Bundesfinanzhof, Beschluss vom 04.03.2011, Az. V B 51/10

5. Senat | REWIS RS 2011, 8845

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Gegenstand

Abgrenzung zwischen Hauptleistung und Nebenleistung bei der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen


Leitsatz

NV: Bei der langfristigen Vermietung eines Theatergebäudes kommt es für die Abgrenzung, ob die nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfreie Vermietung des Gebäudes oder die mitvermieteten Betriebsvorrichtungen die Hauptleistung oder Nebenleistung darstellt, nicht auf die subjektive Einschätzung der Vertragsparteien, sondern auf die objektive Sicht eines Durchschnittsverbrauchers an.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) begehrt den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb eines Theatergebäudes. Nach dessen Umbau vermietete sie das Gebäude einschließlich Bühne, Zuschauerraum, Foyer sowie sämtlichen Nebenräumen unter Ausweis der Umsatzsteuer an die [X.] auf die Dauer von mindestens 10 Jahren. Die [X.] vermietete das Theatergebäude u.a. einem Sinfonieorchester zur Aufführung von nach § 4 Nr. 20 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) steuerfreien Konzerten. Nachdem der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) den Vorsteuerabzug nur hinsichtlich eines Anteils von 56,3 % anerkannt hatte, weil die Vermietung des Theaters nur zu diesem Anteil der steuerpflichtigen Überlassung von [X.] und nicht der nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfreien Grundstücksüberlassung zuzurechnen sei, wies das Finanzgericht (FG) die auf Gewährung des vollen Vorsteuerabzuges gerichtete Klage ab. Der Vorsteuerabzug sei nach § 15 Abs. 2 UStG ausgeschlossen, weil bei der langfristigen Vermietung eines Theaters die steuerfreie Grundstücksvermietung prägend und nicht als unselbständige Nebenleistung zur Vermietung von [X.] anzusehen sei. Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 2 UStG scheide aus, weil die [X.] das Gebäude nicht ausschließlich zu steuerpflichtigen Umsätzen verwendet habe, wie sich aus der steuerfreien Vermietung an das Orchester ergebe.

Entscheidungsgründe

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II. 1. Die Beschwerde ist nicht wegen Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--) zuzulassen, weil das [X.] nicht von der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) abgewichen ist. Entgegen der Behauptung der Klägerin ist das [X.] nicht von dem Rechtssatz ausgegangen, die Vermietung eines Gebäudes mit [X.] sei auch dann eine steuerfreie Gebäudevermietung, "wenn die überlassenen [X.] für die Anmietung des Gebäudes vorrangig gewesen seien". Das [X.] führt vielmehr aus, dass ein vollständiger, über den vom [X.] bereits gewährten anteiligen Vorsteuerabzug hinaus nur dann in Betracht käme, wenn die steuerfreie Grundstücksüberlassung unselbständiger Teil einer steuerpflichtigen einheitlichen Leistung "Vermietung von [X.]" wäre, was es im [X.] an das [X.]-Urteil vom 17. Dezember 2008 [X.] ([X.], 208 zur langfristigen Vermietung einer Turnhalle mit [X.]) verneint, weil es nicht die Überlassung der [X.], sondern die Vermietung des [X.] als prägend ansah. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] --EuGH-- (Urteil vom 18. November 2004 [X.]/03, [X.], [X.]. 2004, [X.], [X.]/NV 2005, Beilage 2, 86) sieht es dabei die Dauer der Vermietung als geeignetes Abgrenzungskriterium zwischen einer steuerfreien Grundstücksvermietung und der steuerpflichtigen Vermietung von [X.] im Zusammenhang mit einem Grundstück an. Das [X.] hat somit lediglich den Sachverhalt anders als die Klägerin gewürdigt. Aus diesem Grunde liegt auch keine Abweichung von den [X.]-Urteilen vom 31. Mai 2001 [X.] ([X.]E 194, 555, [X.] 2001, 658) und vom 24. Januar 2008 [X.] ([X.]E 221, 310, [X.] 2009, 60) vor. Im Übrigen kommt es entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin für die Abgrenzung zwischen Haupt- und Nebenleistung nicht auf die subjektive Einschätzung der Vertragsparteien, sondern auf die objektive Sicht eines Durchschnittsverbrauchers an ([X.]-Urteil vom 19. März 2009 [X.]/07, [X.]E 225, 224, [X.], 78, m.w.N. aus der Rechtsprechung des EuGH).

3

2. Die Beschwerde ist auch nicht wegen Verfahrensfehlern (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O) zuzulassen, weil das [X.] zu Unrecht die in seinem Urteil (Seite 11 und 13) wiedergegeben Beweisanträge der Klägerin übergangen hätte. Das [X.] hat vielmehr verfahrensfehlerfrei den Beweisantrag der Klägerin auf Vernehmung "der Verantwortlichen der [X.]" für die innere Tatsache, dass bei Abschluss des Mietvertrages die Nutzung der [X.] für die Klägerin "von entscheidender Bedeutung" gewesen sei sowie des Geschäftsführers der [X.] dafür, zu ermitteln, "in welchem Umfang" das gezahlte Nutzungsentgelt auf die Überlassung des [X.] und auf die [X.] entfällt, abgelehnt, weil es nach der für die Beurteilung eines Verfahrensfehlers maßgeblichen Rechtsauffassung des [X.] ([X.]-Urteil vom 7. Juli 1976 [X.], [X.]E 119, 274, [X.] 1976, 621) für die Abgrenzung zwischen Haupt- und Nebenleistung nicht auf die subjektiven Vorstellungen der Beteiligten, sondern auf die eindeutigen schriftlich niedergelegten vertraglichen Vereinbarungen ankam. Im Übrigen habe die Klägerin keine Tatsachen dafür vorgetragen, dass die Beteiligten entgegen dem Inhalt des schriftlichen Vertrages überhaupt eine Abstimmung über die Aufteilung der Mietentgelte getroffen hätten.

4

3. Schließlich ist die Revision auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) zuzulassen, da die in Abschn. 86 Abs. 1 Satz 5 der [X.] angesprochene Frage der Abgrenzung einer (insgesamt) steuerfreien Grundstücksüberlassung von einer (teilweisen) steuerpflichtigen Überlassung von [X.] in einem Revisionsverfahren nicht klärbar wäre; denn das [X.] hat im Streitfall einen anteiligen Vorsteuerabzug hinsichtlich der steuerpflichtigen Vermietung von [X.] gewährt. Abgesehen davon, dass der [X.] hinsichtlich des [X.] an die tatsächlichen Feststellungen des [X.] in einem Revisionsverfahren gebunden wäre, da hierzu keine begründeten Verfahrensrügen erhoben worden sind, hat die Klägerin nicht konkret vorgetragen, dass das [X.] bei Verwendung eines anderen, von ihr als zutreffend angesehenen Aufteilungsschlüssels zu einem höheren Vorsteuerabzug als 56,3 % gelangt wäre.

Meta

V B 51/10

04.03.2011

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend FG Düsseldorf, 21. April 2010, Az: 5 K 860/08 U, Urteil

§ 4 Nr 12 UStG 1999, § 15 Abs 2 UStG 1999

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 04.03.2011, Az. V B 51/10 (REWIS RS 2011, 8845)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8845

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