Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.01.2012, Az. 10 AZR 779/10

10. Senat | REWIS RS 2012, 9993

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Gegenstand

(Solo-Trompeter - Reichweite des Direktionsrechts - Nr 8 TZ 310.1 Klangkörper-Ergänzungstarifvertrag)


Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] - Kammern [X.] - vom 14. Oktober 2010 - 11 [X.]/10 - wird als unzulässig verworfen, soweit das [X.] die Berufung des [X.] gegen das Urteil des Arbeitsgerichts [X.] vom 29. Januar 2010 - 14 Ca 237/09 - in Bezug auf den Antrag zu 2. zurückgewiesen hat. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Umfang des Direktionsrechts des [X.]n.

2

Der [X.], eine Anstalt des öffentlichen Rechts, betreibt ein Sinfonieorchester. Der Kläger ist dort seit dem 1. September 1995 beschäftigt.

3

Dem Arbeitsverhältnis liegt der Arbeitsvertrag vom 23. Oktober 1996 zugrunde. Dort heißt es auszugsweise:

        

„§ 1   

        

Vereinbarte Tätigkeit, Beschäftigungsort

        

Das [X.] ist beim Südwestfunk seit dem 1. September 1995 angestellt und wird mit Wirkung vom 30. September 1996

        

im (Bezeichnung des Orchesters)

Sinfonieorchester

        

in (ständiger Beschäftigungsort)

F       

        

als (Stellenbezeichnung)

1. und [X.]

        

beschäftigt.

        

Das [X.] ist für folgende Instrumente verpflichtet:

        

Hauptinstrument:

Trompete

        

Nebeninstrument(e):

- - - 

                 
        

§ 2     

        

Arbeitsvertrag - Tarifvertrag - [X.]

        

Der für den Südwestfunk geltende Orchestertarifvertrag sowie die [X.] des Südwestfunks sind Bestandteil des Arbeitsvertrags. Im Falle der Kündigung des Tarifvertrags bleibt dessen Inhalt bis zu einer neuen Abmachung oder bis zur Auflösung des Einzelarbeitsverhältnisses weiter gültig.

                 
        

Das [X.] erkennt an, dass ihm der Tarifvertrag nebst Anlagen und die [X.] ausgehändigt worden sind.

        

…       

        

§ 4     

        

Besondere Vereinbarungen

        

Der bisherige Arbeitsvertrag vom 16. März 1995 wird gleichzeitig mit Ablauf des 29. September 1996 aufgehoben.“

4

Der auf das Arbeitsverhältnis kraft Tarifbindung sowie arbeitsvertraglicher Vereinbarung zunächst anwendbare „Orchestertarifvertrag ([X.]) gemäß Ziffer 111.1 Satz 2 des Manteltarifvertrags für den [X.] ([X.])“ regelt [X.]. Folgendes:

        

„[X.]

Vertragliche Verpflichtungen

        
        

…       

        
        

O 321.3

Aus künstlerischen Gründen können im Sinfonieorchester für Holzbläser Verdoppelungen vorgesehen werden. In diesem Fall sind auch die Solo-Bläser verpflichtet, gemeinsam die 1. Stimme zu übernehmen. Diese Verpflichtung ist auf zwei Gesamtproduktionen, einschließlich der Proben, je Spielzeit begrenzt.

        
        

O 322.1

Die [X.]er übernehmen in Krankheitsfällen und bei anderen Dienstverhinderungen sowie bei entsprechend großen Besetzungen ohne besondere Vergütung mit ihren Vertragsinstrumenten in angemessenen Grenzen zumutbare Vertretungen und Tätigkeiten, die sonst von anderen, auch höher oder niedriger besoldeten Kräften ausgeübt werden.

        
        

O 322.2

Anstelle einer großen Besetzung können auch zwei kleinere Besetzungen des Sinfonieorchesters parallel zu Produktionen - davon ggf. eine als öffentliches Konzert - herangezogen werden, soweit es dazu keiner der Zahl nach wesentlichen Verstärkung durch Aushilfen bedarf und die Alternierung der Stimmführer erhalten bleibt. Das schließt nicht aus, dass Stimmführer in verschiedenen Formationen parallel eingesetzt werden.

        
        

O 323 

Jedes [X.] ist mitverantwortlich für die künstlerischen Leistungen des Orchesters. Dabei hat es die Pflicht, im Dienst sein ganzes Können für das Gelingen der gestellten Aufgaben einzusetzen.

        
        

...     

                 
        

O 540 

Sondervergütungen

        
                 

Für außervertragliche Leistungen, zu denen die [X.]er nicht verpflichtet sind, erhalten sie Sondervergütungen. Zu den außervertraglichen Leistungen gehören insbesondere:

        
                 

…       

                 

c)    das Spielen eines im Arbeitsvertrag nicht vorgesehenen Instruments,

                 

…“    

5

Zum 1. Jan[X.]r 2008 traten der [X.] zum Manteltarifvertrag des [X.] (KETV-[X.]), der Vergütungstarifvertrag für die Mitglieder der Klangkörper im [X.] ([X.] - Vergütung - [X.]), der [X.] zum [X.] des [X.] (KETV-TV AZ) sowie der Tarifvertrag zur Überleitung in die ab 1. Jan[X.]r 2008 in [X.] tretenden Tarifverträge für die Mitglieder der Klangkörper im [X.] (TV Überleitung Klangkörper - TV ÜK) in [X.].

6

Nr. 8 KETV-[X.] regelt die Mitwirkungs-/Einsatzpflicht wie folgt:

        

„Als klangkörperspezifische Regelung werden [X.] 310 bis 314 eingefügt:

        
        

,310   

Mitwirkungs-/Einsatzpflicht

        
                 

Jedes Klangkörpermitglied ist mitverantwortlich für die künstlerischen Leistungen des jeweiligen Klangkörpers. Dabei hat es die Pflicht, im Dienst sein ganzes Können für das Gelingen der gestellten Aufgaben einzusetzen.

        
                 

…       

        
                 

310.1 

Im Rahmen der durch die jeweiligen Klangkörper wahrzunehmenden Aufgaben sind die Klangkörpermitglieder verpflichtet, in bzw. mit [X.] in Anlage 2 des Klangkörpertarifvertrag-Vergütung näher bezeichneten Stimmen bzw. Instrumenten der jeweiligen Stimm- bzw. [X.] mitzuwirken. Hierbei soll auf die Stellung der Musikerin im Klangkörper Rücksicht genommen werden.

        
                 

Eine Mitwirkungspflicht besteht allerdings nur insoweit, als diese Stimmen bzw. Instrumente spieltechnisch und künstlerisch den Anforderungen des jeweiligen Klangkörpers entsprechend beherrscht werden; dies gilt nicht für arbeitsvertraglich vereinbarte Instrumente/Stimmen.

        
                 

...     

        
                 

310.2 

Die Inhaberinnen koordinierter Positionen werden grundsätzlich alternierend eingesetzt.

        
                          

Soweit im Rahmen des Klangkörperbetriebs erforderlich, sind eine gleichzeitige Mitwirkung oder ein [X.] möglich:

        
                          

a)    

bei Orchesterteilung,

        
                          

b)    

bei angeordneter Verdopplung der ersten Stimme,

        
                          

c)    

wenn die Partitur zwei oder mehr erste Stimmen einer [X.] erfordert,

        
                          

d)    

wenn die Partitur Fernorchester oder Bühnenmusik erfordert,

        
                          

e)    

bei Gruppen mit fünf oder mehr Planstellen, wenn die Partitur für die jeweilige [X.] mindestens so viele Mitwirkende wie die [X.] der betreffenden Gruppe vorsieht oder

        
                          

f)    

bei Gruppen mit vier Planstellen ab einer partiturbedingten fünffachen Besetzung.

        
                 

Die gleichzeitige Mitwirkung und der [X.] dürfen zusammen mit dem alternierenden Einsatz innerhalb einer Spielzeit höchstens 60 v. H. der Summe aller an erster Position zu leistenden Dienste betragen.

        

…’“     

        

7

Nach der Anlage 2 zum [X.] gehören zur [X.] Trompete die Große Trompete in [X.] Stimmungen, die Piccolotrompete in [X.] Stimmungen, das Kornett, das Flügelhorn, die [X.] und das Posthorn. Der [X.] regelt in [X.] 4 „Tätigkeitsbezeichnung/Haupt- bzw. Nebeninstrument(e)“ Folgendes:

        

„4.1   

Die Tätigkeitsbezeichnung beschreibt die Tätigkeit in der jeweiligen [X.] (z. B. Oboist/in, Flötist/in) bzw. in der jeweiligen Stimmgruppe (z. B. Sopranist/in, Bassist/in) und ggf. die besondere Funktion (z. B. Solo, Stimmführer/in, Vorspieler/in) im jeweiligen Klangkörper; weitere, das Arbeitsverhältnis konkretisierende Tätigkeitsbezeichnungen sind möglich.

        

4.2     

Im Arbeitsvertrag sind die Haupt- und ggf. Nebeninstrumente aufzuführen, die das Mitglied eines Klangkörpers zu spielen verpflichtet ist; die grundsätzliche Mitwirkungspflicht nach den Ergänzungsregelungen in [X.] 310.1 des Ergänzungstarifvertrages zum Manteltarifvertrag bleibt hiervon unberührt.

        

4.3     

Bläser(innen) und Schlagzeuger(innen) bzw. [X.](innen) sind verpflichtet, mindestens ein Instrument als Hauptinstrument und mindestens ein Nebeninstrument zu spielen; diese Verpflichtung gilt als arbeitsvertragliche Verpflichtung im Sinne von [X.] 5.2.

                 

Vorbehaltlich einer anderslautenden arbeitsvertraglichen Vereinbarung gilt die Regelung der [X.] 4.3, Satz 1 nicht für Solo-Bläser(innen) in folgenden Funktionen:

                 

-       

Solo-Oboe,

                 

-       

[X.],

                 

-       

[X.].

        

…“    

                 

8

Nach [X.] 5.2 [X.] wird für das Spielen von nicht arbeitsvertraglich vereinbarten Instrumenten eine Leistungszulage gezahlt.

9

[X.] 3.4 TV ÜK regelt Folgendes:

        

„[X.] 4.3, Satz 1 Klangkörpertarifvertrag-Vergütung findet für Solo-Instrumentalisten(innen) der von dieser Regelung betroffenen [X.]n keine Anwendung, wenn diese Klangkörpermitglieder unmittelbar vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Tarifvertrages in einem unbefristeten Arbeitsvertrag beim [X.] beschäftigt waren. In diesen Fällen ist für die Überleitung die entsprechende bisherige arbeitsvertragliche Vereinbarung maßgeblich; eine ggf. davon abweichende arbeitsvertragliche Vereinbarung im Sinne der [X.] 4.3, Satz 1 Klangkörpertarifvertrag-Vergütung ist im beiderseitigen Einvernehmen möglich.“

Der Kläger wurde in der Vergangenheit vom [X.]n und seinem Rechtsvorgänger in einer koordinierten und alternierenden Position beschäftigt. Im Schreiben des Rechtsvorgängers des [X.]n vom 16. März 1995 an den Kläger heißt es:

        

„...   

        

ergänzend zum anliegenden Arbeitsvertrag teilen wir Ihnen mit, dass wir hier ‚koordinierend und alternierend’ nicht aufnehmen; für die Stellenbezeichnung ist maßgebend die Vergütungsordnung für die Mitglieder der Orchester; …

        

Wir bestätigen Ihnen aber gerne, dass es sich bei der Position ‚1. und [X.]’ um eine koordinierte und alternierende Tätigkeit handelt.

        

...“   

Der [X.] beschäftigt einen weiteren 1. und [X.]. Beide wurden, abgesehen von Orchesterteilungen, alternierend eingesetzt. War eine Stimmverdoppelung musikalisch geboten, zog der [X.] zusätzlich einen externen Trompeter heran.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne nicht durch Weisung zur Mitwirkung mit weiteren Instrumenten seiner [X.] herangezogen werden, da er nach seinem Arbeitsvertrag nicht zum Spielen von [X.] verpflichtet sei. Er könne selbst entscheiden, ob er bei einer bestimmten Produktion andere Instrumente als die Große Trompete spielen wolle. Auch der [X.] mit dem anderen 1. und [X.] sei unzulässig.

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass er nicht verpflichtet ist, neben seinem Hauptinstrument Große Trompete in [X.] Stimmungen weitere Instrumente entsprechend der Anlage 2 zum [X.] zu spielen,

        

2.    

festzustellen, dass der [X.] den Kläger nur alternierend mit dem weiteren 1. und [X.] und nicht gleichzeitig einsetzen darf.

Der [X.] hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger sei im Rahmen der allgemeinen Mitwirkungs- und Einsatzpflicht nach [X.] 310 - 314 KETV-[X.] grundsätzlich verpflichtet, auf Anweisung auch die tariflich bezeichneten Instrumente der [X.] Trompete zu spielen. Die Festlegung der Haupt- und Nebeninstrumente im Arbeitsvertrag habe nur vergütungsrechtliche Bedeutung, das Spielen der dort aufgeführten Instrumente sei von der arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütung umfasst. Da ein Nebeninstrument im Arbeitsvertrag nicht vereinbart sei, erhalte der Kläger für jede Mitwirkung mit einem Nebeninstrument die vorgesehene Zulage. Der gemeinsame Einsatz der beiden [X.] sei nach [X.] 310.2 KETV-[X.] möglich.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

I. Die Revision des [X.] ist in Bezug auf den Antrag zu 2. unzulässig.

1. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZP[X.] die Revisionsgründe angegeben werden. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buch[X.]a ZP[X.]). Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des [X.] in einer Weise verdeutlichen, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennen lässt. Die Revisionsbegründung hat sich deshalb mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Dadurch soll ua. sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil auf das Rechtsmittel hin überprüft und die Rechtslage genau durchdenkt. Die Revisionsbegründung soll durch ihre Kritik an dem angefochtenen Urteil außerdem zur richtigen Rechtsfindung des [X.] beitragen. Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung ([X.] 18. Mai 2011 - 10 [X.] - Rn. 10, [X.] 2011, 878).

Hat das Berufungsgericht über mehrere selbstständige Streitgegenstände entschieden, muss die Revision für jeden Streitgegenstand begründet werden. Fehlt es hinsichtlich eines Teilbegehrens an einer ausreichenden Begründung, ist die Revision insoweit unzulässig. Ein einheitlicher Angriff genügt nur, wenn die Entscheidung über den nicht behandelten Anspruch denknotwendig von der ordnungsgemäß angegriffenen Entscheidung über den anderen Anspruch abhängt ([X.] 19. März 2008 - 5 [X.] - Rn. 10, [X.] ZP[X.] § 551 Nr. 65 = EzA ZP[X.] 2002 § 551 Nr. 8).

2. Das [X.] hat den Klageantrag zu 2. als Globalantrag zurückgewiesen, weil er auch Fälle der [X.]rchesterteilung erfasse und deshalb zu weitgehend sei. Jedenfalls sei der Kläger nach Nr. 8 [X.] 310.2 [X.] in bestimmten Fällen verpflichtet, gleichzeitig mit dem anderen 1. und Solo-Trompeter zu spielen. Es gebe keine dieser tariflichen Verpflichtung gegenüber günstigere vertragliche Vereinbarung. In der Einstellung als „Solo-Trompeter (koordiniert und alternierend)“ liege kein Verzicht darauf, ihn im jeweils tariflich geregelten Umfang gemeinsam mit dem anderen Solisten einsetzen zu können. Das Einstellungsschreiben vom 16. März 1995 bestätige dies, indem es ausschließlich auf das Tarifwerk verweise.

3. Damit setzt sich die Revision nicht auseinander. Sie verweist lediglich auf ihre Ausführungen zu dem weiteren Feststellungsantrag. Dies ist unzureichend. Aus einer für den Kläger günstigeren Vereinbarung, andere Instrumente nicht spielen zu müssen, ergibt sich nicht automatisch, dass auch der gleichzeitige Einsatz mit einem weiteren Solo-Trompeter vertraglich ausgeschlossen ist. Das [X.] hat mit einer eigenständigen Begründung verneint, dass es eine gegenüber der [X.] günstigere vertragliche Absprache gibt, die den gleichzeitigen Einsatz mit dem weiteren Solo-Trompeter ausschließt, und in diesem Zusammenhang das Einstellungsschreiben vom 16. März 1995 ausgelegt. Dazu schweigt die Revision.

II. Die Revision ist im Übrigen unbegründet. Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass der Kläger nach Nr. 8 [X.] verpflichtet ist, im Rahmen der durch seinen Klangkörper wahrzunehmenden Aufgaben mit [X.] in Anlage 2 des [X.] bezeichneten Instrumenten seiner Instrumentengruppe mitzuwirken.

1. Die Klage ist zulässig, insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZP[X.] erforderliche Feststellungsinteresse. Der Beklagte nimmt in Anspruch, den Kläger zur Mitwirkung mit weiteren Instrumenten im tariflich geregelten Umfang heranziehen zu können. Eine Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sogenannte Elementenfeststellungsklage - ([X.]Rspr., vgl. [X.] 19. [X.]ktober 2011 - 4 [X.] - Rn. 13, [X.] 2011, 2783). Die begehrte Feststellung ist geeignet, die Reichweite des Direktionsrechts des Beklagten klarzustellen.

2. Die Klage ist unbegründet.

a) Nach § 106 Satz 1 [X.] kann der Arbeitgeber den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingung nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist. [X.] beiderseitiger Tarifbindung kommen nach § 4 Abs. 1 [X.] die Rechtsnormen des [X.] auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung. Nach Nr. 8 [X.] 310.1 [X.] sind die Klangkörpermitglieder im Rahmen der durch die jeweiligen Klangkörper wahrzunehmenden Aufgaben verpflichtet, in bzw. mit [X.] in Anlage 2 des [X.] näher bezeichneten Stimmen bzw. Instrumenten der jeweiligen Stimm- bzw. Instrumentengruppe mitzuwirken. Die Tarifnorm legt das Direktionsrecht des Beklagten fest und konkretisiert die Arbeitspflicht auf die Mitwirkung mit den in der bezeichneten Anlage genannten Instrumenten. Der Beklagte ist danach berechtigt, den Kläger zur Mitwirkung mit der Piccolotrompete, dem Kornett, dem Flügelhorn, der [X.] und dem Posthorn - gegen Zahlung einer Leistungszulage nach [X.] 5.2 [X.] - heranzuziehen. Der Kläger kann nicht frei entscheiden, ob er mit diesen Instrumenten mitwirkt.

b) Zwischen den Parteien besteht keine für den Kläger günstigere vertragliche Abmachung, die der tariflichen Regelung nach § 4 Abs. 3 [X.] vorgeht. Dies ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrags vom 23. [X.]ktober 1996.

aa) Dem Arbeitsvertrag liegt der [X.] nach [X.] 214.1 [X.] und damit ein Formulararbeitsvertrag zugrunde. Dieser ist nach seinem objektiven Inhalt und typischen Sinn so auszulegen, wie er von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden kann, wobei die [X.] des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der [X.]. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten. Die Auslegung durch das [X.] kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden ([X.] 19. [X.]ktober 2011 - 4 [X.] - Rn. 18, 26, [X.] 2011, 2783).

bb) Der Arbeitsvertrag entspricht inhaltlich vollständig dem [X.] nach [X.] 214.1 [X.]. Der [X.] und die [X.]rchesterordnung sind nach § 2 Satz 1 Bestandteil des Arbeitsvertrags. Die Parteien wollten einen Arbeitsvertrag schließen, der die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis den Bestimmungen des [X.] unterstellt. Dies gilt auch in Bezug auf die in § 1 des Arbeitsvertrags enthaltene Vereinbarung zur geschuldeten Tätigkeit. Auch insoweit vollzieht der Arbeitsvertrag lediglich die Vorgaben des [X.]s nach, ohne davon abzuweichen.

(1) Mit der Stellenbezeichnung „1. und Solo-Trompeter“ wird die Funktion des [X.] innerhalb des Sinfonieorchesters beschrieben, ohne dass damit die von ihm zu spielenden Instrumente festgelegt werden. Diese ergeben sich aus der Bezeichnung der Instrumente in § 1 des Arbeitsvertrags in Verbindung mit dem [X.] und der [X.]rchesterordnung, die Bestandteil des Arbeitsvertrags sind.

(2) Das Direktionsrecht des Beklagten ist nicht deshalb beschränkt, weil in der Rubrik „Hauptinstrument“ Trompete eingetragen ist und in der Rubrik „[X.](e)“ drei Striche vermerkt sind. Auch der Regelungsgehalt der Festlegung der „Verpflichtungen“ des [X.] erschöpft sich in der Umsetzung der tariflichen Vorgaben von [X.] 212 [X.]; danach sind die Vertragsinstrumente des [X.]rchestermitglieds (Haupt- und [X.]) in den Arbeitsvertrag aufzunehmen. Welche Rechtsfolgen sich aus dieser Festlegung ergeben, regelt wiederum der [X.]. Nach [X.] 541 Buch[X.]c [X.] löst das Spielen eines im Arbeitsvertrag nicht vorgesehenen Instruments den Anspruch auf eine Sondervergütung aus.

(3) Dass von der jeweiligen [X.] abweichende Vereinbarungen nicht gewollt waren, ergibt sich deutlich aus § 4 des Arbeitsvertrags („Besondere Vereinbarungen“). An der im [X.] für solche Vereinbarungen vorgesehenen Stelle haben die Parteien in Bezug auf die vertraglich geschuldete Tätigkeit und die Reichweite des Direktionsrechts keine von der [X.] abweichende Regelung getroffen. Der Rechtsvorgänger des Beklagten hat die Aufnahme einer zusätzlichen Beschreibung der geschuldeten Tätigkeit in den Arbeitsvertrag im Schreiben vom 16. März 1995 sogar ausdrücklich abgelehnt.

(4) Danach kann dahingestellt bleiben, ob die ergänzende Auslegung der Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrags insgesamt zu einer Anwendung des [X.] führt.

c) Auch wenn der Kläger nach [X.] 320 ff. [X.] durch Ausübung des Direktionsrechts nicht zur Mitwirkung mit weiteren Instrumenten verpflichtet werden konnte, richtet sich die Mitwirkungspflicht nach Ablösung des [X.] nunmehr nach dem kraft Tarifbindung anwendbaren [X.]. Nach § 2 des Arbeitsvertrags ist der [X.] nicht mehr Vertragsbestandteil, da er nur bis zu einer neuen Abmachung gelten sollte. Seit dem 1. Januar 2008 gelten die neuen Tarifverträge. Wurde das Direktionsrecht des Arbeitgebers in Nr. 8 [X.] 310.1 [X.] gegenüber der früheren [X.] erweitert, ist dies nicht zu beanstanden. Es unterliegt der [X.] der Tarifvertragsparteien, bei einer tariflichen Neuregelung für den Arbeitnehmer ungünstigere Bestimmungen zu vereinbaren ([X.] 27. [X.]ktober 2010 - 10 [X.] - Rn. 17, [X.], 172; 22. April 2009 - 4 [X.] - Rn. 34, [X.]E 130, 286). Dies ist von Art. 9 Abs. 3 GG gedeckt ([X.] 13. August 2009 - 6 [X.] - Rn. 29, [X.] [X.] § 1 Tarifverträge: [X.] Nr. 2).

d) Aus [X.] 3.4 TV ÜK ergibt sich kein anderes Ergebnis. Danach bleibt zwar in Bezug auf die Verpflichtung zum Spielen eines [X.]s die bisherige arbeitsvertragliche Vereinbarung maßgeblich. Daraus folgt jedoch lediglich, dass der Kläger nach wie vor die jetzt in [X.] 5.2 [X.] normierte Leistungszulage für das Spielen nicht vereinbarter Instrumente erhält; die tariflich geregelte Mitwirkungspflicht des [X.] wird dadurch nicht beschränkt.

III. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZP[X.].

        

    Mikosch    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Beck    

        

    Maurer    

                 

Meta

10 AZR 779/10

18.01.2012

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Freiburg (Breisgau), 29. Januar 2010, Az: 14 Ca 237/09, Urteil

§ 1 TVG, § 4 Abs 3 TVG, § 106 S 1 GewO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.01.2012, Az. 10 AZR 779/10 (REWIS RS 2012, 9993)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9993

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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