Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.11.2018, Az. II ZR 328/17

2. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 1541

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Gegenstand

Einrede des Schiedsvertrags: Anforderungen an deren Erhebung vor dem staatlichen Gericht


Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des [X.] vom 30. August 2017 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten entschieden worden ist, und wie folgt neu gefasst:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der [X.] des [X.] vom 16. November 2016 abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH, begehrt von dem Beklagten Schadensersatz wegen nicht genehmigter Nebentätigkeit als Steuerberater.

2

Der Beklagte war von 1998 bis 2008 Geschäftsführer und seit 2002 Mitgesellschafter der Klägerin. Nach § 4 Abs. 1 seines Geschäftsführeranstellungsvertrags ([X.]) bedurfte die Übernahme jedweder auf Erwerb gerichteter Nebentätigkeit des Beklagten der Zustimmung der Klägerin. § 12 [X.] enthält eine Schiedsklausel für alle Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag. Nach § 8 des Gesellschaftsvertrags ([X.]) darf kein Gesellschafter der Gesellschaft in ihrem Gegenstand Konkurrenz machen. § 20 [X.] enthält ebenfalls eine Schiedsklausel.

3

Während seiner Tätigkeit für die Klägerin betreute der Beklagte - ohne entsprechenden Beschluss der Gesellschafterversammlung - auch Mandanten in einer eigenen Steuerberaterkanzlei, die er selbst abrechnete.

4

Die Klägerin fordert mit ihrer Klage Schadensersatz in Höhe von 500.000 € wegen der Verletzung des Geschäftsführeranstellungsvertrags. Der Beklagte hat in einem Schriftsatz vor der mündlichen Verhandlung unter Bezug auf die Schiedsklausel aus § 20 [X.] geltend gemacht, dass das angerufene [X.] nicht zuständig sei.

5

Das [X.] hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vor Antragstellung auf Folgendes hingewiesen: "Der Beklagte hat die Einrede des [X.] erhoben. Sowohl im Geschäftsführervertrag, dort § 12, und im Gesellschaftsvertrag, dort § 20, ist eine Schiedsklausel enthalten. Der Schiedsvertrag ist jeweils angeheftet. Im Hinblick hierauf geht das Gericht derzeit davon aus, dass die Klage unzulässig ist". Nach Erteilung weiterer Hinweise verhandelten die Parteien streitig zur Sache und stellten ihre Anträge.

6

Auf einen nachgereichten Schriftsatz der Klägerin wies das [X.] durch Beschluss darauf hin, dass es seine Rechtsansicht über die Wirksamkeit der erhobenen Einrede des [X.] revidiere, da [X.] nur Ansprüche der Klägerin aus der Geschäftsführerstellung des Beklagten seien. [X.] sei deshalb nicht der Gesellschaftsvertrag, sondern nur der Geschäftsführeranstellungsvertrag. Auf die Schiedsklausel in § 12 [X.] habe sich der Beklagte nicht berufen.

7

Das [X.] hat der Klage unter Klageabweisung im Übrigen zum Teil stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und die den Betrag von 21.900,18 € übersteigende Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision hat Erfolg. Sie führt unter Aufhebung des Urteils des [X.] zur Abweisung der Klage insgesamt.

9

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, wie folgt begründet:

Die Klage sei nicht wegen der vom Beklagten vor dem [X.] erhobenen [X.] unzulässig. Diese ausdrücklich auf § 20 GV gestützte [X.] mache die Klage nicht unzulässig, weil die streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche nicht aus dem Gesellschaftsvertrag, sondern aus dem Geschäftsführeranstellungsvertrag herrührten, der in § 12 [X.] eine eigene Schiedsklausel enthalte. Es sei erforderlich, dass der Beklagte bei Erhebung der [X.] die Schiedsvereinbarung, auf die er die Einrede stützen wolle, konkret bezeichne. Der Beklagte habe bis zur ersten mündlichen Verhandlung die [X.] ausschließlich mit § 20 GV begründet. Die auf § 12 [X.] gestützte [X.] habe er nicht rechtzeitig erhoben. Auch die Erörterungen zu Beginn der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] und den Hinweis des Gerichts auf das Bestehen von zwei [X.] habe er nicht zum Anlass genommen, klarzustellen, dass er seine Einrede auch auf § 12 [X.] stützen wolle, was naheliegend gewesen wäre, da auch die Anspruchsgrundlage - Verletzung von Pflichten aus dem Geschäftsführeranstellungsvertrag - erörtert worden sei. Es entlaste den Beklagten nicht, dass das [X.] ebenfalls zunächst davon ausgegangen sei, dass eine ausdrückliche Bezugnahme auf die konkrete Schiedsvereinbarung nicht erforderlich sei.

II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Die Klage ist wegen der vom Beklagten erhobenen [X.] nach § 1032 Abs. 1 ZPO unzulässig.

1. Nach der Rechtsprechung des [X.] ist die Einrede des [X.] an keine Form gebunden. Es genügt, dass der Beklagte seinen Willen hinreichend zum Ausdruck bringt, dass die Sachentscheidung nicht von dem angerufenen staatlichen Gericht, sondern von einem Schiedsgericht getroffen werden soll. Erforderlich ist aber, dass der Beklagte bei Erhebung der [X.] die Schiedsvereinbarung, auf die er die Einrede stützen will, konkret bezeichnet. Sodann kann das staatliche Gericht entsprechend dem Regelungszweck des § 1032 Abs. 1 ZPO vor der Befassung mit der Begründetheit der Klage prüfen, ob die Schiedsvereinbarung seiner Zuständigkeit entgegensteht oder ob sie nichtig, unwirksam oder undurchführbar im Sinne des § 1032 Abs. 1 ZPO ist ([X.], Urteil vom 8. Februar 2011 - [X.], NJW-RR 2011, 1188 Rn. 28 mwN). Ist die Vorinstanz der Rüge nicht gefolgt, muss sie im Rechtsmittelverfahren wiederholt werden ([X.], 179, 184; [X.], Urteil vom 13. Januar 2009 - [X.], [X.], 1540 Rn. 29; Urteil vom 8. Februar 2011 - [X.], NJW-RR 2011, 1188 Rn. 29; [X.]Komm ZPO/[X.], 5. Aufl., § 1032 Rn. 16).

2. Gemessen hieran hat der Beklagte die Einrede des [X.] in allen Instanzen vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache erhoben (§ 1032 Abs. 1 ZPO, § 137 Abs. 1 ZPO).

Der Beklagte hat vor der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] schriftsätzlich in Bezug auf die Schiedsklausel in § 20 GV geltend gemacht, dass das angerufene [X.] nicht zuständig sei. Damit hat er klar zum Ausdruck gebracht, dass die Sachentscheidung nicht von dem angerufenen [X.] getroffen werden soll.

Dass der Beklagte nicht zugleich auch auf die Schiedsklausel in § 12 [X.] Bezug genommen hat, steht dem nicht entgegen. Das [X.] hat vor Beginn der streitigen mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass der Beklagte die [X.] erhoben habe, dass sowohl der Geschäftsführeranstellungsvertrag als auch der Gesellschaftsvertrag eine Schiedsklausel enthalte, der Schiedsvertrag dort jeweils angeheftet sei und es im Hinblick darauf derzeit von der Unzulässigkeit der Klage ausgehe. Deshalb war es unschädlich, dass der Beklagte sich schriftsätzlich lediglich auf die Schiedsklausel in § 20 GV berufen hat. Das [X.] konnte vor der Befassung mit der Begründetheit der Klage prüfen, ob die ihm vorliegenden [X.] seiner Zuständigkeit entgegenstanden, was nach seiner rechtlichen Bewertung auch der Fall war. Durch seinen rechtlichen Hinweis vor Beginn der streitigen Verhandlung hat das [X.] deutlich gemacht, dass aus seiner Sicht der Beklagte die [X.] umfassend, auch in Bezug auf § 12 [X.], und somit hinreichend konkret erhoben hatte, weshalb es von einer Unzulässigkeit der Klage ausgehe. Für den Beklagten bestand nach diesen einleitenden Ausführungen der Vorsitzenden im Termin kein Anlass, vor Beginn der streitigen Verhandlung zur Sache und der Antragstellung ergänzend darauf hinzuweisen, dass er sich mit der von ihm ausdrücklich erhobenen [X.] aus § 20 GV auch auf die Schiedsklausel aus § 12 [X.] für die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche berufe.

In der Berufungsinstanz hat sich der Beklagte vor der mündlichen Verhandlung in der Berufungsbegründung erneut auf die [X.] berufen und die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils begehrt, da die im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Ansprüche in die Zuständigkeit des Schiedsgerichts fielen. In der Revisionsbegründung wird die [X.] ebenfalls erhoben.

III. Das Berufungsurteil war demnach aufzuheben, soweit zum Nachteil des Beklagten entschieden worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Schiedsklausel ist wirksam und erfasst den Gegenstand des Rechtsstreits sowohl in sachlicher wie auch persönlicher Hinsicht. Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind und die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat in der Sache selbst entschieden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Klage insgesamt abgewiesen.

Drescher     

        

Wöstmann     

        

Sunder

        

Bernau     

        

B. Grüneberg     

        

Meta

II ZR 328/17

20.11.2018

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, 30. August 2017, Az: 1 U 153/16

§ 1032 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.11.2018, Az. II ZR 328/17 (REWIS RS 2018, 1541)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 1541

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

I ZR 245/19

Zitiert

XI ZR 168/08

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