Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2014, Az. I ZR 38/14

I. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 1891

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZR 38/14
vom
23. Oktober 2014
in dem Rechtsstreit
-
2
-
Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 23. Oktober 2014 durch [X.]
Dr.
Büscher,
die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff, Dr.
Löffler und die Richterin Dr.
Schwonke

beschlossen:

Die Beschwerde der Klägerin
gegen die Nichtzulassung der [X.] in dem Urteil des 2.
Zivilsenats des [X.] vom 6.
Februar 2014 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auf 470.000

Gründe:
[X.] Die Klägerin, die [X.], ist Inhaberin der mit Priorität vom 22.
Februar 2000 auf Grund Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Wortmarke

Dienstleistungen
Briefdienst-, Frachtdienst-, Expressdienst-, Paketdienst-
und Kurierdienstleistun-gen; Beförderung und Zustellung von Gütern, Briefen, Paketen, Päckchen; Ein-sammeln, Weiterleiten und Ausliefern von Sendungen mit schriftlichen Mitteilungen und sonstigen Nachrichten, insbesondere Briefen, Drucksachen, Warensendun-gen, adressierten und unadressierten Werbesendungen, Büchersendungen, Blin-densendungen, Zeitungen, Zeitschriften, Druckschriften
Schutz genießt ([X.]
1). Der gegen die Eintragung dieser Marke gerich-tete Löschungsantrag ist rechtskräftig zurückgewiesen worden (vgl. [X.], [X.]
-
3
-
schluss vom 23.
Oktober 2008
I
ZB
48/07, [X.], 669
= [X.], 815

POST
II; [X.], Beschluss vom 28.
Oktober 2010
26
W
(pat)
29/06, juris; [X.], Beschluss vom 19.
Oktober 2011
I
ZB
91/10, juris). Die Klägerin ist
außerdem Inhaberin der am 22.
Oktober 1996 unter anderem für Transportwe-sen, Briefdienst-, Frachtdienst-
und Kurierdienstleistungen eingetragenen Wortmarke Nr.

agemarke 2).
Die Beklagte zu
1 betreibt seit Mai 2005 unter anderem unter den Unter-s-mäßige Beförderung von Briefsendungen sowie Verteil-
und Zustelldienste. Für die Beklagte zu 2 sind [X.] unterschiedlichen Schreibweisen registriert, welche die Beklagte zu
1 für ihr Angebot nutzt.
Die Klägerin hat die [X.] auf Unterlassung und Auskunftserteilung in Anspruch genommen und die Feststellung der Schadensersatzpflicht beantragt. Die Beklagte zu
2 ist von der Klägerin darüber hinaus auf Einwilligung in die Löschung der Domainnamen in Anspruch genommen worden.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin
im Hinblick auf den Antrag auf Einwilligung in die Lö-schung von Domainnamen verworfen und im Übrigen
zurückgewiesen. Es hat

ausgehend von einer Dienstleistungsidentität und durchschnittlicher Kenn-zeichnungskraft der [X.]
1

eine Verwechslungsgefahr
im Hinblick auf die beanstandeten BeRegioservice

wegen fehlender Zeichenähnlichkeit verneint. Das Berufungsgericht hat
ange-nommen, zugunsten der [X.] greife zudem die
Schutzschranke des §
23 Nr.
2
[X.] ein. Ansprüche aus §
5 Abs.
2 UWG hat es ebenfalls abgelehnt. 2
3
4
-
4
-
Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin. Mit der angestrebten Revision will die Klägerin ihre Klageanträge weiter verfolgen.
I[X.] Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat keine grund-sätzliche Bedeutung,
und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des [X.] auch im Übrigen nicht (§
543 Abs.
2 Satz
1 ZPO).
1. [X.] geltend, die Revision müsse
wegen grundsätzlicher Bedeutung
zugelassen werden, weil dem Gerichtshof der Euro-päischen [X.] folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt werden [X.]:
Gelten die Grundsätze der Entscheidung [X.], wonach sich die [X.] aus der Übereinstimmung eines im jüngeren Zeichen enthaltenen, selbständig kennzeichnenden Bestandteils
mit der älteren Marke ergeben kann, auch dann, wenn die ältere Marke ursprünglich beschreibend und nur aufgrund von Verkehrsdurchsetzung eingetragen ist und wenn nicht auszuschließen ist, dass ein Teil des Verkehrs die ältere Marke in dem jüngeren Zeichen weiterhin [X.] versteht?
a) Die von der Beschwerde geltend gemachte Frage ist nicht entschei-dungserheblich. Das Berufungsgericht
hat
die Ablehnung markenrechtlicher Ansprüche der Klägerin nicht
nur auf die Verneinung einer Verwechslungsge-fahr, sondern
selbständig tragend

zusätzlich auf das Eingreifen der Schutz-schranke des §
23 Nr.
2 [X.] gestützt. Die insoweit von der Beschwerde
geltend gemachten Zulassungsgründe greifen nicht durch.
b) Darüber hinaus fehlt es auch im Übrigen
an der Klärungsbedürftigkeit der von der Beschwerde aufgeworfenen
Frage. Sie
ist
nicht Gegenstand eines 5
6
7
8
-
5
-
Meinungsstreits. Eine Klärungsbedürftigkeit ergibt sich
entgegen der Ansicht der Beschwerde auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer Abweichung der Rechtsprechung des [X.] von der Rechtsprechung des [X.] der Europäischen [X.].
Eine solche Abweichung liegt nicht vor.
aa) Die Beschwerde macht geltend, nach Verkündung der Entscheidung [X.] des Senats (Urteil vom 2.
April 2009
I
ZR
78/06, [X.], 672 = [X.], 824), auf die sich das Berufungsgericht maßgeblich gestützt hat, seien mehrere Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen [X.] ergangen, die zeigten, dass der Gerichtshof bei der Kollisionsprüfung im [X.] tendenziell andere Maßstäbe an-lege als der [X.]. Insbesondere habe der Gerichtshof der Euro-päischen [X.] erkennen lassen, dass er die Bejahung der Zeichenähnlichkeit auch aufgrund einer Übereinstimmung in beschreibenden Komponenten für möglich halte. Damit hat die Beschwerde keinen Zulassungsgrund dargelegt.
bb) Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist
nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen [X.] und des Bundesge-richtshofs
von dem das Kennzeichenrecht beherrschenden Grundsatz auszu-gehen, dass es auf den jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüber-stehenden Zeichen ankommt. Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Zeichens für den [X.] prägend sein können, den das Kennzeichen bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorruft. Weiter ist nicht ausgeschlossen, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder
komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt (vgl. [X.], Urteil vom 9
10
-
6
-
6.
Oktober
2005

C120/04,
GRUR 2005, 1042 Rn.
30
= WRP 2005, 1505

[X.]; [X.], Urteil vom 22.
Juli 2004
I
ZR
204/01, [X.], 865, 866
= WRP 2004, 1281

Mustang; Urteil vom 2.
Februar 2012

I
ZR
50/11, [X.], 930 Rn.
45 = WRP 2012, 1234

[X.]/[X.]; Urteil vom 18.
September 2014
I
ZR
228/12, [X.], 1101
Rn.
54
= [X.], 1314

Gelbe Wörterbücher).
Bei der umfassenden Beurteilung der Ver-wechslungsgefahr anhand des durch die Zeichen hervorgerufenen [X.]s sind insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen ([X.], Urteil vom 18.
Juli 2013
[X.]/12, [X.], 922 Rn.
35 = [X.], 1314

Specsavers/Asda; [X.], Urteil vom 27.
März 2013
I
ZR
93/12, [X.], 1150 Rn.
22 = [X.], 1473

[X.], mwN).
cc) Diese
Grundsätze hat auch das Berufungsgericht
zutreffend
seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Ihre Geltung ist
nicht durch die von der Be-schwerde
angeführte jüngere Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäi-schen [X.] zweifelhaft geworden.
Dementsprechend ist im Streitfall keine Vor-lage an den Gerichtshof der Europäischen [X.] veranlasst (vgl. [X.], Urteil vom 6.
Oktober 1982
283/81, Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257, 1258

C.[X.]L.F.[X.]T.).
(1) Das Berufungsgericht ist mit zutreffender Begründung davon [X.], dass der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen [X.] vom 24.
Mai 2012 ([X.]/11
P, [X.], 825
[X.] BV/[X.]) entgegen der Ansicht der Klägerin nicht entnommen werden kann, dass der [X.] in einem komplexen Zeichen die Unterscheidungskraft
nicht abgesprochen werden darf. In dieser Entscheidung geht der Gerichtshof
der Europäischen [X.] davon aus, dass
in einem eine Gemeinschaftsmarke be-11
12
-
7
-
treffenden
Widerspruchsverfahren nicht angenommen werden kann, die gegen die Markeneintragung ins Feld geführte ältere [X.] werde als rein [X.] wahrgenommen. Dies würde dem Grundsatz der Koexistenz der Gemeinschaftsmarke mit einer internationalen und nationalen Marke entgegen-stehen. Aus diesem Grundsatz folge, dass die Gültigkeit nationaler Marken in einem Verfahren über einen Widerspruch gegen eine Gemeinschaftsmarken-anmeldung nicht in Frage gestellt werden dürfe. Nichts anderes geschehe aber der Sache nach, wenn das ältere Zeichen als beschreibend oder als Gattungs-begriff angesehen werde ([X.], [X.], 825 Rn.
38
ff.

[X.]/[X.]). Daraus ergibt sich, dass der Gerichtshof
eine besondere Fallkonstellation entschieden hat. Dem
Urteil sind keine
über dieses Problem der Koexistenz der markenrechtlichen Schutzsysteme hinausreichenden Grundsätze zu entnehmen. Schon gar nicht hat der Gerichtshof
darin die her-gebrachten Grundsätze der Beurteilung komplexer Marken nach den [X.] der Prägung und der Prüfung einer selbständig kennzeichnenden Stel-lung modifiziert oder gar (konkludent) aufgegeben.
(2) Entgegen der Ansicht der Beschwerde
lassen sich neue Grundsätze der Prüfung der Verwechslungsgefahr
auch nicht der Entscheidung

TofuTown.com/[X.][X.], Beschluss vom 28.
Juni 2012
[X.]/11, [X.] 2012, 482). Der Gerichtshof hat dort in Übereinstimmung mit den anerkannten Grundsätzen
zur Zeichenähnlichkeit und Verwechslungsge-fahr
die Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks und die Bedeutung der tatrichter-lichen Würdigung
unterstrichen
([X.] 2012, 482
Rn.
29
ff.). Gleiches gilt für die von der Beschwerde

([X.], Beschluss vom 29.
November 2012
C-[X.], Beschluss vom 16.
Januar 2014
[X.]/13, juris).
Wenn der Gerichtshof
der Europäischen [X.] in der letztgenannten Entscheidung ausführt, nach seiner 13
-
8
-
ständigen Rechtsprechung stehe die geringe Unterscheidungskraft der älteren Marke als solche der Feststellung einer Verwechslungsgefahr nicht entgegen (aaO Rn.
30), wird
entgegen der Ansicht der Beschwerde

kein neuer
Maß-stab
zur Beurteilung von glatt beschreibenden (als verkehrsdurchgesetzt einge-tragenen) Zeichen angelegt, sondern auf hergebrachte Grundsätze der Prüfung der Verwechslungsgefahr
und damit insbesondere auf die Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks und auf die Pflicht zur Beurteilung anhand der Umstände des Einzelfalls Bezug genommen.
2. Von diesen Grundsätzen
ist zutreffend auch das Berufungsgericht aus-gegangen. Es hat im [X.] an die Ausführungen des Senats in der Ent-scheiEE-

34
ff.) unter zutreffender Würdigung der Umstände des Streitfalls angenommen, der Verkehr, welcher auch vorliegend keine zergliedernde Betrachtung anstelle, werde den Bestand-Re-gioserviceoder ein Firmenschlagwort der Klägerin erkennen. Diese Beurteilung lässt kei-nen
zulassungsrelevanten
Rechtsfehler erkennen.

3. Von einer weitergehenden
Begründung wird gemäß §
544 Abs.
4 Satz
2
Halbsatz
2
ZPO abgesehen.
14
15
-
9
-
II[X.] Die Klägerin trägt
die Kosten
des Beschwerdeverfahrens (§
97 Abs.
1 ZPO).

Büscher
Schaffert
Kirchhoff

Löffler
Schwonke
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 04.06.2013 -
17 O 687/05 -

OLG Stuttgart, Entscheidung vom 06.02.2014 -
2 U 77/13 -

16

Meta

I ZR 38/14

23.10.2014

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2014, Az. I ZR 38/14 (REWIS RS 2014, 1891)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1891

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

29 W (pat) 537/15

29 W (pat) 501/17

29 W (pat) 536/15

29 W (pat) 28/13

Zitiert

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