Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.05.2017, Az. VIII ZR 207/16

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 10244

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:300517BVIIIZR207.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VIII ZR 207/16
vom

30. Mai 2017

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der VIII. Zivilsenat
des Bundesgerichtshofs hat am
30. Mai 2017 durch die
Vorsitzende Richterin [X.], [X.] Dr. Achilles
und
Dr.
[X.], die Richterin [X.] sowie den Richter Hoffmann
beschlossen:

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.]
vom 26. Juli 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an einen anderen Senat des [X.]s
zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens

Gründe:
I.
Der Kläger hatte vom Beklagten im Juli 2005

ei-nen über die [X.] finanzierten [X.]. Am 21. April 2006 erklärte er wegen verschiedener von ihm behaupteter Mängel den
Rücktritt. Der Beklagte verweigerte unter dem 24. April 2006 die Rückabwicklung des Vertrages. Mit Urteil vom 8. April 2008 wurde der Beklagte (rechtskräftig) verurteilt, die Baumaschine Zug um Zug gegen Rückzahlung
des Kaufpreises nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem [X.]
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satz an die [X.] zurückzunehmen. Daneben wurde seine Ersatzpflicht
für die
durch seine Weigerung der Rückabwicklung entstandenen Schäden festgestellt.
Die Rücknahme
des Radladers erfolgte
am 3. November 2008.

Im vorliegenden Prozess macht der Kläger Verzugsschaden für den Zeit-raum vom 25. April 2006 bis 3. November 2008 geltend. Dabei hat er
zunächst Zahlung von 96.732,07

nebst Zinsen begehrt
und diese Forderung
auf ver-schiedene, ihn im [X.]
entstandene Aufwendungen sowie auf ei-

gestützt. Der [X.] hat sich im Hinblick darauf, dass der Kläger während seiner Besitzzeit un-streitig

hatte, auf einen [X.] dieses
Betrages
berufen und diesen im Wege der
(Hilfs-)Aufrechnung gegenüber bestimmten von dem
Kläger in der ersten In-stanz geltend gemachten Schadenspositionen
beziehungsweise -
in Höhe des seiner
Ansicht danach noch verbleibenden Betrages -
im Wege der Widerklage geltend gemacht.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen und den Kläger unter [X.] der weitergehenden Widerklage
verurteilt,

nebst Zinsen zu zahlen. Auf die Berufung des [X.] hat das Oberlandesge-richt
das erstinstanzliche Urteil -
unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels -
teilweise abgeändert,
den Beklagten zur Zahlung von 18.003,45

nebst Zinsen verurteilt und die Widerklage abgewiesen.2
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-

II.
Das Berufungsgericht hat einen [X.] des [X.] in ([X.]. Die
Berechnung des Betrages hat es dabei
mit Hilfe eines
(aufwendigen)
Vergleichs
einer fiktiven Rückabwicklung zum 25. April 2006 und zum 3.
November 2008 vorgenommen. Letztlich läuft diese Berechnungsweise des Berufungsgerichts darauf hinaus, dass die im [X.] entstandenen Aufwendungen ([X.], Reparaturen, Kundendienst) sowie
der
Nutzungsersatz für die Kapitalnutzung des Kaufpreises ermittelt und addiert werden und von dieser Summe der als Nutzungsersatz für den Radlader im [X.] ange-setzte Betrag abgezogen wird. Bei der Berechnung des Nutzungsersatzes hat sich das Berufungsgericht einer zeitanteiligen linearen Berechnung bedient.

III.
Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde hat in der Sache Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des
Berufungsgerichts (§
563 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die angefochtene Entscheidung verletzt in ent-scheidungserheblicher Weise den Anspruch des
[X.]
auf Gewährung recht-lichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).
a) Das Berufungsgericht hat
die Parteien
in seinem Beschluss vom 7.
Juni 2016
darauf hingewiesen, dass bei der Herausgabe der gezogenen Nut-zungen -
entgegen der vom Kläger vertretenen Ansicht -
nicht auf eine lineare Wertminderung abzustellen sei. Dies entsprach auch der Auffassung des Land-4
5
6
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gerichts, das in seinem Urteil ausgeführt hatte, dass die vom Kläger für seine gegenteilige Rechtsauffassung zitierte Rechtsprechung nicht einschlägig sei, weil sie nicht zu tatsächlich gezogenen Nutzungen (hier: Mieteinnahmen)
er-gangen sei. Gleichwohl hat das Berufungsgericht
in seinem Urteil
-
ohne zuvor gemäß § 139
Abs. 2
ZPO auf seine geänderte Rechtsauffassung hinzuweisen und dem Beklagten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben -
bei der [X.] doch (nur) Wertersatz für ge-zogene Nutzungen in Höhe von

abzüglich

berücksich-tigt und nicht den
wesentlich höheren
Betrag der im [X.] vom Klä-ger für den Radlader eingenommenen Mieten, der sich nach dem von der Be-schwerde in Bezug genommenen Sachvortrag
des Beklagten
auf 10.791,62

beläuft. Mit der
darin liegenden Überraschungsentscheidung hat das [X.], wie die Beschwerde mit Recht rügt,
das rechtliche Gehör
des [X.] verletzt.
b) Eine weitere Gehörsverletzung liegt darin, dass das Berufungsgericht nicht zur Kenntnis genommen hat, dass der Beklagte auch Nutzungsersatz (be-ziehungsweise
Nutzungsherausgabe
in Form der Erstattung der Mieteinnah-men) für die übrige Zeit, also von Juli 2005 bis 24. April 2006,
begehrt und zum Gegenstand der Hilfsaufrechnung und der Widerklage gemacht hat. Mit einem aus diesem Zeitraum resultierenden Anspruch, der in dem Verzugsschaden für den Zeitraum 25. April 2006 bis 3.
November 2008 nicht enthalten ist, hat sich das Berufungsgericht nicht befasst, sondern
ist, wie die Beschwerde zu Recht rügt, auf die
Hilfsaufrechnung nicht eingegangen und hat auch die Widerklage abgewiesen, ohne den vom Beklagten erhobenen Anspruch auf Nutzungsher-ausgabe für den genannten Zeitraum zu prüfen.
c) Das Urteil des Berufungsgerichts beruht auf den dargestellten Ge-hörsverletzungen, denn es ist nicht auszuschließen, dass es
bei Berücksichti-7
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gung des klägerischen Sachvortrags und Erteilung des gebotenen Hinweises zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre.
Es ist davon auszugehen, dass der Beklagte bei Erteilung des Hinweises den nunmehr erst in der Beschwerde gehaltenen detaillierten und mit einschlägigen Entscheidungen des Bundesge-richtshofs
([X.], Urteile
vom 11. Dezember 1985 -
IVb [X.], NJW 1986, 1340 unter 2a; vom 17. Dezember 2010 -
V [X.], NJW 2011, 749 Rn. 15)
belegten Vortrag zur Einordnung von Mieteinnahmen als Früchte im Sinne des § 100 BGB und dem daraus folgenden Herausgabeanspruch bei der [X.] nach § 346 Abs. 1, § 100 BGB sogleich vorgebracht
hätte.
Es liegt auch nahe, dass das Berufungsgericht angesichts dieser [X.] und fundierten Darstellung der Rechtslage davon abgesehen hätte, sei-ner Schadensberechnung
einen lediglich linear berechneten Wertersatz für ge-zogene Nutzungen
(nach § 346 Abs. 2 Nr. 1
BGB) zugrunde zu legen, der nur zur Anwendung kommt, wenn Nutzungen nicht herausgegeben werden können
(vgl. dazu grundlegend Senatsurteil vom 26. Juni 1991 -
VIII ZR 198/90, [X.]Z 115, 47, 49),

sondern richtigerweise auf die erzielten
Mieteinnahmen abgestellt hätte.
Der Hinweis der Beschwerdeerwiderung, der Beklagte habe schon
vor dem Hinweis des Berufungsgerichts zu einem Anspruch aus § 346 Abs. 2, §
100 BGB vorgetragen,
rechtfertigt eine andere Beurteilung
nicht. Zum einen hatte der Beklagte -
nachdem schon das [X.] seine
Rechtsauffassung zu einem [X.] auf Herausgabe der Mieteinnahmen geteilt [X.] -
hierzu nur verhältnismäßig knapp vorgetragen. Zum anderen drängte es sich auf, dass das
Berufungsgericht
seinen zuvor erteilten, in die gegenteilige Richtung weisenden Hinweis
im Zusammenhang mit der umfangreichen Ermitt-lung des [X.]s und den
mit eingehenden Erwägungen
be-9
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gründeten Schätzung des
entgangenen Gewinns
lediglich versehentlich aus dem Blick verloren hatte.
Ferner hätten
bei Beachtung des Vortrags des Beklagten zu den vor dem Eintritt des Verzuges erzielten Mieteinnahmen diese zusätzlich (im Rahmen der Hilfsaufrechnung und eines eventuell überschießenden Betrages bei der [X.]) berücksichtigt werden müssen.

IV.
Die weiteren von der Beschwerde vorgebrachten Zulassungsgründe
lie-gen nicht vor. Diesbezüglich hat die
Sache weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts; von einer näheren Begründung sieht der Senat insoweit gemäß
§ 544 Abs. 4 Satz 1 ZPO ab.
V.
In welchem Umfang die oben
dargestellten Gehörsverletzungen des Be-rufungsgerichts sich auf seine Entscheidung ausgewirkt haben, kann aufgrund der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht verlässlich beurteilt werden, so dass der
Senat sich veranlasst sieht, das Berufungsurteil insgesamt aufzuheben, soweit es zum Nachteil des Beklagten ergangen ist. Die einzelnen vom Berufungsgericht in seiner komplizierten Berechnung des [X.] eingestellten Positionen korrespondieren nicht (zumindest nicht [X.]) mit der von dem
Kläger ausweislich des landgerichtlichen Urteils
vor-genommenen Schadensaufstellung, so dass unklar ist, inwieweit es zu [X.] gekommen ist, mit welchen Beträgen der Beklagte die (Hilfs-)
Aufrechnung gegenüber
welchen Forderungspositionen des
[X.]
erklärt hat und welcher Betrag gegebenenfalls im Rahmen der Widerklage verbleibt.
Inso-11
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weit ist den Parteien Gelegenheit
zu neuem Sachvortrag zu geben.
Da die Be-rufungsinstanz im Umfang der Aufhebung neu eröffnet ist und das Berufungs-gericht somit erneut über eine Schadensforderung des
[X.]
in Höhe von 18.003,45 nebst Zinsen und über eine Widerklageforderung des Beklagten in Höhe 4.991,

nebst Zinsen zu befinden haben wird, steht es den Parteien in den
Grenzen des § 531 Abs.
2 ZPO auch frei,
hierzu insgesamt ergänzend vor-zutragen und ist der nach Zurückverweisung zur Entscheidung berufene Senat weder an die rechtliche Würdigung im ersten Berufungsurteil noch an die darin vorgenommene Schätzung des entgangenen Gewinns gebunden.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Kläger
mit der Klage ausschließlich den [X.] geltend gemacht und insoweit [X.] Schadenspositionen angesetzt hat (etwa die im [X.] weiter für den Radlader angefallenen Aufwendungen sowie den im selben Zeitraum ent-gangenen Gewinn), während der Beklagte -
hilfsweise -
mit Ansprüchen auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen (Mieteinnahmen) aufgerechnet und auf den danach eventuell verbleibenden Betrag die Widerklage gestützt hat, so dass eine Prüfung
(nur) dieser Positionen vorzunehmen war und ein Anlass für die vom Berufungsgericht vorgenommene
umfassende Rückabwicklungsbe-rechnung nicht erkennbar ist.
Zudem
hat das Berufungsgericht
bei seiner
Be-rechnung Positionen eingestellt, deren gleichzeitige Berücksichtigung zumin-

14
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9
-

dest zweifelhaft erscheint; dies dürfte
insbesondere für den Ansatz der Position [X.] neben dem
Finanzierungsschaden zutreffen.
[X.]
Dr. Achilles
Dr. [X.]

[X.]
Hoffmann
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 30.04.2015 -
1 [X.]/10 -

O[X.], Entscheidung vom 26.07.2016 -
5 [X.] -

Meta

VIII ZR 207/16

30.05.2017

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.05.2017, Az. VIII ZR 207/16 (REWIS RS 2017, 10244)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10244

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