Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.07.2015, Az. 3 StR 104/15

3. Strafsenat | REWIS RS 2015, 7867

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 104/15
vom
21. Juli 2015
in der Strafsache
gegen

wegen versuchten Raubes
u.a.

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] am 21. Juli 2015 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 14.
November 2014 mit den jeweils zugehö-rigen Feststellungen aufgehoben
a) im Fall II. 1. der Urteilsgründe,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten Raubes, ver-suchter Nötigung, Bedrohung in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beleidigung, sowie wegen Beleidigung in acht Fällen zu einer Gesamtfrei-heitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Seine ausweislich der Revisionsbegründung wirksam auf die Verurteilung wegen ver-suchten Raubes (Fall II. 1. der Urteilsgründe) beschränkte Revision hat mit der Sachrüge Erfolg.

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Nach den Feststellungen des [X.] kam der Angeklagte mit der Geschädigten überein, dass diese an ihm Oralverkehr vornehmen solle. Der [X.] sich die beiden zur Durchführung des [X.] in eine öffentliche Toi-lette begeben hatten, überlegte der Angeklagte
es sich aus unbekannten Grün-verweigerte, schubste er sie gegen die Kabinenwand, tastete sie ab und griff in die Taschen ihrer Kleidung, um das Geld, "auf dessen Rückzahlung er keinen Anspruch hatte", gegen ihren Willen zurückzuerlangen. "Ihm war dabei [X.], dass er das Geld nicht zurückverlangen konnte. Denn auch ihm war, wie [X.] üblicherweise, bekannt, dass für das Versprechen sexueller Dienstleis-tungen vor dessen Erfüllung gegebenes Geld nicht zurückgefordert werden kann." Wider Erwarten fand er das Geld jedoch nicht. Die anschließende verba-le und tätliche, sich auf der [X.] wurde durch das Eingreifen von Passanten beendet.
1. Die Verurteilung wegen versuchten Raubes hält sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand. Die Urteilsgründe enthalten keine die Feststellungen [X.] Beweiswürdigung zum subjektiven Tatbestand und dabei insbesondere nicht zum Vorsatz des Angeklagten bezüglich der Rechtswidrigkeit der erstreb-ten Zueignung. Diesbezügliche Ausführungen wären hier gerade auch mit Blick auf die von der [X.] verkannte zivilrechtliche Rechtslage notwendig gewesen.
a) § 249 StGB verlangt neben der Wegnahme einer fremden bewegli-chen Sache unter Einsatz eines [X.] die Absicht des [X.], die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen. Die Rechtswidrigkeit der Zueignung ist dabei ein normatives Tatbestandsmerkmal, auf das sich der 2
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Vorsatz des [X.] erstrecken muss (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Beschluss vom 26. April 1990 -
4 [X.], NJW 1990, 2832).
b) Die Feststellung, dem Angeklagten sei bewusst gewesen, dass er das Geld nicht zurückverlangen konnte, findet in der Beweiswürdigung keine Stütze. Das [X.] hat nicht dargelegt, worauf es seine entsprechende Überzeu-gung gegründet hat. Soweit die [X.] möglicherweise gemeint hat, auf-grund ihres ebenfalls pauschalen, nicht näher begründeten Hinweises auf die "übliche Kenntnis von [X.] vom Nichtbestehen einer Rückforderung" seien entsprechende Ausführungen entbehrlich gewesen, ist dem bereits mit Blick auf die zivilrechtliche Rechtslage nicht zu folgen. Entgegen der Auffassung des [X.] kommt grundsätzlich ein Anspruch des Angeklagten gegen die Geschädigte auf Rückzahlung des bereits vorab geleisteten Entgelts aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht; denn der Angeklagte erbrachte mit der Zahlung des Entgelts eine rechtsgrundlose Leistung. Die zwischen den Beteiligten ge-troffene Vereinbarung über die Vornahme sexueller Leistungen gegen ein Ent-gelt ist wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig, § 138 Abs. 1 BGB
([X.]/Ellenberger, [X.], 74. Aufl., Anh.
zu § 138 (§
1 [X.]) Rn. 2). Aus § 1 [X.] ergibt sich nichts Gegenteiliges. Nach dieser Bestimmung erwirbt eine Prostituierte nur dann eine rechtswirksame Forde-rung, wenn die sexuellen Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt vorgenommen wurden. Sie ist somit eine Ausnahmevorschrift zu § 138 Abs. 1 BGB und bestimmt
unter den dort normierten Voraussetzungen die Wirksam-keit des Anspruchs der Prostituierten auf das vereinbarte Entgelt trotz Sitten-widrigkeit des Rechtsgeschäfts ([X.], Beschluss vom 18. Januar 2011 -
3 [X.], [X.], 278). Ein Ausschluss des [X.] gemäß §
814 BGB oder §
817 BGB setzt u.a. voraus, dass der Angeklagte als [X.] wusste, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war ([X.]/[X.], 5
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BGB, 14.
Aufl., §
814 Rn.
7) bzw. vorsätzlich gesetz-
oder sittenwidrig handelte oder sich der Einsicht in die Gesetz-
oder Sittenwidrigkeit leichtfertig verschloss ([X.]/[X.] aaO, §
817 Rn.
17). Auch dies versteht sich bei dem psychisch auffälligen, die [X.] nur unzureichend beherrschenden Angeklag-ten, der einem fremden Kulturkreis mit einer anderen Rechtsordnung ent-stammt, nicht von selbst.
2. Der Senat kann entgegen der Ansicht des [X.] nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, dass ein neues Tatgericht mit einer nach revisionsrechtlichem Maßstab [X.] wiederum feststellt, dass der Angeklagte mit zumindest bedingtem [X.] hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der erstrebten Zueignung handelte und sich deshalb wegen eines -
unter Umständen untauglichen (vgl. hierzu [X.] aaO) -
versuchten Raubes strafbar gemacht hat.
3. Aufgrund des Wegfalls des Schuldspruchs im Fall II. 1. der Urteils-gründe kann auch die Gesamtstrafe nicht bestehen bleiben.
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4. Die Sache bedarf nach alldem in dem aufgezeigten Umfang erneuter tatgerichtlicher Verhandlung und Entscheidung.
[X.]Pfister Schäfer

Ri[X.] [X.] befindet sich Gericke

im Urlaub und ist daher

gehindert zu unterschreiben.

Becker
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Meta

3 StR 104/15

21.07.2015

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.07.2015, Az. 3 StR 104/15 (REWIS RS 2015, 7867)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 7867

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 StR 104/15

3 StR 467/10

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