Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.05.2020, Az. 11 W (pat) 39/19

11. Senat | REWIS RS 2020, 3177

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Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – Anmelderbeschwerde und Wiedereinsetzung - "Lasergestütztes Fräsen" – solange eine Beschlussfassung, mit der eine Patentanmeldung zurückgewiesen werden soll, keine Wirksamkeit entfaltet hat, kann die Prüfungsstelle jederzeit wieder in ein früheres Stadium des Prüfungsverfahrens zurückkehren – hat eine Rechtsnachfolge stattgefunden und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Rechtsnachfolger keine Kenntnis von der Anmeldung oder deren Mängeln erhalten hat, so muss die Prüfungsstelle die Beanstandung von Mängeln wiederholen - Rechtsübergang aufgrund eines Hoheitsakts oder im Wege einer erbrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge                  


Leitsatz

Lasergestütztes Fräsen

1. Solange eine Beschlussfassung, mit der eine Patentanmeldung zurückgewiesen werden soll, mangels Verkündung oder erfolgreicher Zustellung keine Wirksamkeit entfaltet hat, kann die Prüfungsstelle jederzeit wieder in ein früheres Stadium des Prüfungsverfahrens zurückkehren.

2. Die Prüfungsstelle muss - in einem unter 1. genannten Fall - in ein früheres Stadium der Offensichtlichkeitsprüfung zurückkehren und die Beanstandung von Mängeln gemäß § 42 Abs. 3 Satz 2 PatG wiederholen, wenn eine Rechtsnachfolge stattgefunden hat und Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die rechtsnachfolgende Person bisher keine Kenntnis von der Anmeldung oder deren Mängeln erhalten hat. Solche Anhaltspunkte liegen im Zweifel dann vor, wenn der Rechtsübergang aufgrund eines Hoheitsakts oder im Wege einer erbrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge eingetreten ist.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2018 001 184.5

(hier: Anmelderbeschwerde und Wiedereinsetzung)

hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] am 25. Mai 2020 durch [X.] Dr.-Ing. Höchst sowie die Richter

Eisenrauch, [X.] und Dipl.-Ing. Univ. Gruber

beschlossen:

1. Der Beschwerdeführer wird in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr wiedereingesetzt.

2. Auf dessen Beschwerde wird der Beschluss der Prüfungsstelle 14 des [X.] vom 28. November 2018 aufgehoben, und die Sache wird zwecks Wiederaufnahme der [X.] mit dem eingetragenen Anmelder an das [X.] zurückverwiesen.

3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

1

Beschwerdeführer ist das [X.], das mit rechtskräftigem [X.]uss des [X.] vom 29. Juli 2019 ([X.]. 7a VI 129/19) als Fiskuserbe des am 3. September 2018 in [X.] verstorbenen Patentanmelders [X.] (im Folgenden: Erb[X.]er) festgestellt worden ist. In dessen Nach [X.] befand sich die hier in Rede stehende, beim [X.] ([X.]) anhängige Patentanmeldung 10 2018 001 184, die am 19. September 2019 offengelegt wurde.

2

Nachdem die Mängel der Anmeldung von der Prüfungsstelle 14 des [X.] mit Bescheiden vom 14. März 2018 und 21. Juni 2018 erfolglos beanstandet worden waren, hat diese schließlich mit [X.]ussfassung vom 28. November 2018 den Versuch unternommen, die Anmeldung zurückzuweisen. Die entsprechende Sendung gelangte als unzustellbar an das [X.] zurück, da der Erb[X.]er zu diesem [X.]punkt bereits verstorben war. Nachdem die Prüfungsstelle Kenntnis davon erhalten hatte, dass der bisherige Anmelder verstorben und der Beschwerdeführer als dessen Fiskuserbe festgestellt worden war, hat sie die in den Akten vorhandene Fassung des Zurückweisungsbeschlusses [X.] - und zwar diesmal an den Beschwerdeführer - abgesandt. Der [X.]uss ist diesem am 30. August 2019 zugegangen, was sich anhand des Eingangsstempel des Beschwerdeführers ergibt, der auf dem von der Post abrufbaren [X.] erkennbar ist. Die Aufgabe des entsprechenden [X.] war, wie die elektronischen Akten des [X.] ausweisen, am 29. August 2019, also einen Tag vorher, erfolgt.

3

Gegen diesen [X.]uss richtet sich die vorliegende Beschwerde, die der Beschwerdeführer am 26. September 2019 schriftlich beim [X.] eingelegt hat. Die in Höhe von 200,00 € überwiesene [X.] ist am 2. Oktober 2019 dem Konto des [X.] gutgeschrieben worden.

4

Der Beschwerdeführer hat sinngemäß beantragt,

5

1. den [X.]uss der Prüfungsstelle 14 des [X.] vom 28. November 2018 aufzuheben und die Sache an das [X.] zurückzuverweisen

6

sowie

7

2. ihm die [X.] zu erstatten.

8

Der Beschwerdeführer hat vorgetragen, ihm sei nicht bekannt gewesen, dass die Anmeldung aus formalen Gründen beanstandet worden sei. Dass die Anmeldung mit Mängeln behaftet sei, habe er erst durch den Erhalt des Zurückweisungsbeschlusses erfahren. Er habe überhaupt keine Möglichkeit gehabt, die Mängel zu beseitigen. Ein Fiskuserbe erbe die Hinter[X.]enschaft eines Verstorbenen ohne jegliche Kenntnis vom Zustand des Nach[X.]es. Die Informationsbeschaffung über ein Erbe benötige [X.]. Um notwendige Informationen zu erhalten, sei der Fiskuserbe auf Hinweise möglicher Angehöriger oder Gläubiger angewiesen, die in aller Regel erst ermittelt werden müssten. Im vorliegenden Fall habe zwischen der [X.] und der Übersendung des Zurückweisungsbeschlusses nur ein Monat gelegen. Vor diesem Hintergrund erweise sich die Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses als ein Verfahrensfehler, der im Übrigen auch eine Erstattung der [X.] rechtfertige.

9

Nach Einlegung der Beschwerde hat der Beschwerdeführer die vorliegende Anmeldung an eine andere Person veräußert, die am 21. November 2019 ins [X.] eingetragen worden ist.

Die zuständige Prüfungsstelle des [X.] hat der Beschwerde nicht abgeholfen, sondern diese am 10. Dezember 2019 dem [X.] vorgelegt.

Mit Gerichtsbescheid vom 20. Februar 2020, der dem Beschwerdeführer am 24. Februar 2020 zugestellt worden ist, ist dieser darauf hingewiesen worden, dass er die [X.] zu spät entrichtet habe und dass nach § 6 Abs. 2 PatKostG mit der Feststellung zu rechnen sei, dass die Beschwerde als nicht eingelegt gelte.

Der Beschwerdeführer hat hierauf mit Eingaben, die am 20. April 2020 und 23. April 2020 beim [X.] eingegangen sind, zusätzlich beantragt,

ihm Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der [X.] zu gewähren.

Der Beschwerdeführer hat vorgetragen, die Frist für die Zahlung der [X.] sei ohne Verschulden versäumt worden. Im behördlichen Bereich bestehe eine Trennung zwischen fachlichem Sachgebiet und Zahlstelle. Die Zahlungsanweisung des zuständigen Sachbearbeiters, Herrn M…, an die Landeskasse [X.] sei zur selben [X.] wie die Erstellung des [X.] er folgt und damit so rechtzeitig gewesen, dass sie unter normalen Umständen sicher zu einer fristgerechten Zahlung der [X.] geführt hätte. Dass dies im vorliegenden Fall nicht geschah, sei einem außergewöhnlichen, nicht vorhersehbareren Umstand geschuldet.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die vorliegende Beschwerde ist zulässig und begründet. Die Beschwerde ist auch wirksam eingelegt, da der Beschwerdeführer und vormalige Anmelder in die versäumte Frist zur Zahlung der [X.] wiedereinzusetzen ist.

1. Das vorliegende Beschwerdeverfahren wird mit dem Beschwerdeführer, also dem [X.], vertreten durch die Bezirksregierung [X.], weitergeführt, obwohl zwischenzeitlich eine Veräußerung und Umschreibung der Anmeldung auf eine andere Person eingetreten ist. Dies folgt aus § 265 Abs. 2 ZPO, der auch auf einseitige Beschwerdeverfahren vor dem [X.] anzuwenden ist (vgl. Busse/[X.], [X.], 8. Aufl., § 74 Rn. 14). Hiernach tritt der Erwerber einer Anmeldung nicht „automatisch“ mit Eintragung im Register in ein laufendes Beschwerdeverfahren ein, das sein Rechtsvorgänger in Gang gesetzt hat (vgl. B[X.], [X.]. v. 19.07.2010 – [X.]. 19 W (pat) 46/06 – und [X.]. v. 13.01.2011 – [X.]. 21 W (pat) 16/09 -). Vorliegend hat zwar der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 23. April 2020 der Übernahme des Verfahrens durch den jetzt im Register eingetragenen Anmelder zugestimmt; die Übernahme konnte aber nicht vollzogen werden, da der neue Anmelder gegenüber dem [X.] bisher keine entsprechende Erklärung abgegeben hat.

2. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist dem Beschwerdeführer antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da er die Frist zur Zahlung der [X.] ohne Verschulden versäumt hat.

2.1. Der Wiedereinsetzungsantrag ist statthaft, da die [X.], wie mit Gerichtsbescheid vom 20. Februar 2020 dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden war, nicht rechtzeitig entrichtet worden ist und diesem hierdurch ein Rechtsnachteil entstanden ist.

Der hier in Rede stehende Zurückweisungsbeschluss wurde gemäß Eintrag in den elektronischen Akten des [X.] am 29. August 2019 als Übergabeeinschreiben bei der Post zur Absendung aufgegeben. Gemäß § 127 Abs. 1 [X.] ist auf Übergabeeinschreiben die Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 [X.] anzuwenden, wonach eine solche Sendung am dritten Tag nach der Aufgabe bei der Post als zugestellt gilt. Der Zustellungszeitpunkt wird durch diese gesetzliche Regelung zugunsten des [X.] auf den dritten Tag fingiert, und zwar auch dann, wenn die Sendung bei diesem - wie im vorliegenden Fall - in weniger als drei Tagen zugegangen ist (vgl. [X.] in: Tipke/[X.], [X.]/[X.], 159. Lieferung, § 4 [X.] Rn. 8; Schlatmann: in [X.]/App/Schlatmann, [X.], 11. Aufl., § 4 Rn. 7). Der [X.] war hiernach der 1. September 2019. Dass dies ein Sonntag war, steht dem Eintritt der [X.] nicht im Wege. Eine Verschiebung des [X.] auf den nächsten Werktag, wie dies bei Fristen der Fall ist, wird nach h. M. bei der Fiktion des § 4 Abs. 2 Satz 2 [X.] nicht angenommen (vgl. B[X.] BlPMZ 2017, 265, 266; vgl. zum Streitstand ausführlich: [X.] in: [X.]/Tillmanns, VwVG/[X.], 10. Aufl., § 4 [X.] Rn. 19). Damit begann die in § 73 Abs. 2 Satz 1 [X.] geregelte, einmonatige Beschwerdefrist gemäß § 187 Abs. 1 BGB am Montag, dem 2. September 2019, zu laufen; sie endete gemäß § 188 Abs. 2 BGB am 1. Oktober 2019 (einem Dienstag). Deshalb war die von der Landeskasse [X.] per Überweisung vorgenommene Zahlung der [X.], die im Sinne von § 2 Nr. 2 PatKostZV erst am 2. Oktober 2019 auf dem Konto des [X.] zur Gutschrift geführt hatte, verspätetet.

2.2. Der am 20. April 2020 beim [X.] eingegangene Antrag auf Wiedereinsetzung ist zulässig. Einer Nachholung der Zahlung bedürfte es nicht mehr, da diese unzweifelhaft erfolgt ist. Der Antrag ist gemäß § 123 Abs. 2 Sätze 1 und 2 [X.] innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden, wobei der Beschwerdeführer innerhalb dieser Frist einen ausreichenden Tatsachenvortrag geliefert hat. Das Hindernis war am 24. Februar 2020 weggefallen, da der Beschwerdeführer erst an diesem Tag den Gerichtsbescheid vom 20. Februar 2020 und damit Kenntnis von der verspäteten Zahlung der [X.] erhalten hatte. Bis zu diesem [X.]punkt hatte der Beschwerdeführer auch keinen An[X.] gehabt, an der Rechtzeitigkeit seiner Zahlung zu zweifeln.

2.3. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist auch begründet, weil der Beschwerdeführer ohne Verschulden im Sinne von § 123 Abs. 1 Satz 1 [X.] verhindert war, dem [X.] gegenüber die Frist zur Einzahlung der [X.] einzuhalten. An der Versäumung der Frist traf den Beschwerdeführer kein Verschulden, da sein zuständiger Sachbearbeiter, Herr M…, noch vor Fertigstellung des [X.], also noch vor dem 26. September 2019 die Landeskasse [X.] mit der Anweisung der [X.] beauftragt hatte. Dies geschah damit so rechtzeitig, dass nach dem üblichen Lauf der Dinge noch vor dem 1. Oktober 2019 eine Gutschrift auf dem Konto des [X.] zu erwarten war. Dass die Gutschrift tatsächlich erst am 2. Oktober 2019, also einen Tag zu spät, erfolgte, stellt einen außergewöhnlichen Umstand dar, der nach dem hier anzulegenden Sorgfaltsmaßstab als nicht vorhersehbar zu bewerten ist. Ein höherer Sorgfaltsmaßstab würde, insbesondere in Fällen, in denen die Fristüberschreitung - so wie hier - nur denkbar gering war, einen Rechtssuchenden in seinem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz und freien Zugang zu den Gerichten verletzen (vgl. hierzu: [X.]/[X.], [X.] mit EPÜ, 10. Aufl., § 123 Rn. 71). Der die Wiedereinsetzung rechtfertigende Sachverhalt ist ferner durch die dienstliche Äußerung des innerhalb der [X.] zuständigen Sachbearbeiters, Herrn M…, hinreichend glaubhaft gemacht worden.

3. Die hiernach wirksame eingelegte und zulässige Beschwerde ist auch begründet. Das vorliegende Verfahren leidet an einem schweren Mangel, durch den der Anspruch des Beschwerdeführers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt wurde und der eine Zurückverweisung gemäß § 79 Abs. 3 Nr. 2 [X.] rechtfertigt.

Zu Recht hat der Beschwerdeführer beanstandet, dass ihm am 1. September 2019 die ursprünglich für den Erb[X.]er bestimmte, vom 28. November 2018 stammende Fassung des Zurückweisungsbeschlusses sofort zugestellt worden war.

3.1. Die Prüfungsstelle war aus rechtlicher Sicht nicht an die in den Akten vorhandene, ursprünglich für den Erb[X.]er erstellte [X.]ussfassung gebunden und war nicht gezwungen, diese Fassung dem Beschwerdeführer zustellen. Zwar sind die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes des [X.] gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG nicht auf Verfahren vor [X.] anwendbar. [X.]üsse des [X.] entsprechen allerdings hinsichtlich Funktion und Inhalt der in § 35 VwVfG enthaltenen Definition eines Verwaltungsaktes, weshalb bei der Beantwortung von Fragen, die beispielsweise das Wirksamwerden von patentamtlichen [X.]üssen betreffen, durchaus auf allgemeine, verwaltungsrechtliche Grundsätze zurückgegriffen werden kann (vgl. [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 47 Rn. 1). Demnach setzt das Wirksamwerden eines patentamtlichen [X.]usses eine Bekanntgabe im Wege der Verkündung oder der Zustellung voraus (vgl. [X.]/[X.], a.a.[X.], § 47 Rn. 27). Dagegen bleibt ein „[X.]uss“, der keiner Person gegenüber bekannt gegeben worden ist, ein verwaltungsinterner Vorgang ohne Rechtserheblichkeit (vgl. [X.], VwVfG, 19. Aufl., § 43 Rn. 34); ein solcher „[X.]uss“ beendet weder das Verwaltungsverfahren noch löst er - mangels rechtlicher Existenz - eine Selbstbindung der Verwaltung aus (vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl., § 9 Rn. 65). Dies bedeutet, dass die Prüfungsstelle jederzeit wieder in ein früheres Stadium des Prüfungsverfahrens zurückkehren kann, solange eine [X.]ussfassung, mit der eine Patentanmeldung zurückgewiesen werden soll, mangels Verkündung oder erfolgreicher Zustellung keine Wirksamkeit entfaltet hat. Hier war ein solcher Fall gegeben, da eine Zustellung der hier in Rede stehenden [X.]ussfassung beim Erb[X.]er gescheitert war.

3.2. Hier war die Prüfungsstelle allerdings auch verpflichtet, in ein früheres Stadium der Offensichtlichkeitsprüfung zurückzukehren. Nach pflichtgemäßem Ermessen hätte sie von einer sofortigen Zustellung der [X.]ussfassung an den Beschwerdeführer absehen müssen. Ob hier eine Unterbrechung des Verfahrens entsprechend § 239 Abs. 1 ZPO anzunehmen ist, kann dahingestellt bleiben. Die Prüfungsstelle muss aber dann in ein früheres Stadium der Offensichtlichkeitsprüfung zurückkehren und die Beanstandung von Mängeln gemäß § 42 Abs. 3 Satz 2 [X.] wiederholen, wenn eine Rechtsnachfolge stattgefunden hat und Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die rechtsnachfolgende Person bisher keine Kenntnis von der Anmeldung oder deren Mängeln erhalten hat. Solche Anhaltspunkte liegen im Zweifel dann vor, wenn der [X.] aufgrund eines Hoheitsakts oder im Wege einer erbrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge eingetreten ist. So liegt der Fall hier.

Der Prüfungsstelle war bekannt, dass der Beschwerdeführer durch [X.]uss des [X.] vom 29. Juli 2019 für die vorliegenden Anmeldung zuständig geworden war. Unter diesen Umständen war ihr klar, dass der Beschwerdeführer innerhalb der vier Wochen, die ihm bis zur Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses am 1. September 2019 blieben, kaum Kenntnis von der Anmeldung, geschweige denn von den im [X.]uss genannten [X.] vom 14. März 2018 und 21. Juni 2018 erhalten haben konnte. Der Prüfungsstelle musste somit davon ausgehen, dass sie den Beschwerdeführer mit der Zustellung des hier in Rede stehenden Zurückweisungsbeschlusses in unvorbereiteter Weise treffen und dieser fortan nur noch im Wege einer Beschwerdeeinlegung die Möglichkeit haben würde, seine Anmeldung in einen mangelfreien Zustand zu versetzen. Wird ein Anmelder in solcher Weise in die Beschwerde getrieben, so bedeutet dies zweifellos eine Versagung rechtlichen Gehör (vgl. [X.]/Rudloff-Schäffer, [X.] mit EPÜ, 10. Aufl., § 46 Rn. 13). Derartig erzwungene Beschwerden sollten aber auch deshalb vermieden werden, weil sie in unangemessener Weise eine ggf. mögliche Patenterteilung verzögern würden und jedenfalls bei einem anwaltlich vertretenen Anmelder spürbare [X.] verursachen.

4. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 80 Abs. 3 [X.] billigerweise auch die [X.] zu erstatten ist. Das Ausmaß, mit dem hier dem Beschwerdeführer rechtliches Gehör versagt wurde, rechtfertigt ohne weiteres die Rückzahlung der [X.] (vgl. hierzu: [X.]/Rudloff-Schäffer, [X.] mit EPÜ, 10. Aufl., § 46 Rn. 18 a. E.).

Meta

11 W (pat) 39/19

25.05.2020

Bundespatentgericht 11. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 15 Abs 1 S 1 PatG, § 42 Abs 1 S 1 PatG, § 42 Abs 3 S 2 PatG, § 1964 Abs 1 BGB, § 79 Abs 3 Nr 2 PatG, § 80 Abs 3 PatG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.05.2020, Az. 11 W (pat) 39/19 (REWIS RS 2020, 3177)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3177

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