Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2001, Az. 1 StR 293/01

1. Strafsenat | REWIS RS 2001, 1215

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES VOLKESURTEIL1 StR 293/01vom25. September 2001in der Strafsachegegenwegen Vergewaltigung u.a.- 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom25. September 2001, an der teilgenommen haben:[X.] am [X.]. [X.] [X.] am [X.]. Wahl,[X.],[X.],[X.],Oberstaatsanwalt beim [X.],Staatsanwalt als Vertreter der [X.],[X.] der Verhandlung als Verteidigerin,Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 1. Mrz 2001 im [X.] mit den Feststellungen aufgehoben.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlungund Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, aneine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchter sexueller Nöti-gung und wegen Vergewaltigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf [X.] und zehn Monaten verurteilt. Gegen den Strafausspruch dieses Urteilswendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer zuungunsten des Angeklagteneingelegten, auf die Sachbeschwerde gestützten Revision. Das [X.] Erfolg.[X.] Revision ist wirksam auf den Strafausspruch beschrkt. Das ergibtdie Auslegung der [X.]. Der unbeschrkte [X.] steht im Widerspruch dazu, daß die Revisionsbegründung lediglich aufeine höhere Bestrafung des Angeklagten [X.] 4 -I[X.] Annahme erheblich verminderter [X.] im [X.] 2 [X.] Vergewaltigung zum Nachteil der K. - begegnetim Zusammenhang mit den [X.], die dieserBewertung zugrunde gelegt wurden, durchgreifenden rechtlichen Bedenken.1. Nach den Feststellungen zu [X.] 2 hielt der Angeklagte - vier Tagenachdem er eine Joggerin festgehalten hatte, um sie im Brust- und Genitalbe-reich anzufassen ([X.] 1) - die in einem Waldgebiet als Joggerin laufende K. an und zwang sie unter Bedrohung mit einem Messer, sichauszuziehen. Er faßte die Gescigte im Bereich der Brust und der Scheidean und versuchte sodann, mit seinen Fingern in die Scheide einzudringen. [X.] zwei weitere Jogger rten, gab er dieses Vorhaben auf und zwang [X.] mit der Drohung, er [X.] sie sonst "abstechen", sich ruhig zuverhalten. Als die Jogger sich entfernt hatten, veranlaßte der Angeklagte [X.], sich auf den Rcken zu legen, und drang mit seinem erigiertenGlied, an dem er bereits vor seinem Zusammentreffen mit der [X.] hatte, in deren Scheide ein und frte den [X.] durch. Nach kurzer Zeit zog er sein Glied heraus und fordertedie Gescigte auf, sich [X.]. Sodann drang er von hinten in [X.] der Gescigten eite den Geschlechtsverkehr bis zum Sa-menerguß aus.Das [X.] hat in Übereinstimmung mit dem rten [X.] bei dem Angeklagten eine schwere andere seelische Abartigkeit imSinne des § 20 StGB, mlich eine emotional instabile Perslichkeitsstrungnach F 60.3. ICD 10 festgestellt. Abweichend von dem Gutachten des Sach-verstigen - dessen Sachkunde das [X.] als unbestritten bezeichnet- 5 -hat - hat es nicht ausgeschlossen, [X.] die Figkeit des Angeklagten, nachseiner Einsicht vom Unrecht der Tat zu handeln, bei Begehung der Tat im[X.] 2 aufgrund dieser Perslichkeitsstrung erheblich eingeschrkt war.2. Das [X.] war zwar nicht gehindert, von dem Gutachten desvernommenen [X.] abzuweichen; denn dieses kann stets nureine Grundlage der eigenen Überzeugungsbildung sein. Wenn der [X.] eine Frage, fr die er geglaubt hat, des Rates eines [X.] zurfen, im Widerspruch zu dem Gutachten lsen will, muû er die maûgebli-chen Darlegungen des [X.] wiedergeben und seine Gegenan-sicht unter Auseinandersetzung mit diesen begr(st.Rspr., vgl. BGHR,§ 261 [X.], Sachverstiger 1/[X.] m.w.N.). Das ist hier [X.] ausreichendem [X.] geschehen.Von den Ausfrungen des [X.] hat das [X.] mit-geteilt, die Perslichkeitsstrung des Angeklagten sei "durch die Neigung [X.], in Konfliktsituationen impulsiv zu handeln, wobei dieses Verhal-ten immer nur dann auftrete, wenn der Betroffene von anderen kritisiert oderherabgesetzt werde". Die [X.] des Angeklagten sei nach Auf-fassung des [X.] hier nicht erheblich eingeschrkt gewesen,weil es sich um keine eskalierende Konfliktsituation gehandelt habe. [X.] [X.] die Tat habe vermeiden k, zeige sich auch in der Tatausfh-rung, zum Beispiel in dem Innehalten bei dem Herannahen der Jogger.Die Strafkammer rechtfertigt ihre Abweichung von der Auffassung des[X.] damit, sie kicht [X.], [X.] sich die Persn-lichkeitsstrung durch die bereits vor der Tat eingetretene sexuelle [X.] [X.] habe. Nicht [X.] sei ferner, [X.] bei dem Ange-klagten die sich aus dem Scheitern seiner ersten Tat ergebende [X.] 6 -noch [X.] habe. Auch deute die bei der Tat gefallene [X.], [X.] erjetzt endlich einmal wissen msse, wie eine Frau nackt aussehe, "eher auf [X.] des Angeklagten durch eirmchtigen Trieb hin".Damit lassen die [X.] im Ausgangspunkt die erforderli-che Auseinandersetzung mit der zentralen Feststellung des [X.]vermissen, die zu [X.] frende Perslichkeitsstrung [X.] komme nur in eskalierenden, mit Herabsetzung des [X.] Konfliktsituationen zum Durchbruch, eine solche habe hier jedochnicht bestanden. Es wird nicht einmal erkennbar, ob die Kammer im [X.] dem [X.] eine derartige Konfliktsituation bejaht oder ob sieaucig vom Vorliegen einer solchen Situation die erhebliche Ein-schrkung der [X.] nicht [X.] vermag. Die [X.], das Verhalten des Angeklagten sei "eher" durch eirmchtigenTrieb beherrscht, deutet auf letzteres hin.Auch im rigen geht die Kammer fehlerhaft mit den Ausfrungen des[X.] um. Soweit sie diese dahin versteht, in der [X.] sich nach Auffassung des [X.], [X.] der Angeklagte die Tathabe vermeiden k deshalb die [X.] nicht erheblicheingeschrkt gewesen sei, ist dieser Gesichtspunkt zur Abgrenzung einervollen Schuldfigkeit von einer verminderten Schuldfigkeit gemû § 21StGB ungeeignet; denn wenn der Angeklagte die Tat nicht tte [X.], kte allein eine Schuldunfigkeit gemû § 20 StGB ins Auge ge-faût werden. Die Kammer hat daher entweder unhaltbare Darlegungen des[X.] nicht als solche erkannt oder die Darlegungen des [X.] unzutreffend [X.] 7 -Darr hinaus vermie von der Kammer angegebenen Grauch fr sich in keinem Fall die Mlichkeit einer erheblichen Einschrkungder [X.] zu belegen. [X.] die mit emotionaler Instabilitt undmangelnder Impulskontrolle bei Kritik durch andere einhergehende Perslich-keitsstrung des Angeklagten durch dessen sexuelle Erregung erheblich ver-strkt worden sein kann, versteht sich nicht von selbst, sondertte sachkun-diger Darlegung bedurft. [X.] das Scheitern der vier Tage zuvor [X.] noch in einem die [X.] beeintrchtigenden Umfang fortge-wirkt haben kann, erscheint angesichts der gerade durch [X.] des Angeklagten nicht ohne weiteres nachvollzieh-bar. Soweit die Kammer zustzlich auf die Beherrschung des [X.] einen "rmchtigen Trieb" abstellt, bleibt offen, unter welchem Ge-sichtspunkt - verstrkendes Moment der festgestellten Perslichkeitsstrung,Triebstrung als weitere schwere andere seelische Abartigkeit oder tiefgreifen-de Bewuûtseinsstrung in Form eines affektiven Ausnahmezustandes - sie dieSchuldfigkeit des Angeklagten insoweit betroffen sieht. Von einer Triebhaf-tigkeit des Vorgehens des Angeklagten war der Sachverstige nicht ausge-gangen. Wenn die Kammer insoweit ohne sachverstige Untersttzung zueinem gegenteiligen Ergebnis kommt, tte dies sachkundig belegt werdenmssen; die kurzen Hinweise des Urteils jedenfalls nicht. Schlieûlichweist der [X.] zu Recht darauf hin, [X.] die [X.], gegen eine [X.] des Angeklagten spreche die Bege-hung der Tat unter der konkreten Gefahr der Entdeckung, von den getroffenenFeststellungen nicht getragen wird; denn nach diesen zerrte der [X.] Gescigte vor der Durchfrung der sexuellen Handlungen von [X.] in eine Waldschneise, wo er von den Joggern auch nicht [X.] -II[X.] aufgezeigten Rechtsfehler fren im Ergebnis nicht nur zur Aufhe-bung der Strafe hinsichtlich der Tat zu [X.] der [X.], sondern auch zurAufhebung der fr die versuchte sexuelle Ntigung verten Strafe.Bei Tatmehrheit kann nach der stigen Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs die Aufhebung eines Einzelstrafausspruchs zur Aufhebung weite-rer, fr sich genommen [X.] fren, wenn nicht[X.] ist, [X.] diese durch den Rechtsfehler im Ergebnis beeinfluûtsind (vgl. die Nachw. bei [X.]/[X.], [X.], 45. Aufl., § 353Rdn. 10). Dies kann unter anderem dann zu bejahen sein, wenn die abgeur-teilten Taten in einem engen inneren Zusammenhang stehen. Da davon hierauszugehen ist, hat der Senat den Strafausspruch insgesamt aufgehoben. [X.] der Bindung an die Feststellungen des rechtskrftigen Schuld-spruchs zum Tatgeschehen ist die neu entscheidende Strafkammer bei derPrfung der Voraussetzungen des § 21 StGB nicht an weiteren Feststellungenzu [X.], die auûerhalb des eigentlichen Tatgeschehens lie-gen. Das gilt insbesondere fr Umst, die im Bereich der [X.] [X.] liegen (z.B. das Überstreifen eines Kondoms vor dem Zusam-mentreffen des Angeklagten mit der Gescigten).- 9 -Sollte das neue Tatgericht die Voraussetzungen des § 21 StGB bejahen,so wird auch die Frage zu prfen sein, ob eine Unterbringung des [X.] § 63 StGB anzuordnen ist.[X.] Wahl Boetticher [X.] Kolz

Meta

1 StR 293/01

25.09.2001

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2001, Az. 1 StR 293/01 (REWIS RS 2001, 1215)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 1215

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.