Bundessozialgericht, Beschluss vom 15.02.2018, Az. B 10 EG 19/17 B

10. Senat | REWIS RS 2018, 13924

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - Anrechnung von Mutterschaftsgeld auf Elterngeld für Mehrlingsgeburten nach altem Recht - kein gleichzeitiger Bezug von Mutterschaftsgeld und Elterngeld - Darlegungsanforderungen


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 7. September 2017 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Mit Urteil vom 7.9.2017 hat das [X.] den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch, ihr höheres Elterngeld für ihre am 20.11.2010 geborene [X.] [X.] ohne Anrechnung von Mutterschaftsgeld für den ersten bis dritten Lebensmonat verneint.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde beim [X.] eingelegt. Sie macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Begründung vom 6.11.2017 genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht ordnungsgemäß dargelegt worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 S[X.]).

4

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 [X.] S[X.], wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss daher, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl [X.] Beschluss vom [X.] - B 5 R 401/16 B - Juris RdNr 6 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

5

Die Klägerin hält folgende Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam:

"Ist das im Falle von Mehrlingsgeburten für alle Mehrlinge insgesamt nur einmal gewährte Mutterschaftsgeld nach § 3 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf das nach der Rechtsprechung des [X.] gemäß Urteilen vom 27.06.2013, [X.]. 10 [X.] und 10 [X.], bis zum Inkrafttreten des [X.] mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im [X.] und [X.] vom 18.12.2014 ([X.] I S. 2325) für jeden Mehrling zu gewährende Elterngeld einschließlich [X.] in der Weise anzurechnen, dass sich das für jeden Mehrling zu gewährende Elterngeld einschließlich [X.] jeweils um den Betrag des [X.] reduziert?"

6

Die von der Klägerin bezeichnete Rechtsfrage bezieht sich ihrer Formulierung nach ausdrücklich auf "auslaufendes Recht". Die Klägerin trägt selbst vor, dass durch § 1 Abs 1 S 2 [X.] in der ab 1.1.2015 geltenden Fassung des [X.] mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im [X.] und Elternteilzeitgesetz vom 18.12.2014 ([X.] 2325) nunmehr geregelt ist, dass bei Mehrlingsgeburten nur ein Anspruch auf Elterngeld besteht und für die weiteren Mehrlinge jeweils (nur) der [X.] nach § 2a [X.] [X.] gezahlt wird. Betrifft eine Rechtsfrage "auslaufendes Recht" ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aber nur dann gegeben, wenn noch eine erhebliche Zahl von Fällen auf der Grundlage des alten Rechts zu entscheiden ist oder wenn die Überprüfung der Rechtsnorm bzw ihre Auslegung aus anderen Gründen (namentlich wegen einer weitgehenden Übereinstimmung mit dem neuen Recht) fortwirkende allgemeine Bedeutung hat (stRspr, [X.] Beschluss vom 21.6.2016 - [X.] [X.] B - Juris RdNr 9 mwN). Die Klägerin behauptet zwar, dass die aufgeworfene Rechtsfrage bereits in einer Vielzahl von Fällen aufgetreten sei und auch noch weiter auftreten werde. Der [X.] lässt offen, ob der diesbezügliche weitere Vortrag der Klägerin (Beschwerdebegründung [X.]) den [X.] genügt, um bei bereits zum 1.1.2015 "ausgelaufenem Recht" zu Elterngeld bei Mehrlingsgeburten noch eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bejahen zu können. Denn sie hat deren Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend aufgezeigt.

7

Die Klägerin weist selbst auf das Urteil des [X.]s vom [X.] ([X.] EG 2/13 R - Juris) hin. Sie behauptet zwar, dass sich aus dieser Entscheidung keine Antwort auf die gestellte Frage ergebe. Die Klägerin verkennt jedoch dass eine Rechtsfrage bereits dann als höchstrichterlich geklärt anzusehen ist, wenn das [X.] diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam herausgestellten Rechtsfrage geben (stRspr, [X.] Beschluss vom 14.9.2017 - B 5 R 258/17 B - Juris Rd[X.]0). Nach der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung des [X.]s (Urteile vom 27.6.2013 - [X.] [X.] - Juris und [X.] [X.] - [X.], 26 = [X.]-7837 § 1 [X.]) stand ihr zwar auch für die [X.] [X.] ein eigenständiger [X.] zu. Sie erläutert jedoch nicht hinreichend, warum dann auf diesen [X.] nicht auch alle Vorschriften über die Berechnung des Elterngelds Anwendung finden sollen, also insbesondere auch § 3 Abs 1 S 1 [X.] in der hier maßgeblichen Fassung des [X.] ([X.] 2748). Danach wird Mutterschaftsgeld, das der Mutter nach der [X.] oder dem [X.] für die [X.] ab dem [X.] zusteht, mit Ausnahme des [X.] nach § 13 Abs 2 des [X.] auf das ihr zustehende Elterngeld nach § 2 angerechnet. Die Klägerin legt nicht dar, ob sich aus dem Gesetz und/oder mit Hilfe welcher anerkannten juristischen (Auslegungs-)Methode(n) Möglichkeiten ergeben, die Höhe des [X.]s abweichend von dieser Norm zu berechnen. [X.] weiterer Erörterungsbedarf hätte aber schon deshalb bestanden, weil der [X.] in dem oben genannten Urteil vom [X.] - worauf die Klägerin selbst hinweist - entschieden hat, dass § 3 Abs 1 S 1 [X.] in der hier maßgeblichen Fassung "nach dem unmissverständlichen Wortlaut das Verhältnis von Elterngeld (…) und [X.] umfassend" regelt (aaO Juris RdNr 24). Darüber hinaus hat der [X.] unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien (vgl BT-Drucks 16/1889 [X.] zu § 3 Abs 1 [X.]) in diesem Urteil ausgeführt, das [X.] und das Elterngeld insoweit dem gleichen Zweck dienten, als sie für den gleichen Leistungszeitraum aus demselben Anlass, nämlich der Geburt des Kindes, dieselben Einkommenseinbußen ganz oder teilweise ersetzen oder ausgleichen sollten, und sie deshalb nicht nebeneinander gewährt werden könnten (aaO Juris RdNr 24). Dass der Gesetzgeber insoweit für mehrfache Elterngeldansprüche bei Mehrlingsgeburten eine abweichende bzw gesonderte Anrechnungsregelung im Elterngeldrecht getroffen hat oder treffen wollte, um auf diese Weise (zusätzlich), die besondere elterliche Belastung bei Mehrlingsgeburten zu honorieren, behauptet die Klägerin nicht. Entsprechendes ergibt sich im Übrigen aber auch nicht aus der nachfolgenden Gesetzesentwicklung und den insoweit einschlägigen Gesetzesmaterialien (vgl BT-Drucks 18/2583 S 18, 23).

8

Soweit die Klägerin überdies mit der Nichtzulassungsbeschwerde einen Verfassungsverstoß (hier: Verletzung von Art 3 Abs 1 [X.]) geltend machen und insoweit noch bestehenden höchstrichterlichen Klärungsbedarf aufzeigen will, darf sie sich nicht auf die bloße Benennung des angeblich verletzten Grundrechts beschränken. Vielmehr muss sie unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des [X.] und des [X.] zu der gerügten Verfassungsnorm und der ihr zugrunde liegenden Prinzipien und Grundsätze in substantieller Argumentation darlegen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. Hierzu muss der Bedeutungsgehalt der infrage stehenden einfachgesetzlichen Norm aufgezeigt, die Sachgründe ihrer Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des [X.] im Einzelnen dargetan werden. Es ist aufzuzeigen, dass der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seines weiten Gestaltungsspielraums im Elterngeldrecht (s hierzu [X.] Urteil vom 21.6.2016 - [X.] EG 8/15 R - [X.], 222 = [X.]-7837 § 2b [X.], RdNr 28; [X.] Beschluss vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - [X.]K 19, 186, 189, 193) überschritten und in unzulässiger Weise verletzt hat (vgl [X.] Beschluss vom [X.]/16 B - Juris RdNr 7; [X.] Beschluss vom [X.] - B 13 R 294/16 B - Juris RdNr 8). [X.] fehlt jedoch.

9

Von einer weiteren Begründung sieht der [X.] ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 S[X.]).

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a [X.] Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 S[X.] durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 S[X.].

Meta

B 10 EG 19/17 B

15.02.2018

Bundessozialgericht 10. Senat

Beschluss

Sachgebiet: EG

vorgehend SG Dresden, 29. September 2015, Az: S 50 EG 36/14, Urteil

§ 3 Abs 1 S 1 BEEG vom 05.12.2006, § 1 Abs 1 S 2 BEEG, § 24i SGB 5, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 15.02.2018, Az. B 10 EG 19/17 B (REWIS RS 2018, 13924)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 13924

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 BvR 1853/11

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