Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.01.2012, Az. XII ZB 409/10

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 10024

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 409/10

vom

18. Januar 2012

in der Betreuungssache

Nachschlagewerk:
nein
[X.]Z:
nein
[X.]R:
nein
BGB §§
1836, 1908
i; [X.] §§
4, 5
Eine Erhöhung des dem Berufsbetreuer zu vergütenden Stundensatzes nach §
4 Abs.
1 Satz
2 [X.] setzt voraus, dass dieser seine Qualifikation durch eine abgeschlossene Lehre, ein abgeschlossenes Hochschulstudium oder eine ver-gleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben hat.
Eine Qualifikation, die auf Berufserfahrung oder Fortbildungsmaßnahmen zu-rückzuführen ist, wirkt sich nicht vergütungserhöhend aus.
[X.], Beschluss vom 18. Januar 2012 -
XII [X.] 409/10 -
LG [X.]

Notariat [X.]

-
2
-

Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 18.
Januar 2012
durch die Vorsitzende Richterin
Dr.
[X.] und die Richterin Dr.
Vézina, [X.]
Klinkhammer,
Dr.
Günter
und Dr.
Nedden-Boeger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 2.
Zivilkammer des [X.]s [X.]
vom 4.
August
2010 wird auf Kos-ten der
Beteiligten zu
1
zurückgewiesen.
[X.]: 63

Gründe:
I.
Die
Beteiligte zu
1
wurde vom
Betreuungsgericht
zur Berufsbetreuerin des mittlerweile verstorbenen, zuletzt mittellosen Betroffenen für die Besorgung sämtlicher Angelegenheiten bestellt.
Sie absolvierte sowohl eine Ausbildung als st[X.]tlich anerkannte Krankenschwester als auch als st[X.]tlich anerkannte Kran-kenpflegehelferin. Daran anschließend bildete sie sich im Rahmen einer drei-jährigen berufsbegleitenden Zusatzausbildung an der Kolping-Akademie für Betriebswirtschaft -
Fachrichtung Sozialwesen
-
fort und legte erfolgreich die Abschlussprüfung ab, was sie zur Führung der Berufsbezeichnung "st[X.]tlich anerkannte [X.]"
berechtigt.
Ferner nahm sie an diversen Fortbildungs-maßnahmen teil.
Für den Abrechnungszeitraum
vom 25.
Oktober 2009 bis zum 24.
Januar 2010
hat die Beteiligte zu
1 die Festsetzung einer pauschalen Betreuervergü-1
2
-
3
-

tung auf der Grundlage des Höchststundensatzes von 44

. Das Be-treuungsgericht
hat dem Antrag nur
unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 33,50

Die dagegen gerichtete Beschwerde der
Beteiligten zu
1
ist erfolglos
geblieben.
Mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt sie ih-ren Vergütungsantrag in voller Höhe
weiter.

II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil sie vom Beschwerdegericht zugelassen wurde (§
70 Abs.
1 FamFG). Sie ist
auch im Übrigen zulässig.
2. Die Rechtsbeschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
a) Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die von der Beteiligten zu
1
absolvierte Ausbildung zur st[X.]tlich anerkannten [X.] sei mit einer Hochschulausbildung nicht vergleichbar.
Die [X.] für diese Ausbildung entsprächen nicht denjenigen für ein Fachhochschulstudium. Auch
sei der Zeitaufwand für die berufsbegleitende Ausbildung zur [X.] deutlich geringer als für ein Vollzeitstudium an einer Hochschule
oder einer Fachhochschule. Schließlich handele es sich bei der besuchten Fachschule auch nicht um eine Einrichtung, die
einer überwiegend wissenschaftlichen Lehrstoffvermittlung diene. Diese formale,
an der Vergleich-barkeit der Ausbildung mit einer abgeschlossenen
Hochschulausbildung [X.] Betrachtungsweise entspreche dem Willen des Gesetzgebers.
Daran ändere auch die hohe Kompetenz der Beteiligten zu
1
bei der Ausübung ihrer Tätigkeit nichts.
3
4
5
6
-
4
-

b) Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.
[X.]) Ob ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen für eine er-höhte Vergütung gemäß §
4 Abs.
1 Satz
2 Nr.
2 [X.] erfüllt, unterliegt einer wertenden Betrachtungsweise des Tatrichters. Dessen Würdigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob der Tatrichter die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt, Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt und die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (vgl. Senatsbeschluss
vom 26.
Oktober 2011 -
XII
[X.]
312/11
-
MDR
2011, 1505 Rn.
10).
bb) Einer solchen Überprüfung hält die tatrichterliche Würdigung des [X.] stand, nach der die Beteiligte
zu
1 nicht über besondere für die Betreuung nutzbare Kenntnisse verfügt, die sie
durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder eine vergleichbare abgeschlossene Aus-bildung erworben hat.
(1) Besondere Kenntnisse im Sinne von §
4 Abs.
1 Satz
2 [X.] sind Kenntnisse, die -
bezogen auf ein bestimmtes Sachgebiet
-
über ein Grundwis-sen deutlich hinausgehen. Für
die Führung einer Betreuung nutzbar sind [X.], die ihrer Art nach betreuungsrelevant sind und den Betreuer befä-higen, seine Aufgaben zum Wohl des Betreuten besser und effektiver zu erfül-len und somit eine erhöhte Leistung zu erbringen (vgl. [X.], 135 zu
§
1 Abs.
1 Satz
2 BVormVG
mwN; OLG S[X.]rbrücken BtPrax 2003, 227, 228 mwN; MünchKommBGB/[X.] 5.
Aufl. §
4 [X.] Rn.
10; Jürgens Be-treuungsrecht 4.
Aufl. §
4 [X.] Rn.
3; [X.] in [X.] 5.
Aufl. §
3 [X.] Rn.
16). Es genügt die potentielle
Nützlichkeit dieser Fachkenntnisse (Senatsbeschluss vom 23.
Juli 2003 -
XII
[X.]
87/03
-
FamRZ 2003, 1653).
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9
10
-
5
-

(2) Einer Hochschulausbildung vergleichbar ist eine Ausbildung, die in ih-rer Wertigkeit einer Hochschulausbildung entspricht und
einen formalen [X.] aufweist. Gleichwertig ist eine Ausbildung, wenn sie st[X.]tlich reglemen-tiert oder zumindest st[X.]tlich anerkannt ist und der durch sie vermittelte [X.] nach Art und Umfang dem eines Hochschulstudiums entspricht ([X.], 317 Rn.
11; [X.] OLGR 2007, 167 Rn.
5; BayObLG BayObLGR 2000, 35). Als Kriterien können somit [X.] der mit der Ausbildung verbundene Zeitaufwand,
der Umfang und Inhalt des Lehrstoffes und die Zulassungsvoraussetzungen herangezogen werden (BayObLG FamRZ 2001, 187). Demgegenüber kommt es auf die Bezeichnung der Einrichtung nicht an (vgl. [X.] FamRZ 2001, 1398; HK-BUR Lütgens Stand 2005 vor §§
3, 4 [X.] Rn.
15).
Bei dieser Prüfung der Vergleichbarkeit hat der Tatrichter strenge Maß-stäbe anzulegen (vgl. Senatsbeschluss vom 23.
Juli 2003 -
XII
[X.] 87/03
-
FamRZ
2003, 1653).
(3) Fortbildungen, Lebens-
und Berufserfahrung sind grundsätzlich nicht als Quelle für den Erwerb von vergütungserhöhenden nutzbaren Fachkennt-nissen anzuerkennen (vgl. HK-BUR Lütgens Stand 2005 vor §§
3, 4 [X.] Rn.
66 mwN; Jurgeleit/[X.] Betreuungsrecht 2.
Aufl. §
4 [X.] Rn.
15). Denn §
4 [X.] knüpft ausschließlich an den typisierten Ausbildungsgang an. Mit dem nach der Art der Ausbildung gestaffelten Stundensatz wollte der [X.] den Gerichten eine leicht zu handhabende Regelung zur Verfügung stel-len und auf diese Weise eine einheitliche Vergütungspraxis sichern (für §§
1836 Abs.
2 Satz
2, 1836
a BGB aF
iVm §
1 BVormVG vgl. BT-Drucks. 13/7158 S.
14, 28). Wortlaut und Zweck der Vorschrift stehen deshalb auch einer Ge-samtbetrachtung dahin, dass mehrere Ausbildungen und Fortbildungsmaßnah-men insgesamt einer Hochschulausbildung vergleichbar sind, entgegen.
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-
6
-

cc) Die Ausbildungen der Beteiligten zu
1 genügen den Anforderungen des §
4 Abs.
1 Satz
2 Nr.
2 [X.] nicht.
(1) Die Ausbildungen zur Krankenschwester und Krankenpflegehelferin sind einer Hochschulausbildung nicht vergleichbar.
(2) Der Besuch der Fachschule für Betriebswirtschaft -
Fachrichtung So-zialwesen
-
ist keine Ausbildung an einer Hochschule.
Die abgeschlossene Ausbildung der Beteiligten zu
1
zur st[X.]tlich anerkannten [X.] ist auch nicht mit einem Abschluss an einer Hochschule vergleichbar
iSv §
4 Abs.
1 Satz
2 Nr.
2 [X.].
Der vermittelte Wissensstand entspricht bereits nach Art und Umfang keinem Hochschulstudium. Der mit der Ausbildung verbundene Zeitaufwand reicht
nicht an den
eines Hochschulstudiums
heran. Mit dem von der
Rechtsbe-schwerde als Vergleich angeführten [X.], der ebenso wie der [X.] der Beteiligten zu
1
bereits in drei Jahren erreicht werden kann, lässt sich der vorliegende Abschluss nicht vergleichen. Zu berücksichtigen ist nicht nur die Semesterzahl, sondern auch
der nach
Unterrichtsstunden zu [X.]. Die von der Beteiligten zu
1 absolvierte berufsbe-gleitende Zusatzausbildung zur [X.] erreicht mit lediglich 900
Unter-richtseinheiten nicht den für einen Hochschul-
oder Fachhochschulabschluss erforderlichen Zeitaufwand. Darüber hinaus setzt die Zulassung zu dieser Aus-bildung auch keinen Hochschulabschluss voraus.

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7
-

(3)
Zu Recht hat das Beschwerdegericht auch keine Gesamtbetrachtung der betreuungsrelevanten Ausbildungen und Fortbildungsmaßnahmen der Be-teiligten zu
1 vorgenommen. Eine solche sieht §
4 [X.] nicht vor.

[X.]

Vézina

Klinkhammer

Günter

Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
Notariat [X.], Entscheidung vom 03.03.2010 -
1 VG Nr. 164/08 -

LG [X.], Entscheidung vom 04.08.2010 -
2 T 28/10 -

18

Meta

XII ZB 409/10

18.01.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.01.2012, Az. XII ZB 409/10 (REWIS RS 2012, 10024)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 10024

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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