Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 20.10.2022, Az. VII ZR 154/21

7. Zivilsenat | REWIS RS 2022, 7045

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Gegenstand

Bauhandwerkersicherung: Anspruch auf Stellung einer Sicherheit für zusätzliche Vergütungsansprüche nach VOB/B; Prüfung einer wirksamen Anordnung des Auftraggebers


Leitsatz

1. Ansprüche nach § 2 Abs. 5 oder 6 VOB/B in Verbindung mit § 1 Abs. 3 oder Abs. 4 Satz 1 VOB/B sind solche auf Zahlung einer "auch in Zusatzaufträgen vereinbarten Vergütung" im Sinne von § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. Dies gilt auch, wenn die in diesen Bestimmungen vorgesehene Vereinbarung über den neuen Preis beziehungsweise über die besondere Vergütung nicht zustande kommt.

2. Das Gericht muss für den Anspruch auf Stellung einer Sicherheit gemäß § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. feststellen, ob der Rechtsgrund für einen zusätzlichen Vergütungsanspruch nach § 2 Abs. 5 oder 6 VOB/B gegeben ist, ob also insbesondere wirksame Anordnungen des Auftraggebers im Sinne von § 1 Abs. 3 oder Abs. 4 Satz 1 VOB/B vorliegen. Dagegen reicht hinsichtlich der Höhe des Vergütungsanspruchs ein schlüssiger Vortrag des Auftragnehmers aus (Fortführung von BGH, Urteil vom 6. März 2014 - VII ZR 349/12, BGHZ 200, 274).

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 9. Februar 2021 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Stellung einer Sicherheit für erbrachte Bauleistungen bei der Erweiterung eines Hotels in U.            .

2

Der Beklagte zu 1 beauftragte am 13. Juli 2017 die Klägerin mit der Erbringung von Trockenbauarbeiten bei dem Bauvorhaben. Die [X.]/B wurde vereinbart. Grundlage des Vertrags war ein Verhandlungsprotokoll samt Anlagen. Der Beklagte zu 1 sollte sämtliches Material für die Arbeiten vor Ort stellen und die Planungen übernehmen. Die Klägerin sollte nur für die konkrete Ausführung der Arbeiten, berechnet nach Mengen und Massen (Einheitspreise), bezahlt werden. Der vereinbarte Werklohn belief sich auf 376.410,25 €. Die Parteien einigten sich außerdem auf einen Stundenlohn von 30 € für eine Facharbeiterstunde und 22 € für eine Helferstunde.

3

Der Beklagte zu 1 kündigte den [X.] 2018. Am 26. Januar 2018 kündigte die Klägerin den Vertrag ihrerseits wegen behaupteter unwirksamer Kündigung der Gegenseite. Mit Schreiben vom 5. Februar 2018 forderte die Klägerin eine Bauhandwerkersicherheit in Höhe von 114.850 €. Der Beklagte zu 1 verweigerte die Abnahme. Die Leistungen der Klägerin wurden durch Weiterbau genutzt. Die Klägerin legte am 19. Juni 2018 - verteilt auf mehrere Einzelrechnungen - Schlussrechnung auf der Grundlage der erbrachten Leistungen bis zur Kündigung des [X.] zu 1 und forderte zugleich erneut Sicherheit für die Schlussrechnungssumme.

4

Mit einer Rechnung Nr. 18184 verlangt die Klägerin einen Betrag von 61.767 € für Nachtragsleistungen. Sie behauptet, die Nachträge seien technisch notwendig gewesen und der Beklagte zu 1 habe sie durch [X.] auf der Baustelle verlangt. Mit einer Rechnung Nr. 18182 berechnet die Klägerin für Stundenlohnarbeiten 33.327,47 €. Mit einer Rechnung Nr. 18183 begehrt die Klägerin Bezahlung für Leistungen betreffend die Logistik und Transport in Höhe von 15.937,05 €. Insgesamt ergibt sich hieraus ein Betrag von 111.031,52 €, für den die Klägerin zuzüglich eines Aufschlags in Höhe von 10 % (11.000 €) für Nebenforderungen mit der vorliegenden Klage Sicherheit verlangt.

5

Die Firma des [X.] zu 1, eines eingetragenen Kaufmanns, wurde gemäß [X.] vom 6. Juni 2018 von der [X.] zu 2, einer GmbH & Co. KG, übernommen.

6

Das [X.] hat der Klage durch Versäumnisurteil antragsgemäß stattgegeben. Den hiergegen gerichteten Einspruch der [X.] hat es als unzulässig verworfen und zusätzlich ausgeführt, dass die Klage auch begründet sei. Die Berufung der [X.] hat im Ergebnis keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstreben die [X.] weiterhin Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der [X.]eklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.]erufungsgericht. Es ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung zum Termin nicht vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. [X.], Versäumnisurteil vom 4. April 1962 - [X.], [X.]Z 37, 79, juris Rn. 10 ff.; Versäumnisurteil vom 21. April 2022 - [X.] Rn. 7, NJW-RR 2022, 1104).

8

Auf das Schuldverhältnis ist das [X.]ürgerliche Gesetzbuch in der Fassung anzuwenden, die für bis zum 31. Dezember 2017 geschlossene Verträge gilt, Art. 229 § 5 Satz 1, § 39 EG[X.].

I.

9

Das [X.]erufungsgericht hat - abweichend vom [X.] - den Einspruch der [X.]eklagten gegen das Versäumnisurteil für zulässig erachtet. Jedoch sei die Klage in vollem Umfang begründet.

Die Klägerin habe sowohl den Abschluss des [X.] mit dem [X.]eklagten zu 1 am 13. Juli 2017 wie auch die als notwendig bezeichneten Nachträge substantiiert dargelegt. Das [X.] habe zutreffend ausgeführt, dass die zu stellende Sicherheit Vergütungsansprüche im Sinne von § 648a [X.] a.F. umfasse, worunter alle vertraglich vereinbarten Ansprüche sowie Ergänzungs- und Zusatzleistungen, insbesondere berechtigte Nachträge wie auch Nebenforderungen fielen.

Neben der vertraglich vereinbarten Vergütung schulde der [X.]esteller auch Sicherheit für Mehrleistungen, wenn diese für den werkvertraglichen Erfolg, beispielsweise zur Erlangung der Funktionstauglichkeit des Werks oder aufgrund technischer Regeln erforderlich seien, selbst wenn diese nicht im Leistungsverzeichnis enthalten seien. Die [X.] habe daher auch einen Anspruch auf Sicherung der als notwendig bezeichneten Nachträge. Dabei könne offenbleiben, inwiefern diese auf der [X.]austelle durch den [X.]eklagten zu 1 persönlich beauftragt worden seien. Im Rahmen des [X.] reiche es, wenn der Anspruchsteller seinen Werklohnanspruch schlüssig darlege. Eine [X.]eweisaufnahme sei nicht vorgesehen. Die [X.] habe die Leistungen im Einzelnen schlüssig aufgelistet und eine plausible [X.]egründung für die Erforderlichkeit dieser Zusatzleistungen erbracht. Der Vortrag werde dadurch gestützt, dass das streitgegenständliche Leistungsverzeichnis lückenhaft gewesen sei mit der Folge, dass im Nachgang Leistungen zum Zwecke der Fertigstellung erbracht worden seien. Diese Praxis sei gängig und dem Gericht aus ähnlich gelagerten [X.]auverfahren bekannt mit der Folge, dass eine mündliche [X.]eauftragung von Nachträgen gewissermaßen auf Zuruf durch die [X.]auleitung vor Ort nicht unüblich sei. Derartige Nachträge seien jedoch aufgrund der Schutzfunktion der begehrten Sicherheit von dem Sicherungsverlangen miterfasst. Aus diesem Grunde habe das Gericht die Nachtragsleistungen im Umfang ihrer schlüssigen Darstellung in der Klageschrift bei der Höhe der Sicherheitsleistung ebenfalls berücksichtigt.

In der Rechnung 18183 rechne die Klägerin außerdem Leistungen für Logistik und Transport ab. Hier habe die [X.] vorgetragen, dass der [X.]eklagte zu 1 die Stellung und den Transport des Materials schuldete, was bestritten geblieben sei, ebenso wie die Tatsache, dass er der Klägerin die Stoffe an der Stelle habe zur Verfügung stellen müssen, an der die Verarbeitung stattfinden sollte. Diese Leistungen seien unterblieben. Die Klägerin habe daher einen Anspruch auf Erstattung von Kosten betreffend Transport und Logistik dieser Materialien, welche in der Rechnung im Rahmen der vorliegend gebotenen summarischen Prüfung nachvollziehbar und plausibel abgerechnet worden seien. Die [X.] habe insbesondere klargestellt, dass es sich nicht um Nachtragsleistungen zum Hauptvertrag handele, sondern um solche Leistungen, die von dem [X.]eklagten zu 1 geschuldet und nicht etwa gemäß Anlage 1 zum [X.] von der Klägerin selber als logistische Transportleistungen zu erbringen gewesen wären.

Soweit die Rechnung Nr. 18182 betroffen sei, gehe aus ihr nebst [X.] und der Übersicht der Stundenlohnarbeiten hervor, welche Tätigkeiten mit den Regiearbeiten geleistet worden seien. Auch hier reiche es im Rahmen der Prüfung des § 648a [X.] a.F. aus, wenn der Werkunternehmer Sicherheit bis zur Höhe des voraussichtlichen Vergütungsanspruchs verlange, so dass es auf eine exakte [X.]eweisaufnahme hinsichtlich der tatsächlichen Ausführung der einzelnen [X.] nicht ankomme. Hierzu reiche die Vorlage von schlüssigen Regiearbeitsberichten aus.

Da eine Sicherheitsleistung grundsätzlich zügig und ohne [X.]eweisaufnahme zugesprochen werden sollte, wenn nicht der gesetzliche Anspruch entwertet werden solle, genüge eine vom Auftragnehmer schlüssig dargelegte Höhe. Ob der zu sichernde Vergütungsanspruch in der geltend gemachten Höhe tatsächlich bestehe, weil z. [X.]., wie hier, Nachträge streitig seien, werde nur durch eine [X.]eweiserhebung zu klären sein, die allerdings dem Hauptverfahren vorbehalten bleibe. Aufgrund der Ausgliederung hafte die [X.]eklagte zu 2 neben dem [X.]eklagten zu 1 als Gesamtschuldnerin.

[X.]

Das hält der rechtlichen Nachprüfung in mehrfacher Hinsicht nicht stand.

Das [X.]erufungsgericht hat die Voraussetzungen des Anspruchs auf Sicherheitsleistung nach § 648a [X.] a.F., der hier allein in [X.]etracht kommenden Anspruchsgrundlage, rechtsfehlerhaft bejaht.

1. Voraussetzung für diesen Anspruch ist zunächst, dass die Klägerin "Unternehmerin eines [X.]auwerks, einer Außenlage oder eines Teils davon" ist. Das ist der Fall, wenn sie sich in einem Werkvertrag gemäß § 631 [X.] gegenüber dem [X.]eklagten zu 1 zur Herstellung etwa eines Teils eines [X.]auwerks verpflichtet hatte. Sollten die Ausführungen des [X.]erufungsgerichts, wonach die Klägerin den Abschluss des [X.] mit dem [X.]eklagten zu 1 am 13. Juli 2017 substantiiert dargelegt habe, dahin zu verstehen sein, dass zur Feststellung des Vorliegens dieses Tatbestandsmerkmals die substantiierte Darlegung des Abschlusses des [X.] ausreicht, wäre dies rechtsfehlerhaft, wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen unter [X.] 2. ergibt. Ein solcher Fehler hätte sich allerdings nicht entscheidungserheblich ausgewirkt, da nach dem maßgeblichen und das Revisionsgericht bindenden Tatbestand des angefochtenen Urteils der Abschluss des [X.], der die Verpflichtung der Klägerin zur Herstellung eines Teils eines [X.]auwerks enthielt, unstreitig ist.

2. Mit der vom [X.]erufungsgericht gegebenen weiteren [X.]egründung kann kein Anspruch auf Sicherheit für die in der Rechnung Nr. 18184 verlangte Vergütung in Höhe von 61.767 € für Nachtragsleistungen bejaht werden.

Nach § 648a Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. kann Sicherheit für die auch in [X.] vereinbarte und noch nicht gezahlte Vergütung verlangt werden. [X.]ei den dieser Rechnung zugrundeliegenden Leistungen handelt es sich nach dem Vortrag der Klägerin um Leistungen, die in dem [X.] nicht aufgeführt sind und für die kein ([X.] ausgewiesen ist. Die Klägerin hat hierzu vielmehr behauptet, sie habe die technisch notwendigen Leistungen auf Verlangen des [X.]eklagten zu 1 ausgeführt. Sie hat nicht behauptet, dass für diese Leistungen zwischen den Vertragsparteien eine Vergütung gesondert vereinbart worden sei. Gleichwohl kommt in [X.]etracht, dass der Klägerin auch für diese Leistungen ein Anspruch auf Zahlung einer Vergütung zusteht, die eine "auch in [X.] vereinbarte Vergütung" im Sinne von § 648a Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. darstellt und für die deshalb ein Anspruch auf Sicherheit bestehen kann.

a) Einem Auftragnehmer können - bei Vereinbarung der VO[X.]/[X.] - nach § 2 Abs. 5 oder 6 VO[X.]/[X.] in Verbindung mit § 1 Abs. 3 oder Abs. 4 Satz 1 VO[X.]/[X.] zusätzliche Vergütungsansprüche auch dann zustehen, wenn die in diesen [X.]estimmungen vorgesehene Vereinbarung über den neuen Preis beziehungsweise über die besondere Vergütung nicht zustande kommt. Der Auftragnehmer kann dann unmittelbar den Vergütungsanspruch einklagen; er ist unter [X.]erücksichtigung der Vorgaben der VO[X.]/[X.] zu ermitteln. Der Anspruch entsteht mit der Ausübung des einseitigen Leistungsbestimmungsrechts nach § 1 Abs. 3 oder Abs. 4 Satz 1 VO[X.]/[X.] durch den Auftraggeber (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom18. Dezember 2008 - [X.] Rn. 8, [X.]Z 179, 213; [X.]eschluss vom 24. Mai 2012 - [X.] Rn. 6, [X.], 1395 = NZ[X.]au 2012, 493; jeweils m.w.N.).

b) Derartige Ansprüche sind solche auf Zahlung einer "auch in [X.] vereinbarten Vergütung" im Sinne von § 648a Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. ([X.] [X.]recht/[X.], Stand: 31. Juli 2022, § 650f [X.] Rn. 23; [X.]/[X.], [X.], Stand: 1. Juli 2022, § 650f Rn. 53; [X.], [X.], 326, 337; [X.]/[X.]/[X.], 3. Aufl., Vorbemerkung § 2 Rn. 336; [X.], [X.], 315, 318; [X.]/[X.], [X.] 2015, 565, 567; Koeble in [X.]/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des [X.]aurechts, 5. Aufl., 9. Teil Rn. 128; [X.]/von [X.], [X.], 1027;[X.]/[X.], Privates [X.]aurecht, 4. Aufl., [X.] § 650f Rn. 64 f.; Pause in Festschrift für [X.], 2021, [X.], 474; [X.], [X.], 1184, 1186, 1190; Rodemann/[X.], [X.], 845, 846 ff.; a.[X.]/[X.]/[X.]/von [X.]Joussen, VO[X.] Teile A und [X.], 21. Aufl., Anhang 1 Rn. 166; [X.]/[X.]/[X.], [X.]-[X.]recht, § 650f [X.] Rn. 34). Dem steht weder entgegen, dass die zugrundeliegenden Leistungen auf Anordnung des Auftraggebers erbracht worden sind, noch, dass keine Einigung auf eine bestimmte Höhe der Vergütung existiert.

aa) Solche Vergütungsansprüche sind von dem Wortlaut von § 648a Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. umfasst (a. [X.]/[X.]/[X.]/von [X.]Joussen, VO[X.] Teile A und [X.], 21. Aufl., Anhang 1 Rn. 166).

Zwar handelt es sich bei den diesen Vergütungsansprüchen zugrundeliegenden Leistungen um solche, die im [X.] zunächst nicht aufgeführt waren. Sie beruhen jedoch ebenfalls auf der Einigung der Vertragsparteien, weil diese sich im Vertrag durch Vereinbarung der VO[X.]/[X.] auf ein - von bestimmten Voraussetzungen abhängiges - einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers und damit auf die Verpflichtung zur Ausführung der Leistungen für den Fall der Ausübung des Rechts geeinigt haben. Nichts anderes gilt im Übrigen, wenn ergänzend geltendes dispositives Recht - wie seit dem 1. Januar 2018 § 650b Abs. 2 [X.] - ein Recht zur Anordnung von Leistungsänderungen gewährt.

Die Vergütung für diese Leistungen ist ebenfalls bereits im Vertrag - für den Fall ihrer Anordnung - vereinbart. Hierfür reicht es aus, dass sie bestimmbar ist. Das ist, ebenso wie etwa in den Fällen des § 632 Abs. 2 [X.] oder bei Vereinbarung von Einheitspreisen, Stundenlöhnen oder Selbstkostenerstattung (vgl. § 2 Abs. 2 VO[X.]/[X.]) für die im Vertrag aufgeführten Leistungen, der Fall.

bb) Nach dem Sinn und Zweck von § 648a Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. gibt es keine Veranlassung, zwischen der für die im Vertrag aufgeführten Leistungen vereinbarten Vergütung und der nur unter der [X.]edingung der Anordnung anderer oder weiterer Leistungen entstehenden Vergütung zu unterscheiden. Das [X.] des Auftragnehmers besteht in allen Fällen in gleicher Weise. Im Hinblick darauf wäre es ein Wertungswiderspruch, wenn zwar einerseits dem Auftragnehmer bei einer Vereinbarung über den Preis beziehungsweise über die besondere Vergütung von geänderten oder zusätzlichen Leistungen ein Anspruch auf Sicherheit zusteht, dieser Anspruch aber nicht bestünde, wenn die nach § 2 Abs. 5 oder 6 VO[X.]/[X.] in erster Linie vorgesehene Vereinbarung nicht zustande kommt.

cc) Schließlich ergeben auch die Materialien zur Neufassung des § 648a [X.] zum 1. Januar 2009 keine Anhaltspunkte dafür, dass mit der Formulierung "vereinbarte Vergütung" eine [X.]egrenzung der Vergütungsansprüche beabsichtigt gewesen wäre. In der [X.]egründung des Gesetzentwurfs heißt es ausdrücklich, dass § 648a Abs. 1 [X.]-E funktionell dem bisherigen Abs. 1 entspreche ([X.]T-Drucks. 16/511 S. 17). Dieser lautete, Sicherheit könne bis zur Höhe des voraussichtlichen Vergütungsanspruchs, wie er sich aus dem Vertrag oder einem nachträglichen Zusatzauftrag ergibt, verlangt werden. Hierunter lässt sich ohne Weiteres auch ein zusätzlicher Werklohn aufgrund eines wirksamen Leistungsverlangens des Auftraggebers nach § 1 Abs. 3 oder Abs. 4 Satz 1 VO[X.]/[X.] verstehen (vgl. [X.], Urteil vom 15. Dezember 2009 - [X.] Rn. 30 m.w.N., [X.]Z 183, 341).

c) In Literatur und Rechtsprechung ist umstritten, welche Feststellungen zum [X.]estehen derartiger Vergütungsansprüche notwendig sind, damit der Anspruch auf Sicherheit begründet ist. Teilweise wird vertreten, ein [X.]estreiten eines Vergütungsanspruchs (für "Nachträge") dem Grunde nach schließe einen Anspruch auf Sicherheit hierfür von vornherein aus, da in dem Verfahren auf Stellung einer Sicherheit hierüber keine [X.]eweisaufnahme stattzufinden habe [X.], [X.], 1, 4 f.; wohl auch Koeble in [X.]/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des [X.]aurechts, 5. Aufl., 9. Teil Rn. 128 mit [X.]. 226; [X.]/[X.], Privates [X.]aurecht, 4. Aufl., § 650f [X.] Rn. 66). Andere halten es umgekehrt - wie auch das [X.]erufungsgericht - für ausreichend, dass der Auftragnehmer die Voraussetzungen solcher Ansprüche dem Grunde (und auch der Höhe) nach schlüssig vorträgt ([X.], [X.], 315, 319; [X.]/[X.], [X.] 2015, 565, 567 f.; [X.]/von [X.], [X.], 1027, 1029 f.; [X.], Urteil vom 3. Juni 2016 - 12 U 99/15, juris Rn. 72 ff., 82 ff.).

Nach richtiger Auffassung muss das Gericht feststellen, ob der Rechtsgrund für einen zusätzlichen Vergütungsanspruch nach § 2 Abs. 5 oder 6 VO[X.]/[X.] gegeben ist, ob also insbesondere wirksame Anordnungen des Auftraggebers im Sinne von § 1 Abs. 3 oder Abs. 4 Satz 1 VO[X.]/[X.] vorliegen (vgl. [X.] [X.]recht/[X.], Stand: 31. Juli 2022, § 650f [X.] Rn. 23b, 47c; [X.]/[X.], [X.], Stand: 1. Juli 2022, § 650f Rn. 194; [X.]/ [X.]/[X.], [X.]-[X.]recht, § 650f [X.] Rn. 99; Pause in Festschrift für [X.], 2021, [X.], 475; [X.], NZ[X.]au 2014, 484, 485; [X.]/Jurgeleit/[X.], [X.]recht, 4. Aufl., § 650f [X.] Rn. 76; [X.], Urteil vom 26. Juni 2017 - 10 U 122/16, [X.], 109 = NZ[X.]au 2018, 101, juris Rn. 52 ff.; [X.], Urteil vom 12. Juni 2018 - 8 U 102/16, [X.], 674 = NZ[X.]au 2019, 56, juris Rn. 20; wohl auch OLG [X.]amberg, Urteil vom 30. Oktober 2019 - 3 U 22/19, juris Rn. 31; vgl. auch [X.], Urteil vom 16. Januar 2017 - 17 [X.], [X.], 1376, juris Rn. 65 ff.; [X.], Urteil vom 18. Dezember 2019 - 16 U 114/19, juris Rn. 35). Genauso wie der Unternehmer bei seinem Sicherungsverlangen darlegen und - im Falle wirksamen [X.]estreitens - beweisen muss, dass er "Unternehmer eines [X.]auwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon" im Sinne von § 648a Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. ist, um eine Sicherheit für die voraussichtliche Vergütung hieraus zu erlangen, muss er dies in [X.]ezug auf die Leistungsänderung oder -erweiterung durch Anordnung tun, die die notwendige Rechtsgrundlage für eine zusätzliche Vergütung ist.

Zwar hat der [X.] entschieden, dass dem Regelungskonzept des § 648a [X.] a.F. der Wille des Gesetzgebers zu entnehmen ist, das Verlangen nach Sicherheit nicht mit einem Streit über die tatsächlichen Voraussetzungen von Einwendungen gegen den Vergütungsanspruch zu belasten, wenn dieser die Durchsetzung des [X.] verzögern würde. In entsprechender Weise darf deshalb ein Streit über die tatsächlichen Voraussetzungen der [X.]erechnung des Vergütungsanspruchs nach einer Kündigung die Durchsetzung des Anspruchs auf Stellung einer Sicherheit nicht behindern. Sind die tatsächlichen Voraussetzungen der schlüssig dargelegten Vergütung streitig und führt dies zu einer Verzögerung bei der Durchsetzung des Sicherungsanspruchs, so ist dem Sicherungsverlangen des Unternehmers deshalb stattzugeben, wenn nicht der Streit bereits anderweitig rechtskräftig geklärt ist. Damit kann etwa, sofern dies den Rechtsstreit verzögert, der [X.]esteller nicht mit der [X.]ehauptung gehört werden, es lägen die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund vor, wenn die dieser [X.]ehauptung zugrundeliegenden Tatsachen bestritten sind und der Unternehmer deshalb die Auffassung vertritt, es läge eine freie Kündigung vor und eine Sicherung seines Anspruchs nach § 649 Satz 2 [X.] a.F. verfolgt. Auch kann der [X.]esteller nicht mit der bestrittenen [X.]ehauptung gehört werden, die tatsächlichen Voraussetzungen für die vereinbarte Vergütung, sei es für die erbrachten oder nicht erbrachten Leistungen, lägen nicht vor, etwa weil die berechneten Mengen nicht geleistet seien oder der Unternehmer einen anderweitigen Erwerb gehabt habe ([X.], Urteil vom 6. März 2014 - [X.] Rn. 29, [X.]Z 200, 274). Diese Erwägungen setzen aber einen Rechtsgrund für einen Vergütungsanspruch voraus, der lediglich in der geltend gemachten Höhe möglicherweise nicht besteht.

Steht danach fest, dass eine Vergütung für Nachträge geschuldet ist, folgt hieraus allerdings, dass hinsichtlich ihrer Höhe ein schlüssiger Vortrag des Auftragnehmers ausreicht, um hierfür einen Anspruch auf Sicherheit zu begründen (ebenso [X.] [X.]recht/[X.], Stand: 31. Juli 2022, § 650f [X.] Rn. 47c; [X.]/Jurgeleit/[X.], [X.]recht, 4. Aufl. § 650f [X.] Rn. 77; [X.], Urteil vom 26. Juni 2017 - 10 U 122/16, [X.], 109 = NZ[X.]au 2018, 101, juris Rn. 61 f.; [X.], Urteil vom 12. Juni 2018 - 8 U 102/16, [X.], 674 = NZ[X.]au 2019, 56, juris Rn. 20; OLG [X.]amberg, Urteil vom 30. Oktober 2019 - 3 U 22/19, juris Rn. 59; vgl. auch [X.], Urteil vom 16. Januar 2017 - 17 [X.], [X.], 1376, juris Rn. 68; [X.], Urteil vom 18. Dezember 2019 - 16 U 114/19, juris Rn. 34; a.A. Pause in Festschrift für [X.], 2021, [X.], 476 ff.).

d) Nach diesen Maßstäben ist die [X.]egründung des [X.]erufungsgerichts nicht ausreichend, mit der es für die aus der Rechnung Nr. 18184 verlangte Vergütung in Höhe von 61.767 € eine Sicherheit zugesprochen hat. Das [X.]erufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob ein Rechtsgrund für einen Vergütungsanspruch der Klägerin hinsichtlich der dort geltend gemachten Nachtragsleistungen besteht. Es hat darüber hinaus nicht einmal begründet, warum es den Vortrag der Klägerin hierzu für schlüssig erachtet hat. Ein Vortrag ist nicht allein deshalb schlüssig, weil er substantiiert ist oder plausibel erscheint. [X.] ist ein Vortrag, wenn er geeignet ist, die begehrte Rechtsfolge zu rechtfertigen. Das bedeutet hier, dass der Klägerin nach ihrem Vortrag ein Vergütungsanspruch für bestimmte Nachtragsleistungen in Höhe von 61.767 € zustehen müsste. Dazu muss es eine Anspruchsgrundlage geben, deren Voraussetzungen auf der Grundlage des Vortrags der Klägerin gegeben sind. Ob das der Fall ist, lassen die Ausführungen des [X.]erufungsgerichts nicht erkennen.

3. Mit der [X.]egründung des [X.]erufungsgerichts lässt sich ebenfalls kein Anspruch auf Sicherheit für den [X.]etrag aus der Rechnung Nr. 18182 bejahen. Ob für einen entsprechenden Vergütungsanspruch ein Rechtsgrund feststeht und der Anspruch der Höhe nach schlüssig vorgetragen ist, lässt sich nicht nachvollziehen. Die Revision rügt zu Recht, dass sich das [X.]erufungsgericht nicht mit den Einwänden der [X.]eklagten zu den vertraglichen Voraussetzungen der Vergütung von Stundenlohnarbeiten und dem hierzu - angeblich - nicht hinreichenden Vortrag der Klägerin befasst hat.

4. Die [X.]egründung des [X.]erufungsgerichts trägt schließlich auch nicht die Verurteilung zur Stellung einer Sicherheit für einen Anspruch gemäß der Rechnung Nr. 18183 (Leistungen betreffend die Logistik und Transport) in Höhe von 15.937,05 €. Auch hier ist schon nicht erkennbar, ob und warum das [X.]erufungsgericht den Vortrag der Klägerin für schlüssig in [X.]ezug auf welche Anspruchsgrundlage hält. Deshalb lässt sich erst recht nicht beurteilen, ob es sich um einen Vergütungsanspruch im Sinne von § 648a Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. oder einen Anspruch im Sinne von § 648a Abs. 1 Satz 2 [X.] a.F., der an die Stelle der Vergütung getreten ist, handelt. [X.]eides ist zur [X.] nicht erkennbar.

I[X.]

Das [X.]erufungsurteil ist danach aufzuheben. Der [X.] kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Die Sache ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.]erufungsgericht zurückzuverweisen.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem bei dem [X.]undesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils bei dem [X.]undesgerichtshof, [X.] 45a, 76133 [X.], durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.

[X.]     

      

Halfmeier     

      

Graßnack

      

Sacher     

      

[X.]renneisen     

      

Meta

VII ZR 154/21

20.10.2022

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Versäumnisurteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 9. Februar 2021, Az: 9 U 1546/20 Bau

§ 648a Abs 1 S 1 BGB vom 23.10.2008, § 1 Abs 3 VOB B, § 1 Abs 4 S 1 VOB B, § 2 Abs 5 VOB B, § 2 Abs 6 VOB B, § 286 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 20.10.2022, Az. VII ZR 154/21 (REWIS RS 2022, 7045)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 7045 MDR 2023, 160-161 REWIS RS 2022, 7045 NJW 2023, 522 REWIS RS 2022, 7045

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