Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2011, Az. XII ZB 312/11

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1954

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 312/11

vom

26. Oktober 2011

in der
Betreuungssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§ 1908 i, 1836; [X.] §§ 1, 4, 5
1. Die Frage, unter welchen Umständen ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraus-setzungen erfüllt, unter denen ihm gemäß §
4 Abs.
1 Satz
2 Nr. 1 [X.] eine er-höhte Vergütung zu bewilligen ist, obliegt einer wertenden Betrachtungsweise des Tatrichters. Dessen Würdigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur darauf-hin überprüft werden, ob er die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt hat, von ihm Rechtsbegriffe verkannt oder [X.] verletzt wurden und er die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat.
2. Die Würdigung des Tatrichters, dass eine einjährige Ausbildung zur Krankenpfle-gehelferin nach §
10 Abs.
1 [X.] aF mit einer Lehre nach §
4 Abs.
1 Satz
2 Nr.
1 [X.] nicht vergleichbar ist, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
[X.], Beschluss vom 26. Oktober 2011 -
XII ZB
312/11 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 26.
Oktober 2011 durch die Richter Dose, Weber-Monecke, [X.], Schilling und Dr. Günter
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den
Beschluss der 3.
Zivilkammer des [X.]s [X.]
vom 6.
Juni
2011
wird auf Kosten der [X.] zu 1. zurückgewiesen.

Gründe:
I.
Die Beteiligte zu 1. wurde vom
Amtsgericht zur Betreuerin der Betroffenen mit den
Aufgabenkreisen
Gesundheitssorge, [X.], [X.] sowie Rechts-, Antrags-
und Behördenangelegenheiten bestellt. Sie ist [X.] und verfügt über eine abgeschlossene Ausbildung zur Kran-kenpflegehelferin.
Für den Abrechnungszeitraum vom 28.
November 2010 bis zum 27.
Februar 2011 beantragte die Beteiligte zu 1.
für ihre Tätigkeit als Betreuerin die Festsetzung einer pauschalen Betreuervergütung
in Höhe von 452,25

sie im Hinblick auf ihre Ausbildung
einen
erhöhten Stundensatz von
33,50

zu-grunde legte.
Das
Amtsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Auf die
Beschwerde der Beteiligten zu 2. hat
das [X.] auf der Grundlage des
Stundensatzes für einen Betreuer ohne bestimmte Ausbildung in Höhe von 27

den Vergütungs-anspruch der Beteiligten zu 1. auf 364,50

.
1
2
3
-
3
-
Mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die [X.] zu 1. ihren Vergütungsantrag in voller Höhe weiter.

II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil sie vom Beschwerdegericht zugelassen wurde (§
70 Abs.
1 FamFG). An die Zulassung ist der Senat ge-bunden (§
70 Abs.
2 Satz
2 FamFG).
Sie ist auch im Übrigen zulässig.
2. Die Rechtsbeschwerde hat jedoch
in der Sache
keinen Erfolg.
a) Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt,
der Beteiligten zu 1. stehe der erhöhte Stundensatz nach §
4 Abs.
1 Satz
2 Nr.
1 [X.] nicht zu, weil ihre
Ausbildung zur Krankenpflegehelferin mit einer abge-schlossenen Lehre nicht vergleichbar sei.
Zur Vergleichbarkeit von Fachkenntnissen sei inzwischen anerkannt, dass diese im Rahmen einer Ausbildung vermittelt sein müssten, die Ausbildung in ihrer Wertigkeit einer Lehre entsprechen sowie einen formalen Abschluss auf-weisen müsse. Die von der Beteiligten zu 1. durchlaufene Ausbildung zur Kran-kenpflegehelferin unterscheide sich jedoch bereits in ihrer Dauer deutlich von der Ausbildung zur Krankenschwester. Während die Ausbildung zur Krankenpflege-helferin nur ein
Jahr dauere, erstrecke sich die Ausbildung zur Krankenschwes-ter über drei Jahre. Schon dieser mindestens um das Doppelte über der Ausbil-dungszeit für eine Krankenpflegehelferin liegende Zeitraum veranschauliche die unterschiedliche Breite und Tiefe der zu
vermittelnden Kenntnisse und damit die fehlende Vergleichbarkeit der genannten Ausbildungen.
Daher sei die von der Beteiligten zu 1. abgeschlossene Ausbildung zur Krankenpflegehelferin einer abgeschlossenen Lehre im Sinne von §
4 Abs.
1 Satz
2 Nr.
1 [X.] nicht ver-gleichbar.
4
5
6
7
8
-
4
-
b) Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.
(1) Die Frage, unter welchen Umständen ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm gem. §
4 Abs.
1 Satz
2 Nr.
1 [X.] eine erhöhte Vergütung zu bewilligen ist, obliegt einer wertenden Betrachtungs-weise des Tatrichters. Dessen Würdigung
kann im Rechtsbeschwerdeverfahren
nur daraufhin überprüft werden, ob der Tatrichter die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt
hat, von ihm Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt wurden und er die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt
hat
(vgl. Senatsurteil vom 15.
September 2010 -
XII
ZR 188/08
-
NJW-RR 2011, 89 Rn.
9 mwN;
Keidel/[X.] FamFG 17.
Aufl. §
72 Rn.
18).
Vorliegend ist die tatrichterli-che Würdigung nicht zu beanstanden.
(2) Nach §§
1908
i Abs.
1 Satz
1, 1836 Abs.
1 Satz
2 BGB erhält der [X.] für seine Tätigkeit eine Vergütung, wenn das Gericht bei der
Bestellung des Betreuers feststellt, dass die Betreuung berufsmäßig geführt wird. Hat das Gericht diese Feststellung getroffen und ist der Betreute mittellos im Sinne von §
1836
d BGB, kann der Berufsbetreuer die zu bewilligende Vergütung aus der Staatskasse verlangen, §
1 Abs.
2
Satz
2 [X.]. Die Höhe der Vergütung be-stimmt sich nach dem zu [X.] (§
5 [X.]) und dem nach §
4 Abs.
1 [X.] maßgeblichen Stundensatz, der nach §
4 Abs.
1 Satz
1 [X.] grundsätzlich 27

für die Führung der Betreuung nutzbar sind, erhöht sich der Stundensatz auf 33,50

vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind (§
4 Abs.
1 Satz
2 Nr.
1 [X.]) und auf 44

Ausbildung an einer Hochschule oder eine vergleichbare abgeschlossene Aus-bildung erworben sind (§
4 Abs.
1 Satz
2 Nr.
2 [X.]).

9
10
11
-
5
-
(3) Nach §
4 Abs.
1 [X.] ist somit der für die Vergütung eines Berufsbe-treuers maßgebliche Stundensatz, sofern die Staatskasse in Anspruch genom-men wird, vom Gesetzgeber nach der Qualifikation des Betreuers in einer typi-sierenden dreistufigen Skala verbindlich
festgelegt ([X.], 124; vgl. auch BT-Drucks.
13/7158, S.
14).
Die Höhe der Vergütung des Berufsbe-treuers ist daher nicht allein davon abhängig, ob
er über besondere Kenntnisse oder Fachkenntnisse (zur sachlichen Gleichbedeutung dieser beiden Begriffe, vgl. [X.]/[X.] FamRZ 1998, 1273, 1275) verfügt, die für die Führung von Betreuungen nützlich sein können. Im Interesse einer problemlosen Handhab-barkeit wird in §
4 Abs.
1 [X.] die Qualifikation des Betreuers von
der Art sei-ner Ausbildung abhängig gemacht (vgl. BT-Drucks. 13/7158, S.
14).
Eine Vergü-tung mit dem nach §
4 Abs.
1 Satz
2 Nr.
1 [X.] erhöhten Stundensatz erhält ein Berufsbetreuer daher nur, wenn er die Fachkenntnisse, die für die [X.] der Betreuung nutzbar sind, durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben hat.
(4) Mit einer abgeschlossenen Lehre vergleichbar ist eine Ausbildung, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt ist, der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem durch eine Lehre vermit-telten entspricht und der Ausbildungserfolg durch eine vor einer staatlichen oder staatlich anerkannten Stelle abgelegten Prüfung belegt ist (vgl. [X.], 124; [X.], 33; [X.] OLGR 2002, 159; [X.] in [X.] Betreuungsrecht 4.
Aufl. §
3 [X.] Rn.
7; [X.] in [X.] 5.
Aufl. §
3 [X.] Rn. 12; [X.]/[X.] 5. Aufl. § 4 [X.] Rn. 13, vgl. auch [X.]/
[X.] [2006] §
1908
i Rn.
315). Als Kriterien können [X.] der mit der Ausbildung verbundene Zeitaufwand, der Umfang und Inhalt des Lehrstoffes sowie die Ausgestaltung der Abschlussprüfung herangezogen wer-den (vgl. [X.], 187; [X.], 317 Rn.
11). Dar-12
13
-
6
-
über hinaus ist auch die durch die Abschlussprüfung erworbene Qualifikation von Bedeutung ([X.] OLGR 2007, 167 Rn.
6 mwN).
(5) Die Ausbildung der Beteiligten zu 1. zur Krankenpflegehelferin ist mit einer abgeschlossenen Lehre nicht vergleichbar.
Bei der Ausbildung zur Krankenpflegehelferin entspricht der vermittelte Wissenstand nach Art und Umfang nicht dem durch eine Lehre vermittelten (ent-gegen [X.] OLGR 2002, 159). Bereits die Dauer der Ausbildung als maßgebliches Kriterium ist nicht annähernd mit einer Lehre vergleichbar.
Nach §
10 Abs.
1 [X.] ([X.]) aF dauerte die Ausbildung zur Kran-kenpflegehelferin ein Jahr. Zutreffend weist das Beschwerdegericht darauf hin, dass nach den für die überwiegende Zahl von anerkannten Ausbildungen maß-geblichen §
5 Abs.
1 Nr.
2 BBiG und §
26 Abs.
1 Nr.
2 HWO die jeweilige [X.] zwei Jahre nicht unterschreiten soll und dass bereits aus dieser erheblichen Diskrepanz in der Ausbildungsdauer die Differenz in der Breite und Tiefe zu einer Lehre ersichtlich wird. Dies ergibt auch der vom [X.] vorgenommene und nicht zu beanstandende Vergleich mit der Ausbildung zur Krankenschwester, der §
4 Abs.
1 Satz
2 Nr.
1 [X.] unterfällt (vgl. OLG Dresden FamRZ 2000, 551) und drei Jahre dauert (§
5 Abs.
1 Satz
1 [X.]
aF).
Auch aus dem Vergleich der gesetzlich normierten Ausbildungsinhalte
wird deutlich, dass die Ausbildung zur Krankenpflegerin vom Inhalt und Umfang des Lehrstoffs nicht einer Lehre im Sinne von
§
4 Abs.
1 Satz
2 Nr.
1 [X.] gleichgestellt werden kann. Die Ausbildung zur Krankenpflegehelferin bleibt deutlich hinter der Ausbildung zur Krankenschwester zurück. Nach §
4 Abs.
2 [X.] aF soll die Ausbildung zur Krankenpflegehelferin und zum Krankenpfle-gehelfer Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten für die Versorgung der Kran-ken, sowie die damit verbundenen hauswirtschaftlichen und sonstigen Assis-tenzaufgaben in Stations-, Funktions-
und sonstigen Bereichen des Gesund-14
15
16
-
7
-
heitswesens vermitteln. Demgegenüber soll die Ausbildung zur Krankenschwes-ter die Kenntnisse,
Fähigkeiten und Fertigkeiten zur verantwortlichen Mitwirkung bei der Verhütung, Erkennung und Heilung von Krankheiten vermitteln. Die Aus-bildung soll insbesondere gerichtet sein auf die sach-
und fachkundige, umfas-sende, geplante Pflege
des Patienten, die gewissenhafte Vorbereitung, Assis-tenz und Nachbereitung bei Maßnahmen der Diagnostik und Therapie, die Anre-gung und Anleitung zu gesundheitsförderndem Verhalten, die Beobachtung des körperlichen und seelischen Zustandes des Patienten und der Umstände, die seine Gesundheit beeinflussen, sowie die Weitergabe dieser Beobachtungen an die an der Diagnostik, Therapie und Pflege Beteiligten, die Einleitung [X.] Sofortmaßnahmen bis zum Eintreffen der Ärztin oder des Arztes und die Erledigung von Verwaltungsaufgaben, soweit sie in unmittelbarem Zusam-menhang mit den Pflegemaßnahmen stehen (§
4 Abs.
1 [X.] aF).
Letztlich ist auch nach der Wertung des [X.]es die [X.] qualitativ einer Lehre nicht vergleichbar. Dies ergibt sich daraus, dass die abgeschlossene Ausbildung zur Krankenpflegehel-ferin lediglich eine der Möglichkeiten darstellt, den Zugang zur Ausbildung zur Krankenschwester ohne Realschulabschluss zu erlangen (vgl. §
6 Satz
2
Nr.
3, Nr.
1 [X.]). Da Voraussetzung für die Ausbildung zur Krankenpflegehelferin 17
-
8
-
nach §
10 Abs.
3 Nr.
2 [X.] ein Hauptschulabschluss ist, entspricht nach der gesetzlichen Wertung die einjährige Ausbildung dem fehlenden zehnten Real-schuljahr und ist
somit einem Abschluss an einer weiterführenden Schule gleich-gestellt, nicht jedoch einer Lehre.

Dose

Weber-Monecke

Klinkhammer

Schilling

Günter
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.04.2011 -
780 [X.] 1945/10 -

LG [X.], Entscheidung vom 06.06.2011 -
3 [X.] -

Meta

XII ZB 312/11

26.10.2011

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2011, Az. XII ZB 312/11 (REWIS RS 2011, 1954)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1954

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 312/11 (Bundesgerichtshof)

Berufsbetreuervergütung: Tatrichterliche Würdigung der Voraussetzungen für die Bewilligung einer erhöhten Vergütung; Vergleichbarkeit der Ausbildung zur …


XII ZB 409/10 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 409/10 (Bundesgerichtshof)

Betreuervergütung: Erhöhung des Stundensatzes bei einer dem Hochschulstudium vergleichbaren abgeschlossenen Ausbildung bzw. bei Qualifikation auf …


XII ZB 230/11 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 231/11 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZB 312/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.