Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.02.2013, Az. 28 W (pat) 574/11

28. Senat | REWIS RS 2013, 8056

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – „WOODMIX“ – Freihaltungsbedürfnis - keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die [X.] 1 003 033

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 20. Februar 2013 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.] und [X.] am [X.]

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die unter der Nr. IR 1 003 033 international registrierte Wortmarke

2

[X.]

3

sucht für die Waren der

4

Klasse 31: Produits pour litières

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um Schutz für die [X.] nach. Die Basisregistrierung erfolgte am 2. Dezember 1999 in der Schweiz.

6

Die Markenstelle für Klasse 31 - Internationale Registrierung - des [X.] ([X.]) hat die Schutzerstreckung mit Beschluss vom 11. Juli 2011 verweigert. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der [X.] „[X.]“ fehle für die beanspruchten Waren „Produits pour litières = Produkte für Streu“ jegliche Unterscheidungskraft und stelle eine freizuhaltende Angabe dar. Die [X.] habe im Hinblick auf die beanspruchten Waren die im Vordergrund stehende Bedeutung „Holzmischung/[X.]“. Für „Streu“ würden traditionell Holzspäne sowohl aus Harthölzern als auch aus [X.] verwendet. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren beschreibe die [X.] damit genau und aus sich heraus unmittelbar verständlich die Art der Waren sowie deren Verwendungszweck.

7

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der [X.]ninhaberin. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Markenstelle stütze ihre Entscheidung lediglich auf eine Variante der möglichen Übersetzungen der lexikalisch nicht erfassten Begriffskombination „[X.]“. „[X.]“ könne auch mit „Wald“ übersetzt werden. Eine „[X.]“ gebe es als Begriff in der [X.] nicht. Der von den Waren angesprochene und der [X.] mächtige [X.] Durchschnittsverbraucher nehme den Ausdruck als ungewöhnlich wahr. Das Zeichen weise damit einen schutzbegründenden Überschuss auf und sei damit unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig. Auch im Hinblick auf zahlreiche eingetragene Wortmarken mit dem [X.] „Mix“ könne nicht von einem Schutzhindernis ausgegangen werden.

8

Die [X.]ninhaberin und Beschwerdeführerin beantragt,

9

den Beschluss des [X.], Markenstelle für Klasse 31, vom 11. Juli 2011 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Der Schutzerstreckung der international registrierten Marke „[X.]" auf das Gebiet der [X.] stehen die absoluten Schutzhindernisse der Freihaltebedürftigkeit gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sowie der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen, so dass die Markenstelle zu Recht und mit zutreffender Begründung nach den §§ 119, 124, 113 [X.] i. V. m. Art. 5 PMMA, Art. 6

1. Bei der international registrierten Marke handelt es sich um eine freihaltebedürftige beschreibende Angabe.

Dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] unterfallen solche Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. [X.] GRUR 2004, 680, 681, Rdnr. 35, 36 - [X.]; [X.], 723, 725, Rdnr. 25 - [X.]). Als beschreibend im Sinne dieser Vorschrift können dabei auch sprachliche Neuschöpfungen angesehen werden, die aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzt sind, wenn für die Neuschöpfung selbst in ihrer Gesamtheit ein beschreibender Charakter feststellbar ist ([X.] a. a. [X.], Rdnr. 37 - [X.]). Ferner erfordert das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht, dass die fraglichen Zeichen oder Angaben bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen der angemeldeten Art verwendet werden, vielmehr genügt, dass sie zu diesen Zwecken verwendet werden können ([X.] GRUR 2004, 146, 147, Rdnr. 32 - [X.]; a. a. [X.], Rdnr. 38 - [X.]). Dies ist bei einem Wortzeichen dann der Fall, wenn es - in üblicher Sprachform und für die beteiligten Verkehrskreise verständlich - ein Merkmal der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet ([X.] a. a. [X.], Rdnr. 32 - [X.]; a. a. [X.], Rdnr. 38, 39 - [X.]).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Die [X.] „[X.]“ setzt sich aus den Elementen „[X.]“ und „Mix“ zusammen. „[X.]“ gehört mit der Bedeutung „Wald“ bzw. „Holz“ zu dem auch dem normal informierten Durchschnittsverbraucher geläufigen Grundwortschatz der [X.] ([X.], 1986). „Mix“ ist in der [X.] der Ausdruck für ein „Gemisch“ ([X.] - [X.], 6. Auflage, [X.], 2006, CD-ROM).

Die Markenstelle hat vor diesem Hintergrund zutreffend ausgeführt, dass der [X.] der beschreibende Hinweis zu entnehmen ist, dass die so gekennzeichneten Waren eine „Holzmischung“ oder eine „Mischung verschiedener Hölzer“ enthalten.

Für die beanspruchten Waren der Klasse 31 „produits pour litières“ („Streu für Tiere“) stellt sich dieser Hinweis als Angabe dar, die im Verkehr zur Bezeichnung der Beschaffenheit dienen kann. [X.], Einstreu oder Streue sind Materialien, die in der Tierhaltung genutzt werden, um in Stallungen und Käfigen den Boden abzudecken und die Ausscheidungen der dort lebenden Tiere aufzunehmen. Verwendet werden organische und mineralische Materialien, meist kostengünstige landwirtschaftliche oder industrielle Nebenprodukte oder preiswerte Rohstoffe. Holzspäne aus Harthölzern wie Buchen oder [X.] und aus [X.] wie Kiefern und Zedern gehören neben (Getreide-) Stroh und Sand zu den traditionellen und weit verbreiteten Materialien (vgl. [X.], [X.], zum Eintrag „[X.]“, Anlage 1 zum Schreiben des Senats vom 22. Januar 2013). Zahlreiche Anbieter in [X.] haben Streu auf Holzbasis im Angebot, z. B. die Firma [X.], die Hobelspäne aus reinem Weichholz ohne Baumrinde als Einstreu für Pferde vertreibt (vgl. www.einstreuprofis.de, Anlage 2 zum o. g. Schreiben des Senats).

Die angesprochenen Verkehrskreise, die privat oder professionell Tiere halten und Einstreu verwenden, werden die [X.] „[X.]“ deshalb zwanglos mit „Holzmischung“ übersetzen und dahingehend verstehen, dass die so gekennzeichnete Ware „produits pour litières“ aus einer Mischung verschiedener Hölzer besteht.

Die international registrierte Marke erschöpft sich damit in einer unmittelbar beschreibenden Sachangabe über die Beschaffenheit der beanspruchten Waren.

2. Der [X.] fehlt auch jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], denn das angesprochene Publikum wird darin wegen seines oben dargestellten beschreibenden Aussagegehalts in Bezug auf die beanspruchten Waren keinen Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen sehen.

3. Die Beschwerdeführerin kann sich zur Ausräumung des [X.] auch nicht auf eine ihrer Meinung nach abweichende Eintragungspraxis berufen. Zum einen sind die von ihr genannten Marken bereits teilweise gelöscht ([X.], [X.]) bzw. nicht vergleichbar. Die Eintragungszeitpunkte sämtlicher von ihr genannter Wortmarken mit dem [X.] „Mix“ liegen über zehn Jahre zurück. Die für die Beschwerdeführerin am 4. April 2000 international registrierte Wortmarke [X.] „[X.]mix“ ist mit der verfahrensgegenständlichen [X.] auch deshalb nicht vergleichbar, weil diese Schutz für die Ware der Klasse 31 „Animal Feed“, also für Futtermittel für Tiere, beansprucht und Holz - soweit ersichtlich - bislang nicht als Tierfutter verwendet wird. Zum anderen sind zwar etwaige Entscheidungen über ähnliche Sachverhalte, soweit sie bekannt sind, im Rahmen der Prüfung zu berücksichtigen, ob im gleichen Sinn zu entscheiden ist oder nicht; sie sind aber keinesfalls bindend (vgl. [X.] GRUR 2009, 667, Rdnr. 17 und 19 - Bild digital und [X.]). Voreintragungen identischer oder vergleichbarer Marken haben hinsichtlich der Schutzfähigkeit weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung, weil zum einen aus nicht begründeten Eintragungen anderer Marken keine weitergehenden Informationen im Hinblick auf die Beurteilung der konkreten Anmeldung entnommen werden können und zum anderen auch unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht von einer den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Entscheidung abgesehen werden darf (vgl. [X.] a. a. [X.], Rdnr. 18 - Bild digital und [X.]; [X.], 276-277 - Institut der Nord[X.]n Wirtschaft e.V.; GRUR 2011, 230, Rdnr. 12 - [X.]; [X.], 349, Rdnr. 12 - [X.] Rätsel Woche). Denn für die Entscheidung, ob der Markenanmeldung ein Eintragungshindernis entgegensteht, kommt es allein darauf an, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen eines der gesetzlich geregelten Schutzhindernisse gegeben sind. Der Umstand, dass identische oder ähnliche Zeichen als Marken eingetragen worden sind, ist demgegenüber nicht maßgebend ([X.] a. a. [X.], Rdnr. 15, 18 f. - Bild digital und [X.]; BGH a. a. [X.] - [X.]).

Meta

28 W (pat) 574/11

20.02.2013

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.02.2013, Az. 28 W (pat) 574/11 (REWIS RS 2013, 8056)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8056

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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