Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.02.2012, Az. XII ZB 230/11

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 9387

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 230/11

vom

8. Februar 2012

in der Betreuungssache

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 8.
Februar 2012 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Hahne,
die Richterin Dr.
Vézina
und
die Richter Dose, Dr.
Klinkhammer und Dr.
Günter
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 19.
Zivilkammer des [X.] vom 7.
April 2011 wird auf Kosten des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
[X.]: 719

Gründe:
I.
Der Beteiligte zu
1 wurde 2007 vom Betreuungsgericht zum Berufsbe-treuer des mittellosen Betroffenen bestellt. Er absolvierte eine Ausbildung auf dem Gebiet der Elektrotechnik. Danach studierte er an der [X.] und schloss das Studium mit Diplom ab. Er ist weiter zuge-lassener Rentenberater. Zudem nahm er an verschiedenen Fortbildungsmaß-nahmen aus dem Bereich des Betreuungsrechts teil.
Für den Abrechnungszeitraum vom 6.
März 2009 bis zum 5.
März 2010 beantragte er die Festsetzung einer pauschalen Betreuervergütung auf der Grundlage des ihm bis dahin regelmäßig zugebilligten Stundensatzes von 44

Das Betreuungsgericht hat dem Antrag nur unter Zugrundelegung eines Stun-densatzes von 27

eben
und ihn im Übrigen zurückgewiesen. Die da-gegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu
1 ist erfolglos geblieben.
1
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Mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt er seinen Vergütungsantrag in voller Höhe weiter.

II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil sie vom Beschwerdegericht zugelassen wurde (§
70 Abs.
1 FamFG). Sie ist auch im Übrigen zulässig.
2. Die Rechtsbeschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
a) Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, das von dem Beteiligten zu
1 abgeschlossene Fachhochschulstudium sei im Kernbereich nicht auf die Vermittlung für eine Betreuung besonders nutzbarer Fachkenntnisse gerichtet gewesen. Die erfolgreiche Teilnahme am [X.] für Berufsbetreuer des [X.]" sei weder einem Hochschulstudium noch einer Lehre gleichzusetzen. Es fehle bereits an einem Abschluss vor einer st[X.]tlichen oder st[X.]tlich anerkannten Stelle. Es könne da-hingestellt bleiben, ob der Umstand, dass der Landesgesetzgeber von der Mög-lichkeit des §
11 [X.] keinen Gebrauch gemacht habe, verfassungswidrig sei. Denn dies führe nicht dazu, dass gegen Gesetzeszweck und Wortlaut des §
4 [X.] Ausbildungen vergütungserhöhend berücksichtigt werden könnten. Der Beteiligte zu
1 könne sich auch nicht aufgrund der bisher bewilligten Vergütung von 44

b) Die Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.
[X.]) Ob ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen für eine er-höhte Vergütung gemäß §
4 Abs.
1 Satz
2 [X.] erfüllt, unterliegt einer [X.] Betrachtungsweise des Tatrichters. Dessen Würdigung kann im 3
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Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt überprüft werden (vgl. [X.] vom 26.
Oktober 2011 -
XII
ZB
312/11
-
MDR 2011, 1505 Rn.
10).
[X.]) Einer solchen Überprüfung hält die tatrichterliche Würdigung des [X.] stand, nach der der Beteiligte zu
1 die Voraussetzungen für eine Erhöhung des Stundensatzes gemäß §
4 Abs.
1 Satz
2 [X.] nicht erfüllt.

(1) Besondere Kenntnisse im Sinne von §
4 Abs.
1 Satz
2 [X.] sind Kenntnisse, die -
bezogen auf ein bestimmtes Sachgebiet
-
über ein Grundwis-sen deutlich hinausgehen. Für die Führung einer Betreuung nutzbar sind [X.], die ihrer Art
nach betreuungsrelevant sind und den Betreuer befä-higen, seine Aufgaben zum Wohl des Betreuten besser und effektiver zu erfül-len und somit eine erhöhte Leistung zu erbringen (vgl. Senatsbeschluss vom 18.
Januar 2012 -
XII
ZB
409/10
-
zur [X.] bestimmt mwN). Nach Sinn und Zweck des §
4 Abs.
1 Satz
2 [X.] ist deshalb ein erhöhter Stunden-satz nicht bereits gerechtfertigt, wenn die Ausbildung wegen ihrer Komplexität gleichsam am Rande auch die Vermittlung betreuungsrelevanter Kenntnisse zum Inhalt hat. Erforderlich ist vielmehr, dass die Ausbildung in ihrem [X.] hierauf ausgerichtet ist (vgl. [X.], 844; [X.] FamRZ 2000, 1306; KG BtPrax 2002, 167; [X.], 135; OLG S[X.]rbrücken BtPrax 2003, 227, 228). Davon ist auszugehen, wenn ein erhebli-cher Teil der Ausbildung auf die Vermittlung solchen Wissens gerichtet und nach Inhalt und Umfang der Ausbildung sichergestellt ist, dass dieses über blo-ßes Grundwissen deutlich hinausgeht (vgl. [X.] FamRZ
2007, 1043; [X.] 2008, 60, 61).
(2) Nach den Feststellungen des [X.] entfiel nur ein un-tergeordneter Teil der Ausbildung des Beteiligten zu 1 im Studium der Versor-gungstechnik mit geringer Stundenzahl auf die vom Beschwerdegericht als be-9
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treuungsrelevant angesehenen Fächer. Es ist danach nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht diese Fächer als nicht zum Kernbereich des [X.] gehörend angesehen hat.
Auch die Teilnahme des Beteiligten zu
1 an dem Zertifikationskurs für Berufsbetreuer des [X.]" kann weder einem Hoch-schulstudium noch einer abgeschlossenen Lehre gleichgestellt werden. Für ei-ne Vergleichbarkeit fehlt es schon an dem Abschluss vor einer st[X.]tlichen oder st[X.]tlich anerkannten Stelle.
Das Beschwerdegericht
musste auch nicht ausdrücklich die Zulassung des Beteiligten zu
1 zum Rentenberater erörtern. Denn die Fortbildung des Be-teiligten zu
1 zum Rentenberater, die er durch Teilnahme an einem [X.] und einem Sachkundelehrgang erworben hat, erfüllt ersichtlich nicht die Voraussetzungen für eine Vergütungserhöhung nach §
4 Abs.
1 Satz
2 [X.]. Sie lässt sich weder mit einem Hochschulstudium noch mit einer mehr-jährigen Lehre vergleichen.
cc) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde war das Betreuungsge-richt auch nicht nach [X.] und Glauben unter dem Gesichtspunkt des [X.] verpflichtet, an dem in früheren Festsetzungsbeschlüssen dem Beteiligten zu
1 zugebilligten Stundensatz von 44

Es musste vielmehr auf den neu gestellten [X.] hin erneut das Vorliegen der Voraussetzungen für die Höhe der Vergütung prüfen. Nachdem es dabei abweichend von seiner früheren Wertung zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Beteiligte zu
1 die Voraussetzungen für eine Er-höhung des Stundensatzes gemäß §
4 Abs.
1 Satz
2 [X.] nicht erfüllt, war es seine Aufgabe, diese gewonnene bessere Erkenntnis umzusetzen (vgl. [X.]E
18, 224, 240
f.; [X.] Urteil vom 2.
Dezember 1976 -
VII
ZR 88/75
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6
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NJW 1977, 375, 376). Der Beteiligte zu 1 konnte deshalb nicht davon ausge-hen, dass ihm der einmal vergütete Stundensatz auch in Zukunft immer wieder zuerkannt wird. Schließlich musste der Beteiligte zu 1 auch schon früher stets damit rechnen, dass der vom Betreuungsgericht zugebilligte Stundensatz bei einer Überprüfung durch das Beschwerdegericht herabgesetzt wird.
Das Beschwerdegericht hat somit zu Recht ein schützenswertes Ver-trauen des Beteiligten zu 1 verneint.
dd) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ergibt sich auch
dar-aus, dass der Gesetzgeber des [X.] keinen Gebrauch von der ihm nach §
11 [X.] eröffneten Möglichkeit gemacht hat, eine vergü-tungssteigernde Nachqualifikation einzuführen, kein Anspruch des Beteiligten zu 1 auf einen höheren Stundensatz. Der Landesgesetzgeber war nicht ver-pflichtet, ein entsprechendes Ausführungsgesetz zu erlassen.
Die Gründe, aus denen das [X.] die Landesge-setzgeber aufgrund der inhaltsgleichen Vorschrift des §
2 [X.] für ver-pflichtet gehalten hat, Nachqualifizierungen zu ermöglichen ([X.] FamRZ 2000, 1277) gelten für §
11 [X.] nicht.
Durch die mit §
1 [X.] zum 1.
Januar 1999 eingeführte Anknüpfung der Vergütung an die formale Ausbildung des Betreuers wurden die bisher täti-gen Berufsbetreuer, die über nutzbare Fachkenntnisse, nicht jedoch über einen formalen Bildungsabschluss verfügten, auf die niedrigste Vergütungsstufe [X.]. §
2 [X.], der den Ländern die Einführung einer [X.] Nachqualifikation ermöglichte, hatte deshalb auch die Funktion, zum Schutz des Vertrauens dieser Berufsbetreuer eine Übergangsregelung zu schaffen, die es ihnen für eine begrenzte Zeit ermöglichte, die Voraussetzungen auch für die höchste Vergütungsstufe
zu
erwerben. Im Hinblick auf dieses durch 16
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-
§
2 [X.]
geweckte Vertrauen der bisher tätigen Berufsbetreuer, waren die Landesgesetzgeber während einer Übergangszeit verpflichtet die Möglichkeit einer vergütungssteigernden Nachqualifikation durch Umschulungen oder Fort-bildungen zu schaffen ([X.] FamRZ 2000, 1277, 1280).
Diese Vertrauensschutzgesichtspunkte gelten für §
11 [X.] nicht. Denn §
4 [X.] hat an der bereits am 1.
Januar 1999 durch §
1 [X.] eingeführten Bemessungsgrundlage nichts geändert, sondern diese beibehalten.
Hahne

Vézina

Dose

Klinkhammer

Günter
Vorinstanzen:
Notariat [X.], Entscheidung vom 07.05.2010 -
GR N Nr. 101/10 -

LG [X.], Entscheidung vom 07.04.2011 -
19 [X.] -

20

Meta

XII ZB 230/11

08.02.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.02.2012, Az. XII ZB 230/11 (REWIS RS 2012, 9387)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9387

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