Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.10.2008, Az. 4 StR 233/08

4. Strafsenat | REWIS RS 2008, 1576

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] vom 8. Oktober 2008 in der Strafsache gegen wegen versuchten Mordes u.a. - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 8. Oktober 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 21. Dezember 2007 mit den Feststellungen aufgehoben; jedoch bleiben die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen im dritten Tatkomplex einschließlich derjenigen zu den [X.] des [X.], dem Zustand des Tatfahrzeugs und zu der Fahrtstrecke ([X.] bis 11, Zeile 18) [X.]. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zustän-dige Strafkammer des [X.] zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen "versuchten Mordes in [X.] und mit unerlaubtem Besitz einer Schusswaffe sowie wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit gefährlichem Eingriff in den [X.]nverkehr" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und 1 - 3 - eine Sperrfrist von vier Jahren für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis festge-setzt. Der Angeklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der [X.] ersichtlichen Um-fang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 2 1. Spätestens während der Fahrt durch ein Waldgebiet fasste der Ange-klagte den Entschluss, den im [X.] neben ihm sitzenden Zeugen [X.]zu töten, —wobei seine Motivlage nicht geklärt werden [X.] Der An-geklagte hielt den [X.] gegen 11:30 Uhr unter einem Vorwand auf dem Randstreifen der [X.] an und verließ das Fahrzeug. Unbemerkt von [X.], der im [X.] wartete, kehrte der Angeklagte zu dem Fahrzeug zurück, öffnete die Fahrertür und schoss mit seiner Pistole vom Typ [X.] auf [X.] , um diesen unter Ausnutzung seiner Arg- und Wehrlosigkeit zu tö-ten. Das Projektil durchdrang die Muskulatur des Geschädigten oberhalb des linken Schlüsselbeins. [X.] verließ den [X.] und rannte im [X.] auf die [X.] und von dort aus in den Wald. Die weiteren drei Schüsse, die der Angeklagte auf den fliehenden [X.] abgab, verfehlten diesen. —Er geriet aus dem Blickfeld des Angeklagten, der dem Zeugen nicht in den Wald folgte, sondern bei seinem Fahrzeug verblieb und sein Tötungsvorhaben als gescheitert ansah.fi 3 Der Angeklagte wendete den [X.] und verblieb am [X.]. Als [X.] "nach einiger Zeit" aus dem Wald herauskam und versuchte, den Fahrer eines etwa 40 m vor dem [X.] haltenden [X.] zu veranlassen, ihn mitzunehmen, beugte sich der Angeklagte aus seinem Fahrzeug heraus und schoss erneut auf [X.] , ohne diesen zu treffen. Der Angeklagte folgte 4 - 4 - [X.], der wegzulaufen versuchte, mit dem [X.]. Als er diesen erreicht hatte, hielt er sein Fahrzeug an und rief [X.] zu: fiWas hab ich ge-tan, was hab ich getan, steig ein.fi [X.] forderte den Angeklagten auf, die Waffe wegzuwerfen, was dieser tat, stieg in den [X.] ein und bat den Angeklagten, ihn ins Krankenhaus zu fahren. Während der Fahrt auf der [X.] telefonierte [X.] mit seinem Bruder. Der Angeklagte entschloss sich, [X.] zu töten, weil er befürchtete, dieser werde seinem Bruder den wirklichen Tathergang schildern. Er beschleu-nigte den [X.] auf etwa 100 km/h und lenkte ihn —kurz nach 11:51" Uhr gezielt nach rechts mit der rechten Vorderfront gegen einen am Randstreifen stehenden Baum. [X.] überlebte den Unfall. 5 2. Nach Auffassung des [X.] hat der Angeklagte den fünften Schuss auf [X.] aufgrund eines neuen [X.] abgeben und hat danach freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgegeben. Der [X.] Rücktritt gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB erstrecke sich aber nicht auf den vorangegangenen Mordversuch, weil der Angeklagte diesen als fehlgeschlagen angesehen habe. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 6 Bei einem mehraktigen Geschehen ist der Rücktritt hinsichtlich des [X.] Tatabschnitts allerdings dann ausgeschlossen, wenn dieser als ein bereits fehlgeschlagener Versuch zu erachten ist (vgl. BGHSt 34, 53, 55; 41, 368, 369; 44, 91, 94). Von einem solchen, auch durch spätere Handlungen nicht mehr rücktrittsfähigen fehlgeschlagenen Versuch ist - bei [X.] - jedoch nur dann auszugehen, wenn der Täter nach dem Misslingen des vorgestellten [X.] zu der Annahme gelangt, er könne die Tat nicht mehr ohne zeitliche Zäsur mit den bereits eingesetzten oder anderen bereitliegenden Mitteln [X.] - 5 - den, so dass ein erneutes Ansetzen notwendig sei, um zum gewünschten Ziel zu gelangen (BGHSt 41, 368, 369 m.w.N.). Zwar hat der Angeklagte nach den bisherigen Feststellungen sein Vorhaben, den [X.] zu töten, nach dessen Flucht in den Wald als gescheitert angesehen. Diese Feststellung findet aber in der Beweiswürdigung des [X.] keine Grundlage. Vielmehr lässt die [X.] entgegen der Auffassung der Revision [X.] rechtsfehlerfrei festgestellte objektive Sachlage, die insoweit von Bedeutung ist, als sie Rückschlüsse auf die innere Einstellung des [X.] gestattet (vgl. BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Freiwillig-keit 7), nicht ohne Weiteres den Schluss zu, der Angeklagte habe den [X.] nach Abgabe des vierten Schusses als gescheitert angesehen. Nach den bisherigen Feststellungen hatte der Angeklagte auch nach Abgabe des vierten Schusses objektiv weiterhin die Möglichkeit, die Tat ohne zeitliche Zäsur mit dem bereits eingesetzten Mittel zu vollenden. In seiner funktionstüchtigen [X.] befanden sich noch zwei Patronen, so dass er das Tatopfer hätte verfolgen können, um in eine günstigere Schussposition zu gelangen. Anhaltspunkte [X.], dass der Angeklagte hierzu [X.] etwa aus physischen Gründen [X.] nicht in der Lage gewesen wäre, enthält das Urteil nicht. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass der Angeklagte nach dem vier-ten Schuss die ihm möglich erscheinende weitere Ausführung der Tat freiwillig aufgegeben hat und dass er sowohl von dem Mordversuch als auch von dem dann rechtlich selbständigen nachfolgenden weiteren Tötungsversuch strafbe-freiend zurückgetreten ist. Nach den bisherigen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen kommt aber, worauf die Revision zutreffend hingewiesen hat, auch in Betracht, dass der Angeklagte von der Verfolgung [X.]s deshalb absah, weil er mit dessen alsbaldiger Rückkehr zur [X.] rechnete und die Tat dann vollenden wollte. Insoweit hätte der Prüfung bedurft, ob die dann durch einen fortbestehenden Tötungsvorsatz verbundenen Einzelakte bis zum [X.] - 6 - werfen der Pistole in einem derart unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zu-sammenhang stehen, dass das gesamte Handeln des Angeklagten in diesen [X.] auch für einen Dritten als [X.] erscheint (vgl. [X.], 263; 2007, 399, jew. m. w. N.). Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. 9 3. Soweit der Angeklagte im dritten Handlungsabschnitt des [X.] versucht hat, [X.] zu töten, indem er mit dem [X.] mit ho-her Geschwindigkeit gezielt mit der Beifahrerseite des Fahrzeugs gegen einen [X.]nbaum fuhr, ist der Schuldspruch wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit gefährlichem Eingriff in den [X.]n-verkehr zwar für sich genommen im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat hebt das Urteil aber gleichwohl auch insoweit auf, um dem neuen Tatrichter Gelegenheit zu geben, zu den Motiven des Angeklagten - und damit auch zu den in Betracht kommenden Mordmerkmalen - widerspruchsfreie Fest-stellungen zu treffen. Die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen in diesem Handlungsabschnitt können jedoch bestehen bleiben. Die ihnen zu Grunde [X.] Beweiswürdigung ist entgegen der Auffassung der Revision rechtlich nicht zu beanstanden; insbesondere weist sie auch keine Lücken auf. 10 4. Die Ausführungen im Rahmen der rechtlichen Würdigung geben [X.] auf Folgendes hinzuweisen: 11 a) Wer die tatsächliche Gewalt über eine Waffe außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume oder des eigenen befriedeten Besitztums ausübt, führt eine Waffe (Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 [X.] Abschnitt 2 Nr. 4). Der gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 1 [X.] strafbare unerlaubte Besitz und das nach dieser [X.] - 7 - schrift strafbare unerlaubte Führen einer Waffe stehen in Tateinheit (vgl. [X.], 101). b) Soweit das [X.] neben einer das Leben gefährdenden Be-handlung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB auch die Tatbestandsvariante des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB bejaht und das eingesetzte Kraftfahrzeug als [X.] Werkzeug angesehen hat, wird vorsorglich auf die Entscheidung des Senats vom 16. Januar 2007 - 4 StR 524/06 (BGHR StGB § 224 Abs. 1 Nr. 2 i.d.F. des 6. StrRG Werkzeug 3) hingewiesen. 13 c) Die Gefährdung des vom Täter geführten, ihm aber nicht gehörenden Fahrzeugs scheidet aus dem Schutzbereich des § 315 b StGB aus (vgl. BGHSt 27, 40; [X.] 55. Aufl. § 315 [X.]. 15 b m.w.N.). 14 Tepperwien Maatz Athing Ernemann Mutzbauer

Meta

4 StR 233/08

08.10.2008

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.10.2008, Az. 4 StR 233/08 (REWIS RS 2008, 1576)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1576

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 StR 571/08 (Bundesgerichtshof)


4 StR 456/00 (Bundesgerichtshof)


3 StR 21/14 (Bundesgerichtshof)

Mordmerkmal der Heimtücke: Arglosigkeit des Opfers bei vorausgehender verbaler Attacke und Waffengebrauch; Versuchstatbestand


3 StR 21/14 (Bundesgerichtshof)


4 StR 216/05 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.