Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.11.2021, Az. V ZR 25/21

5. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 1115

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Reihen- oder Doppelhaus: Mitbenutzungsrecht an einer Nachbarwand; Besonderheiten bei zweischaligem Wandaufbau


Leitsatz

1. Eine Nachbarwand kann von jedem der beiden Nachbarn in Richtung auf sein eigenes Grundstück benutzt werden; deshalb darf ein freiliegender Teil in Richtung auf das eigene Grundstück beispielsweise gestrichen, bepflanzt oder zur Verlegung von Leitungen genutzt werden, soweit die Mitbenutzung durch den anderen Nachbarn nicht beeinträchtigt wird.

2. Werden Reihen- oder Doppelhäuser durch einen zweischaligen Wandaufbau, also durch zwei separate Wände geschieden, handelt es sich nicht um eine Nachbarwand, sondern um zwei Grenzwände. Dies gilt auch, wenn die Grundstücksgrenze eine oder beide Wände schneidet und insoweit ein Überbau vorliegt. Für die sachenrechtliche Beurteilung ist zudem unerheblich, ob die Wände in einer solchen Stärke und Ausführung errichtet worden sind, dass sie jeweils für sich genommen den bauordnungsrechtlichen Vorschriften oder anerkannten Regeln der Technik für eine freistehende Gebäudeaußenwand genügen.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des [X.] - 2. Zivilkammer - vom 15. September 2020 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist Eigentümer eines mit einem Reihenhaus bebauten Grundstücks, der Beklagte Mieter des auf dem angrenzenden Grundstück leicht versetzt gelegenen Reihenhauses. Die Außenwand des klägerischen Hauses, die teilweise die Grundstücksgrenze überschreitet, ragt gartenseitig über das von dem Beklagten genutzte Haus hinaus. Auf der seiner Terrasse zugewandten Seite dieses freistehenden Teils der Außenwand bohrte der Beklagte ohne Zustimmung des Klägers Löcher in [X.], um darauf einen Kabelkanal für die Stromleitung zu seiner Markise zu verschrauben. Der Kläger forderte den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben erfolglos auf, den ursprünglichen Zustand der Wand wiederherzustellen.

2

Das Amtsgericht hat die auf die Entfernung der Stromleitung nebst Kabelkanal, die Verschließung sowie Überstreichung der Bohrlöcher und die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten gerichtete Klage abgewiesen. Das [X.] hat ihr stattgegeben. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt der Beklagte sein Ziel der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

I.

3

Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch des [X.] auf Vornahme der [X.] aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Es könne dahinstehen, ob eine gemeinsame Grenzeinrichtung vorliege. Insoweit sei das Bild, das sich aus dem eingeholten Sachverständigengutachten ergebe, zwiespältig. Die Außenmauern seien durch eine Fuge getrennt, die [X.] eindeutig dem jeweiligen Gebäude zuzuordnen. Die Mauern erfüllten jeweils für sich für die zugehörigen Gebäude die Erfordernisse des Brandschutzes und der Gebäudestatik, nicht aber hinsichtlich des [X.] sowie der Feuchtigkeits- und Wärmeisolierung. Nur der freiliegende Mauerabschnitt diene dem Wärme- und Feuchtigkeitsschutz allein für das Haus des [X.]. Insoweit sei der Sachverhalt als Überbau zu beurteilen. Die sich daraus ergebenden Eigentumsverhältnisse schlössen indes nicht aus, dass die Mauer insgesamt eine Grenzeinrichtung [X.]. § 921 [X.] darstelle. Zu der beanspruchten Mitbenutzung sei der Beklagte indes nicht befugt. Umfang und Inhalt des [X.] bestimmten sich gemäß § 922 Satz 1 [X.] nach der Beschaffenheit der Grenzeinrichtung. Aus dieser ergebe sich lediglich ein Recht auf Benutzung in der Form, dass der Beklagte den Fortbestand der Mauer verlangen könne. Zu einer Beeinträchtigung der Substanz der Mauer und einer Veränderung ihres Erscheinungsbildes sei der Beklagte nicht berechtigt. Beides sei durch die Anbringung des [X.] jedoch erfolgt. Da der Kläger den Maßnahmen nicht zugestimmt habe, könne er von dem Beklagten die Beseitigung verlangen.

II.

4

Die Revision des Beklagten bleibt ohne Erfolg. Allerdings lässt sich der Beseitigungsanspruch des [X.] nicht mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung bejahen.

5

1. Richtig ist zwar, dass ein Anspruch des [X.] nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht notwendig sein Alleineigentum an der betroffenen Wand bzw. dem auf das Nachbargrundstück überbauten Teil der Wand voraussetzt. Vielmehr stünde dem Kläger ein Beseitigungsanspruch auch dann zu, wenn es sich bei der Wand um eine gemeinsame Grenzeinrichtung [X.]. § 921 [X.] handelte und die Nutzung durch den Beklagten die dem Kläger als „Teilhaber“ nach § 922 Satz 1, Satz 3 [X.] zustehenden Rechte beeinträchtigte (vgl. Senat, Urteil vom 15. Oktober 1999 - [X.], [X.], 1, 5; Urteil vom 21. April 1989 - [X.], NJW 1989, 2541; Urteil vom 22. Januar 2021 - [X.], NJW-RR 2021, 401 Rn. 29, 41).

6

2. Rechtsfehlerhaft ist aber die Ansicht des Berufungsgerichts, der Beklagte wäre zur ausgeübten Nutzung auch dann nicht befugt, wenn es sich bei der Wand um eine gemeinschaftliche Grenzeinrichtung handelte.

7

a) Bei Vorliegen einer Grenzeinrichtung würde das hierdurch begründete Rechtsverhältnis der Nachbarn durch die §§ 921, 922 [X.] sowie etwaige landesrechtliche Vorschriften geregelt (vgl. Senat, Urteil vom 22. Januar 2021 - [X.], NJW-RR 2021, 401 Rn. 15 mwN). Nachbarn im Sinne von §§ 921, 922 [X.] sind zwar nur die Eigentümer der Grundstücke. Mangels gegenteiliger Feststellungen ist für die Revisionsinstanz aber zugunsten des Beklagten zu unterstellen, dass er bei der Verschraubung des [X.] auf der Wand mit Zustimmung der Eigentümerin des Grundstücks gehandelt hat und sich daher gegenüber dem Kläger auf deren Nutzungsrechte berufen dürfte.

8

b) Ein Abwehranspruch des [X.] nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 [X.] setzte eine Beeinträchtigung seiner durch § 922 [X.] näher bestimmten [X.] voraus (vgl. [X.], 8. Aufl., § 922 Rn. 4, 8). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts läge eine solche Beeinträchtigung nach den getroffenen tatsächlichen Feststellungen jedoch nicht vor.

9

aa) Eine Nachbarwand kann von jedem der beiden Nachbarn in Richtung auf sein eigenes Grundstück benutzt werden (vgl. Senat, Urteil vom 12. März 2021 - [X.], NJW-RR 2021, 1025 Rn. 13 mwN); deshalb darf ein freiliegender Teil in Richtung auf das eigene Grundstück beispielsweise gestrichen, bepflanzt oder zur Verlegung von Leitungen genutzt werden, soweit die Mitbenutzung des anderen Nachbarn nicht beeinträchtigt wird (vgl. Senat, Urteil vom 2. Februar 1965 - [X.], [X.], 127, 133 f. zur Nutzung als Werbefläche; [X.]/[X.], [X.] [2020], § 922 Rn. 3). An der Benutzung der Wand in Richtung auf sein eigenes Grundstück ist der Kläger indes in keiner Weise gehindert. Weder ist festgestellt, dass die Bohrlöcher die Abdichtung der Hauswand verletzten und so die Gefahr von Feuchtigkeitsschäden begründeten, noch bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Stabilität der Wand angegriffen wäre oder diese aus anderen Gründen ihre Funktion als [X.] für das Gebäude nicht mehr (vollständig) erfüllen könnte. Die Revisionserwiderung verweist auch nicht auf Vorbringen des [X.] zu einer nach § 922 [X.] maßgeblichen Beeinträchtigung, sondern wendet sich ausschließlich gegen eine Einordnung der Wand als Grenzeinrichtung [X.]. § 921 [X.].

bb) Wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend sieht, kann jeder Nachbar zwar auch verlangen, dass die Grenzanlage in ihrer äußeren Beschaffenheit erhalten bleibt. Denn auch das äußere Erscheinungsbild gehört zur Zweckbestimmung der Grenzeinrichtung und kann von der ihr immanenten Ausgleichsfunktion zwischen den Interessen der [X.] nicht getrennt werden. Bei einer (rein) optischen Veränderung der Grenzeinrichtung besteht ein Beseitigungs- bzw. Wiederherstellungsanspruch aber nur, wenn das bisherige Erscheinungsbild durch die beanstandeten Maßnahmen wesentlich beeinträchtigt wird. Das hat der Senat etwa für den Fall bejaht, dass unmittelbar hinter einem eher unauffälligen Maschendrahtzaun oder niedrigen Spriegelzaun ein deutlich höherer, markanter Holzzaun installiert wird (zum Ganzen Senat, Urteil vom 23. November 1984 - [X.], NJW 1985, 1458, 1460; Urteil vom 20. Oktober 2017 - [X.], [X.] 2018, 320 Rn. 15, 18 u. 22). Eine erhebliche Umgestaltung, die der Wand ihr bisheriges optisches Gepräge nehmen würde, geht mit der Anbringung eines [X.] auf der freiliegenden Wandseite nach den getroffenen Feststellungen nicht einher. Dass sich die Wahrnehmung der Wand von dem Grundstück des [X.] aus überhaupt verändert hätte, ist nicht ersichtlich. Auch insofern verweist die Revisionserwiderung nicht auf Vorbringen des [X.] zu nachteiligen Auswirkungen auf sein Grundstück.

3. Die angefochtene Entscheidung stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

a) Nach den getroffenen und von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts handelt es sich bei der Wand nicht um eine Grenzeinrichtung [X.]. § 921 [X.]. Anders als die Revision meint, sind die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Nachbarwand nicht erfüllt.

aa) Gebäude oder Gebäudeteile sind grundsätzlich keine Grenzeinrichtungen (vgl. [X.], 200, 205); eine Ausnahme bildet nur die sog. Nachbarwand (auch Kommun- oder halbscheidige Giebelwand genannt) nach dem Anbau. Eine Nachbarwand ist eine auf der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtete Mauer, die zum wechselseitigen Anbau bestimmt ist. Bestand bei der Errichtung eine beiderseitige Verabredung der Nachbarn oder wenigstens eine einseitige Erwartung des Erbauers, dass der Nachbar die Mauer für den Bau seines Hauses benutzen kann, wird die Mauer mit dem Anbauen von dem überbauten Grundstück aus eine gemeinschaftliche Grenzeinrichtung (vgl. Senat, Urteil vom 22. Januar 2021 - [X.], NJW-RR 2021, 401 Rn. 21; Urteil vom 12. März 2021 - [X.], NJW-RR 2021, 1025 Rn. 9 u. 13).

(1) Ein Anbau in diesem Sinne liegt jedoch nur vor, wenn die Wand dadurch (auch) zu einem wesentlichen Bestandteil des an ihr errichteten Nachbargebäudes wird. Die Zweckbestimmung der Wand muss sich auf einen solchen Anbau richten. Nur dann handelt es sich um eine Nachbarwand, die zur gemeinsamen Grenzeinrichtung wird und an der die Nachbarn Miteigentum erwerben, sobald ein Anbau auf beiden Seiten und im Einverständnis beider Nachbarn erfolgt (vgl. Senat, Urteil vom 30. April 1958 - [X.], [X.], 197, 200 ff.; Urteil vom 25. Oktober 1961 - [X.], [X.], 46, 48 ff.; Urteil vom 27. März 2015 - [X.], [X.], 364 Rn. 11; Urteil vom 12. März 2021 - [X.], NJW-RR 2021, 1025 Rn. 13, 19).

(2) Erforderlich ist eine feste, bautechnische Verbindung der beiden benachbarten Gebäude. Für ein Einfügen zur Herstellung des Nachbargebäudes als dessen wesentlicher Bestandteil [X.]. § 94 Abs. 2 [X.] bedarf es einer unmittelbaren, technischen Inanspruchnahme der Mauer für bauliche Zwecke des Nachbarhauses, etwa durch Auflegen oder Einlassen von Tragebalken in dieselbe, während ein bloßes Nebeneinander beider Baukörper nicht ausreicht. Die Einordnung als wesentlicher Bestandteil nach § 93 [X.] setzt voraus, dass das Nachbargebäude ohne die Mauer an so schwerwiegenden Mängeln litte, dass es seine Selbständigkeit ein für [X.] einbüßte. Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn das Nachbarhaus ohne die Mauer keine Standsicherheit besäße (zum Ganzen Senat, Urteil vom 25. Oktober 1961 - [X.], [X.], 46, 48 ff.).

(3) Zu unterscheiden ist die Nachbarwand sowohl von der [X.] als auch von einem nicht zum Anbau bestimmten Überbau. Als [X.] wird eine Mauer bezeichnet, die bis an die Grundstücksgrenze gebaut ist, diese aber nicht überschreitet (vgl. Senat, Urteil vom 18. Mai 2001 - [X.], [X.], 1903, 1904; Urteil vom 12. März 2021 - [X.], NJW-RR 2021, 1025 Rn. 7 mwN sowie die landesrechtlichen [X.] in § 16 [X.], § 8 Abs. 1 HessNRG, § 16 Abs. 1 Satz 1 NdsNRG, § 19 NachbG NRW, § 13 Abs. 1 [X.], § 11 [X.], § 15 [X.], § 11 Abs. 1 NachbG SchlH, § 13 Abs. 1 ThürNRG).

Allerdings wird eine [X.] nicht schon dadurch zur Nachbarwand, dass sie die Grundstücksgrenze ganz oder teilweise schneidet; es kann sich dabei vielmehr um einen Überbau handeln („verrutschte [X.]“; vgl. zu diesem Begriff [X.] in [X.]/[X.]/Saller, Praxishandbuch Nachbarrecht, 3. Aufl., Kapitel 2 Rn. 107). Ebenso wenig führt ein Anbau an eine [X.] für sich genommen dazu, dass eine Nachbarwand entsteht (vgl. Senat, Urteil vom 17. Januar 2014 - [X.], NJW-RR 2014, 973 Rn. 30 ff. zu dem Anbau an einen Überbau sowie Senat, Urteil vom 18. Mai 2001 - [X.], [X.], 1903, 1904 f. zu dem Anbau an eine [X.]). Eine Nachbarwand liegt nur vor, wenn die von der Grenze geschnittene Wand dazu geeignet und bestimmt ist, beiden Nachbargebäuden als wesentlicher Bestandteil zu dienen. Nur dann besteht für den sich aus § 922 Satz 3 [X.] ergebenden Bestandschutz und das daraus folgende Verbot für den Gebäudeeigentümer, die zum Anbau verwendete Wand seines Hauses ohne Zustimmung ersatzlos abzureißen, ein schutzwürdiges Bedürfnis. Werden Reihen- oder Doppelhäuser durch einen zweischaligen Wandaufbau, also durch zwei separate Wände, geschieden, handelt es sich daher nicht um eine Nachbarwand, sondern um zwei Grenzwände, weil die Wände die Standsicherheit der Gebäude jeweils eigenständig gewährleisten. Dies gilt auch, wenn die Grundstücksgrenze eine oder beide Wände schneidet und insoweit ein Überbau vorliegt. Für die sachenrechtliche Beurteilung ist zudem unerheblich, ob die Wände in einer solchen Stärke und Ausführung errichtet worden sind, dass sie jeweils für sich genommen den bauordnungsrechtlichen Vorschriften oder anerkannten Regeln der Technik für eine freistehende Gebäudeaußenwand genügen.

bb) Nach diesen Maßstäben ist die Wand des klägerischen Gebäudes keine Nachbarwand.

(1) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts sind die Außenmauern der beiden Gebäude durch eine Fuge getrennt und die [X.] eindeutig jeweils einem Gebäude zuzuordnen. Die Mauern erfüllen jeweils für sich die Erfordernisse der Statik für das zugehörige Gebäude. Eine bautechnische Inanspruchnahme der klägerischen Hauswand für den Bau des von dem Beklagten gemieteten Reihenhauses, die die Eigenschaft eines wesentlichen Bestandteils begründen könnte, liegt danach nicht vor.

(2) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Wand des klägerischen Hauses sei deshalb als wesentlicher Bestandteil beider Gebäude anzusehen, weil die beiden Wände in dem Bereich, in dem sie aneinandergrenzen, nicht jeweils für sich allein den bauphysikalischen Ansprüchen an den Wärme-, Schall- und Feuchtigkeitsschutz genügten. Letzteres trifft nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zwar zu, führt aber nicht zu einer bautechnischen Unselbständigkeit der benachbarten Gebäude. Schutz vor Witterungseinflüssen und den Vorteil, dass die eigene Außenwand keines vollständigen Witterungsschutzes bedarf, bietet regelmäßig auch eine unmittelbar nebenan stehende [X.] (vgl. Senat, Urteil vom 18. Februar 2011 - [X.], NJW-RR 2011, 515 Rn. 6 mwN).

b) Die Annahme des Berufungsgerichts, dass es sich bei dem überbauten Teil der Wand, wenn diese keine Nachbarwand ist, nur um einen rechtmäßigen oder zumindest nach § 912 [X.] entschuldigten Überbau handeln kann, der dann im Alleineigentum des [X.] steht (vgl. dazu Senat, Urteil vom 27. März 2015 - [X.], [X.], 364 Rn. 32; Urteil vom 17. Januar 2014 - [X.], NJW-RR 2014, 973 Rn. 23), wird von der Revision nicht in Frage gestellt. Der Beklagte trägt vielmehr selbst vor, die gesamte Reihenhausanlage sei einheitlich durch einen Bauträger, die Wand daher mit Zustimmung der Nachbarn errichtet worden. Auf einen unrechtmäßigen oder unentschuldigten Überbau beruft er sich nicht. Hätte sich nicht, wie der Kläger behauptet, ohnehin erst nach der Errichtung der Häuser herausgestellt, dass seine Hauswand teilweise auf dem Nachbargrundstück steht, begründete eine schuldrechtliche Zustimmung des Rechtsvorgängers der Nachbarin zumindest im Ergebnis deren Duldungspflicht [X.]. § 912 [X.] (vgl. Senat, Urteil vom 16. Januar 2004 - [X.], [X.], 301, 304, 307 f. mwN).

c) Zu einer Einwirkung auf die danach im Alleineigentum des [X.] stehende Wand ist der Beklagte nicht berechtigt, so dass er nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 [X.] zur Beseitigung des [X.] und der Bohrlöcher verpflichtet ist. Anders als die Revision meint, lässt sich eine Duldungspflicht des [X.] (§ 1004 Abs. 2 [X.]) auch nicht aus dem nachbarlichen [X.] herleiten. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats haben die Rechte und Pflichten von [X.] insbesondere durch die Vorschriften der §§ 905 ff. [X.] und die Bestimmungen der Nachbarrechtsgesetze der Länder eine ins Einzelne gehende Sonderregelung erfahren. Daneben kommt eine allgemeine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme aus dem Gesichtspunkt des nachbarlichen [X.]ses nach ständiger Rechtsprechung des Senats nur dann zum Tragen, wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheint (Senat, Urteil vom 20. September 2019 - [X.], [X.], 155 Rn. 21; Urteil vom 7. Mai 2021 - [X.], [X.] 2021, 433 Rn. 37; Urteil vom 11. Juni 2021 - [X.], NJW 2021, 2882 Rn. 27 jeweils mwN). Dies ist nicht der Fall. Der Beklagte ist weder aufgrund besonderer Umstände auf die Mitnutzung der Wand zwingend angewiesen noch stellt sich die Verweigerung der Zustimmung seitens des [X.] als schikanöses Verhalten dar.

d) Demzufolge hat der Beklagte dem Kläger auch die vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten zu ersetzen (§ 823 Abs. 1 [X.]).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.]     

      

Brückner     

      

Göbel 

      

Malik     

      

Laube     

      

Meta

V ZR 25/21

12.11.2021

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG München II, 15. September 2020, Az: 2 S 941/20

§ 921 BGB, § 922 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.11.2021, Az. V ZR 25/21 (REWIS RS 2021, 1115)

Papier­fundstellen: MDR 2022, 305-307 REWIS RS 2021, 1115

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZR 292/12 (Bundesgerichtshof)

Nachbarschutz in Nordrhein-Westfalen: Anspruch auf Beseitigung einer Einfriedigung in Form einer Leitplankenkonstruktion; Anspruch auf Unterlassung …


V ZR 31/20 (Bundesgerichtshof)

Nachbarrecht in Baden-Württemberg: Geltung von Bundesrecht für Rechtsverhältnisse an einer Nachbar- bzw. halbscheidigen Giebelwand; Reichweite …


V ZR 292/12 (Bundesgerichtshof)


V ZR 144/18 (Bundesgerichtshof)

Nachbarrecht in Hessen: Pflicht des Grundstückseigentümers zur Duldung von Veränderungen an seinem Gebäude infolge des …


5 U 68/14 (Oberlandesgericht Hamm)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.