Bundespatentgericht, Urteil vom 09.06.2011, Az. 2 Ni 3/10

2. Senat | REWIS RS 2011, 5803

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Gegenstand

Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das [X.] Patent 44 47 944

hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 2011 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie [X.]. [X.], [X.], Dipl.-Phys. [X.] und Dr. Friedrich

für Recht erkannt

I. Das [X.] Patent 44 47 944 wird für nichtig erklärt.

[X.] Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

I[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

1. Die Beklagte ist Inhaberin des am 9. Februar 1994 angemeldeten, auf die [X.] zurückgehenden und eine [X.] Priorität (5-022212) vom 10. Februar 1993 beanspruchenden [X.] Patents 44 47 944 (Streitpatent) mit der Bezeichnung "Informationsausgabesystem". Der Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 11. November 2004. [X.] umfasst 7 Ansprüche, von denen die Ansprüche 2 bis 7 direkt auf Patentanspruch 1 rückbezogen sind.

2

Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

3

"Anzeigeeinheit (6) zum Anzeigen eines Bildes auf der Basis eines Bildsignals, das von einem extern verbundenen Computer (1) eingegeben wird, aufweisend: einen [X.] (7), der ausgelegt ist, die Anzeige der Anzeigeeinheit (6) zu steuern; einen Speicher (9); und einen [X.] (8); dadurch gekennzeichnet, dass der Speicher (9) eine Identifikationsnummer, welche die Anzeigeeinheit (6) identifiziert, speichert; und der [X.] (8) die in dem Speicher gespeicherte Identifikationsnummer an den Computer (1) sendet in Antwort auf das Einschalten der Anzeigeeinheit (6) und/oder des Computers (1), wobei der [X.] (8) bidirektionale Kommunikation zwischen der Anzeigeeinheit (6) und dem Computer (1) ermöglicht."

4

Wegen des Wortlauts der unmittelbar auf den Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 7 wird auf die Streitpatentschrift Bezug genommen.

5

2. Die Klägerin, die von der Beklagten wegen Verletzung des Streitpatents in Anspruch genommen wird, stützt ihre Klage auf die Nichtigkeitsgründe der unzulässigen Erweiterung hinsichtlich der ursprünglichen [X.] sowie der fehlenden Patentfähigkeit, da der Gegenstand der Ansprüche 1 bis 7 weder neu sei noch auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Dazu beruft sich die Klägerin auf folgende Unterlagen:

6

C1 ursprünglich eingereichte Anmeldeunterlagen des Streitpatents,

7

C2 ursprüngliche Anmeldeunterlagen der Stammanmeldung P 44 04 104.7

8

C3 Computerübersetzung [X.] 05-022212 A (Prioritätsschrift des Streitpatents)

9

C4 [X.] (Streitpatent),

C5 Registerauszug des Streitpatents

C6 Merkmalsanalyse des Anspruchs 1 des Streitpatents

[X.] WO 94/02930 [X.] (ältere Anmeldung)

C8 EPA-Registerauszug zur Druckschrift [X.]

[X.] [X.], [X.], [X.] bis 26, gedruckt Dezember 1989

[X.] Malden, [X.]; [X.], In: [X.], 1989, S. 9 - 14

[X.] EP 0456 923 [X.]

[X.] Service Manual DDM Remote Controller zu DDM-RM10, [X.] 1989.3

C13 [X.], [X.]; [X.] an Intelligent Display ([X.]), In: [X.], 20. August 1992, [X.], [X.], S. 80

C14 [X.] 25 295 [X.]

C15 [X.] 5 072 411

[X.] [X.] 4 745 404

C17 JP 2-127688 A mit [X.] Übersetzung

[X.] 1-173787 U mit [X.] Übersetzung

B17 GB 2 176 637 A

[X.] schriftliche Erklärung des als Zeuge angebotenen D. L.

VK [X.] vom 8. Mai 2009 aus der parallelen Verletzungsklage

Sie macht geltend, dass der Gegenstand des erteilten Patents über den Inhalt der Patentanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu sei sowohl hinsichtlich der Druckschriften [X.] und [X.] als auch hinsichtlich einer anhand der Dokumente [X.] und [X.] belegten Vorbenutzung und dass zudem der Gegenstand der Patentansprüche 1 und 2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit insbesondere hinsichtlich der Druckschriften [X.] bis [X.] beruhe. Zudem seien auch die Gegenstände der auf den Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 3 bis 7 weder neu noch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend bzgl. des nachgewiesenen Stands der Technik.

Die Klägerin stellt den Antrag aus dem [X.] vom 5. Januar 2010 ([X.]. 7 d. A.),

das [X.] Patent 44 47 944 für nichtig zu erklären.

Die Beklagte stellt den Antrag aus dem Schriftsatz vom 22. Juni 2010 ([X.]. 64 d. A.),

die Klage abzuweisen.

Hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent mit einem der Hilfsanträge 1 bis 3 (vgl. Schriftsatz vom 26. April 2011 [[X.]. 144 ff.]) und beantragt, dem Streitpatent eine der Fassungen dieser Hilfsanträge zu geben.

Bezüglich Hilfsantrag 3 beantragt sie, im einzigen Patentanspruch 1 das Wort "wenn" in "sobald" zu ändern, so dass der Wortlaut dann lauten soll:

"…, sobald die Anzeigeeinheit (6) und der Computer (1) eingeschaltet und initialisiert worden sind, …".

Sie tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und hält den Gegenstand des Streitpatents für ursprünglich offenbart und patentfähig, denn zum einen seien die beanspruchten Merkmale den ursprünglichen Anmeldeunterlagen unmittelbar und eindeutig zu entnehmen und zum anderen sei der Gegenstand des Anspruchs 1 sowie der [X.] 2 bis 7 neu und beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Hauptantrag lediglich dadurch, dass in Patentanspruch 1 die und/oder - Kombination

[X.] ist identisch mit Anspruch 1 des [X.] Jedoch werden sämtliche Unteransprüche (Ansprüche 2 bis 7) gestrichen.

Hilfsantrag 3 entspricht dem Hilfsantrag 2 (Streichen der oder - Kombination und der Unteransprüche), wobei im einzigen Patentanspruch zusätzlich die Formulierung

Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird auf deren Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage, mit der die Nichtigkeitsgründe der fehlenden Patentfähigkeit und der unzulässigen Erweiterung geltend gemacht werden (§ 22 Abs. 1 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 und 4 [X.]), ist begründet. Das Streitpatent hat keinen Bestand, denn dem Streitpatent steht der [X.] der unzulässigen Erweiterung gegenüber den ursprünglichen Anmeldeunterlagen, § 21 Abs. 1 Nr. 4 [X.], entgegen.

[X.]

1. Nach den Angaben in der Beschreibungseinleitung betrifft das Streitpatent eine Anzeigeeinheit und ein Informationsausgabesystem, das aus einem Computer und einer Informationsausgabevorrichtung, bspw. einer Anzeigevorrichtung oder einem Drucker besteht

2. Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt dem Streitpatent als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, eine Anzeigeeinheit eines Informationssystems zum Anzeigen eines Bildes auf der Basis eines Bildsignals, das von einem extern verbundenen Computer ausgegeben wird, vorzusehen, wobei die Identifikation einer Anzeigeeinheit möglich ist, um unterschiedliche Dienste und/oder Funktionen vorzusehen, wodurch die Verwendbarkeit für einen Benutzer verbessert wird (

3. Gelöst werden soll diese Aufgabe durch den erteilten Anspruch 1, der, entsprechend der [X.] der Klägerin mit Gliederungspunkten versehen, ansonsten aber wörtlich wiedergegeben, folgendermaßen lautet

(1) Anzeigeeinheit (6) zum Anzeigen eines Bildes auf der Basis eines Bildsignals, das von einem extern verbundenen Computer (1) eingegeben wird, aufweisend:

(2) einen [X.] (7), der ausgelegt ist, die Anzeige der Anzeigeeinheit (6) zu steuern;

(3) einen Speicher (9); und

(4) einen [X.] (8);

dadurch gekennzeichnet,

(5) dass der Speicher (9) eine Identifikationsnummer, welche die Anzeigeeinheit (6) identifiziert, speichert; und

(6) der [X.] (8 ) die in dem Speicher gespeicherte Identifikationsnummer an den Computer (1 ) sendet

(6a) in Antwort auf das Einschalten der Anzeigeeinheit (6) und/oder des Computers (1),

(7) wobei der [X.] (8) bidirektionale Kommunikation zwischen der Anzeigeeinheit (6) und dem Computer (1) ermöglicht.

und/oder des Computers an den Computer sendet. Das Senden der Identifikationsnummer erfolgt demnach automatisch als Reaktion auf das Einschalten von Anzeigeeinheit und/oder Computer.

und des Computers an den Computer (Merkmal 6a).

Anspruch 1 des [X.] stimmt mit dem des Hilfsantrags 1 überein.

Nach Hilfsantrag 3 wird der Anspruch 1 des [X.] dahingehend geändert, dass das Merkmal (6a)

Als Fachmann ist ein erfahrener und mit der Konzeption von Videoschnittstellen zur Ansteuerung von Bildschirmen betrauter Diplomingenieur der Elektrotechnik mit Fachhochschulabschluss anzusehen.

I[X.]

1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung geht über den Inhalt der [X.] in der ursprünglichen Fassung hinaus (§§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 4 [X.]).

Ob eine unzulässige Erweiterung gegeben ist, ergibt ein Vergleich des Gegenstands des erteilten Patents mit dem Inhalt der ursprünglichen Unterlagen, wobei der Gegenstand des Patents die unter Berücksichtigung von Beschreibung und Zeichnung durch die Patentansprüche vorgegebene Lehre ist und der Inhalt der Patentanmeldung durch die Gesamtheit der Unterlagen bestimmt wird, ohne dass den Patentansprüchen eine gleich hervorgehobene Bedeutung wie im Patent zukommt.

Ein unzulässige Erweiterung liegt vor, wenn der Gegenstand des Patents sich für den Fachmann erst auf Grund eigener, von seinem Fachwissen getragener Überlegungen ergab, nachdem er die ursprünglichen Unterlagen zur Kenntnis genommen hatte. Dabei gehört zum [X.] einer Patentanmeldung im Zusammenhang mit der Frage, ob eine unzulässige Erweiterung vorliegt, nur das, was den ursprünglich eingereichten Unterlagen unmittelbar und eindeutig zu entnehmen ist, nicht hingegen eine weitergehende Erkenntnis, zu der der Fachmann aufgrund seines allgemeinen Fachwissens oder durch Abwandlung der offenbarten Lehre gelangen kann,

2. Dem Fachmann offenbaren die [X.] der [X.] an keiner Stelle unmittelbar und eindeutig, dass der Gegenstand der Erfindung (auch) eine Anzeigeeinheit sein soll, deren [X.] in Antwort auf das Einschalten der Anzeigeeinheit und/oder des Computers die in dem Speicher der Anzeigeeinheit gespeicherte Identifikationsnummer an den Computer sendet (Merkmal (6a) des erteilten Anspruchs 1).

Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob das Merkmal, dass der Speicher der Anzeigeeinheit eine Identifikationsnummer, welche die Anzeigeeinheit identifiziert, speichert, ursprünglich offenbart ist (Merkmal (5) des erteilten Anspruchs 1).

3. Die [X.] führt im allgemeinen Beschreibungsteil ausgehend von der Darlegung des Stands der Technik aus, dass die Ziele der Erfindung darin bestünden, [X.] bereitzustellen, bei denen a) entweder ein Computer verschiedene Typen von Steuerung einer Informationsausgabevorrichtung ausüben könne oder b) das Informationsgeheimnis gewahrt und der [X.] beschränkt werde oder c) der Computer von dem Betriebszustand der Informationsausgabevorrichtung informiert werde. Gemäß den weiteren Erläuterungen im allgemeinen Beschreibungsteil sollen sich diese Ziele durch ein Informationsausgabesystem erreichen lassen, das auf der einen Seite einen Computer mit einer ersten Kommunikationseinrichtung und einer Speichereinrichtung und auf der anderen Seite eine Informationsausgabevorrichtung mit einer zweiten Kommunikationseinrichtung, einer Steuerungsverarbeitungseinrichtung und einer Speichereinrichtung umfasst, wobei die Speichereinrichtung des Computers die Identifikationsnummer der Informationsausgabevorrichtung speichert und die Speichereinrichtung der Informationsausgabevorrichtung die Identifikationsnummer des Computers enthält, vgl. [X.], [X.] 12 bis [X.], [X.] 2 der ursprünglichen [X.] [X.].

Daran anschließend werden zwei Varianten unterschieden, deren erste auf [X.], Zn. 4 bis 16 beschrieben wird und sich auf den vorstehend angeführten Aspekt a) der Steuerung der Informationsausgabevorrichtung bezieht. Demnach sendet der Computer eine Identifikationsnummer an die Informationsausgabevorrichtung, wo sie mit der Identifikationsnummer des Computers, die in der Speichereinrichtung der Informationsausgabevorrichtung gespeichert ist, verglichen wird. Stimmen beide Identifikationsnummern überein, steuert die Steuerungsverarbeitungseinrichtung die Informationsausgabevorrichtung auf Basis von [X.] (Alternative 1). In den folgenden drei Absätzen auf [X.], [X.] 18 bis [X.], [X.] 2 geht die Anmeldung auf die zweite Variante ein, die eine sorglose Anzeige der Information eines Computerbenutzers verhindern soll und demnach den vorstehend genannten Aspekt b) der Wahrung des Informationsgeheimnisses betrifft. Gemäß dieser Variante sendet die Informationsausgabevorrichtung eine Identifikationsnummer an den Computer, der sie mit der in seiner Speichereinrichtung gespeicherten Identifikationsnummer der Informationsausgabevorrichtung vergleicht. Stimmen beide Identifikationsnummern überein, kommuniziert der Computer mit der Informationsausgabevorrichtung. Liegt hingegen keine Übereinstimmung vor, werden Informationen von der Ausgabevorrichtung nicht normal ausgegeben und die Informationen eines Computerbenutzers wird nicht sorglos angezeigt (Alternative 2).

Somit offenbart der vorstehend zitierte allgemeine Beschreibungsteil,

- dass nach Alternative 1 in der Informationsausgabevorrichtung die Identifikationsnummer des Computers, d. h. die Identifikationsnummer zum Identifizieren des Computers gespeichert ist, dass vom Computer eine Identifikationsnummer an die Informationsausgabevorrichtung gesendet wird, dass in der Informationsausgabevorrichtung die gesendete mit der gespeicherten Identifikationsnummer verglichen wird und nur bei Übereinstimmung der Computer die Informationsausgabevorrichtung steuert,

- dass nach Alternative 2 im Computer die Identifikationsnummer der Informationsausgabevorrichtung, d. h. die Identifikationsnummer zum Identifizieren der Informationsausgabevorrichtung gespeichert ist, dass von der Informationsausgabevorrichtung eine Identifikationsnummer an den Computer gesendet wird, dass im Computer die gesendete mit der gespeicherten Identifikationsnummer verglichen wird und nur bei Übereinstimmung der Computer mit der Informationsausgabevorrichtung kommunizieren kann, so dass eine sorglose Anzeige der Information eines Computerbenutzers verhindert wird.

Während demnach in Alternative 1 eine Identifikationsnummer vom Computer an die Informationsausgabevorrichtung gesendet und dort mit der gespeicherten Identifikationsnummer verglichen wird, wird in Alternative 2 eine Identifikationsnummer von der Informationsausgabevorrichtung an den Computer gesendet und dort mit der gespeicherten Identifikationsnummer verglichen. Beide Fälle unterscheiden sich folglich insbesondere in der Senderichtung der Identifikationsnummern und dem Ort des Vergleichs. Dabei korrespondieren diese Angaben hinsichtlich der Senderichtung und dem Ort des Vergleichs mit den Angaben in den ursprünglichen Ansprüchen 2,5 und 12 einerseits und den Angaben in ursprünglichen Ansprüchen 2,5 und 12 einerseits und den Angaben in Anspruch 4 andererseits. Nur bei Übereinstimmen zweier Identifikationsnummern steuert der Computer einen vorbestimmten Teil der Informationsausgabevorrichtung (Ansprüche 2 und 12 der Anmeldung) oder kommuniziert der Computer mit der Informationsausgabevorrichtung (Anspruch 4) oder wird eine Information normal von der Informationsausgabevorrichtung ausgegeben (Anspruch 5).

in Antwort auf das Einschalten der Anzeigeeinheit und/oder des Computers die in dem Speicher der Anzeigeeinheit gespeicherte Identifikationsnummer an den Computer sendet.

4. Die Ausführungsbeispiele zeigen dieses Merkmal ebenfalls nicht.

Die in den [X.]uren 1 bis 4 gezeigten und auf [X.], [X.] 10 bis [X.], [X.] 14 der [X.] [X.] erläuterten ersten beiden Ausführungsbeispiele betreffen entsprechend dem allgemeinen Beschreibungsteil eine Informationsausgabevorrichtung umfassend einen Computer (1) und eine Anzeigevorrichtung (6), die jeweils einen Speicher (4, 9) enthalten und über Kommunikationssteuereinrichtungen (5, 9) miteinander kommunizieren. Dabei kann im Betrieb eine Steueranweisung für die Anzeigevorrichtung von einem Computernutzer über eine in der Zeichnung nicht dargestellte Tastatur eingegeben werden und von einer Software in dem Computer erfolgen. Die [X.] (2) leitet über die Kommunikationssteuereinrichtung (5) und die [X.] (3) die Steueranweisung weiter an die Anzeigevorrichtung, in welcher der Mikrocomputer (7) die Ablenkschaltung (10) sowie die Videoschaltung (11) entsprechend steuert, so dass [X.] und -position, Helligkeit, Kontrast und Farbton optimal eingestellt werden. Diese Kommunikation zwischen Anzeigevorrichtung und Computer wird bspw. während der Herstellung der Anzeigevorrichtung verwendet, um beim Einstellen der Anzeigevorrichtung die gesamte notwendige Information in den Speicher der Anzeigevorrichtung schreiben zu können, vgl. [X.], [X.] 10 bis S. 10, [X.] 26.

Im [X.] an diese allgemeinen Ausführungen bezieht sich das erste Ausführungsbeispiel explizit auf einen

und der Anzeigevorrichtung (Schritt 1) beide Vorrichtungen initialisiert werden (Schritt 2) und dann die Anzeigevorrichtung auf das Zusenden der dem Computer zugeordneten ID-Nummer wartet (Schritt 3). Diese ID-Nummer wird mit der ID-Nummer, die in der Anzeigevorrichtung gespeichert ist, verglichen (Schritt 4), und nur bei Übereinstimmung darf der Computer die Anzeigevorrichtung steuern (Schritt 5). Dieser Fundstelle ist folglich lediglich zu entnehmen, dass nach Einschalten von Computer und Anzeige die Anzeige auf das Senden der ID-Nummer wartet. Einen Automatismus zwischen Einschalten und Senden der ID-Nummer dergestalt, dass eine ID-Nummer in Antwort auf das Einschalten der Anzeige und/oder des Computers gesendet wird, offenbart [X.]. 3 und die zugehörige Beschreibung nicht.

Nach dieser Beschreibung des Sendens der ID-Nummer des Computers vom Computer an die Anzeigevorrichtung wird auf [X.], [X.] 14 bis [X.], [X.] 2 zum ersten Ausführungsbeispiel folgendes ausgeführt:

Der umgekehrte Fall aus dem ersten Ausführungsbeispiel offenbart demnach, dass zum Schutz der Daten in der Anzeigevorrichtung vor fehlerhaftem Löschen oder Überschreiben eine ID-Nummer von der Anzeigevorrichtung zum Computer gesendet wird, wodurch der Computer identifiziert, dass die Anzeigevorrichtung verbunden ist, dass dann der Computer diese gesendete ID-Nummer mit der registrierten ID-Nummer in seinem Speicher vergleicht und bei Übereinstimmung schließlich eine vorbestimmte Steueranweisung erfolgt, wohingegen der Computer bei Nichtübereinstimmung die Anzeigevorrichtung nicht steuern kann. Anders als im vorhergehenden Fall wartet nicht die Anzeige auf die vom Computer gesendete ID-Nummer, sondern der Computer wartet auf die von der Anzeige gesendete ID-Nummer und vergleicht sie mit der im Computer gespeicherten ID-Nummer. Demnach ist auch dem umgekehrten Fall kein Automatismus zwischen Einschalten und Senden der ID-Nummer dahingehend zu entnehmen, dass die Anzeige eine ID-Nummer in Antwort auf das Einschalten der Anzeige und/oder des Computers sendet, sondern lediglich das Warten auf das Senden der ID-Nummer. Denn ursprünglich offenbart wird in beiden Fällen des ersten Ausführungsbeispiels lediglich, dass nach dem Einschalten und dem Initialisieren von Computer und Anzeige entweder die Anzeige auf die vom Computer gesendete ID-Nummer (vgl. [X.]. 3) oder der Computer auf die von der Anzeige gesendete ID-Nummer wartet (umgekehrter Fall).

Das anhand der [X.]uren 1 und 4 und der Beschreibung auf [X.], [X.] 14 bis [X.], [X.] 14 erläuterte zweite Ausführungsbeispiel unterscheidet sich dadurch vom ersten Ausführungsbeispiel, dass keine sorglose Steuerung der Anzeigevorrichtung und ein fehlerhaftes Überschreiben oder Löschen von Speicherdaten der Anzeigevorrichtung verhindert werden sollen, sondern die sorglose Anzeige von Information. Dazu wird wie im ersten Ausführungsbeispiel vom Computer eine ID-Nummer an die Anzeigevorrichtung gesendet und dort mit der im Speicher der Anzeigevorrichtung enthaltenen ID-Nummer verglichen. Im Unterschied zum ersten Beispiel wird jedoch nur bei Übereinstimmung der [X.] eine Information auf dem Bildschirm angezeigt. Bei Nichtübereinstimmung der [X.] wird hingegen zur Erhöhung der Geheimhaltung die horizontale und vertikale Synchronisation der Anzeigevorrichtung unterbunden und dementsprechend nichts auf der Anzeigevorrichtung angezeigt.

Auf die konkrete Eingabe der ID-Nummer geht die gesamte Anmeldung lediglich an einer einzigen Stelle ein, nämlich beim zweiten Ausführungsbeispiel auf [X.], Zn. 10 bis 14 der ursprünglichen Anmeldung [X.]:

Das dritte Ausführungsbeispiel beschreibt auf [X.], [X.] 16 bis [X.], [X.] 6 ein Informationssystem, in dem ein Computer im Gegensatz zu den vorhergehenden Ausführungsbeispielen nicht nur eine, sondern eine Vielzahl von Anzeigevorrichtungen steuert. Um die Anzeigen steuern zu können, hat jede Anzeigevorrichtung eine registrierte ID-Nummer, die vom Computer vorab an die Anzeigevorrichtung gesendet wird. Ein Automatismus zwischen dem Einschalten von Computer und/oder Anzeige und dem Senden einer Identifikationsnummer, wird nicht erwähnt.

Die übrigen Ausführungsbeispiele vier bis acht betreffen allgemein die Kommunikation zwischen Computer und Anzeigevorrichtung, enthalten aber keinen Hinweis bezüglich des Sendens von [X.] zwischen Computer und Anzeigevorrichtung.

5. Die Beklagte ist der Ansicht, die Lehre des Streitpatents bestehe darin, dass in dem Speicher der Anzeigeeinheit eine individuelle und einzigartige ID-Nummer zum Identifizieren der Anzeigeeinheit und damit eine [X.] gespeichert sei und dass diese in Antwort auf das Einschalten der Anzeigeeinheit und/oder des Computers an den Computer gesendet werde. Ursprünglich offenbart sei diese Anzeigeeinheit durch den auf [X.], [X.] 14 bis [X.], [X.] 12 der ursprünglichen [X.] [X.] beschriebenen umgekehrten Fall des ersten Ausführungsbeispiels in Verbindung mit einer entsprechend angepasst zu verstehenden [X.]ur 3 und der Beschreibungseinleitung auf [X.], Zn. 18 bis 24. So offenbare das erste Ausführungsbeispiel auf [X.], [X.] 10 bis [X.], [X.] 13 zusammen mit der [X.]ur 3 das Verhindern einer sorglosen Steuerung der Anzeigevorrichtung, indem im Speicher des Computers eine ID-Nummer zum Identifizieren des Computers gespeichert sei, diese in Antwort auf das Einschalten der Anzeigeeinheit und/oder des Computers an die Anzeigevorrichtung gesendet werde und ein Ändern von [X.] nur bei Übereinstimmung der in der Anzeigevorrichtung und dem Computer gespeicherten ID-Nummer erlaubt sei. Die ID-Nummer sei in diesem Fall eine [X.]. Im umgekehrten Fall des ersten Ausführungsbeispiels stünde hingegen im Vordergrund, dass der Computer verschiedene Typen von Steuerung ausüben könne. Die ID-Nummer habe daher im umgekehrten Fall die Bedeutung einer [X.], die von der Anzeigeeinheit zum Identifizieren der Anzeigeeinheit und in Antwort auf das Einschalten der Anzeigeeinheit und/oder des Computers an den Computer gesendet werde und daher zwangsläufig im Speicher der Anzeigeeinheit enthalten sein müsse. Nur wenn diese ID-Nummer mit der im Computer gespeicherten [X.] übereinstimme, könne der Computer die Anzeigeeinheit steuern. Dabei sei wesentlich, dass aufgrund des Wortes "kann" in Zeile 24 der Seite 12 und des Hinweises auf eine "spezifische Anzeigevorrichtung" in den nachfolgenden Zeilen 27 und 28 zum Ausdruck komme, dass der Computer bei Nichtübereinstimmung der [X.] die spezifische Anzeigevorrichtung im Gegensatz zum vorhergehenden Fall zwar steuern dürfe, aber technisch nicht könne. Hingegen befasse sich das zweite Ausführungsbeispiel ab [X.], [X.] 14 bis [X.], [X.] 14 mit dem Verhindern einer sorglosen Anzeige von Information auf dem Bildschirm, indem diese nur dann korrekt angezeigt werde, wenn eine über eine Tastatur eingegebene ID-Nummer mit der in der Anzeigevorrichtung gespeicherten ID-Nummer übereinstimme. Die Tastatureingabe der ID-Nummer sei jedoch auf das zweite Ausführungsbeispiel beschränkt und der Verweis auf die "zuvor genannten Verfahren" auf [X.], Zn. 10 bis 14 beziehe sich ausschließlich auf das horizontale und vertikale Synchronisieren des anzuzeigenden Bildes gemäß dem vorhergehenden Absatz auf [X.], [X.] 24 bis [X.], [X.] 8. Somit komme dem in den ersten beiden Ausführungsbeispielen durchgängig als ID-Nummer bezeichneten Begriff je nach Beispiel entweder die Bedeutung einer [X.] (erstes Ausführungsbeispiel), einer [X.] (umgekehrter Fall des ersten Ausführungsbeispiels) oder eines Passworts (zweites Ausführungsbeispiel) zu. Diese Auslegung werde durch die Beschreibungseinleitung ([X.], Zn. 18 bis 24) gestützt, wonach in dem Computer eine Identifikationsnummer zum Identifizieren der Anzeigevorrichtung gespeichert sei. Folglich müsse die von der Informationsausgabevorrichtung in Antwort auf das Einschalten an den Computer gesendete Identifikationsnummer ebenfalls eine Identifikationsnummer zum Identifizieren der Anzeigevorrichtung sein, wobei diese Nummer zwangsläufig nur aus dem Speicher der Informationsausgabevorrichtung stammen könne.

6. Diese Argumentation verkennt jedoch, dass weder dem ersten Ausführungsbeispiel noch den übrigen Teilen der [X.] das Senden einer Identifikationsnummer in Antwort auf das Einschalten einer Anzeigeeinheit und eines Computers zu entnehmen ist.

Denn das erste Ausführungsbeispiel offenbart nur das Warten der Anzeigeeinheit bzw. des Computers (umgekehrter Fall) auf den Empfang der ID-Nummer, nachdem der Computer und die Anzeigeeinheit eingeschaltet und initialisiert worden sind, nicht jedoch das automatisierte Senden der ID-Nummer in Antwort auf das Einschalten der Anzeigeeinheit und/oder des Computers. Dem ersten Ausführungsbeispiel ist auch nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen, dass dieses Warten auf das Senden der ID-Nummer einem automatisierten Senden gemäß dem erteilten Anspruch 1 entspricht. So beruht das erste Ausführungsbeispiel darauf, durch das Senden und Vergleichen der ID-Nummer ein Löschen oder fehlerhaftes Überschreiben der in dem Speicher der Anzeigevorrichtung enthaltenen Daten zu verhindern (vgl. S. 10, [X.] 27 bis [X.], [X.] 5), wobei die entsprechenden Steueranweisungen von dem Benutzer des Computers über eine Tastatur eingegeben werden können (vgl. S. 9, Zn. 9 bis 14) und wobei nur bei Übereinstimmung der [X.] externe Steueranweisungen akzeptiert werden und die Benutzersteuerung von [X.], -position und -helligkeit erfolgen kann (vgl. [X.], Zn. 24 bis 28). Dementsprechend soll durch diesen Abgleich verhindert werden, dass der Benutzer die Anzeigevorrichtung sorglos steuert (vgl. [X.], Zn. 12 u. 13).

Zwar ist zweifelsohne eine Kausalität und zeitliche Abfolge der in [X.]. 3 der [X.] gezeigten Schritte des [X.], Initialisierens, Wartens und Vergleichens gegeben. Dies ist jedoch entgegen den Ausführungen der Beklagten kein Beleg für ein automatisiertes Senden der ID-Nummer als Antwort auf das Einschalten, sondern lediglich eine Offenbarung dafür, dass nach dem Einschalten und Initialisieren die Anzeigeeinheit bzw. der Computer auf den Empfang der ID-Nummer wartet. Das Warten auf ein Ereignis ist jedoch grundsätzlich verschieden von einem Ereignis, das in Antwort auf ein vorhergehendes Ereignis und damit automatisiert stattfindet.

In diesem Zusammenhang ist auch auf das zweite Ausführungsbeispiel hinzuweisen, in dem unter Bezugnahme auf die zuvor genannten Verfahren die ID-Nummer als eine über die Tastatur einzugebende Identifikationsnummer beschrieben wird (vgl. [X.], Zn. 10 bis 14). In diesem Fall würde Schritt 3 der [X.]ur 3 (Warten auf Empfang der ID-Nummer) insbesondere dem Warten auf den Empfang der vom Benutzer einzugebenden ID-Nummer entsprechen, was im Widerspruch zu einem automatisiertes Senden der ID-Nummer in Antwort auf das Einschalten der Anzeigeeinheit und/oder des Computers steht.

Die Ausführungen der Beklagten beruhen somit nicht darauf, was den ursprünglich eingereichten Unterlagen unmittelbar und eindeutig zu entnehmen ist, sondern auf einer weitergehenden Erkenntnis, zu der der Fachmann nur durch Abwandlung der offenbarten Lehre gelangen kann.

Da die [X.] folglich an keiner Stelle das Senden einer Identifikationsnummer in Antwort auf das Einschalten der Anzeigeeinheit und/oder des Computers offenbaren (Merkmal (6a) des erteilten Anspruchs 1), geht die im erteilten Anspruch 1 gegebene Lehre über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus.

7. Die direkt auf Patentanspruch 1 rückbezogenen erteilten [X.] 2 bis 7 gehen folglich ebenfalls über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus.

8. Für die miteinander identischen Ansprüche 1 der [X.] und 2 gelten obige Ausführungen gleichermaßen, denn die ursprüngliche [X.] offenbart ebenfalls nicht das Senden einer Identifikationsnummer in Antwort auf das Einschalten der Anzeigeeinheit und des Computers, sondern, wie vorstehend dargelegt, lediglich das Warten der Anzeigeeinheit bzw. des Computers auf das Senden einer Identifikationsnummer.

9. Auch das Ersetzen des Merkmals (6a)

10. Demnach hat das Streitpatent weder in der erteilten Fassung gemäß Hauptantrag noch in der Fassung einer der [X.] bis 3 Bestand und war im angegriffenen Umfang für nichtig zu erklären.

II[X.]

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 709 ZPO.

Meta

2 Ni 3/10

09.06.2011

Bundespatentgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 09.06.2011, Az. 2 Ni 3/10 (REWIS RS 2011, 5803)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5803

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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