Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.03.2017, Az. V ZR 70/16

5. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 13844

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Herausgabeanspruch des Besitzers: Besitzverhältnisse an einem Kraftfahrzeug nach erfolgter Reparatur während der Probefahrt des Bestellers in Anwesenheit des Werkunternehmers


Leitsatz

1. Bei einem Werkvertrag ist der Besteller, der nach erfolgter Reparatur seines Kraftfahrzeuges eine Probefahrt vornimmt, nicht Besitzdiener des Werkunternehmers.

2a. Jedenfalls dann, wenn eine zur Vorbereitung der Abnahme eines reparierten Kraftfahrzeugs durchgeführte Probefahrt des Bestellers in Anwesenheit des Werkunternehmers oder dessen Besitzdieners stattfindet, erlangt der Besteller keinen unmittelbaren Besitz an dem Fahrzeug. Vielmehr bleibt der Werkunternehmer unmittelbarer Besitzer; sein Besitz wird lediglich gelockert.

2b. Die Übergabe eines Schlüssels bewirkt nur dann einen Übergang des Besitzes an der dazugehörigen Sache, wenn der Übergeber die tatsächliche Gewalt an der Sache willentlich und erkennbar aufgegeben und der Empfänger des Schlüssels sie in gleicher Weise erlangt hat.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 25. Zivilsenats in [X.] des [X.] vom 9. Februar 2016 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Personenkraftwagens [X.], den sie [X.]      zur dauerhaften Nutzung überließ. Im [X.] 2013 erlitt das Fahrzeug einen [X.]chaden. Daraufhin beauftragte [X.]     den [X.]n, der Inhaber einer Kfz-Werkstatt ist, mit dem Einbau eines gebrauchten Austauschmotors. Der [X.] nahm den Austausch vor und händigte das Fahrzeug an [X.]    aus. Wenige Wochen später versagte der Austauschmotor. Der [X.] übernahm es im Rahmen der Gewährleistung, einen anderen Motor einzubauen. Nach durchgeführter Reparatur traf sich der [X.] des [X.]n, der zugleich dessen Mitarbeiter ist, am 14. März 2014 zwecks Rückgabe des Fahrzeugs mit [X.]   . Wie das Treffen im Einzelnen verlaufen ist, steht nicht fest. Nach der Darstellung der Klägerin soll [X.]     eine Probefahrt durchgeführt haben, an der der [X.] des [X.]n als Beifahrer teilgenommen hat. Nach Beendigung der Probefahrt sei es zum Streit über angeblich noch ausstehende Zahlungen gekommen. Der [X.] des [X.]n habe gegen den Willen von [X.]     den Fahrzeugschlüssel aus dem Zündschloss gezogen und an sich genommen. Sodann habe er sich an dem Motor zu schaffen gemacht. Als [X.]     daraufhin ausgestiegen sei, sei der [X.] des [X.]n in das Fahrzeug eingestiegen und mit diesem davongefahren. [X.] steht, dass sich das Fahrzeug seither auf dem Betriebsgelände des [X.]n befindet und dass dieser den Austauschmotor wieder ausgebaut hat.

2

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin - soweit von Interesse - die Herausgabe des Fahrzeugs mit eingebautem Austauschmotor, Schadensersatz für den Fall des fruchtlosen Ablaufs einer von dem Gericht zur Erfüllung des Herausgabeanspruchs gesetzten Frist sowie die Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung für die [X.] der Vorenthaltung. Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des [X.]n hat teilweise Erfolg gehabt. Das [X.] hat den zuerkannten [X.] sowie den Schadensersatzanspruch auf das Fahrzeug ohne den Austauschmotor beschränkt und die auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung gerichteten Anträge abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision will die Klägerin erreichen, dass der [X.] das Fahrzeug nicht ohne, sondern mit dem eingebauten Austauschmotor herausgeben (bzw. auch hinsichtlich des [X.] Schadensersatz leisten) und sie für den Nutzungsausfall entschädigen muss. Der [X.] beantragt Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

I.

3

Das Berufungsgericht verneint einen Herausgabeanspruch der Klägerin gemäß § 861 [X.]. Auch wenn der Vortrag der Klägerin zu den näheren Umständen der gescheiterten Übergabe des Fahrzeugs am 14. März 2014 als wahr unterstellt werde, habe der [X.] des [X.]n keine verbotene Eigenmacht begangen. Auf der Grundlage dieses Vortrags sei der [X.] unmittelbarer Besitzer des Fahrzeugs geblieben. Für ihn habe sein [X.] als [X.] gehandelt. [X.]     sei durch die Schlüsselübergabe und die sich anschließende Probefahrt nicht zum unmittelbaren Besitzer geworden, weil die Fahrt zur Vorbereitung der Übergabe des ordnungsgemäß reparierten Fahrzeugs gedient habe. Gemäß § 985 [X.] könne die Klägerin nur die Herausgabe des Fahrzeugs ohne den eingebauten Austauschmotor verlangen, weil sie nicht Eigentümerin des [X.] geworden sei.

4

Eine Nutzungsausfallentschädigung stehe der Klägerin nicht zu. Der Anspruch aus Verzug gemäß § 990 Abs. 2, § 280 Abs. 1 und 2, § 286 [X.] setze voraus, dass der [X.] beim Erwerb des Besitzes bösgläubig gewesen sei oder von dem Mangel des [X.] später positive Kenntnis erlangt habe. Beides sei zu verneinen. Zunächst sei der [X.] aufgrund des Werkvertrags berechtigter Besitzer gewesen. Hinsichtlich der [X.] nach der gescheiterten Fahrzeugübergabe habe sich nicht aufklären lassen, ob ihm Vergütungsansprüche gegen [X.]      zustanden. Daher sei es zumindest möglich, dass er ein Zurückbehaltungsrecht hatte, und es lasse sich nicht feststellen, dass er sein fehlendes Besitzrecht positiv gekannt habe oder es ihm grob fahrlässig unbekannt gewesen sei. Ansprüche aus § 992 [X.] scheiterten an der fehlenden verbotenen Eigenmacht.

II.

5

Die Revision hat keinen Erfolg.

6

1. Rechtsfehlerfrei verneint das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin gegen den [X.]n, der sich auf die Herausgabe des mit dem Austauschmotor versehenen Fahrzeugs richtet; infolgedessen steht ihr hinsichtlich des [X.] auch kein Schadensersatz für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs zu.

7

a) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass sich der Herausgabeanspruch der Klägerin gemäß § 985 [X.] nicht auf den Austauschmotor erstreckt, weil sie nicht dessen Eigentümerin ist. Eine Übereignung ist nicht erfolgt. Auch hat die Klägerin das Eigentum nicht gemäß § 947 Abs. 2 i.V.m. § 93 [X.] durch den Einbau erlangt, weil ein in ein Gebrauchtfahrzeug eingebauter Austauschmotor nicht dessen wesentlicher Bestandteil ist (vgl. [X.], Urteil vom 27. Juni 1973 - [X.], [X.]Z 61, 80, 81 ff.).

8

b) Ein Herausgabeanspruch ergibt sich auch nicht aus § 861 [X.]. Nach dieser Bestimmung kann der Besitzer, dem der Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen wird, die Wiedereinräumung des Besitzes von demjenigen verlangen, der ihm gegenüber fehlerhaft besitzt; gemäß § 869 Satz 1 [X.] steht der Anspruch auch dem mittelbaren Besitzer zu. Für das Revisionsverfahren ist von dem klägerischen Vorbringen zu dem Ablauf des [X.] auszugehen. Die rechtliche Würdigung dieses Geschehens ergibt, dass der [X.] des [X.]n keine verbotene Eigenmacht verübt hat, weil [X.]     anlässlich der Probefahrt nicht unmittelbarer Besitzer des Fahrzeugs mit dem darin eingebauten Motor geworden ist.

9

aa) Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass verbotene Eigenmacht (§ 858 [X.]) nur gegen den unmittelbaren Besitzer verübt werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 6. Juli 1977 - [X.], NJW 1977, 1818; RGRK/Kregel, [X.], 12. Aufl., § 858 Rn. 2; [X.]/[X.], [X.] [2012], § 858 Rn. 7 mwN).

bb) Der unmittelbare Besitz an einer Sache wird gemäß § 854 Abs. 1 [X.] durch die tatsächliche Gewalt über die Sache erworben. In wessen tatsächlicher Herrschaftsgewalt sich die Sache befindet, hängt maßgeblich von der Verkehrsanschauung ab, also von der zusammenfassenden Wertung aller Umstände des jeweiligen Falles entsprechend den Anschauungen des täglichen Lebens (vgl. [X.], Urteil vom 2. Dezember 2011 - [X.], [X.], 1926 Rn. 10 mwN). Für die Besitzverhältnisse an einem Kraftfahrzeug kommt es in der Regel darauf an, wer die tatsächliche Sachherrschaft über die Fahrzeugschlüssel ausübt (vgl. [X.]/[X.], [X.] [2012], § 854 Rn. 44, [X.]/Prütting, [X.], 11. Aufl., § 854 Rn. 8; [X.]/[X.], [X.], 76. Aufl., § 854 Rn. 5; [X.], [X.], 4. Aufl., § 854 Rn. 22; [X.]/[X.], 1. März 2017, [X.], § 854 Rn. 138.4). Ist allerdings der Inhaber des Schlüssels als [X.] im Sinne von § 855 [X.] anzusehen, so ist nicht er, sondern der Besitzherr unmittelbarer Besitzer (vgl. [X.], Urteil vom 30. Januar 2015 - [X.], NJW 2015, 1678 Rn. 19 f.).

cc) Wer bei einer Probefahrt unmittelbarer Besitzer eines Kraftfahrzeugs ist, wird nicht einheitlich beurteilt. Nach überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur, auf die das Berufungsgericht seine Entscheidung stützt, ist ein Kaufinteressent, dem das Kraftfahrzeug nebst Schlüsseln zur Durchführung einer Probefahrt ausgehändigt wird, als [X.] des Verkäufers anzusehen (vgl. [X.], [X.], 90; MüKo[X.]/[X.], 7. Aufl., § 855 Rn. 14; [X.]/[X.], [X.], 76. Aufl., § 855 Rn. 7; [X.]/[X.], 1. März 2017, [X.], § 854 Rn. 138.4; [X.] [X.]/[X.], 41. Edition 1. November 2016, § 855 Rn. 9; eine entsprechende Anwendung des § 855 [X.] befürwortend: [X.]/[X.], [X.], 14. Aufl., § 855 Rn. 13). Nach der Gegenauffassung erlangt der Kaufinteressent den unmittelbaren Besitz an dem Fahrzeug. § 855 [X.] sei nicht anwendbar, da es an einem [X.] Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem potentiellen Käufer und dem Händler fehle. Dieser habe - jedenfalls wenn die Probefahrt ohne seine Begleitung durchgeführt wird - keine Möglichkeit, auf das Fahrzeug bzw. den Kaufinteressenten einzuwirken (vgl. [X.], [X.], 180 f.; [X.]/[X.]/Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl., § 9 Rn. 14). Der [X.] hat bisher offengelassen, ob ein Kaufinteressent während der Probefahrt [X.] des Verkäufers ist (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2013 - [X.], [X.]Z 199, 227 Rn. 15).

dd) Diese Frage bedarf auch hier keiner Entscheidung. Anders als das Berufungsgericht möglicherweise meint, ist jedenfalls bei einem Werkvertrag der Besteller, der nach erfolgter Reparatur seines Kraftfahrzeuges eine Probefahrt vornimmt, nicht [X.] des Werkunternehmers.

(1) [X.] ist nach § 855 [X.], wer die tatsächliche Gewalt über eine Sache für einen anderen in dessen Haushalt oder Erwerbsgeschäft oder in einem ähnlichen Verhältnis ausübt, vermöge dessen er den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des anderen Folge zu leisten hat. Dazu muss nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ein nach außen erkennbares soziales Abhängigkeitsverhältnis begründet werden, das dem [X.] zumindest faktisch die Möglichkeit gibt, seinen Willen gegenüber dem [X.] durchzusetzen (vgl. nur [X.], Urteil vom 13. Dezember 2013 - [X.], [X.]Z 199, 227 Rn. 10 mwN). [X.] ist nicht jeder, der Weisungen des Eigentümers der Sache zu befolgen hat, sondern nur derjenige, demgegenüber der Eigentümer die Einhaltung seiner Weisungen im [X.] auf Grund eines Direktionsrechts oder vergleichbarer Befugnisse unmittelbar selbst durchsetzen kann (vgl. [X.], Urteil vom 13. Dezember 2013 - [X.], aaO Rn. 14 mwN).

(2) Bei einer Probefahrt des Bestellers einer Fahrzeugreparatur liegt ein solches soziales Abhängigkeitsverhältnis nicht vor; auch fehlt es an einer strukturell vergleichbaren Situation, die eine analoge Anwendung von § 855 [X.] rechtfertigen könnte.

(a) Sollte ein Kaufinteressent bei einer Probefahrt als [X.] des Verkäufers anzusehen sein - was der [X.] offenlässt -, ließe sich dies nur damit rechtfertigen, dass er zuvor in keinem besitzrechtlichen Verhältnis zum Verkäufer steht, und die Probefahrt sowohl hinsichtlich der Frage, ob sie überhaupt stattfindet, als auch in ihrer konkreten Ausgestaltung einzig von dem Willen des Händlers abhängig ist. Mit ähnlicher Begründung wird eine (entsprechende) Anwendung des § 855 [X.] bei der zeitweiligen Überlassung des [X.] aus Gefälligkeit vorgeschlagen; die Kontinuitätsinteressen des Erlaubenden seien vorrangig und es sei zu erwarten, dass sich der Gefälligkeitsnutzer aufgrund seiner Loyalität gegenüber dem Erlaubenden an dessen Weisung halten werde (vgl. [X.]/[X.], [X.] [2012], § 855 Rn. 30; [X.]/[X.], [X.], 14. Aufl., § 855 Rn. 13; [X.] [X.]/[X.], 41. Edition 1. November 2016, § 855 Rn. 16; [X.]/[X.]/Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl., § 9 Rn. 13).

(b) Diese Erwägungen treffen bei einem Werkvertrag schon im Ansatz nicht zu. Bei der Überprüfung der [X.] unterliegt der Besteller nicht den Weisungen des Werkunternehmers. Es fehlt an einem Direktionsrecht oder vergleichbaren Befugnissen, aufgrund derer der Werkunternehmer etwaige Anweisungen durchsetzen könnte. Vor allem aber bleibt der Besteller auch während der Reparatur (mittelbarer) Besitzer des Fahrzeugs, weil der Werkvertrag als Besitzmittlungsverhältnis im Sinne von § 868 [X.] anzusehen ist (vgl. [X.], Urteil vom 13. Dezember 2013 - [X.], [X.]Z 199, 227 Rn. 14; [X.], NJW-RR 2003, 1563, 1564; [X.], [X.], 1428; [X.]/[X.], [X.] [2012], § 868 Rn. 70; [X.]/[X.], [X.], 14. Aufl., § 868 Rn. 37). Die Überlegung, dass der Besteller während der Reparatur als mittelbarer Besitzer durch den Werkunternehmer als Besitzmittler die Sachherrschaft ausübt, schließt es aus, ihn als [X.] anzusehen, wenn ihm der Besitzmittler das Kraftfahrzeug zu einer Probefahrt zwecks Vorbereitung der Abnahme überlässt. In jedem Fall bleibt der Besteller (weiterhin) Besitzer; es ist allein danach zu fragen, ob er nunmehr unmittelbaren Besitz oder weiterhin nur mittelbaren Besitz innehat.

ee) Die Annahme des Berufungsgerichts, [X.]      sei nicht unmittelbarer Besitzer geworden und der [X.] als [X.] des [X.]n habe infolgedessen keine verbotene Eigenmacht begangen, indem er das Fahrzeug an sich nahm, erweist sich gleichwohl als zutreffend. Jedenfalls dann, wenn eine zur Vorbereitung der Abnahme eines reparierten Kraftfahrzeugs durchgeführte Probefahrt des Bestellers in Anwesenheit des Werkunternehmers oder - wie hier - dessen [X.]s stattfindet, erlangt der Besteller keinen unmittelbaren Besitz an dem Fahrzeug. Vielmehr bleibt der Werkunternehmer unmittelbarer Besitzer; sein Besitz wird lediglich gelockert.

(1) Erworben wird der Besitz gemäß § 854 Abs. 1 [X.] durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache. [X.] wird er gemäß § 856 Abs. 1 [X.] dadurch, dass der Besitzer die tatsächliche Gewalt über die Sache aufgibt oder in anderer Weise verliert; hierfür reicht gemäß § 856 Abs. 2 [X.] eine ihrer Natur nach vorübergehende Verhinderung in der Ausübung der Gewalt nicht aus. Für die Begründung des unmittelbaren Besitzes ist eine erkennbare [X.]dauer des Besitzes in Verbindung mit einer gewissen Festigkeit der Herrschaftsbeziehung erforderlich (vgl. [X.]/Prütting, [X.], 11. Aufl., § 854 Rn. 11; RGRK/Kregel, [X.], 12. Aufl., § 854 Rn. 2; [X.]/[X.], [X.] [2012], § 854 Rn. 10; [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 854 Rn. 8; [X.], [X.], 4. Aufl., § 854 Rn. 6). Die Sache muss der Person so zugänglich geworden sein, dass diese auf die Sache beliebig einwirken und tatsächlich über sie verfügen kann (vgl. RGRK/Kregel, [X.], 12. Aufl., § 854 Rn. 7). Bei dem von einem Vorbesitzer abgeleiteten [X.] ist zudem erforderlich, dass der Veräußerer den Besitz erkennbar aufgibt (vgl. [X.]/[X.], [X.] [2012], § 854 Rn. 8; [X.] [X.]/[X.], 41. Edition 1. November 2016, § 854 Rn. 35). Die Übergabe eines Schlüssels bewirkt nur dann einen Übergang des Besitzes an der dazugehörigen Sache, wenn der Übergeber die tatsächliche Gewalt an der Sache willentlich und erkennbar aufgegeben und der Empfänger des Schlüssels sie in gleicher Weise erlangt hat (vgl. [X.], Urteil vom 6. April 1973 - [X.], [X.], 1054).

(2) Daran gemessen ist ein Besitzübergang von dem (durch seinen [X.] repräsentierten) [X.]n auf [X.]     zu verneinen.

(a) Eine Probefahrt ist in der Regel nur auf eine kurze Dauer angelegt, was für sich genommen gegen eine Übertragung des unmittelbaren Besitzes spricht (so [X.]/[X.], [X.] [2012], § 854 Rn. 44; [X.]/Prütting, [X.], 11. Aufl., § 854 Rn. 11; [X.], [X.], 4. Aufl., § 854 Rn. 6). Jedenfalls dann, wenn der Werkunternehmer - oder wie hier sein [X.] - an der Probefahrt teilnimmt, wird er seiner Einwirkungsmöglichkeiten auf das Fahrzeug nicht in dem Maße verlustig, dass von einer Besitzaufgabe ausgegangen werden könnte. Vielmehr tritt eine bloße Besitzlockerung ein (so auch MüKo[X.]/[X.], 7. Aufl., § 935 Rn. 11); der ununterbrochen anwesende Werkunternehmer verbleibt in einer engen räumlichen Beziehung zu dem Fahrzeug und gibt seine Kontrolle nicht vollständig auf (im Ergebnis ebenso bereits [X.], 387, 389; KG, [X.], 256, 257).

(b) Zudem kann bei lebensnaher Betrachtung angenommen werden, dass der Werkunternehmer an einer Probefahrt des Bestellers (auch) deshalb teilnimmt, um eine Entfernung des Fahrzeugs ohne vorhergehende Entrichtung des [X.] zu verhindern; damit übt er letztlich das ihm zu diesem Zwecke gemäß § 647 [X.] gewährte [X.] bzw. sein damit einhergehendes Besitzrecht aus (vgl. hierzu [X.]/[X.]/Jacoby, [X.] [2014], § 647 Rn. 25; [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 647 Rn. 27). Nach der Verkehrsanschauung führt die kurzzeitige Aushändigung des [X.] nicht zu einem Besitzübergang, wenn der Pfandgläubiger zugleich Maßnahmen trifft, die den [X.] hindern, mit dem Pfand nach Belieben zu verfahren (vgl. [X.], 244, 245: Begleitung durch einen „[X.] und [X.]erhalter“; RGRK/Kregel, [X.], 12. Aufl., § 1253 Rn. 2). Hierdurch wird nämlich - worauf es entscheidend ankommt (vgl. MüKo[X.]/[X.], 7. Aufl., § 1253 Rn. 8; [X.]/[X.], [X.] [2009], § 1253 Rn. 12) - nicht der Anschein erweckt, der Besteller sei wieder allein verfügungsbefugt. Dies gilt umso mehr, als eine willentliche Herausgabe der Sache an den Besteller das endgültige Erlöschen des [X.] zur Folge hätte (§ 1257 i.V.m. § 1253 Abs. 1 Satz 1 [X.]; vgl. [X.], Urteil vom 18. Dezember 1968 - [X.], [X.]Z 51, 250, 254). Daran gemessen findet ein Besitzübergang nicht statt, wenn das Fahrzeug durch den Besteller im Beisein des Werkunternehmers kurzzeitig getestet wird.

(c) Nichts anderes ergibt sich hier aus dem Umstand, dass kein Unternehmerpfandrecht entstanden ist, weil [X.]      als Besteller nicht Eigentümer des Fahrzeugs war (vgl. [X.], Urteil vom 21. Dezember 1960 - [X.], [X.]Z 34, 122, 124 ff.) und das Unternehmerpfandrecht nicht gutgläubig erworben werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 21. Dezember 1960 - [X.], [X.]Z 34, 153, 154 ff.). Bei der Beurteilung der Besitzverhältnisse ist grundsätzlich eine faktische Betrachtungsweise geboten. Dabei kommt es weniger auf die wahre Rechtslage als darauf an, ob die beim Erwerb der Sachherrschaft hergestellte Beziehung als Ausdruck einer rechtlichen Befugnis erscheint (vgl. [X.]/[X.], [X.] [2012], § 854 Rn. 11; [X.] [X.]/[X.], 41. Edition 1. November 2016, § 854 Rn. 20).

2. Nicht zu beanstanden ist ferner die Abweisung der Ansprüche auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Vorenthaltung des Fahrzeugs; ob für ein Kraftfahrzeug ohne Motor überhaupt eine Nutzungsentschädigung in Betracht kommt und wie diese ggf. zu bemessen wäre, bedarf daher keiner Entscheidung.

a) Rechtsfehlerfrei verneint das Berufungsgericht einen Anspruch gemäß § 990 Abs. 2, § 280 Abs. 1 und 2, § 286 [X.].

aa) Eine Verzugshaftung nach diesen Vorschriften setzt voraus, dass der Besitzer gemäß § 990 Abs. 1 [X.] bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben war oder später erfahren hat, dass er zum Besitz nicht berechtigt ist (vgl. [X.], Urteil vom 12. November 1992 - [X.], [X.]Z 120, 204, 214; [X.], Urteil vom 19. September 2003 - [X.], [X.]Z 156, 170, 171; [X.]/[X.], [X.] [2012], § 990 Rn. 100 mwN). Dass es sich so verhält, steht nicht fest. Da der [X.] bei [X.] aufgrund des Werkvertrags berechtigter Besitzer war, kommt es nur darauf an, ob er später positive Kenntnis von dem Entfallen des [X.] erlangt hat (§ 990 Abs. 1 Satz 2 [X.], vgl. [X.]/[X.], [X.] [2012], § 990 Rn. 28); dies sieht das Berufungsgericht als nicht nachgewiesen an. Die auf eine angebliche Stundung des [X.] bezogene Verfahrensrüge hat der [X.] geprüft und als nicht durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).

bb) Die von dem Berufungsgericht vorgenommene Beweislastverteilung ist rechtsfehlerfrei.

(1) Danach hat der [X.] das Bestehen des Zurückbehaltungsrechts im Rahmen von § 986 [X.] zu beweisen, während die Klägerin die Beweislast für die positive Kenntnis von dem fehlenden Besitzrecht im Sinne von § 990 Abs. 1 Satz 2 [X.] trägt. Dass der [X.] ein ihm zustehendes Zurückbehaltungsrecht angenommen habe, lasse sich - so meint das Berufungsgericht - nicht ausschließen, da die Zahlung des [X.] nicht feststehe. Infolgedessen sei nicht erwiesen, dass ihm das Fehlen eines [X.] positiv bekannt war.

(2) Dagegen wendet sich die Revision vergeblich mit dem Argument, das fehlende Besitzrecht sei als Bestandteil der [X.] von dem [X.]n als dem Besitzer zu beweisen. Nach allgemeinen Regeln der Beweislastverteilung muss der Eigentümer den ihm günstigen Umstand beweisen, dass der Besitzer bei [X.] nicht in gutem Glauben war bzw. später positive Kenntnis von dem Fehlen seines [X.] erlangt hat (vgl. [X.]/[X.], [X.] [2012], § 990 Rn. 59 und 101; [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 990 Rn. 26; [X.] [X.]/[X.], 41. Edition 1. November 2016, § 990 Rn. 44; [X.] in [X.], Handbuch der Beweislast, 3. Aufl., § 990 Rn. 1). Ist - wie hier - weder das Bestehen noch das Nichtbestehen eines [X.] erwiesen, kann der Eigentümer zwar die Herausgabe der Sache verlangen, aber die Ansprüche gemäß §§ 987 ff. [X.] stehen ihm nicht zu.

b) Ein Anspruch gemäß §§ 992, 823 Abs. 1 [X.] scheitert daran, dass sich der [X.] den Besitz an dem Kraftfahrzeug der Klägerin weder durch eine Straftat noch durch verbotene Eigenmacht verschafft hat.

3. Schließlich hat der [X.] die auf eine auf die Verletzung des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gestützte Verfahrensrüge der Klägerin geprüft und als nicht durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Schmidt-Räntsch      

        

Brückner      

        

Weinland

        

Kazele      

        

[X.]      

        

Meta

V ZR 70/16

17.03.2017

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Frankfurt, 9. Februar 2016, Az: 25 U 53/15

§ 854 Abs 1 BGB, § 855 BGB, § 856 Abs 1 BGB, § 856 Abs 2 BGB, § 861 BGB, § 985 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.03.2017, Az. V ZR 70/16 (REWIS RS 2017, 13844)

Papier­fundstellen: WM2018,187 REWIS RS 2017, 13844

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZR 70/16 (Bundesgerichtshof)


V ZR 8/19 (Bundesgerichtshof)

Gutgläubiger Erwerb eines bei einer unbegleiteten Probefahrt entwendeten Kraftfahrzeugs: Vorliegen einer Besitzdienerschaft eines Kaufinteressenten; freiwilliger …


V ZR 8/19 (Bundesgerichtshof)


V ZR 58/13 (Bundesgerichtshof)

Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten: Abhandenkommen einer Sache bei Weggabe durch den mitbesitzenden Alleineigentümer


V ZR 58/13 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.