventionserheblichkeit genügen könnte.

9

2. Dass die [X.] sich bei der Strafzumessung an der Höhe der von den Beteiligten vorsätzlich unberechtigt erlangten Fördergelder orientiert hat, begegnet unbeschadet des Umstands, dass die Förderungen auch aus Mitteln des [X.] gewährt wurden, keinen rechtlichen Bedenken. Es handelt sich um schuldhaft verursachte [X.], die straferschwerend Berücksichtigung finden dürfen.

Sost-Scheible   

        

Roggenbuck   

        

Ri[X.] Dr. Franke ist erkrankt
und deshalb gehindert zu
unterschreiben.

                                   

Sost-Scheible

        

Bender   

        

Quentin   

        

Meta

4 StR 572/16

11.10.2017

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Halle (Saale), 19. Mai 2016, Az: 13 KLs 4/15

§ 264 Abs 8 Nr 2 StGB, § 4 Abs 1 S 1 SubvG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.10.2017, Az. 4 StR 572/16 (REWIS RS 2017, 4146)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 4146

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