Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.07.2007, Az. V ZR 244/06

V. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 3013

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/06 Verkündet am: 6. Juli 2007 Weschenfelder, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2007 durch [X.] [X.], [X.] Lemke und [X.], die Richterin [X.] und [X.] Czub für Recht erkannt: Die Revision gegen das [X.]eil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 18. Oktober 2006 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Klägerin ist Miteigentümerin eines in [X.] be-legenen Grundstücks. Es wurde seinen früheren [X.] Eigentümern in den Jahren 1935 bis 1938 verfolgungsbedingt entzogen, 1950 als Eigentum des Volkes gebucht und nach der [X.] durch Bescheid vom 30. November 1993 dem beklagten Land zugeordnet. 1 Seit 1990 wurde das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück als sog. Literaturhaus, einer Begegnungsstätte für Autoren und Publikum, genutzt. Dabei handelte es sich zunächst um eine nachgeordnete Einrichtung des [X.]. Ab 1993 befand sich das Literaturhaus in privater Trägerschaft und wurde durch den [X.]n gefördert. Ein Entgelt für die Nutzung des [X.] vereinbarte und erhob der [X.] nicht. 2 - 3 - Durch [X.] vom 15. März 1999 wurde das Grundstück auf die Klägerin und die Mitberechtigte [X.]zurückübertragen. Die Übergabe des Grundstücks erfolgte am 31. Dezember 1999. 3 Die Klägerin verlangt für den Zeitraum vom 1. Juli 1994 bis zum 31. Dezember 1999 auf der Grundlage der für das Grundstück erzielbaren Mie-te Ersatz für nicht gezogene Nutzungen in Höhe von 289.534,37 •. 4 Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren [X.] weiter. Der [X.] beantragt die Zurückweisung der Revision. 5 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hält den geltend gemachten Zahlungsanspruch für unbegründet. Die Vorschrift des § 7 Abs. 7 Satz 2 [X.] verpflichte den [X.] nur zur Herausgabe gezogener Nutzungen. Sie sei weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar, wenn der Verfügungsberechtigte keine Nutzungen gezogen habe. Die Klägerin könne die für das Grundstück erzielbare Miete auch nicht als Schadensersatz beanspruchen. Zwar bestehe zwischen dem Verfügungs- und dem Restitutionsberechtigten ein gesetzliches Schuldverhältnis. Die unentgeltliche Überlassung des Grundstücks an den [X.] Träger des [X.] verletze die daraus folgenden Pflichten [X.] nicht. 6 - 4 - I[X.] Die Revision hat keinen Erfolg. 7 1. Allerdings entspricht das Berufungsurteil, das anstelle eines [X.] lediglich Prozessgeschichte und die Berufungsanträge enthält, nicht den Anforderungen des § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Ein Berufungsgericht kann zwar von einer eigenen Darstellung des Sach- und Streitstandes absehen, wenn die maßgeblichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen [X.]eil enthalten sind. Es muss dann aber ausdrücklich auf diese Bezug nehmen. Fehlt es so-wohl an eigenen tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts als auch an einer Bezugnahme auf die Feststellungen der angefochtenen Ent-scheidung, unterliegt das Berufungsurteil - weil es dann an der für die [X.] Nachprüfung erforderlichen maßgeblichen Beurteilungsgrundlage nach § 559 ZPO fehlt - grundsätzlich von Amts wegen der Aufhebung und Zu-rückverweisung (vgl. Senat, [X.], 37, 41 f.; [X.], [X.]. v. 22. Dezember 2003, [X.], NJW-RR 2004, 494; [X.]. v. 28. September 2004, [X.] 362/03, [X.], 830, 831; [X.]. v. 16. März 2005, [X.], [X.], 143). 8 Von der Aufhebung des Berufungsurteils kann ausnahmsweise abgese-hen werden, wenn sich die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung [X.] deutlich aus den [X.]eilsgründen ergeben (vgl. Senat, [X.]. v. 6. Juni 2003, [X.], NJW-RR 2003, 1290, 1291; [X.], [X.]. v. 22. Dezember 2003, [X.], [X.]O; [X.]. v. 16. März 2005, [X.], [X.]O). Das ist hier der Fall. Das Berufungsgericht erwähnt das [X.]eil des [X.]s mehrfach und legt seiner rechtlichen Beurteilung erkennbar dessen tatsächliche [X.] zugrunde. Änderungen oder Ergänzungen des relevanten Sachverhalts sind weder ersichtlich noch genannt. Das lässt den Schluss zu, dass das [X.] - 5 - fungsgericht sich die Feststellungen des [X.]s zu Eigen machen wollte und lediglich übersehen hat, dass dies nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO eine ausdrückliche Bezugnahme erfordert. 2. In der Sache hält das Berufungsurteil revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht nimmt zutreffend an, dass es an einer gesetzli-chen Grundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch fehlt. 10 a) Ein Anspruch auf Ersatz nicht gezogener Nutzungen ergibt sich nicht aus § 7 Abs. 7 Satz 2 [X.]. Nach dieser Bestimmung hat der Verfügungsbe-rechtigte dem Berechtigten die Entgelte herauszugeben, die ihm aus einem Miet-, Pacht- oder sonstigen Nutzungsverhältnis zugeflossen sind oder zuste-hen. Hat der Verfügungsberechtigte den zurückzuübertragenden Vermögens-gegenstand - wie hier - unentgeltlich einem Dritten überlassen, fehlt es an ei-nem solchen Entgelt. Die Vorschrift des § 7 Abs. 7 Satz 1 [X.] ist in diesem Fall auch nicht entsprechend anwendbar. Das hat der Senat in seinem [X.]eil vom 23. April 1999 bereits näher begründet ([X.]Z 141, 232, 236 ff.; vgl. auch Senat, [X.]Z 132, 306, 311). 11 b) Entgegen der Auffassung der Revision führt der Umstand, dass der [X.] das für das Grundstück erzielbare Nutzungsentgelt nicht realisiert hat, zu keiner Schadensersatzverpflichtung wegen schuldhaft ordnungswidriger [X.] des Vermögensgegenstandes. 12 [X.]) Zwar entsteht mit der Anmeldung des Rückübertragungsanspruchs zwischen dem Berechtigten und dem Verfügungsberechtigten ein gesetzliches Schuldverhältnis, das Züge einer gesetzlichen Treuhand trägt und Schadenser-satzpflichten aus positiver Forderungsverletzung oder aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F. begründen kann (vgl. Senat, [X.]Z 128, 210, 211; [X.]. v. 30. Sep-tember 2005, [X.], [X.] 2005, 359, 360). Diese Rechtsbeziehung ist 13 - 6 - allerdings nicht umfassend, sondern nur in einzelnen, von dem Gesetz hervor-gehobenen Fällen wie ein Treuhandverhältnis ausgebildet ([X.], [X.]. v. 16. De-zember 2004, [X.], NJW-RR 2005, 391, 392). Hierzu zählen die Fälle, in denen der Verfügungsberechtigte nach Anmeldung des [X.] ausnahmsweise Rechtsgeschäfte vornehmen darf (§ 3 Abs. 3 [X.]; vgl. Senat, [X.]. v. 14. Dezember 2001, [X.], [X.], 613, 614). Diese Geschäfte hat er so zu führen, wie es das Interesse des Berechtig-ten mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen erfordert (§ 3 Abs. 3 Satz 6 [X.]). Gleiches gilt in dem weiteren Fall der [X.] nach § 7 Abs. 7 Satz 2 [X.] (Senat, [X.]. v. 14. Dezember 2001, [X.], [X.]O; [X.]. v. 10. Oktober 2003, [X.], [X.], 889, 890; [X.]. v. 30. September 2005, [X.], [X.] 2005, 359, 360). [X.]) Aus diesem Schuldverhältnis folgt jedoch keine Verpflichtung des Verfügungsberechtigten, eine unentgeltliche Nutzung des zu restituierenden Vermögensgegenstands zu unterlassen und stattdessen ein entgeltliches Nut-zungsverhältnis zu begründen. Der Verfügungsberechtigte ist nicht verpflichtet, aus der Nutzung des Vermögensgegenstands einen Überschuss für den Be-rechtigten zu erwirtschaften (Senat, [X.]. v. 29. Juni 2007, [X.]/06 - zur [X.] bestimmt). Etwas anderes ergibt sich weder aus § 3 Abs. 3 Satz 1 [X.] noch aus § 7 Abs. 7 Satz 2 [X.]. 14 (1) Wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt und auch die Revision zugesteht, ist die Vorschrift des § 3 Abs. 3 Satz 1 [X.], die den Verfügungs-berechtigten verpflichtet, den Abschluss dinglicher Rechtsgeschäfte und die Eingehung langfristiger vertraglicher Verpflichtungen zu unterlassen, schon von seinem Regelungsgegenstand her nicht einschlägig. Sie schützt die künftige - also mit der bestandskräftigen Rückübertragung beginnende - Dispositionsbe-fugnis des Berechtigten (Senat, [X.]Z 128, 210, 214), ändert aber nichts an der 15 - 7 - Konzeption des Vermögensgesetzes, wonach der zu restituierende [X.] bis zur Bestandskraft des Rückübertragungsbescheids im Eigentum des Verfügungsberechtigten verbleibt und diesem daher grundsätzlich auch die Nutzungen der Sache gebühren (vgl. § 7 Abs. 7 Satz 1 [X.] sowie Senat, [X.]Z 141, 232, 235 ff.; [X.]. v. 25. Februar 2005, [X.], [X.] 2005, 88, 89; [X.], [X.]. v. 19. März 1998, [X.], [X.], 1348, 1349). (2) Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich eine Verpflichtung des Verfügungsberechtigten, erzielbare Nutzungsentgelte zu realisieren, auch nicht aus der Vorschrift des § 7 Abs. 7 Satz 2 [X.] herleiten. Die hieraus fol-gende Verpflichtung des Verfügungsberechtigten, mit einer Vermietung oder Verpachtung des Vermögensgegenstands verbundene Geschäfte so zu führen, wie es das Interesse des Berechtigten mit Rücksicht auf dessen tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen erfordert, knüpft an ein am 1. Juli 1994 bestehendes oder zu diesem Zeitpunkt oder später begründetes Nutzungsverhältnis an ([X.], [X.]. v. 14. Dezember 2001, [X.], [X.], 613, 614). Sie schützt den Berechtigten davor, dass sein - gemäß § 7 Abs. 7 Satz 3 [X.] erst mit bestandskräftiger Rückübertragung des Vermögensgegenstands entstehender - Herausgabeanspruch aus § 7 Abs. 7 Satz 2 [X.] durch schuldhaftes Verhal-ten des Verfügungsberechtigten wirtschaftlich ausgehöhlt wird. Da dieser Herausgabeanspruch aber auf die Entgelte aus bestehenden Miet-, Pacht- oder sonstigen Nutzungsverhältnissen beschränkt und, wie dargelegt, auf andere Nutzungen nicht entsprechend anwendbar ist (Senat, [X.]Z 141, 232, 236 f.), bezieht sich auch die durch § 7 Abs. 7 Satz 2 [X.] begründete Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Verwaltung allein auf Entgelte, die dem Verfügungsbe-rechtigten zugeflossen sind oder ihm zustehen. Die schuldhafte Einwirkung auf bestehende [X.] kann Schadensersatzansprüche wegen positiver Forderungsverletzung des zwischen dem Verfügungsberechtigten und dem Be-rechtigten bestehenden Schuldverhältnisses begründen (vgl. Senat [X.]. v. 16 - 8 - 14. Dezember 2001, [X.], [X.], 613, 614; [X.]. v. 30. September 2005, [X.], [X.] 2005, 359, 360). Demgegenüber lässt sich der Vor-schrift des § 7 Abs. 7 Satz 2 [X.] keine Verpflichtung des Verfügungsberech-tigten entnehmen, Ansprüche auf Nutzungsentgelt erstmals zu begründen (in diesem Sinne bereits: Senat, [X.]. v. 14. Dezember 2001, [X.], [X.], 613, 614 zu I[X.] 1. b). II[X.] [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. 17 [X.]Stresemann Czub Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 15.12.2005 - 13 O 636/04 - [X.], Entscheidung vom 18.10.2006 - 11 U 3/06 -

Meta

V ZR 244/06

06.07.2007

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.07.2007, Az. V ZR 244/06 (REWIS RS 2007, 3013)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 3013

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