Bundesfinanzhof, Beschluss vom 22.12.2011, Az. XI B 21/11

11. Senat | REWIS RS 2011, 73

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Gegenstand

Umsatzbesteuerung der entgeltlichen Leistungen eines Forstverbandes an seine Mitglieder


Leitsatz

1. NV: Nach der neueren Rechtsprechung des BFH ist für Zwecke der Umsatzsteuer zu prüfen, welche Leistungen ein Verein gegenüber seinen Mitgliedern erbracht hat, ob dafür ein Entgelt bezahlt worden ist und wie hoch Letzteres ggf. war. Ausgangspunkt ist danach stets die Frage in wieweit entgeltliche Vorteile der Mitglieder jeweils konkret festzustellen sind. Die Höhe des Entgelts bemisst sich sodann nach § 10 UStG.

2. NV: Als ein Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO kann die Nichtbeachtung der Bindungswirkung des zurückverweisenden Urteils gemäß § 126 Abs. 5 FGO geltend gemacht werden.

Tatbestand

1

I. Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist eine Forstbetriebsgemeinschaft in der Rechtsform eines wirtschaftlichen Vereins. Mitglieder sind mehrere Waldbesitzer.

2

Die Sache befindet sich im zweiten Rechtszug. Das Finanzgericht ([X.]) hat nach der Zurückverweisung durch das Urteil des [X.] ([X.]) vom 18. Juni 2009 [X.] ([X.]E 226, 187, [X.]/NV 2009, 1912) die Klage abgewiesen. Der Kläger sei Unternehmer und ihm stehe der Vorsteuerabzug aus den Eingangsrechnungen zu, die im Zusammenhang mit den durchgeführten [X.] stünden. Gleichzeitig unterlägen aber die Mitgliedsbeiträge und die dem Kläger gewährten öffentlichen Zuschüsse sowie weitere Einnahmen der Umsatzsteuer. Soweit die Einnahmen aus der Waldkalkung in Gestalt der dafür bestimmten Mitgliedsbeiträge und des Zuschusses nicht deren Kosten deckten, unterlägen die seinen Mitgliedern gegenüber erbrachten Leistungen aus der Waldkalkung nach § 10 Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) der Mindestbesteuerung. Im Streitfall entspreche allein die auf der Grundlage der [X.] für die [X.] festzusetzende Umsatzsteuer zumindest der von dem Kläger geltend gemachten Vorsteuer, die im Zusammenhang mit der Waldkalkung stehe. Dies habe zur Folge, dass die Klage zu keiner niedrigeren Steuerfestsetzung führen könne.

Entscheidungsgründe

3

II. [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] ist unzulässig.

4

1. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen der vom Kläger geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) sind nicht dargetan.

5

a) Wird die Beschwerde mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O begründet, so muss in der Beschwerdebegründung eine bestimmte --abstrakte-- klärungsbedürftige und in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärbare Rechtsfrage herausgestellt und --unter Berücksichtigung von Rechtsprechung und [X.] deren Bedeutung für die Allgemeinheit substantiiert dargetan werden (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 26, 32, m.w.N.). Im Allgemeinen besteht kein Klärungsbedarf mehr, wenn eine Rechtsfrage bereits vom [X.] geklärt worden ist (vgl. z.B. [X.]-Beschlüsse vom 10. Januar 2003 XI [X.]/00, [X.]/NV 2003, 898; vom 27. Mai 2005 [X.], [X.]/NV 2005, 1486). Nach § 116 Abs. 3 [X.]O müssen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des Urteils dargelegt werden.

6

b) Der Kläger trägt vor, es sei die für eine Vielzahl von vergleichbaren Forstbetriebsgemeinschaften bedeutsame Frage zu klären, ob ein nach § 22 des Bürgerlichen Gesetzbuchs als rechtsfähig anerkannter Verein wegen seines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes als "insgesamt unternehmerisch tätig anzusehen" sei oder nur mit seinem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Zu klären sei ferner, ob ein Verein gegenüber seinen Mitgliedern steuerbare Leistungen in Höhe der Mitgliedsbeiträge nur dann erbringe, wenn diese einen konkreten Vorteil erhalten.

7

aa) In dem im ersten Rechtszug ergangenen Urteil in [X.]E 226, 187, [X.]/NV 2009, 1912 hat der [X.] u.a. ausgeführt,

8

"Der Senat kann nicht abschließend entscheiden; denn im Rahmen der [X.] ist zu berücksichtigen, dass die Beiträge der Mitglieder Entgelt für die Vereinsleistungen an sie sind und deshalb (auch) insoweit ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG steuerbarer Leistungsaustausch vorliegt.

Beiträge der Mitglieder eines Vereins (Mitgliedsbeiträge) sind nach der neueren Rechtsprechung des [X.] ([X.]) i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG Entgelt für die Leistungen des Vereins an seine Mitglieder, wenn diese einen konkreten Vorteil erhalten (vgl. ...)."

9

bb) Nach dieser neueren Rechtsprechung des [X.] ist zu prüfen, welche Leistungen ein Verein gegenüber seinen Mitgliedern erbracht hat, ob dafür ein Entgelt bezahlt worden ist und wie hoch Letzteres ggf. war. Ausgangspunkt ist danach stets die Frage inwieweit entgeltliche Vorteile der Mitglieder jeweils konkret festzustellen sind. Die Höhe des Entgelts bemisst sich sodann nach § 10 UStG.

Der Beschwerdebegründung ist nicht zu entnehmen, welche konkrete Rechtsfrage darüber hinaus im Streitfall zu beantworten wäre.

c) Der Kläger macht weiter geltend, es sei zu klären, ob die geänderte Rechtsprechung des [X.] zu einer Grundrechtsverletzung der Mitglieder aus Art. 9 des Grundgesetzes (GG) führen könne, weil die der Finanzierung des Vereinsbereichs dienenden "echten Mitgliedsbeiträge", die einer vereinsrechtlichen Bindung unterlägen, einer Umsatzbesteuerung unterworfen würden.

Auch insoweit entspricht die vorgetragene Begründung nicht den Anforderungen an die gebotene Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage. Die Beschwerdebegründung beschränkt sich auf die Behauptung einer Verletzung von Art. 9 GG, ohne diese Auffassung näher durch Anführung einschlägiger Urteile des [X.] oder Äußerungen in der verfassungsrechtlichen Literatur zu belegen. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, inwiefern im Streitfall, in dem der Kläger im konkreten einzelwirtschaftlichen Interesse seiner Mitglieder unternehmerisch tätig wurde (so das im ersten Rechtszug ergangene [X.]-Urteil in [X.]E 226, 187, [X.]/NV 2009, 1912, unter [X.]) und mit den [X.] an die betreffenden Waldeigentümer konkrete wirtschaftliche Leistungen erbracht hat, eine Umsatzbesteuerung dieser Leistungen eine verfassungswidrige Beeinträchtigung der Vereinsmitglieder bzw. des Vereins darstellen könnte.

Dafür, dass der Kläger (teilweise) lediglich allgemeine ideelle Interessen seiner Mitglieder wahrgenommen haben könnte, wie z.B. eine Vereinigung zur allgemeinen Förderung der Interessen des Agrarsektors (vgl. Urteil des [X.] vom 12. Februar 2009 Rs. [X.]/07 --VNLTO--, Slg. 2009, [X.], [X.], 369, Rz 32 ff.), ergeben sich weder aus dem Vorbringen in der Beschwerdebegründung noch aus den Feststellungen des [X.] im zweiten Rechtsgang (vgl. das im ersten Rechtszug ergangene [X.]-Urteil in [X.]E 226, 187, [X.]/NV 2009, 1912, unter [X.]) greifbare Anhaltspunkte. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang fragt, ob es bei einer Forstbetriebsgemeinschaft neben dem "wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb" auch einen "ideellen" Bereich geben könne, der nicht der Umsatzsteuerbelastung ausgesetzt werden dürfe, handelt es sich um eine in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht klärbare Frage.

d) Der Kläger vertritt ferner die Auffassung, der Zuschuss zu den Kosten der Waldkalkung sei unter Beachtung des Subventionszwecks als Schadensersatzleistung anzusehen und stelle damit eine nicht steuerbare Leistung dar.

Er hat damit aber lediglich seine Rechtsauffassung dargelegt, und dass das [X.] den Streitfall aus seiner Sicht unzutreffend entschieden habe; er hat damit aber weder eine abstrakte Rechtsfrage formuliert, noch dargetan, dass deren Beantwortung von grundsätzlicher Bedeutung für die Allgemeinheit wäre.

2. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O wegen eines Verfahrensfehlers, der vorliegt und auf dem die Entscheidung beruhen kann, sind gleichfalls nicht dargetan.

a) Der Kläger macht geltend, das [X.] habe entgegen den Vorgaben des [X.] im ersten Rechtszug in seinem Urteil in [X.]E 226, 187, [X.]/NV 2009, 1912, unter [X.] die Vorschriften über die Mindestbesteuerung gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG angewandt, ohne zunächst die Höhe der Mitgliedsbeiträge festzustellen.

b) Eine Nichtbeachtung der Bindungswirkung des zurückverweisenden Urteils gemäß § 126 Abs. 5 [X.]O kann zwar als Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O geltend gemacht werden (vgl. z.B. [X.]-Beschluss vom 8. Januar 1998 [X.]/97, [X.]/NV 1998, 729). Der Kläger hat aber nicht dargelegt, dass die Klageabweisung auf dem Verfahrensfehler beruhen könnte. Denn nach der bei der Prüfung eines Verfahrensfehlers allein maßgeblichen Rechtsauffassung des [X.], auf deren materiell-rechtliche Richtigkeit es in diesem Zusammenhang ankommt (vgl. z.B. [X.]-Beschluss vom 18. Februar 2008 [X.]/07, nicht veröffentlicht, [X.], 1621; vom 1. Juni 2010 [X.], [X.]/NV 2010, 2084), konnte die Klage unabhängig von der Höhe der Mitgliedsbeiträge nach der Auffassung des [X.] keinen Erfolg haben.

aa) Das [X.] hat ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben wie hoch der Anteil und die Höhe der Mitgliedsbeiträge derjenigen Mitglieder gewesen sei, bei denen eine Waldkalkung stattgefunden habe und für die diese Beiträge als Entgelt für die Waldkalkung zu berücksichtigen wären, da selbst die gesamten erklärten Mitgliedsbeiträge in Höhe von 9.817 DM und der Zuschuss der [X.] in Höhe von 161.440 DM, insgesamt somit 171.257 DM, geringer gewesen seien als die rechnerisch aus den geltend gemachten Vorsteuern für die Waldkalkung errechneten Kosten in Höhe von brutto 205.871 DM. Auf der Grundlage dieser Berechnung kam nach Auffassung des [X.] zum einen die Besteuerung auf der Grundlage des § 10 Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 UStG grundsätzlich zur Anwendung. Zum anderen konnte die angefochtene Umsatzsteuerfestsetzung selbst im Falle eines noch geringeren Mitgliedsbeitrages insgesamt zu keiner niedrigeren Steuerfestsetzung führen, da die aufgrund der [X.] gemäß § 10 Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 UStG festzusetzende Umsatzsteuer nach der Rechtsauffassung des [X.] zumindest der vom Kläger mit der Klage geltend gemachten Vorsteuer entsprach, weshalb das [X.] die exakte Höhe der maßgeblichen Mitgliedsbeiträge dahingestellt sein lies.

bb) Selbst wenn das [X.] damit von den Vorgaben im [X.]-Urteil in [X.]E 226, 187, [X.]/NV 2009, 1912, unter [X.], vor einer Anwendung des § 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG sei zunächst die Höhe der Mitgliedsbeiträge festzustellen, abgewichen sein sollte, hätte es der Darlegung bedurft, dass im Falle der exakten Ermittlung der Höhe der relevanten Mitgliedsbeiträge die Vorschriften des § 10 Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 UStG nicht zur Anwendung gekommen wären und dass sich eine niedrigere Steuerfestsetzung hätte ergeben können. Dies hat der Kläger aber nicht vorgetragen.

3. Mit seinen weiteren Einwendungen, insbesondere

- bei dem Zuschuss der [X.] handele es sich entgegen der Auffassung des [X.] um einen echten Zuschuss, der nicht als Entgelt zu behandeln sei und der darüber hinaus unter Beachtung des Subventionszwecks als nicht steuerbare Schadensersatzleistung anzusehen sei,

- und das [X.] habe bei der vorgenommenen Mindestbesteuerung nicht geprüft, ob das marktübliche Entgelt unter der angenommenen [X.] liege,

macht er im Ergebnis geltend, das [X.] habe falsch entschieden.

a) Mit einem solchen Beschwerdevorbringen, das sich gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung einschließlich der Tatsachen- und Beweiswürdigung wendet, wird allerdings keiner der in § 115 Abs. 2 [X.]O abschließend aufgeführten Gründe für die Zulassung der Revision geltend gemacht (vgl. z.B. [X.]-Beschlüsse vom 2. Oktober 2007 [X.], [X.]/NV 2008, 92; vom 8. Oktober 2007 [X.]/06, [X.]/NV 2008, 95). Das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (vgl. z.B. [X.]-Beschlüsse vom 20. Februar 2008 [X.], [X.]/NV 2008, 980; vom 25. März 2009 [X.]/08, [X.]/NV 2009, 1091).

b) Der Sonderfall, dass die Entscheidung des [X.] objektiv willkürlich erscheint oder zumindest greifbar gesetzwidrig ist (vgl. z.B. [X.]-Beschluss vom 18. Mai 2011 [X.]/10, [X.]/NV 2011, 1704, unter 4., m.w.N.), liegt im Streitfall offensichtlich nicht vor.

4. Von einer weiteren Begründung des Beschlusses wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 [X.]O abgesehen.

Meta

XI B 21/11

22.12.2011

Bundesfinanzhof 11. Senat

Beschluss

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 10. Dezember 2010, Az: 16 K 329/09, Urteil

§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 126 Abs 5 FGO, § 10 Abs 4 S 1 Nr 2 UStG 1999, § 10 Abs 5 Nr 1 UStG 1999

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 22.12.2011, Az. XI B 21/11 (REWIS RS 2011, 73)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 73

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