Bundessozialgericht, Urteil vom 24.03.2016, Az. B 12 R 3/14 R

12. Senat | REWIS RS 2016, 13883

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Sozialversicherung - Antrag auf Statusfeststellung - Beginn der aufgeschobenen Versicherungspflicht - Abstellen auf Zeitpunkt der Bekanntgabe einer Entscheidung der DRV Bund über Vorliegen einer "Beschäftigung"


Leitsatz

Für den Beginn der aufgeschobenen Sozialversicherungspflicht des Beschäftigten nach einem durchgeführten Statusfeststellungsverfahren kommt es bereits auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe einer Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung Bund über vorliegende "Beschäftigung" an, nicht erst auf eine spätere - die vorherige unzulässige Elementenfeststellung korrigierende - Entscheidung zur deswegen anzunehmenden "Versicherungspflicht".

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 17. Dezember 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 5000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Versicherungspflicht wegen Beschäftigung in der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]), der gesetzlichen Rentenversicherung ([X.]), der [X.] Pflegeversicherung ([X.]) und nach dem Recht der Arbeitsförderung.

2

Die Klägerin betreibt ein [X.] und Dienstleistungsunternehmen. Sie vereinbarte mit dem Beigeladenen zu 1. - einem Informatiker und IT-Consultant, der privat gegen Krankheit und Berufsunfähigkeit sowie durch Kapitallebens- und Rentenversicherungen abgesichert war - schriftlich in verschiedenen Einzelregelungen die Erbringung von Beratungs- und Dienstleistungen bei einem Kunden in der [X.] vom 26.2. bis [X.] Der Beigeladene zu 1. unterhielt ein eigenes Büro, verfügte über einen flexiblen Arbeitsplatz beim Kunden und stellte der Klägerin (vom Kunden bestätigte) Arbeitsstunden in Rechnung.

3

Auf den Antrag des Beigeladenen zu 1. vom 17.3.2009 stellte die beklagte [X.] mit Bescheiden vom 12.10.2009 ihm sowie der Klägerin gegenüber fest, dass seine Tätigkeit für die Klägerin im Bereich "[X.]/Infrastruktur/Umgebungsplanung" seit [X.] "im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt" werde. Im Widerspruchsverfahren änderte die Beklagte die Bescheide mit zwei Änderungsbescheiden vom [X.] dahingehend, dass sie eine Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in der [X.], [X.], [X.] und nach dem Recht der Arbeitsförderung feststellte. Die von den Beteiligten erhobenen Widersprüche wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheide vom 5.8.2010).

4

Das [X.] hat die genannten Bescheide auf die Anfechtungs- und Feststellungsklage (allein) der Klägerin hin aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. in der [X.] vom 26.2. bis zum Ende seiner Tätigkeit am 18.12.2009 bei der Klägerin nicht als abhängig Beschäftigter sozialversicherungspflichtig gewesen sei (Urteil vom [X.]). Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. In der mündlichen Verhandlung vor dem L[X.] hat der Beigeladene zu 1. seine Zustimmung nach § 7a Abs 6 [X.]B IV zum Eintritt der Versicherungspflicht erst mit Bekanntgabe der Entscheidung der Beklagten erklärt. Das L[X.] hat daraufhin die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, die Feststellung der Versicherungspflicht komme - unabhängig davon, ob eine Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 [X.]B IV vorgelegen habe - schon deshalb nicht in Betracht, weil nach der erteilten Zustimmung des Beigeladenen zu 1. die Versicherungspflicht erst mit Bekanntgabe des Bescheides vom [X.] eintreten könne. Zu diesem [X.]punkt sei der Beigeladene zu 1. indessen schon nicht mehr für die Klägerin tätig gewesen, sodass eine entsprechende Feststellung "ins Leere ginge". Der Beigeladene zu 1. habe den Antrag auf Statusfeststellung rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und sei ausreichend anderweitig abgesichert gewesen. Da der Bescheid vom 12.10.2009 nur eine (unzulässige) Elementenfeststellung über ein Beschäftigungsverhältnis enthalten habe, komme es auf diesen nicht an (Urteil vom 17.12.2013).

5

Mit ihrer auf die [X.] vom 15.10.2009 (= Zugang des Bescheides vom 12.10.2009) bis 18.12.2009 (= Beschäftigungsende) beschränkten Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 7a Abs 6 [X.]B IV und macht geltend, in diesem [X.]raum habe Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. wegen Beschäftigung bei der Klägerin bestanden. Für den Beginn der Versicherungspflicht sei bereits auf die Bekanntgabe des (ersten) Bescheides vom 12.10.2009 (und nicht auf denjenigen vom [X.]) abzustellen, auch wenn dieser - ausgehend von der Rechtsprechung des B[X.] (Hinweis auf [X.]-2400 § 7a [X.]) - eine unzulässige Elementenfeststellung zum Inhalt gehabt habe. Der Wortlaut der Vorschrift stelle allein auf die Bekanntgabe des Bescheides ab, unabhängig davon, ob er bestandskräftig sei oder ggf noch im Rechtsbehelfsverfahren korrigiert werde. § 7a Abs 6 [X.]B IV sei als Ausnahmeregelung restriktiv anzuwenden. Die Vorschrift solle hohe Haftungsrisiken der Antragsteller im Anfrageverfahren einschränken. Auch fehlerhaften Bescheiden komme nach den [X.] der §§ 40 bis 43 [X.]B X Rechtswirkungen zu. Schließlich habe der spätere Versicherungsbeginn für die Betroffenen nicht nur Vorteile, sondern könnte ggf mögliche Ansprüche eines Beschäftigten auf Arbeitslosengeld verhindern. Das L[X.] habe das Urteil des [X.] zudem zumindest insoweit aufheben bzw ändern müssen, als das [X.] die Feststellung getroffen habe, der Beigeladene zu 1. sei "nicht als abhängig Beschäftigter sozialversicherungspflichtig" gewesen. Die Bindungswirkung des [X.]-Urteils führe so zu einer formell und inhaltlich rechtswidrigen Elementenfeststellung.

6

Die Beklagte beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. Dezember 2013 sowie des [X.] vom 23. April 2012 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit bei der Klägerin vom 15. Oktober 2009 bis 18. Dezember 2009 der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

7

Die Klägerin beantragt,

        

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

8

Sie ist der Auffassung, das Berufungsgericht habe zutreffend und in Übereinstimmung mit höchstrichterlicher Rechtsprechung entschieden.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der [X.] ([X.]) ist im Sinne der [X.]ufhebung des angefochtenen Urteils des [X.] und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet.

Der [X.] selbst kann nicht abschließend entscheiden, ob das [X.] die Berufung der [X.] zu Recht zurückgewiesen hat. Nach dem Gegenstand des Revisionsverfahrens (dazu im Folgenden 1.) hat das [X.] in seiner Entscheidung zu Unrecht offengelassen, ob der Beigeladene zu 1. (überhaupt) für die Klägerin versicherungspflichtig beschäftigt war. Feststellungen zur Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. sind aber nicht entbehrlich, da die Versicherungspflicht bisher ungeklärt ist. Die Versicherungspflicht wegen Beschäftigung konnte nur bis zur Bekanntgabe des Bescheides vom 12.10.2009 aufgeschoben werden, also abweichend von der [X.]nsicht des [X.] bis zu einem [X.]punkt, der noch vor Beendigung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. für die Klägerin am 18.12.2009 liegt (dazu 2.). Deshalb ist das Urteil des [X.] aufzuheben und die Sache nach § 170 [X.]bs 2 [X.] SGG an dieses Gericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (dazu 3.).

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist - aufgrund der in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] erklärten Zustimmung des Beigeladenen zu 1. zu einem späteren Beginn der Versicherungspflicht - nur noch die von der [X.] mit ihrem gegenüber der Klägerin (als alleiniger Berufungsklägerin und Revisionsführerin) ergangenen Bescheid vom 12.10.2009 und Änderungsbescheid vom [X.], beide in der Gestalt des Wi[X.]pruchsbescheides vom 5.8.2010, auf der Rechtsgrundlage des § 7a [X.] getroffene Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in der [X.], [X.], [X.] und nach dem Recht der [X.]rbeitsförderung in seiner Tätigkeit für die Klägerin in der [X.] (= Bekanntgabe des Bescheides vom 12.10.2009) bis 18.12.2009 (= Ende der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1.).

2. Eine mögliche Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. wegen Beschäftigung beginnt, sofern sie nach den erst noch zu treffenden Feststellungen des [X.] in der [X.], [X.] und [X.] sowie nach dem Recht der [X.]rbeitsförderung zu bejahen sein sollte (dazu im Weiteren die [X.]usführungen unter 3.), entgegen der Rechtsauffassung des [X.] nicht erst mit Bekanntgabe des Bescheides der [X.] vom [X.], sondern bereits mit Bekanntgabe des [X.] vom 12.10.2009. Die Voraussetzungen für einen aufgeschobenen Versicherungsbeginn nach § 7a [X.]bs 6 [X.] [X.] liegen grundsätzlich vor (dazu a). Die Versicherungspflicht tritt nach dieser Regelung erst mit Bekanntgabe der Entscheidung der [X.] ein, wobei für den Beginn der Versicherungspflicht hier auf die Bekanntgabe der ersten Entscheidung der [X.] abzustellen ist; das ist hier die oa Bekanntgabe des [X.] am 15.10.2009 (dazu b).

a) Nach den insoweit für den [X.] bindenden und von den Beteiligten im Revisionsverfahren nicht angegriffenen Feststellungen des [X.] (vgl § 163 SGG) sind - bis auf die Frage des Vorliegens von Versicherungspflicht wegen Beschäftigung - die weiteren Voraussetzungen für ein späteres Eintreten der Versicherungspflicht nach § 7a [X.]bs 6 [X.] [X.] erfüllt (vgl zu § 7a [X.] allgemein zB [X.], NZ[X.]014, 885 ff; [X.] in Knickrehm/[X.]/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 4. [X.]ufl 2015, § 7a [X.] RdNr 1 ff).

Die [X.] stellte als sog Clearingstelle erstmals mit den Bescheiden vom 12.10.2009 im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a [X.] die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in seiner Tätigkeit für die Klägerin in den og [X.] fest. Nachdem die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. für die Klägerin am [X.] begonnen hatte, beantragte er am 17.3.2009 bei der [X.] eine Entscheidung über das Vorliegen von Beschäftigung und damit entsprechend den gesetzlichen Vorgaben innerhalb eines Monats nach [X.]ufnahme seiner Tätigkeit (§ 7a [X.]bs 6 [X.] [X.]). Der Beigeladene zu 1. verfügte ausgehend von den Feststellungen des [X.] - von der [X.] im Revisionsverfahren unbeanstandet - für den [X.]raum zwischen [X.]ufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung der [X.] zur Statusfeststellung auch über eine [X.]bsicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur [X.]ltersvorsorge, die der [X.]rt nach den Leistungen der [X.] und der [X.] entspricht (§ 7a [X.]bs 6 [X.] [X.] [X.]). Der Beigeladene zu 1. erklärte schließlich auch seine Zustimmung für den späteren Eintritt der Versicherungspflicht (§ 7a [X.]bs 6 [X.] Nr 1 [X.]). Die Zustimmungserklärung erfolgte erst im Berufungsverfahren, sodass offenbleiben kann, ob die Zustimmung überhaupt erst nach Bekanntgabe der Entscheidung der [X.] erklärt werden kann (dafür: Gemeinsames Rundschreiben des [X.]-Spitzenverbands, der [X.] und der [X.] vom [X.], [X.] unter 4.3.1; a[X.] [X.] in [X.], Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand Einzelkommentierung März 2011, § 7a [X.] RdNr 16). Dass der Beigeladene zu 1. seine Zustimmung erst im Berufungsverfahren erklärte, steht der Wirksamkeit nicht entgegen, denn nach dem Wortlaut des § 7a [X.]bs 6 [X.] Nr 1 [X.] ist die Zustimmungserklärung für den späteren Eintritt der Versicherungspflicht nicht an eine Frist gebunden. [X.]llein der [X.]ntrag auf Statusfeststellung muss innerhalb eines Monats nach [X.]ufnahme der Tätigkeit gestellt worden sein (§ 7a [X.]bs 6 [X.] [X.]). Die [X.] war in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] am 17.12.2013 durch einen Bediensteten vertreten und konnte deshalb die Erklärung entgegennehmen.

b) Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. wegen Beschäftigung trat nach § 7a [X.]bs 6 [X.] [X.] "mit der Bekanntgabe der Entscheidung" ein. Für den Beginn der Versicherungspflicht nach § 7a [X.]bs 6 [X.] [X.] ist insoweit vorliegend - mit Wirkung für alle Zweige der Sozialversicherung - auf die Bekanntgabe schon der ersten Entscheidung der [X.], dh auf die Bekanntgabe des [X.] vom 12.10.2009 abzustellen.

Die schriftlich ergangene Entscheidung der [X.] vom 12.10.2009 gilt nach § 37 [X.]bs 2 SGB X mit dem dritten Tag nach der [X.]ufgabe zur Post als bekanntgegeben. Hinweise darauf, dass sie der Klägerin nicht oder erst zu einem späteren [X.]punkt zuging, gibt es nicht. Für den Beginn der Versicherungspflicht nach § 7a [X.]bs 6 [X.] [X.] kommt es damit auf die Bekanntgabe des [X.] (vom 12.10.2009) am 15.10.2009 an. Die Versicherungspflicht trat - entgegen der [X.]uffassung des [X.] - nicht erst mit Bekanntgabe des (späteren) Änderungsbescheides der [X.] vom [X.] ein. Dies steht im Einklang mit dem Wortlaut des § 7a [X.]bs 6 [X.] [X.] (dazu [X.]) und entspricht dem aus dem Gesetzgebungsverfahren erkennbaren Sinn und Zweck dieser Vorschrift (dazu bb).

[X.]) Es steht im Einklang mit dem Wortlaut des § 7a [X.]bs 6 [X.] [X.], den Beginn der Versicherungspflicht mit der Bekanntgabe der ersten Entscheidung der [X.], dh mit der Bekanntgabe des Bescheides (vom 12.10.2009) am 15.10.2009 anzunehmen. Dieser Bescheid war nicht etwa im Sinne einer Nichtigkeit (§ 40 SGB X) von [X.]nfang an gänzlich unbeachtlich, sondern wirksam und lediglich (einfach) rechtswidrig wegen der darin enthaltenen unzulässigen Elementenfeststellung (dazu grundlegend und ausführlich [X.], 17 = [X.]-2400 § 7a [X.]; BSG [X.]-2400 § 7a [X.] RdNr 11 ff; vgl auch [X.], [X.] 2010, 271 ff).

Zwar liegt es nach dem Wortlaut des § 7a [X.]bs 6 [X.] [X.] ("und stellt die [X.] ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis fest, tritt die Versicherungspflicht mit der Bekanntgabe der Entscheidung ein") zunächst nahe, die Versicherungspflicht erst mit Bekanntgabe des (späteren) Änderungsbescheides der [X.] vom [X.] beginnen zu lassen. Das [X.] hat zutreffend darauf hingewiesen, dass erst in diesem Bescheid die "Versicherungspflicht" des Beigeladenen zu 1. in der [X.], [X.], [X.] und nach dem Recht der [X.]rbeitsförderung "festgestellt" wurde. Einem davon abweichenden Verständnis von der Maßgeblichkeit bereits einer Feststellung von "Beschäftigung" steht der Wortlaut aber auch nicht entgegen: Für eine "Entscheidung" iS von § 7a [X.]bs 6 [X.] [X.] kann auch ein Bescheid ausreichen, in dem (zunächst) nur das Vorliegen einer "Beschäftigung" festgestellt wurde. [X.]us der Rechtsprechung des [X.]s zur Unzulässigkeit von Elementenfeststellungen durch die Clearingstelle im Kontext des § 7a [X.] (vgl [X.], 17 = [X.]-2400 § 7a [X.], ua) folgt nichts Gegenteiliges: Der Sprachgebrauch in den einzelnen [X.]bsätzen des § 7a [X.] bezüglich dessen, was genau die [X.] festzustellen hat und welche Rechtswirkungen dies dann zeitigt, ist uneinheitlich (vgl dazu bereits BSG, [X.]O, RdNr 19; [X.], Kommentar, [X.]O, § 7a [X.] Rd[X.]). Insbesondere ist der Regelungsgehalt von § 7a [X.]bs 6 [X.] nicht mit demjenigen des § 7a [X.]bs 1 [X.] [X.] identisch (vgl BSG, [X.]O, Rd[X.]1). § 7a [X.]bs 6 [X.] regelt nämlich nicht die Frage der Statusfeststellung als solche - deren Inhalt Gegenstand der zitierten Rechtsprechung des [X.]s war -, sondern hat nur einen Teil- und Folgeaspekt der Statusfeststellung zum Gegenstand. Sein Regelungsinhalt betrifft lediglich den [X.]punkt, von dem an die Wirkungen einer einmal festgestellten Versicherungspflicht wegen Beschäftigung eintreten und zudem vor allem ihre beitragsrechtlichen Wirkungen (vgl [X.], NZ[X.]014, 885, 889 f): Entweder besteht Versicherungspflicht (entsprechend den allgemein geltenden Grundsätzen) vom [X.]punkt des Vorliegens der Voraussetzungen für (versicherungspflichtige) "Beschäftigung" an oder aber erst "mit der Bekanntgabe der Entscheidung" (so § 7a [X.]bs 6 [X.] [X.]) bzw entweder sind Sozialversicherungsbeiträge (entsprechend dem Regelfall bei Vorliegen von Versicherungspflicht) bereits unter Berücksichtigung der [X.] (§ 23 [X.]) von Beginn der Tätigkeit an zu erheben oder aber erst vom [X.]punkt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung der [X.] an, "dass eine Beschäftigung vorliegt" (so § 7a [X.]bs 6 [X.] [X.]). Die Entscheidung nach § 7a [X.]bs 6 [X.] hat mithin im Ergebnis letztlich auch bei [X.] (und vorliegend allein streitiger) Versicherungspflicht nur [X.]uswirkungen für einen "Zwischenzeitraum", nämlich für die [X.] vom Beginn der zu beurteilenden Tätigkeit bis zur Bescheidbekanntgabe, während [X.]bs 1 die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der streitigen Tätigkeit als solche und für die gesamte Dauer ihrer [X.]usübung betrifft, dh von ihrem Beginn bis zu ihrer Beendigung.

bb) Insbesondere Sinn und Zweck des § 7a [X.]bs 6 [X.] [X.] sprechen dafür, dass für den Beginn der Versicherungspflicht die Bekanntgabe der ersten Entscheidung der [X.] maßgebend ist, hier also schon derjenigen vom 12.10.2009.

Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte das finanzielle Risiko, das insbesondere für einen "gutgläubigen [X.]rbeitgeber" daraus resultiert, dass sich eine von den beteiligten Vertragsparteien als "selbstständig" angesehene Tätigkeit nach Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens als "Beschäftigung" und damit Beitragspflichten auslösend herausstellt, reduziert werden. Mit der Einführung des § 7a [X.] durch das "Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit" vom 20.12.1999 ([X.], 2) zum [X.] sollten die Vorschläge des [X.]bschlussberichts der [X.] "Scheinselbständigkeit" (sog Dieterich-[X.]) umgesetzt werden (vgl Entwurf der Fraktionen [X.] und [X.][X.], BT-Drucks 14/1855 [X.] unter [X.]). Danach sollte ua "angesichts der großen Unsicherheit bei der Feststellung des Status kleiner [X.]uftragnehmer" das Risiko hoher Beitragsnachzahlungen dadurch abgemildert werden, dass die Versicherungs- und Beitragspflicht erst mit der Statusentscheidung im [X.]nfrageverfahren entsteht, sofern das [X.]nfrageverfahren unverzüglich eingeleitet wurde (vgl [X.]bschlussbericht der [X.] "Scheinselbständigkeit", NZ[X.] 1999, 1260, unter [X.]); kritisch zu im Gesetzgebungsverfahren geäußerten Erwartungen [X.], NZ[X.]014, 885, 889 f).

[X.]usgehend von diesem Regelungsziel und gemessen daran ergibt sich im vorliegenden Fall, dass die Unsicherheit der Beteiligten darüber, ob der Beigeladene zu 1. eine selbstständige Tätigkeit oder eine versicherungspflichtige und die Pflicht zu Beitragszahlungen zur Sozialversicherung auslösende Beschäftigung für die Klägerin ausübte, bereits mit der Bekanntgabe des (ersten) Bescheides der [X.] am 15.10.2009 beendet wurde. [X.]uch wenn sich die [X.] in diesem Bescheid (rechtswidrig) zunächst noch auf die Feststellung beschränkte, die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. werde "im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt", so war jedenfalls schon damit für die Beteiligten die weitere - an den Beschäftigungsbegriff des § 7 [X.]bs 1 [X.] anknüpfende - Konsequenz der grundsätzlich bestehenden Versicherungspflicht in der [X.], [X.], [X.] und [X.]rbeitslosenversicherung (vgl § 5 [X.]bs 1 [X.], § 20 [X.]bs 1 [X.] [X.], § 1 [X.] [X.]I und § 25 [X.]bs 1 [X.]) offensichtlich. Schon von diesem [X.]punkt an konnten sich die Beteiligten auf die nun grundsätzlich eintretende Beitragspflicht einstellen und konnte die Klägerin als [X.]rbeitgeberin und Beitragsschuldnerin nach § 28e [X.] - unbeschadet der in § 7a [X.]bs 7 [X.] vorgesehenen aufschiebenden Wirkung von Wi[X.]pruch und Klage - nun im Eigeninteresse Rückstellungen für Beitragsforderungen treffen (vgl § 253 [X.]bs 1 [X.] HGB). Die Gefahr, im Vertrauen auf die [X.]nnahme einer selbstständigen Tätigkeit später von hohen Beitragsnachzahlungen "überrascht" zu werden, bestand für die Klägerin jedenfalls vom 15.10.2009 an nicht mehr.

Ein Grund dafür, den Versicherungsbeginn über dieses Datum hinaus weiter aufzuschieben, ist nach dem dargestellten Sinn und Zweck der Regelung auch nicht ersichtlich. § 7a [X.]bs 6 [X.] [X.] beruht nach den im Gesetzgebungsverfahren geäußerten Erwägungen auf einem Interessensausgleich, indem zum einen auf die Erhebung an sich fälliger Beiträge verzichtet werden sollte und man zum anderen dem Schutz der Beschäftigten gerecht werden wollte, in dem der spätere Eintritt der Versicherungspflicht von der Zustimmung des Beschäftigten abhängig gemacht wurde (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des [X.]usschusses für [X.]rbeit und Sozialordnung <11. [X.]usschuss>, BT-Drucks 14/2046, [X.] unter [X.]., [X.] unter B., [X.] unter II., [X.]0 und [X.]3 ). Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich aufgrund des späteren gewillkürten Versicherungsbeginns verkürzte Versicherungszeiten auch nachteilig auf den Versicherungsschutz des Beschäftigten auswirken können, etwa - wie von der [X.] beschrieben - in der Weise, dass ein [X.]nspruch auf [X.]rbeitslosengeld ggf an der Nichterfüllung der [X.]nwartschaftszeit nach § 137 [X.]bs 1, § 142 [X.] scheitern kann oder durch die Nichtberücksichtigung von Versicherungszeiten die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch fehlen können.

Ein von den vorstehenden Erwägungen abweichendes Verständnis des § 7a [X.]bs 6 [X.] würde darüber hinaus der dem gesamten Gesetzgebungsverfahren zugrunde liegenden Intention zuwiderlaufen, im Vergleich zur zuvor geltenden Rechtslage des reinen [X.] mehr Rechtssicherheit herbeizuführen (vgl zu diesen Gesichtspunkt erneut Gesetzentwurf, [X.]O, BT-Drucks 14/1855 [X.] unter [X.].; [X.], NZ[X.]014, 885, 889 f ). Nur mit dem [X.]bstellen auf den ersten Bescheid besteht nämlich hinreichende Klarheit hinsichtlich des [X.]punkts, wann die aufgeschobene Versicherungspflicht beginnt. In Fallkonstellationen, in denen mehrfach Änderungsbescheide ergehen oder das Verfahren nach Einlegung von Rechtsbehelfen und Rechtsmitteln durch Betroffene nicht förderlich betrieben wird, bliebe sonst unklar, bis zu welchem [X.]punkt der Versicherungsbeginn noch weiter aufgeschoben werden könnte. Möglicherweise könnten Beteiligte sogar die Wirkungen einer Statusfeststellung bis hin zu einem [X.]punkt bewusst hinausschieben, zu dem der Beschäftigte seine Tätigkeit bereits wieder beendet hat. Bereits im Gesetzgebungsverfahren wurde wegen eines möglicherweise eintretenden (späteren) Versicherungsbeginns erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung deshalb auch die Gefahr einer missbräuchlichen Nutzung des zustimmungsabhängigen Hinausschiebens der Versicherungspflicht gesehen (vgl Beschlussempfehlung und Bericht, [X.]O, BT-Drucks 14/2046 [X.]0 f ).

3. Nach dem Ergebnis der [X.]usführungen unter 2. durfte das [X.] nach alledem nicht offenlassen, ob der Beigeladene zu 1. in dem streitigen [X.]raum Beschäftigter der Klägerin war und deshalb der Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung unterlag. Das [X.] wird dazu noch weitere Feststellungen zu treffen haben. Der [X.] kann darüber auf der Grundlage der vom [X.] festgestellten Tatsachen nicht abschließend selbst entscheiden (§ 170 [X.]bs 2 [X.] SGG).

Um über das Vorliegen einer Beschäftigung iS von § 7 [X.]bs 1 [X.] [X.] nach den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen (vgl zum Ganzen zuletzt [X.] vom 18.11.2015 - [X.] KR 16/13 R - Juris RdNr 16 ff mwN, zur Veröffentlichung in [X.] und [X.]-2400 § 7 [X.]5 vorgesehen) entscheiden zu können, ist es erforderlich, dass das [X.] vor einer erneuten Verhandlung und Entscheidung zunächst noch weitere Ermittlungen zu einer möglichen Weisungsgebundenheit des Beigeladenen zu 1. und auch dazu trifft, ob und inwieweit dieser in die [X.]rbeitsorganisation der Klägerin eingebunden war. Den Feststellungen des [X.] lässt sich dazu bislang nur entnehmen, dass ein Projektleiter der Klägerin "die Verantwortung der Projektkoordination" trug. Dieser habe sich "in allen übergeordneten Belangen mit dem Projektverantwortlichen des Endkunden" und schließlich "weiter mit dem Beigeladenen zu 1." abgestimmt. Der Beigeladene zu 1. habe dann "unter Berücksichtigung des gemeinsam geplanten [X.]- und [X.]ufwandsrahmens" die Projektlösung ausgearbeitet. Einzelheiten dazu bleiben offen. [X.]uch hat das [X.] keine Feststellungen dazu getroffen, ob und inwieweit der Beigeladene zu 1. mit weiteren Mitarbeitern der Klägerin zusammenarbeitete, möglicherweise auch an deren Betriebssitz. Ferner lässt sich nach den Feststellungen des [X.] nicht beurteilen, ob ggf eine unerlaubte [X.]rbeitnehmerüberlassung vorliegt und die [X.]nnahme eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. schon aufgrund des § 10 [X.]bs 1 [X.] [X.]rbeitnehmerüberlassungsgesetz ([X.]ÜG) ausgeschlossen ist. Bislang hat das [X.] nur festgestellt, dass es auch auf Seiten des Endkunden einen Projektverantwortlichen gab und dass mit Mitarbeitern des Endkunden "eine lose Zusammenarbeit" stattgefunden habe. [X.]uch dazu wird das [X.] weitere Feststellungen zu treffen haben.

4. [X.] für das Revisionsverfahren bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung des [X.] vorbehalten.

5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a [X.]bs 1 [X.] Halbs 1 SGG iVm § 63 [X.]bs 2, § 52 [X.]bs 1 und 2, § 47 [X.]bs 1 GKG.

Meta

B 12 R 3/14 R

24.03.2016

Bundessozialgericht 12. Senat

Urteil

Sachgebiet: R

vorgehend SG Stuttgart, 23. April 2012, Az: S 26 R 4920/10, Urteil

§ 25 Abs 1 S 1 SGB 3, § 7 Abs 1 S 1 SGB 4, § 7a Abs 6 S 1 Nr 1 SGB 4, § 7a Abs 6 S 2 SGB 4, § 7a Abs 7 SGB 4, § 5 Abs 1 Nr 1 SGB 5, § 1 S 1 Nr 1 SGB 6, § 37 Abs 2 SGB 10, § 20 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB 11

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 24.03.2016, Az. B 12 R 3/14 R (REWIS RS 2016, 13883)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 13883

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