Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.07.2016, Az. 30 W (pat) 14/15

30. Senat | REWIS RS 2016, 8558

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Sorgenfreiheit inklusive" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2013 039 282.5

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 7. Juli 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s Prof. Dr. Hacker sowie der [X.] [X.] und Dr. Meiser

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortfolge

2

Sorgenfreiheit inklusive

3

ist am 24. Juni 2013 als Marke für die Waren und Dienstleistungen der

4

„Klasse 9: Ton-, Bild- sowie Datenträger aller Art (soweit in Klasse 9 enthalten); Video- und Audiogeräte (soweit in Klasse 9 enthalten); Computerprogramme und Software; elektronische Publikationen (herunterladbar); Geräte zur Aufzeichnung, Verarbeitung, Umwandlung, Übertragung, Ausgabe und/ oder Wiedergabe von Daten, Sprache, Texten, Signalen, Ton und/oder Bild; [X.];

5

Klasse 35: Abrechnungsdienst (Büroarbeiten), im Wesentlichen Erstellen, Bearbeiten und Versenden von Telekommunikationsabrechnungen mittels elektronischer Datenübertragung; Identifizieren von Teilnehmern bestimmter Gruppen von Netzteilnehmern in Telekommunikationsnetzen für Abrechnungszwecke (Büroarbeiten) einschließlich der Bestimmung von Tarifen und Diensten sowie der Zuordnung zu diesen Gruppen; treuhänderische Unternehmensverwaltung zur Wahrung der Geschäftsinteressen Dritter; Dienstleistungen des Einzelhandels für Telekommunikationsendgeräte; Zusammenstellung, Systematisierung und Pflege von Daten in Computerdatenbanken; Zusammenstellung und Systematisierung von Daten und Informationen über [X.]-Domains und E-Mail-Adressen in Computerdatenbanken; Vermittlung von Verträgen für Dritte über die Erbringung von Dienstleistungen;

6

Klasse 38: Telekommunikation; Telekommunikationsdienste für die Kommunikation durch Übermittlung und Weiterleitung von Daten und sonstigen Informationen; Telekommunikationsdienste zur Bereitstellung des Zugriffs auf Intranet- und [X.]dienste; Bereitstellen des Zugriffs auf entgeltpflichtige Informationen in Kommunikationsnetzen; Telekommunikationsdienste in [X.]cafés; Bereitstellen des Zugriffs auf entgeltliche und unentgeltliche Datenbankinformationen und -auskünfte in Datennetzen, auch interaktiv über Netzwerke, auch in Form von [X.]; elektronische Übermittlung von Radio- und Fernsehprogrammhinweisen und Video-On-Demand-Programmhinweisen und Onlineinformationen; Mehrwertdienste bei der Benutzung von Fest- oder Mobilfunkendnetzwerken, nämlich die elektronische Weiterleitung von Daten und Informationen im Rahmen von Informationsdiensten; [X.]; Zurverfügungstellung von Telekommunikationsdiensten für Heimarbeitskräfte ([X.]); Erteilung von Auskünften über Telekommunikation; Elektronische Dokumentenübermittlung; Routing von Ton, Bild, Graphiken oder Daten in Netzwerken (Telekommunikation); Telekommunikationsdienstleistungen auf dem Gebiet der Sprach- und Datenübermittlung, nämlich Telefondienste, [X.], elektronisches Mailing und Ansagedienste; Bereitstellen des Zugriffs auf Informationen insbesondere in Form von Texten und grafischen Darstellungen über Netzwerke bzw. im [X.] oder in Telekommunikationsnetzen; digitale Übertragung von Bildern und von Informationen bei Fernanzeigen und [X.] sowie Einspeisen von Audio- und Videodaten in Telekommunikationsnetze; Mehrwertdienste im Zusammenhang mit den eigentlichen Netzdienstleistungen, nämlich Übermittlung von Informationen betreffend Sehenswürdigkeiten, Veranstaltungskalender, Sportergebnisse, Werbung, Klein- und Kontaktanzeigen, Preisausschreiben, Nachrichten, Last-Minute-Angebote, [X.], [X.] und Flughafenverspätungen, [X.], Schlagzeilen aus Wirtschaft, Politik, Medien und Telekommunikation; Sammeln und Liefern von Nachrichten im [X.] (Presseagenturen); Bereitstellung des Zugriffs auf Datenbanken in Computernetzwerken; Bereitstellung des Zugriffs auf Homepages und Webseiten; Bereitstellung des Zugriffs zu Mail- und Web-Servern; Konnektierung von [X.]-Domains und E-Mail-Adressen in Computernetzen; Einstellen von Webseiten ins [X.] für Dritte;

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Klasse 42: Installation und Konfiguration von Software für [X.]zugänge; Erstellung von Programmen (Software) zur Lösung branchenspezifischer Probleme im [X.], Gestalten, Design und Erstellung von Homepages und Webseiten; Speicherung von Web-Seiten im [X.] für Dritte (Web-Hosting); Design und Programmierung von [X.]seiten für On- und Offlineauftritte; Bereitstellen von Suchmaschinen für das [X.]; elektronisches Konvertieren (ausgenommen physische Veränderungen) von Daten für Datenbanken mittels Umwandeln von Rohdaten und Codieren von Daten; elektronisches Archivieren und Speichern von Daten, Nachrichten und Informationen; Dienstleistungen eines Providers, nämlich Wartung von Software für [X.]zugänge; Vermietung von [X.] für Mail- und Webserver; Serveradministration; elektronische Speicherung von [X.]-Domains und E-Mail-Adressen; Beratung für Telekommunikationstechnik“

8

bei dem [X.] angemeldet worden.

9

Die Markenstelle für Klasse 9 hat die Anmeldung mit Beschlüssen vom 17. Februar 2014 und vom 14. November 2014, wobei letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen, da dem Anmeldezeichen jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) fehle.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, die [X.] und grammatikalisch korrekt gebildete Wortfolge setze sich aus zwei gängigen Begriffen der [X.] zusammen. Die werbliche Verwendung des Zeichenbestandteils „Sorgenfreiheit“ in verschiedensten Bereichen werde dabei durch den Auszug aus der Datenbank “

Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Zur Begründung trägt sie vor, die angemeldete Marke sei kurz und prägnant und weise auch nach Auffassung der Markenstelle keinen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt auf. Beispielsweise im Hinblick auf „Software“ scheitere der erforderliche direkte Zusammenhang schon aufgrund deren verschiedenster Einsatzbereiche; Software führe gerade nicht zwangsläufig zu einer „Freiheit von Sorgen“. Hinsichtlich der beanspruchten „Hardware“ ergebe sich der offene Begriffsinhalt bereits aus den von der Markenstelle zitierten Benutzungsbeispielen. Im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen sei die Wortfolge damit mehrdeutig und interpretationsbedürftig. Zudem entstamme der Slogan ursprünglich dem Finanz- sowie dem Gesundheitsbereich, so dass die vorliegende Benutzung zum Nachdenken anrege.

Zwar werde der Verkehr auch im Telekommunikationsbereich - wie auch in zahlreichen anderen Lebensbereichen - mit „Inklusivleistungen“ umworben; bei der Kombination entsprechender Merkmale mit dem Wort „inklusive“ (z. B. „[X.] inklusive“, „[X.] inklusive“) handele es sich um eine verständliche Werbeaussage, die kein Verbraucher mit einem bestimmten Anbieter in Verbindung bringen würde. Mit der vorliegenden Marke löse sich die Anmelderin jedoch gerade von bestimmten (und damit bestimmbaren) Merkmalen. Es werde ein übergeordnetes [X.] in den Vordergrund gestellt. Der „[X.]“ ergänze bzw. ersetze im Idealfall die Hauptmarke und diene als Synonym für das Unternehmen.

Bei der markenrechtlichen Beurteilung von [X.] sei dabei zu berücksichtigen, dass sich die Werbung nicht mehr nur auf die Benennung der Produkte und Dienstleistungen durch Marken beschränke. Gerade in den letzten Jahren seien die Auftritte durch umfangreiche Werbekonzepte ergänzt worden, wozu gerade auch die Verwendung des [X.] neben der Hauptmarke zähle. Besonders auffällig sei dies in der Radio- oder Fernsehwerbung (z. B: „

Schließlich sei in dem angefochtenen Beschluss nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass die Frage der Unterscheidungskraft ausschließlich im Hinblick auf die konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beurteilen sei. Die pauschale Zurückweisung der Anmeldung für die verschiedensten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 35, 38 und 42 sei insoweit rechtsfehlerhaft erfolgt.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des [X.]s vom 17. Februar 2014 und vom 14. November 2014 aufzuheben.

Ihren zunächst hilfsweise gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin nach [X.] durch den Senat zurückgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen

II.

„Sorgenfreiheit inklusive“ in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen an Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehlt. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 [X.]).

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. [X.] [X.] 2012, 610 (Nr. 42) - [X.]; [X.], 608, 611 ([X.]) - [X.]; [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; [X.] 2014, 565, 567 (Nr. 12) - smartbook; [X.] 2013, 731 (Nr. 11) - [X.]; [X.] 2012, 1143 (Nr. 7) - [X.], jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa [X.] [X.] 2010, 1008, 1009 ([X.]) - [X.]; [X.], 608, 611 ([X.]) - [X.]; [X.] 2006, 233, 235, Nr. 45 - Standbeutel; [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; [X.] 2009, 949 (Nr. 10) - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; [X.] 2014, 565, 567 (Nr. 12) - smartbook; [X.] 2012, 1143 (Nr. 7) - [X.]; [X.] 2012, 270 (Nr. 8) - [X.] economy).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. [X.] [X.] 2006, 411, 412 (Nr. 24) - Matratzen Concord/Hukla).

Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. [X.] 2013, 1143, Nr. 15 - Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.] 2004, 674, 678, Nr. 86 - Postkantoor; [X.] 2012, 270, 271, Nr. 11 - [X.] economy; [X.] 2009, 952, 953, Nr. 10 - [X.]; [X.] 2006, 850, 854, Nr. 19 - [X.]; [X.] 2005, 417, 418 - [X.]; [X.] 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; [X.] 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] 2006, 850, 854, Nr. 19 - [X.]; [X.] 2003, 1050, 1051 - [X.]; [X.] 2001, 1043, 1044 - [X.] - Schlechte Zeiten).

Davon ist auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen auszugehen, ohne dass unterschiedliche Anforderungen an die Unterscheidungskraft von Wortfolgen gegenüber anderen Wortmarken gerechtfertigt sind. Es wäre daher unzulässig, besondere Kriterien aufzustellen, die das Kriterium der Unterscheidungskraft ersetzen oder von ihm abweichen ([X.] [X.] 2010, 228, Nr. 38 - Vorsprung durch Technik; [X.] 2004, 1027, Nr. 35, 36 - DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT), etwa dergestalt, dass die sloganartige Wortfolge phantasievoll sein und ein begriffliches Spannungsfeld, das einen Überraschungs- und damit Merkeffekt zur Folge habe, aufweisen müsse ([X.] [X.] 2010, 228, Nr. 39 - Vorsprung durch Technik; [X.] 2004, 1027, Nr. 31, 32 - DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT; [X.] 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft).

Auch wenn solche spruch- oder sloganartigen Wortfolgen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen unterliegen, ist jedoch zu berücksichtigen, dass solche Wortfolgen vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen werden wie andere Markenkategorien. So wird der Verkehr in [X.] oder spruchartigen Wortfolgen regelmäßig dann keinen Herkunftshinweis sehen, wenn diese eine bloße Werbefunktion ausüben - diese kann z. B. darin bestehen, die Qualität der betreffenden Waren oder Dienstleistungen anzupreisen - es sei denn, dass die Werbefunktion im Vergleich zu ihrer behaupteten Herkunftsfunktion offensichtlich von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. [X.] [X.] 2004, 1027, Nr. 35 - DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT; [X.] 2001, 1047, 1049 - [X.], [X.]; [X.] 2001, 735, 736 - Test it.).

2. Nach den vorgenannten Grundsätzen weist die angemeldete Wortfolge „Sorgenfreiheit inklusive“ in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Unterscheidungskraft i. [X.] d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] auf.

a) Die Wortfolge ist aus zwei allgemein geläufigen, einfach verständlichen Wörtern des [X.] Sprachschatzes gebildet. „Sorgenfreiheit“ meint lexikalisch nachvollziehbar die „Freiheit von Sorgen“ (vgl. [X.], Das große Wörterbuch der [X.], 3. Aufl., [X.]); dem Wort „inklusive“ kommt, gerade in der [X.], die Bedeutung „einschließlich“ zu (vgl. [X.], Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl., [X.] 916), womit beispielsweise zum Ausdruck gebracht wird, dass ein (zusätzlicher) Service ohne Extrakosten geleistet wird bzw. eine bestimmte Qualität den betroffenen Waren immanent ist (vgl. so schon [X.] PAVIS PROMA, Fünfte Beschwerdekammer, Entsch. vom 1. Juli 2014, R 231/2014-5 - „Sorgenfreiheit inklusive“ m. w. N.).

b) Ausgehend hiervon wird der Verkehr der - sprachüblich und grammatikalisch korrekt zusammengesetzten - Wortfolge „Sorgenfreiheit inklusive“ unmittelbar den Sinngehalt „

Sorgenfreiheit inklusive“ keine konkreten Eigenschaften oder Merkmale dieser Waren und Leistungen unmittelbar beschreibt. Jedoch wird der angesprochene Verkehr die angemeldete Wortfolge stets nur als produktbezogenes Werbeversprechen und nicht als Mittel zur betrieblichen Herkunftsindividualisierung auffassen.

aa) Dabei kommt es darauf an, welche Vorstellungen der angesprochene Verkehr im Zusammenhang mit den relevanten Waren und Dienstleistungen angesichts der beanspruchten Wortfolge entwickelt. Vorliegend bewirbt der Slogan Waren und Dienstleistungen, für die eine „

Dem Verkehr erschließt sich der Slogan unmittelbar als Qualitätsversprechen in dem Sinne, dass hinsichtlich der relevanten Waren und Dienstleistungen keine Probleme zu erwarten sind, so dass sich der Kunde keine weiteren Gedanken machen muss. Damit wird aber auf die Qualität der Waren und Dienstleistungen (vgl. so schon [X.] PAVIS PROMA, Fünfte Beschwerdekammer, a. a. O., - „Sorgenfreiheit inklusive“, Ziff. 27) bzw. auf bestimmte, wenn auch nicht näher spezifizierte Eigenschaften, die die versprochene Sorgenfreiheit garantieren, abgestellt.

bb) Dass der Verkehr dem Anmeldezeichen somit keinen Herkunftshinweis, sondern alleine eine werblich-anpreisende Qualitätsberühmung entnehmen wird, wird auch durch die Rechercheergebnisse der Markenstelle gestützt. Denn der identische Slogan „Sorgenfreiheit inklusive“ ist mit dem dargelegten Sinngehalt nachweislich bereits vor dem Anmeldezeitpunkt von anderen Unternehmen als der Anbieterin eingesetzt worden. So wurde das Lichtbogenschutzsystem „[X.]“ der Firma A… bereits 2009 dahingehend angepriesen, es biete „Sorgenfreiheit inklusive", um eine Überlegenheit gegenüber anderen Schutzsystemen, u. a. hinsichtlich Zuverlässigkeit und kontinuierlicher Selbstüberwachung, zu beschreiben (vgl. [X.]. 71 f. VA, Datumsangabe [X.]. 72 unten rechts). Bereits 2011 wurde auch ein Notebook der Fa. L… hinsichtlich verschiedener Sicherheitsfeatures (zur Systemwiederherstellung, zum Schutz vor [X.] und vor unberechtigtem Kopieren) mit dem Versprechen „Sorgenfreiheit inklusive“ beworben ([X.]. 73 f. VA). Damit ist eine Verwendung des [X.] bereits deutlich vor dem Anmeldezeitpunkt, gerade auch im technischen Bereich bzw. der Computertechnik, belegt.

c) Der Verkehr wird „Sorgenfreiheit inklusive“ daher auf Anhieb und hinsichtlich aller beanspruchten Waren und Dienstleistungen als werblich-anpreisende Qualitätsberühmung, nicht jedoch als Mittel zur betrieblichen Herkunftsindividualisierung auffassen.

aa) Das gilt zuerst für die beanspruchten Waren der Klassen 9, nämlich „Ton-, Bild- sowie Datenträger aller Art (soweit in Klasse 9 enthalten); Video- und Audiogeräte (soweit in Klasse 9 enthalten); Computerprogramme und Software; elektronische Publikationen (herunterladbar); Geräte zur Aufzeichnung, Verarbeitung, Umwandlung, Übertragung, Ausgabe und/oder Wiedergabe von Daten, Sprache, Texten, Signalen, Ton und/oder Bild; Telekommunikationsgeräte“. Für sämtliche beanspruchten technischen Geräte und Programme ist wesentlich, dass diese einfach zu installieren (Computerprogramme und Software), zu handhaben und zu warten sind; auch für die beanspruchen „elektronischen Publikationen (herunterladbar)“ kommt es entscheidend darauf an, dass diese problemlos herunterzuladen und verfügbar sind. Demgegenüber können Störungen oder gar der Ausfall der Funktionsfähigkeit der beanspruchten Waren dem allgemeinen Verbraucher wie auch Gewerbetreibenden „Sorgen“ bereiten (vgl. so schon [X.] PAVIS PROMA, Fünfte Beschwerdekammer, a. a. O., „Sorgenfreiheit inklusive“, Ziff. 31). Ausgehend hiervon kann dem Anmeldezeichen der Hinweis darauf entnommen werden, dass die relevanten Waren eine besondere Qualität aufweisen (etwa nicht störungsanfällig sind oder besonderen Sicherheitsanforderungen genügen), so dass „Sorgenfreiheit“ garantiert ist.

bb) Ähnliche Erwägungen gelten für die beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35, 38 und 42, die überwiegend dem Telekommunikationssektor sowie dem EDV-Bereich zuzuordnen sind. Schon aufgrund des technischen Charakters dieser Dienstleistungen hat der Verkehr in der Regel ein erhebliches Interesse daran, dass diese einwandfrei erbracht werden (so schon zutreffend [X.] PAVIS PROMA, Fünfte Beschwerdekammer, a. a. O., - „Sorgenfreiheit inklusive“, Ziff. 31). Mangelhafte Dienste bzw. Funktionsstörungen können sowohl dem Durchschnittsverbraucher als auch Gewerbetreibenden, die etwa auf das Funktionieren bestimmter Software oder Telekommunikationsdienste angewiesen sein können, erhebliche „Sorgen“ bereiten. In Klasse 35 kann dabei an fehlerhafte Abrechnungen, in Klasse 38 an Störungen in der Datenübermittlung bis hin zum völligen Ausfall der Telekommunikationsdienste (z. B.: Nichtfunktionieren von Telefon und [X.]; Ausfall von „Informations-“ und „[X.]“), in Klasse 42 an fehlerhaft erstellte Software bzw. Funktionsstörungen von Homepages und Webseiten zu denken sein.

Sorgenfreiheit inklusive“ beinhaltet auch insoweit, hinsichtlich sämtlicher Dienstleistungen der Klassen 35, 38 und 42, ein werblich-anpreisendes Versprechen in dem Sinne, dass sich der jeweilige Dienstleistungsempfänger keine Gedanken über das reibungslose Funktionieren und die Qualität der Dienste machen muss.

d) Das Anmeldezeichen erschöpft sich somit hinsichtlich sämtlicher Waren und Dienstleistungen ausschließlich in seiner Werbefunktion. Die hiergegen gerichtete Argumentation der Anmelderin, wonach der Slogan ein „[X.]“ darstelle und als solches neben der Hauptmarke - und letztlich synonym für das Unternehmen - stehe, verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Die Beschwerdebegründung verkennt, dass Gegenstand der Anmeldung und damit der markenrechtlichen Prüfung das Zeichen in Alleinstellung und damit unabhängig von irgendeiner „Hauptmarke“ ist. Insoweit ist es alleine entscheidend, ob das Zeichen für sich ohne Weiteres als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betreffenden Waren und Dienstleistungen aufgefasst wird. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht gegeben, da es sich, wie ausgeführt, ausschließlich um ein bloßes produktbezogenes Qualitätsversprechen handelt.

e) Der Wortfolge kann schließlich auch keine besondere Originalität und Prägnanz zugesprochen werden, aus der sich die Unterscheidungskraft ableiten ließe (vgl. [X.] 2009, 778 Willkommen im Leben). Vielmehr beschränkt sie sich auf die grammatikalisch korrekte Aneinanderreihung zweier allgemeingebräuchlicher Wörter sowie letztlich auf die identische Wiedergabe eines bereits von anderen Anbietern verwendeten [X.].

f) Soweit die Wortfolge schließlich keine nähere Information dazu enthält, in welcher konkreten Art und Weise die so bezeichneten Waren und Dienstleistungen geeignet sind, eine „Freiheit von Sorgen“ zu garantieren bzw. herbeizuführen, entspricht eine solche Unbestimmtheit dem Charakter einer allgemeinen Werbeaussage, einen möglichst weiten Bereich von Eigenschaften, Vorteilen oder Leistungsinhalten in einer schlagwortartigen und werbewirksamen Weise zu erfassen, ohne diese im Einzelnen zu benennen (vgl. [X.] 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt). Eine solche begriffliche Unschärfe der als Marke angemeldeten Bezeichnung steht einem Verständnis als Sachangabe und damit der Feststellung eines Eintragungshindernisses nicht entgegen (vgl. [X.] [X.] 2004, 192 - [X.]; [X.] 2004, 222 - [X.]; [X.] 2004, 674 - Postkantoor). Der Sinn- und Bedeutungsgehalt der angemeldeten Bezeichnung - als anpreisender Qualitätsberühmung „Freiheit von Sorgen eingeschlossen“ - bleibt für den Verkehr angesichts der in der Werbung verbreiteten Übung, Sachaussagen in verkürzenden und schlagwortartigen Wortfolgen zu vermitteln, eindeutig verständlich.

g) Die Markenstelle hat schließlich mit Recht ausgeführt, dass es für die Beurteilung der originären Unterscheidungskraft i. [X.] v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] keine Auswirkung hat, ob und inwieweit die angesprochenen Verkehrskreise sich aufgrund der umfangreichen Benutzung des [X.] womöglich an das angemeldete Zeichen gewöhnt haben ([X.] [X.] Int. 2005, 135, 138 - Maglite; [X.] 2006, 503 - Casino Bremen). Einer aufgrund intensiver Benutzung im Verkehr erlangten Unterscheidungskraft für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen kommt allenfalls in Zusammenhang mit der Frage einer Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 [X.] Bedeutung zu. Für eine Verkehrsdurchsetzung liegen jedoch keine Anhaltspunkte vor.

3. Da der angemeldeten Marke somit bereits die erforderliche Unterscheidungskraft i. [X.] v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] abzusprechen ist, kann die Frage, ob an ihrer freien Verwendung auch ein schutzwürdiges Allgemeininteresse i. [X.] v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] besteht, dahinstehen.

Nach alledem ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Meta

30 W (pat) 14/15

07.07.2016

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.07.2016, Az. 30 W (pat) 14/15 (REWIS RS 2016, 8558)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 8558

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