Bundessozialgericht, Urteil vom 29.08.2023, Az. B 1 KR 18/22 R

1. Senat | REWIS RS 2023, 7904

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Krankenversicherung - Krankenhaus - Versorgungsauftrag - vom Krankenhaus veranlasste Leistung Dritter - Kodierfähigkeit abhängig vom Inhalt des Versorgungsauftrag


Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des [X.] vom 23. Juni 2022 und des [X.] vom 23. März 2021 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2404,04 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung im Jahr 2015.

2

Das Krankenhaus der Klägerin war im Krankenhausplan für 2015 der [X.] ua mit dem Fachgebiet "Innere Medizin" aufgenommen (Feststellungsbescheid vom 27.1.2015). Das Fachgebiet "Strahlentherapie" wird in diesem Krankenhausplan eigens ausgewiesen; ihm sind zwei [X.] Krankenhäuser zugewiesen ([X.] und Asklepios Klinik [X.]), nicht hingegen das Krankenhaus der Klägerin (im Folgenden Krankenhaus). Es verfügte über keine Abteilung für Strahlentherapie. Eine bei der beklagten Krankenkasse ([X.]) Versicherte war an einem in Lunge und Skelett metastasierenden Gebärmutterkrebs erkrankt und befand sich seit dem 7.7.2015 deswegen in ambulanter Strahlentherapie bei der Beigeladenen, einer (ambulanten) Praxis, die ua Leistungen der Strahlentherapie durchführt. Vom 17. bis 22.7.2015 wurde die Versicherte im Krankenhaus vollstationär durch Chemotherapie behandelt. Die bereits zuvor ambulant begonnene Strahlentherapie wurde durch die Beigeladene fortgesetzt und dem Krankenhaus in Rechnung gestellt. Am 3.8.2015 berechnete das Krankenhaus für die stationäre Behandlung der Versicherten 5057,02 Euro nach Fallpauschale (Diagnosis Related Group ) [X.] (Strahlentherapie bei Krankheiten und Störungen der Atmungsorgane, ohne operativen Eingriff oder Beatmung > 24 Stunden, mehr als ein Belegungstag, weniger als 10 Bestrahlungen, [X.] 1,534) nebst Zuschlägen. Die DRG [X.] ergab sich auf Grundlage ua der mehrfachen Kodierung der Prozedur 8-522.91 (Strahlentherapie: Hochvoltstrahlentherapie: Linearbeschleuniger, intensitätsmodulierte Radiotherapie: Mit bildgeschützter Einstellung) nach dem [X.] und [X.] ([X.]). Die [X.] zahlte auf diese Rechnung nur 2652,98 Euro und führte zur Begründung aus: Das Krankenhaus sei nicht berechtigt, die von der Beigeladenen durchgeführten strahlentherapeutischen Leistungen abzurechnen. Diese seien vielmehr in alleiniger Verantwortung und Organisation der Beigeladenen erbracht worden. Es ergebe sich folglich die geringer vergütete [X.] (Pleuraerguss ohne äußerst schwere [X.], [X.] 0,797).

3

Das [X.] hat die [X.] zur Zahlung des [X.] vom 2404,04 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent ab dem 24.8.2015 verurteilt. Das L[X.] hat die hiergegen erhobene Berufung der [X.] zurückgewiesen: Die von der Beigeladenen während der stationären Behandlung der Versicherten durchgeführten strahlentherapeutischen Behandlungen seien vom Versorgungsauftrag des Krankenhauses für "Innere Medizin" erfasst gewesen. Dieser erfasse unter Zugrundelegung der Fachgebietsabgrenzungen der Weiterbildungsordnung der [X.] auch Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in der interdisziplinären Indikationsstellung zu chirurgischen, strahlentherapeutischen und nuklearmedizinischen Behandlungsverfahren sowie deren prognostische Beurteilung im multidisziplinären Team. [X.] sei damit auch die Koordination der weiteren Durchführung einer bereits angelaufenen Strahlentherapie. Hierfür spreche auch [X.] 8.4.2 des [X.] Krankenhausplans für 2015, wonach durch die unterschiedliche Struktur der Versorgung in der Strahlenheilkunde das Leistungsgeschehen in der stationären Versorgung durch die Kliniken mit einem ausdrücklichen Versorgungsauftrag für Strahlenheilkunde nicht vollständig abgebildet werde (Urteil vom 23.6.2022).

4

Mit ihrer Revision rügt die [X.] die Verletzung von § 109 Abs 4 Satz 3 [X.]B V, § 7 [X.], § 17b Abs 1 Satz 10 [X.], § 9 Abs 1 [X.] 1 [X.], der Fallpauschalenvereinbarung ([X.]) 2015, des [X.] 8-522.91, § 2 Abs 1 Satz 1 [X.] und § 2 Abs 2 Satz 2 [X.] 2 [X.]. Bei der Strahlentherapie handele es sich um eine wesentliche, vom Versorgungsauftrag umfasste Leistung, die die Klägerin regelmäßig und planvoll auf die Beigeladene ausgelagert habe. Sie habe sie daher nicht als Leistung Dritter iS des § 2 Abs 2 Satz 2 [X.] 2 [X.] abrechnen dürfen.

5

Die Beklagte beantragt,

        

die Urteile des [X.] vom 23. Juni 2022 und des [X.] vom 23. März 2021 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der beklagten [X.] ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 [X.]). Die Vorinstanzen haben die [X.] zu Unrecht zur Zahlung der restlichen, noch streitigen Vergütung verurteilt. Denn dem klagenden Krankenhaus steht kein Anspruch auf weitere Vergütung unter Berücksichtigung der kodierten Prozedur [X.]-522.91 für die von der beigeladenen Praxis durchgeführte ambulante Strahlentherapie zu.

9

1. Rechtsgrundlage des von der Klägerin wegen der vollstationären Behandlung der Versicherten geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs 4 Satz 3 [X.] iVm § 7 [X.] und § 17b [X.] ([X.] vom 8.11.2011 - [X.] KR 8/11 R - [X.], 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.]3, 15 f; BSG vom 19.3.2020 - [X.] KR 20/19 R - [X.], 73 = [X.]-2500 § 12 [X.], Rd[X.]1 mwN). Das Gesetz regelt in diesen Vorschriften die Höhe der Vergütung der zugelassenen Krankenhäuser bei stationärer Behandlung gesetzlich [X.] und setzt das Bestehen des Vergütungsanspruchs als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht, erforderliche Krankenhausbehandlung nach § 39 [X.] zu gewähren (§ 109 Abs 4 Satz 2 [X.]), dem Grunde nach als Selbstverständlichkeit voraus ([X.] vom 19.3.2020 - [X.] KR 20/19 R - [X.], 73 = [X.]-2500 § 12 [X.], Rd[X.]1). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch [X.] ([X.]) konkretisiert.

Die Zahlungsverpflichtung einer [X.] entsteht unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird, den Versorgungauftrag nicht überschreitet und iS von § 39 Abs 1 Satz 2 [X.] erforderlich und wirtschaftlich ist (stRspr; vgl [X.] vom 8.11.2011 - [X.] KR 8/11 R - [X.], 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.]3, 15 f; [X.] [X.] KR 33/18 R - [X.]-2500 § 109 [X.] Rd[X.]0, 12 f mwN). Diese Voraussetzungen waren nach dem Gesamtzusammenhang der [X.], den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]) in Bezug auf die vorliegend durchgeführte stationäre Behandlung dem Grunde nach erfüllt. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten.

2. Der Anspruch auf die geltend gemachte weitere Vergütung scheitert aber daran, dass das Krankenhaus keinen Versorgungsauftrag für die Erbringung strahlentherapeutischer Leistungen hatte und daher nicht berechtigt war, die Prozedur [X.]-522.91 zu kodieren und abzurechnen.

a) Zwischen den Beteiligten ist zu Recht nicht umstritten, dass der Anspruch auf die abgerechnete höhere Vergütung nach [X.] die Kodierung der Prozedur [X.]-522.91 für die Strahlentherapie voraussetzt. Ohne Kodierung dieser Prozedur wird dagegen [X.] angesteuert. Dies hat zur Folge, dass sich der von der [X.] bereits beglichene Vergütungsbetrag von 2652,98 Euro ergibt. So liegt der Fall hier.

b) Das klagende Krankenhaus durfte die von der beigeladenen Praxis durchgeführte Strahlentherapie nicht kodieren. Bei der Strahlentherapie handelte es sich zwar um eine allgemeine Krankenhausleistung (dazu [X.]). Sie war aber nicht als Prozedur kodierfähig, weil ihre Erbringung nicht vom Versorgungsauftrag des Krankenhauses umfasst war (dazu bb).

[X.]) Nach § 2 Abs 2 Satz 2 [X.] [X.] gehören zu den allgemeinen Krankenhausleistungen auch die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung (§ 39 Abs 1 Satz 3 [X.]). Dies können unterstützende und ergänzende Leistungen ([X.] vom [X.] - B 3 KR 17/06 R - [X.]-2500 § 39 [X.] Rd[X.]2), wie etwa Laboruntersuchungen oder radiologische Untersuchungen sein. Es kann sich aber auch um ambulant durchgeführte eigenständige Behandlungsleistungen für mitgebrachte oder interkurrente Erkrankungen handeln, wie hier die ambulante Strahlentherapie (vgl zur Versorgung mit Arzneimitteln durch einen [X.] zur Behandlung einer pulmonalen arteriellen Hypertonie während einer stationären psychiatrischen Behandlung BSG vom 12.11.2013 - [X.] KR 22/12 R - [X.], 11 = [X.]-2500 § 69 [X.], Rd[X.]4 ff).

Zugelassene Krankenhäuser sind verpflichtet, die Versicherten - ggf unter konsiliarischer Hinzuziehung Dritter - mit allen während der stationären Behandlung notwendigen (auch ambulanten) Behandlungen zu versorgen. Denn sie tragen während der stationären Behandlung trotz der Hinzuziehung von [X.] für die Versicherten die Gesamtbehandlungsverantwortung. Die Leistung des Hinzugezogenen stellt sich auch nach außen als Leistung des Krankenhauses gegenüber dem Patienten dar ([X.] vom [X.] - [X.] KR 15/21 R - [X.], 132 = [X.]-2500 § 107 [X.], Rd[X.]2; BSG vom [X.] - B 3 KR 17/06 R - [X.]-2500 § 39 [X.] Rd[X.]2 mwN; [X.] vom [X.] - 13 LC 174/10 - [X.] 2013, 501 = juris Rd[X.]8 ff; [X.] in Spickhoff, Medizinrecht, 4. Aufl 2022, § 2 [X.] Rd[X.]; [X.], NZS 2011, 881, 885; [X.], [X.], 770, 780 f). Zum Anspruch Versicherter auf stationäre Behandlung gehört auch die Abdeckung ihres akuten, ohne die stationäre Aufnahme ambulant abzudeckenden [X.]. Das Krankenhaus war daher hier verpflichtet, die nach den bindenden Feststellungen des [X.] bestehende strahlentherapeutische Behandlungsbedürftigkeit der Versicherten abzudecken. Es durfte die Versicherte - anders als bei der Dialyse - nicht auf einen ambulanten Leistungserbringer verweisen. Nach § 1 Abs 1 [X.] werden nach diesem Gesetz und dem [X.] die vollstationären und teilstationären Leistungen der [X.] vergütet. Das [X.] trifft eine abschließende Vergütungsregelung: Mit den in § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] genannten Entgelten - insbesondere den Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten [X.] (§ 9) - werden alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet (§ 7 Abs 1 Satz 2 [X.]), dh auch die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter iS des § 2 Abs 2 Satz 2 [X.] [X.] (Verbot der vertragsärztlichen Parallelbehandlung, vgl hierzu BSG vom 12.11.2013 - [X.] KR 22/12 R - [X.], 11 = [X.]-2500 § 69 [X.], Rd[X.]4 ff mwN; BSG vom 29.6.2011 - B 6 KA 16/10 R - [X.]-2500 § 106 [X.]1 Rd[X.]3 ff; BSG vom [X.] - 6 [X.] 34/93 - [X.], 263 = [X.] 3-2500 § 116 [X.] Rd[X.]7 ff; vgl auch [X.] vom 4.11.2010 - [X.]/09 - [X.]Z 187, 279 = juris Rd[X.]4).

Von diesem Grundsatz der Gesamtbehandlungsverantwortung des Krankenhauses macht das Gesetz zwar eine Ausnahme in § 2 Abs 2 Satz 3 [X.] [X.]. Diese gilt jedoch ausdrücklich nur für eine Dialyse unter den dort geregelten weiteren Voraussetzungen. Eine analoge Anwendung auf ambulante Strahlentherapie kommt trotz vergleichbarer Interessenlage nicht in Betracht, denn es fehlt an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat bewusst auf die Regelung weiterer Fallgruppen unter Hinweis darauf verzichtet, dass die Abgrenzung interkurrenter Erkrankungen von der Erkrankung, die Anlass für die stationäre Behandlung war, wegen der Vielzahl der Fallgestaltungen generell schwierig ist (vgl [X.] zu der inhaltsgleichen Vorgängervorschrift in § 2 Abs 2 Satz 3 BPflV; BSG vom 19.4.2016 - [X.] KR 34/15 R - [X.]-5562 § 2 [X.] Rd[X.]3 mwN; [X.] Nordrhein-Westfalen vom 19.1.2012 - [X.] 14/11 - juris; [X.] in BeckOK [X.], [X.]/[X.], § 2 [X.] Rd[X.]0).

Nach den nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des [X.] hat das Krankenhaus seine Gesamtbehandlungsverantwortung in Bezug auf die durch die Beigeladene ambulant durchgeführte Strahlentherapie auch wahrgenommen. Es konnte danach zu jedem Zeitpunkt in rechtlich relevanter Weise auf das Leistungsgeschehen Einfluss nehmen. Solche Einflussmöglichkeiten können sich aus vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem [X.] und dem Krankenhaus ergeben, aus der sich das Leistungsbestimmungsrecht des Krankenhauses in Bezug auf die konkret veranlasste Leistung ergibt. In Betracht kommen hierfür sowohl Einzelverträge für die konkret veranlasste Leistung, also auch Kooperationsverträge des Krankenhauses mit bestimmten Leistungserbringern. Ein derartiges rechtliches Band gewährleistet, dass der Dritte seine Tätigkeit bewusst und zweckgerichtet dem Krankenhaus gegenüber erbringt und das Krankenhaus sich diese als eigene Leistung gegenüber seinen Patienten zurechnen lassen muss. Dort, wo dieses rechtliche Band fehlt und der Dritte seine Leistung nicht in Erfüllung einer Verpflichtung gegenüber dem Krankenhaus erbringt, handelt es sich um eine Fremdleistung, die der Dritte - rechtswidrig (vgl hierzu etwa BSG vom 29.6.2011 - B 6 KA 16/10 R - [X.]-2500 § 106 [X.]1 Rd[X.]3 ff) - unmittelbar gegenüber dem Patienten erbringt.

bb) Die von der beigeladenen Praxis für das Krankenhaus durchgeführte Strahlentherapie war jedoch nicht kodierfähig. Vom Krankenhaus veranlasste Leistungen Dritter sind nur dann als eigenständige Operationen und Prozeduren nach dem [X.] kodierfähig, wenn das Krankenhaus sie nach dem Inhalt seines [X.] auch selbst erbringen durfte (dazu nachfolgend 1). Dies war hier nicht der Fall (dazu nachfolgend 2).

(1) Mit den in § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] aufgeführten Entgelten werden - wie dargelegt - alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet (§ 7 Abs 1 Satz 2 [X.]). Die Entgelte dürfen - mit Ausnahme von Notfällen - aber nur im Rahmen des [X.] berechnet werden (§ 8 Abs 1 Satz 3 [X.]; vgl zum Ganzen BSG vom 19.4.2016 - [X.] KR 34/15 R - [X.]-5562 § 2 [X.] Rd[X.]4 mwN). Insofern ist der Begriff der kodierfähigen Leistungen enger als der Begriff der - mit der Fallpauschale abgegoltenen - allgemeinen Krankenhausleistungen nach § 2 Abs 2 [X.], zu deren Erbringung das Krankenhaus verpflichtet ist und zu denen auch veranlasste Leistungen Dritter gehören, die das Krankenhaus im Rahmen seines [X.] nicht selbst erbringen darf.

Der Begriff des [X.] wird im Gesetz nicht ausdrücklich definiert, sondern in verschiedenen Vorschriften nur vorausgesetzt (vgl zB § 39 Abs 1 Satz 3, § 107 Abs 1 [X.], § 109 Abs 4 Satz 2 [X.], § 17 Abs 1 und 2 [X.], § 4 Abs 2a Satz 2 [X.] Buchst c, § 8 Abs 1 Satz 3 und 4, § 11 Abs 1 Satz 1 [X.]; vgl hierzu BSG vom 23.6.2015 - [X.] KR 20/14 R - [X.], 141 = [X.]-2500 § 108 [X.], Rd[X.]4 mwN; Wahl in jurisPK-[X.], § 109 [X.] Rd[X.]36). Diesen gesetzlichen Vorschriften lässt sich entnehmen, dass der Versorgungsauftrag bestimmt, welche medizinischen Leistungen ein Krankenhaus erbringen darf und muss (§ 39 Abs 1 Satz 3, § 109 Abs 4 Satz 2 [X.]). Er bestimmt weiter, über welche diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten (§ 107 Abs 1 [X.] [X.]) und über welches jederzeit verfügbare ärztliche, Pflege-, Funktions- und medizinisch-technische Personal (§ 107 Abs 1 [X.] [X.]) das Krankenhaus hierzu verfügen muss. Der Versorgungsauftrag regelt im Einzelnen die personelle, räumliche und medizinisch-technische Ausstattung, die das Krankenhaus vorhalten muss, um seine Verpflichtung zur Krankenhausbehandlung selbst erfüllen zu können ([X.] vom [X.] - [X.] KR 15/21 R - [X.], 132 = [X.]-2500 § 107 [X.], Rd[X.]7 f mwN; BSG vom 19.4.2016 - [X.] KR 34/15 R - [X.]-5562 § 2 [X.] Rd[X.]4; BSG vom 23.6.2015 - [X.] KR 20/14 R - [X.], 141 = [X.]-2500 § 108 [X.], Rd[X.]4; BSG vom 19.9.2013 - B 3 KR 8/12 R - [X.], 237 = [X.]-2500 § 124 [X.], Rd[X.]1 mwN).

Die Bestimmung und nähere Eingrenzung des [X.] dient dazu, die begrenzten finanziellen Mittel zur Krankenhausfinanzierung und zur bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausbehandlung sparsam einzusetzen und Überkapazitäten zu vermeiden. Die nähere Bestimmung und Eingrenzung des [X.] dient insoweit der am konkreten Versorgungsbedarf im Einzugsbereich des Krankenhauses orientierten Steuerung des Versorgungsgeschehens (vgl hierzu BSG vom [X.] KR 17/07 R - [X.]-2500 § 109 [X.] Rd[X.]; BSG vom 26.4.2001 - B 3 KR 18/99 R - [X.], 111 = [X.] 3-2500 § 109 [X.] = juris Rd[X.]4). Inhaltlich wird mit dem Versorgungsauftrag ua konkret eingegrenzt, welche Leistungen das Krankenhaus selbst durchführen darf.

Der Versorgungsauftrag des Krankenhauses ergibt sich bei einem Plankrankenhaus aus den Festlegungen des Krankenhausplans in Verbindung mit den Bescheiden zu seiner Durchführung nach § 6 Abs 1 iVm § 8 Abs 1 Satz 3 [X.] sowie einer ergänzenden Vereinbarung nach § 109 Abs 1 Satz 4 [X.] (§ 8 Abs 1 Satz 4 [X.] [X.]).

(2) Das klagende Krankenhaus hatte keinen Versorgungsauftrag dafür, Leistungen der Strahlentherapie selbst mit eigener personeller und sächlicher Ausstattung durchzuführen. Das ergibt sich aus der Auslegung der landesrechtlichen Vorschriften über den Krankenhausplan und des diesen umsetzenden Feststellungsbescheids durch das [X.]. Dieses hat ausgeführt, der Versorgungsauftrag erfasse unter Zugrundelegung der Fachgebietsabgrenzungen der Weiterbildungsordnung der [X.] auch Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in der interdisziplinären Indikationsstellung zu chirurgischen, strahlentherapeutischen und nuklearmedizinischen Behandlungsverfahren sowie deren prognostische Beurteilung im multidisziplinären Team. [X.] sei damit auch die Koordination der weiteren Durchführung einer bereits angelaufenen Strahlentherapie. Daraus ergibt sich, dass sich der Versorgungsauftrag nur auf die Indikationsstellung und Koordination solcher - extern in Auftrag gegebener - Leistungen bezog, die Strahlentherapie selbst aber nicht vom Versorgungsauftrag des Krankenhauses umfasst war.

Diese Auslegung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie unterliegt nur in den durch § 162 [X.] vorgegebenen Grenzen einer revisionsgerichtlichen Kontrolle. Danach kann die Revision nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des [X.] geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des [X.] hinaus erstreckt. Das ist bei den [X.] über den Krankenhausplan nicht der Fall. Hierzu müsste das allein im Bezirk des [X.] geltende hamburgische Landesrecht bewusst zum Zwecke der Vereinheitlichung übereinstimmend mit dem Krankenhausplanungsrecht anderer Länder erlassen worden sein (vgl dazu [X.] vom 19.6.2018 - [X.] KR 32/17 R - [X.], 87 = [X.]-2500 § 108 [X.] 5, Rd[X.]2 ff; BSG vom 23.6.2015 - [X.] KR 20/14 R - [X.], 141 = [X.]-2500 § 108 [X.], Rd[X.]7; BSG vom [X.] - [X.] KR 4/09 R - [X.], 1 = [X.]-2500 § 125 [X.] 5, Rd[X.]9 mwN). Daran fehlt es.

Auch eine Verletzung des Willkürverbots liegt nicht vor (vgl hierzu [X.] vom [X.] - [X.] KR 8/09 R - [X.]-2500 § 69 [X.] Rd[X.]8; BSG vom 10.9.1987 - 10 [X.] - [X.], 131, 135 = [X.]100 § 141b [X.]0 S 154; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 13. Aufl 2020, § 162 Rd[X.]a mwN). Das Willkürverbot ist erst verletzt, wenn sich das Berufungsgericht so weit von den gesetzlichen Vorgaben entfernt hat, dass sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gewählte Auslegung nicht finden lässt (vgl [X.] vom 5.3.1993 - 1 BvL 34/81 - [X.]E 89, 132, 141 = [X.] 3-4100 § 186c [X.] S 5 mwN; BSG vom 20.5.2014 - [X.] KR 5/14 R - [X.], 289 = [X.]-2500 § 268 [X.], Rd[X.]3). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Heranziehung der Grundsätze der ärztlichen Weiterbildungsordnung ([X.]) zur Eingrenzung der Fachgebiete in der Krankenhausplanung ist - unabhängig von der ausdrücklichen Nennung der [X.] in den Regelungen zur Krankenhausplanung - vielmehr naheliegend.

Die strahlentherapeutischen Leistungen mussten nach den nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen, bindenden Feststellungen des [X.] hier zur Gewährleistung einer zweckmäßigen und ausreichenden Versorgung der Versicherten während der stationären Behandlung weitergeführt werden. Sie waren eine unter der Gesamtbehandlungsverantwortung des Krankenhauses zu erbringende allgemeine Krankenhausleistung, unterfielen jedoch nicht dem Versorgungsauftrag des klagenden Krankenhauses.

cc) Der vorliegende Fall veranlasst den Senat auf folgendes hinzuweisen: Soweit in Konstellationen wie der vorliegenden der Aufwand für eine vom Krankenhaus veranlasste Strahlentherapie mit der Fallpauschale nicht adäquat abgegolten sein sollte, könnte der Gesetzgeber [X.], die nicht für sich genommen stationär erbracht werden müssen, dem ambulanten Sektor zuweisen und eine vergleichbare Ausnahmeregelung wie bei der Dialyse schaffen.

3. [X.] folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 [X.] iVm § 154 Abs 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten, denn die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und ist damit kein Kostenrisiko eingegangen (vgl § 162 Abs 3, § 154 Abs 3 Halbsatz 1 VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 [X.] iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

        

Schlegel

Estelmann

Scholz

Meta

B 1 KR 18/22 R

29.08.2023

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Hamburg, 23. März 2021, Az: S 6 KR 193/16, Urteil

§ 39 Abs 1 S 3 SGB 5, § 107 Abs 1 SGB 5, § 109 Abs 4 S 2 SGB 5, § 2 Abs 2 S 1 KHEntgG, § 2 Abs 2 S 2 Nr 2 KHEntgG, § 8 Abs 1 KHEntgG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 29.08.2023, Az. B 1 KR 18/22 R (REWIS RS 2023, 7904)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 7904

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