Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.04.2018, Az. 1 StR 119/18

1. Strafsenat | REWIS RS 2018, 11244

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Gegenstand

(Strafzumessung bei zulässigem Verteidigungsverhalten)


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 6. September 2017 im Strafausspruch aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit (vorsätzlicher) Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und zwei Monaten verurteilt. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Der Revisionsangriff gegen den Schuldspruch und die [X.] der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) hat aus den in der Antragsschrift des [X.] ausgeführten Gründen keinen Erfolg.

3

2. Der Strafausspruch hat hingegen keinen Bestand, weil die [X.] das Verteidigungsverhalten des Angeklagten im Rahmen der Strafzumessung zu Unrecht als - wenn auch nicht erheblich ins Gewicht fallenden - Strafschärfungsgrund angesehen hat.

4

a) Nach den Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte gegenüber dem ihn explorierenden psychiatrischen Sachverständigen den Tatvorwurf bestritten und dabei angegeben, „dass die Geschädigte lüge, weil sie Geld von ihm wolle“ ([X.]). Das [X.] sieht darin - ohne nähere Ausführungen - eine über das Leugnen eigener Schuld hinausgehende Ehrverletzung der Geschädigten als Tatopfer, obgleich der Angeklagte sich für seine Äußerung in der Hauptverhandlung entschuldigt und hierdurch die Geschädigte von dem „latenten Vorwurf der Falschaussage befreit“ hat (UA S. 42).

5

b) Entgegen der Wertung der [X.] belegen die Feststellungen nicht hinreichend eine über das Leugnen der eigenen Schuld hinausgehende Ehrverletzung des [X.]. Soweit vom [X.] auf den „latenten Vorwurf der Falschaussage“ abgestellt wird, weil der Angeklagte die Nebenklägerin der Lüge bezichtigt hat, handelt es sich um zulässiges Verteidigungsverhalten des die Tat zunächst bestreitenden Angeklagten, das nicht strafschärfend bei der Strafzumessung berücksichtigt werden darf. Auch die vom Angeklagten gegenüber dem Sachverständigen für die behauptete Falschbelastung durch die Geschädigte abgegebene Erklärung belegt ohne nähere Feststellungen zum Kontext des [X.] noch keine Ehrverletzung.

6

3. Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Da es sich lediglich um einen Wertungsfehler handelt, können die Feststellungen bestehen bleiben. Weitergehende Feststellungen sind möglich, soweit sie nicht zu den bisherigen in Widerspruch stehen.

7

Der Senat weist zudem darauf hin, dass die von der [X.] als Strafmilderungsgrund gewertete angebliche „gewisse Leichtsinnigkeit und Naivität“ im Verhalten der Geschädigten gleichfalls von den Feststellungen nicht getragen wird.

Raum     

        

Jäger     

        

Bellay

        

Fischer     

        

Hohoff     

        

Meta

1 StR 119/18

05.04.2018

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG München II, 6. September 2017, Az: 3 KLs 52 Js 28715/16

§ 46 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.04.2018, Az. 1 StR 119/18 (REWIS RS 2018, 11244)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 11244

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 119/18

202 StRR 76/21

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